• Aktualisierte Forenregeln

    Eine kleine Änderung hat es im Bereich Forenregeln unter Abschnitt 2 gegeben, wo wir nun explizit darauf verweisen, dass Forenkommentare in unserer Heftrubrik Leserbriefe landen können.

    Forenregeln


    Vielen Dank

Die falsche Wahl

bierchen am 03.08.2005 18:41 schrieb:
aph am 03.08.2005 18:18 schrieb:
pacsun am 03.08.2005 17:46 schrieb:
Macht ja keinen Unterschied solange ich kein Monopol hab. Wenn ich mehrere Anbieter und Nachfrager stehen sie in Konkurrenz zueinander und können nicht irgendwelche extrem hohen oder niedrigen Preise durchsetzen.

Dennoch ist das beim Arbeitsmarkt anders.
Du hast es noch nicht verstanden. Der Arbeitsmarkt ist grundsätzlich ein Markt wie jeder anderer. Der Preis, hier Lohn, kommt durch Angebot und Nachfrage zustande. Ich wiederhole: Die Unternehmer treten auf dem Arbeitsmarkt als Nachfrager nach dem Gut Arbeit auf. Und je größer der Preis eines Gutes, desto geringer die Nachfrage, das wird Dir doch einleuchten.

Leider funktioniert die schöne Theorie in der Praxis nicht ganz: In den neuen Bundesländern sind nämlich die Löhne wesentlich niedriger als im Westen und trotzdem herrscht dort eine beinahe doppelt so hohe Arbeitslosigkeit...

Hängt also noch von einigen anderen Faktoren ab.
 
bierchen am 03.08.2005 20:00 schrieb:
Deine Aussage,
aph am 02.08.2005 17:58 schrieb:
Die Löhne sind unterhalb des Gleichgewichtspreises, nicht drüber.
... ist objektiv falsch. Um mehr ging es mir gar nicht.

Und genau darüber ließe sich streiten. Was denkst du denn, wer derzeit in der günstigeren Verhandlungsposition ist? Fangen wir doch mit dieser simplen Frage an ... der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer?
 
aph am 04.08.2005 11:47 schrieb:
bierchen am 03.08.2005 20:00 schrieb:
Deine Aussage,
aph am 02.08.2005 17:58 schrieb:
Die Löhne sind unterhalb des Gleichgewichtspreises, nicht drüber.
... ist objektiv falsch. Um mehr ging es mir gar nicht.

Und genau darüber ließe sich streiten. Was denkst du denn, wer derzeit in der günstigeren Verhandlungsposition ist? Fangen wir doch mit dieser simplen Frage an ... der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer?

Es besteht wohl kein Zweifel daran, dass die Löhne volkswirtschaftlich gesehn darüber liegen. Es mag zwar sein, dass du persönlich findest, die Leute sollten mehr verdienen oder man vom Lohn, wenn er den auf dem Niveau des GG-Preises wäre nicht leben kann und man verhunger müsste, aber das ist ja was anderes.

Natürlich sitzen die Arbeitgeber momentan am längeren Hebel, was aber nur dadurch bedingt ist, dass der Lohn zu weit vom GG-Preis entfernt ist. Wäre er, idealisiert gesehn, genau dort, gäbe es genausoviele AN wie AG und beide Seiten würden mit den gleichen Voraussetzungen in die Verhandlungen gehen. Sicher kann man das nie erreichen aber es wäre den AN ja schon geholfen wenn man die Arbeitslosigkeit halbieren würde.
 
bsekranker am 26.07.2005 15:32 schrieb:
Ricco2001 am 26.07.2005 15:28 schrieb:
Hoffentlich bekommen wir ne große Koalition, ich glaube das wäre das Beste!
Glaube ich weniger - dann fängt das parteipolitische Taktieren erst richtig an! >:|

Naja, unser alter Politiklehrer (wurde letztes Jahr verrentet) war auch der Meinung - und das war ein sehr gebildeter Mann ;)

Der meinte unter anderem auch, man müsse die Regierungszeit erhöhen - 4 Jahre seien einfach zu kurz, um weitreichende Änderungen ERFOLGREICH durchzubringen..

Viele Leute denken einfach zu kurz - wenn es nun z.B. im Januar nächsten Jahres wieder hochgeht, muss das nicht zwangsläufig an der neuen Regierung (wohl CDU :() liegen, vlt. sind es einfach die "Folgen" der momentanen Politik..
 
firewalker2k am 04.08.2005 14:03 schrieb:
Naja, unser alter Politiklehrer (wurde letztes Jahr verrentet) war auch der Meinung - und das war ein sehr gebildeter Mann ;)

Der meinte unter anderem auch, man müsse die Regierungszeit erhöhen - 4 Jahre seien einfach zu kurz, um weitreichende Änderungen ERFOLGREICH durchzubringen..

Viele Leute denken einfach zu kurz - wenn es nun z.B. im Januar nächsten Jahres wieder hochgeht, muss das nicht zwangsläufig an der neuen Regierung (wohl CDU :() liegen, vlt. sind es einfach die "Folgen" der momentanen Politik..


Stimmt. Man geht ja normalerweise auch davon aus, dass ein Konjunkturzyklus (ob nun Hausse oder Baisse) ca. 5 Jahre dauert. Wenn man Pech hat als Regierung wird man zum falschen Zeitpunkt gewählt.
 
pacsun am 04.08.2005 13:59 schrieb:
Natürlich sitzen die Arbeitgeber momentan am längeren Hebel, was aber nur dadurch bedingt ist, dass der Lohn zu weit vom GG-Preis entfernt ist. Wäre er, idealisiert gesehn, genau dort, gäbe es genausoviele AN wie AG und beide Seiten würden mit den gleichen Voraussetzungen in die Verhandlungen gehen. Sicher kann man das nie erreichen aber es wäre den AN ja schon geholfen wenn man die Arbeitslosigkeit halbieren würde.

Rofl, das ist einfach nur naiv. Woher willste denn die Arbeitsplätze nehmen, du Schlaumeier?
 
pacsun am 04.08.2005 13:59 schrieb:
Es besteht wohl kein Zweifel daran, dass die Löhne volkswirtschaftlich gesehn darüber liegen.
*Zweifel anmeld*

Es mag zwar sein, dass du persönlich findest, die Leute sollten mehr verdienen

Das hat nichts mit meinen persönlichen Wünschen zu tun. Ich stelle mir nur halt vor, wie es wäre, wenn die Arbeitsuchenden tatsächlich unbekümmert ihre Lohnvorstellungen in die Verhandlungen einbringen könnten - ohne Existenzangst. Ich bin mir sicher, dass die Löhne dann höher wären.

Stattdessen werden Löhne abgeschlossen, die nicht einmal die Reproduktion der Ware, nämlich der Arbeitskraft, gewährleisten. Jeder andere Produzent würde den Betrieb schließen und andere Produkte herstellen (wodurch sich ein neues, höheres Preisgleichgewicht einstellen würde).
Nur kann das ein Arbeiter ja nicht tun. Es ist in dieser Gesellschaft dummerweise notwendig, Einkommen aus Arbeit zu beziehen, um zu überleben. Und solange keine anderen Arbeitsplätze vorhanden sind, wird er bereit sein, auch unterhalb der Reproduktionsschwelle anzubieten.
 
aph am 04.08.2005 14:19 schrieb:
Stattdessen werden Löhne abgeschlossen, die nicht einmal die Reproduktion der Ware, nämlich der Arbeitskraft, gewährleisten. Jeder andere Produzent würde den Betrieb schließen und andere Produkte herstellen (wodurch sich ein neues, höheres Preisgleichgewicht einstellen würde).
Nur kann das ein Arbeiter ja nicht tun. Es ist in dieser Gesellschaft dummerweise notwendig, Einkommen aus Arbeit zu beziehen, um zu überleben. Und solange keine anderen Arbeitsplätze vorhanden sind, wird er bereit sein, auch unterhalb der Reproduktionsschwelle anzubieten.

Aus anderen Regionen der Welt. Dann wird eben kein neues Linde Werk in England gebaut sondern bei uns. Die Niedriglohnländer nehmen uns ja auch die Arbeitsplätze weg.

Und deine Zweifel daran, dass der Lohn über dem GG-Preis liegt sind ja ganz unberechtigt: Wirf doch mal einen Blick darauf. Wäre der Lohn zu niedrig gäbe es ja einen Nachfrageüberhang, jedoch kann man bei uns sicherlich nicht von unbesetzten Stellen sprechen, für die händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird.


Ich bin mir zwar nicht sicher aber willst du mit der "Reproduktion der Ware" auf die niedrige Geburtenraten anspielen?
 
pacsun am 04.08.2005 15:06 schrieb:
Ich bin mir zwar nicht sicher aber willst du mit der "Reproduktion der Ware" auf die niedrige Geburtenraten anspielen?

Ich bin sicher mit Reproduktionsschwelle meint er, dass der Arbeiter genau das an Lohn bekommt, was er selbst benötigt um seine Arbeitskraft anbieten zu können, also gerade dass was ein Arbeiter braucht um zu überleben (Nahrung + Schlaf sonst nichts (auch wenn ich mir sicher bin dass er dass nicht gemeint hat))

aph schrieb:
Siehe Antwort an pacsun. Arbeit ist nicht im ausreichenden Maße vorhanden. Daher taugt die simple Angebot/Nachfrage-Betrachtung hier nicht.

Aber das sind alle anderen Waren auch nicht! Auf den Finanzmärkten gibt es nur eine begrenzte Zahl an Aktien, der Goldvorrat der Erde ist begrenzt, Rohstoffe sind begrenzt, trotzdem muss die Angebot/Nachfrage betrachtung funktionieren. Warum man ausgerechnet Arbeit ausschließen soll ist mir unverständlich.

Trotzdem sollte man wie bei allen Märkten diese simple Betrachtung nicht so ernst nehmen, es wird ja immer von vollkommenen Märkten ausgegangen, die in der Realität nicht existieren. Zur Erklärung von bestimmten Verhaltensweisen kann es trotzdem ganz hilfreich sein.

Auch das mit dem Zwang stimmt nicht so ganz, der Arbeitnehmer hat immer noch die Möglichkeit die Transferleistungen des Staates in Anspruch zu nehmen, als untere Grenze sozusagen und das wird auch gemacht.
 
pacsun am 04.08.2005 15:06 schrieb:
Aus anderen Regionen der Welt. Dann wird eben kein neues Linde Werk in England gebaut sondern bei uns. Die Niedriglohnländer nehmen uns ja auch die Arbeitsplätze weg.
Ja genau ... und wenn wir die Löhne senken, entsteht dort Arbeitslosigkeit? Tolles Ding. Eher werden die ihre Löhne noch weiter senken, damit sie auch weiterhin einen Arbeitsplatztransfer haben. Am Ende sind überall die Löhne geringer, die Kaufkraft ebenfalls und die Produktnachfrage sinkt noch weiter. Gewonnen hat nur die Kapitalakkumulation. Fantastisch.

Und deine Zweifel daran, dass der Lohn über dem GG-Preis liegt sind ja ganz unberechtigt: Wirf doch mal einen Blick darauf. Wäre der Lohn zu niedrig gäbe es ja einen Nachfrageüberhang, jedoch kann man bei uns sicherlich nicht von unbesetzten Stellen sprechen, für die händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird.
Das ist ja das erstaunliche: Obwohl es einen Angebotsüberschuss gibt, weicht niemand auf andere Produkte aus - jeder kann nun mal nix anderes, als seine Arbeitskraft anzubieten. Wenn niemand die haben will, gibt es keine andere Überlebensmöglichkeit. Also bietet man sich unterhalb des Gleichgewichtspreises an und ignoriert die Folgen, dass die Reproduktion nicht gewährleistet ist.


Ich bin mir zwar nicht sicher aber willst du mit der "Reproduktion der Ware" auf die niedrige Geburtenraten anspielen?

Unter anderem, ja.
Aber auch andere Dinge:
zu wenig Rücklagen fürs Alter, Hinweis2

Hab jetzt nicht die Zeit, weitere Zeitungsartikel rauszusuchen, aber was ich noch so fand in letzter Zeit:
"Anzahl der Firmenpleiten gesunken - dafür Privatinsolvenzen auf Rekordhoch"

"Jeder 7. Krankheitstag auf psychische Beschwerden zurückzuführen"

"Kinder aus sozial schwachen Familien in der Schule benachteiligt"

---

Das sind nur wenige Beispiele dafür, dass die Menschen, wenn sie sich/ihre Kinder/ihre Gesundheit/ihren Lebensarbeit für einen Lohn nicht mehr reproduzieren können, keineswegs höheren Lohn durchsetzen. Sie arbeiten halt für weniger und nehmen die (Spät-)Folgen in Kauf.

Wie schon gesagt: Der Markt wird deshalb nicht bereinigt, denn sie bieten ihre Ware (Arbeitskraft) auch weiterhin an. Ein vernünftiges, höheres Gleichgewicht kann sich nicht einstellen.
 
aph am 04.08.2005 17:21 schrieb:
pacsun am 04.08.2005 15:06 schrieb:
Aus anderen Regionen der Welt. Dann wird eben kein neues Linde Werk in England gebaut sondern bei uns. Die Niedriglohnländer nehmen uns ja auch die Arbeitsplätze weg.
Ja genau ... und wenn wir die Löhne senken, entsteht dort Arbeitslosigkeit? Tolles Ding. Eher werden die ihre Löhne noch weiter senken, damit sie auch weiterhin einen Arbeitsplatztransfer haben. Am Ende sind überall die Löhne geringer, die Kaufkraft ebenfalls und die Produktnachfrage sinkt noch weiter. Gewonnen hat nur die Kapitalakkumulation. Fantastisch.

Und deine Zweifel daran, dass der Lohn über dem GG-Preis liegt sind ja ganz unberechtigt: Wirf doch mal einen Blick darauf. Wäre der Lohn zu niedrig gäbe es ja einen Nachfrageüberhang, jedoch kann man bei uns sicherlich nicht von unbesetzten Stellen sprechen, für die händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird.
Das ist ja das erstaunliche: Obwohl es einen Angebotsüberschuss gibt, weicht niemand auf andere Produkte aus - jeder kann nun mal nix anderes, als seine Arbeitskraft anzubieten. Wenn niemand die haben will, gibt es keine andere Überlebensmöglichkeit. Also bietet man sich unterhalb des Gleichgewichtspreises an und ignoriert die Folgen, dass die Reproduktion nicht gewährleistet ist.


Ich bin mir zwar nicht sicher aber willst du mit der "Reproduktion der Ware" auf die niedrige Geburtenraten anspielen?

Unter anderem, ja.
Aber auch andere Dinge:
zu wenig Rücklagen fürs Alter, Hinweis2

Hab jetzt nicht die Zeit, weitere Zeitungsartikel rauszusuchen, aber was ich noch so fand in letzter Zeit:
"Anzahl der Firmenpleiten gesunken - dafür Privatinsolvenzen auf Rekordhoch"

"Jeder 7. Krankheitstag auf psychische Beschwerden zurückzuführen"

"Kinder aus sozial schwachen Familien in der Schule benachteiligt"

---

Das sind nur wenige Beispiele dafür, dass die Menschen, wenn sie sich/ihre Kinder/ihre Gesundheit/ihren Lebensarbeit für einen Lohn nicht mehr reproduzieren können, keineswegs höheren Lohn durchsetzen. Sie arbeiten halt für weniger und nehmen die (Spät-)Folgen in Kauf.

Wie schon gesagt: Der Markt wird deshalb nicht bereinigt, denn sie bieten ihre Ware (Arbeitskraft) auch weiterhin an. Ein vernünftiges, höheres Gleichgewicht kann sich nicht einstellen.

Und genau deshalb würde ein Wirtschaftswissenschaftler niemals einen guten Politker abgeben... Theorie und Praxis ist eben manchmal ein himmelweiter Unterschied.
 
TheChicky am 03.08.2005 23:06 schrieb:
bierchen am 03.08.2005 18:41 schrieb:
aph am 03.08.2005 18:18 schrieb:
pacsun am 03.08.2005 17:46 schrieb:
Macht ja keinen Unterschied solange ich kein Monopol hab. Wenn ich mehrere Anbieter und Nachfrager stehen sie in Konkurrenz zueinander und können nicht irgendwelche extrem hohen oder niedrigen Preise durchsetzen.

Dennoch ist das beim Arbeitsmarkt anders.
Du hast es noch nicht verstanden. Der Arbeitsmarkt ist grundsätzlich ein Markt wie jeder anderer. Der Preis, hier Lohn, kommt durch Angebot und Nachfrage zustande. Ich wiederhole: Die Unternehmer treten auf dem Arbeitsmarkt als Nachfrager nach dem Gut Arbeit auf. Und je größer der Preis eines Gutes, desto geringer die Nachfrage, das wird Dir doch einleuchten.

Leider funktioniert die schöne Theorie in der Praxis nicht ganz: In den neuen Bundesländern sind nämlich die Löhne wesentlich niedriger als im Westen und trotzdem herrscht dort eine beinahe doppelt so hohe Arbeitslosigkeit...

Hängt also noch von einigen anderen Faktoren ab.
Das ist mir klar. Ich hab ja oben schon Faktoren aufgezählt, warum es auf Märkten nicht Gleichgewichtspreisen kommt. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Theorie nicht Hinweise auf die grundsätzlichen Zusammenhänge gibt, die aph immer noch nicht begriffen hat, weil er meint, der derzeitige Lohn wäre unter dem Gleichgewichtslohn.
Auch ein Grund warum der Lohn über dem Gleichgewichtslohn liegt ist die Tatsache, dass der Unternehmer den Bruttolohn (also das was ihn eine zusätzliche Arbeitskraft tatsächlich kostet), der Arbeitnehmer aber nur den Nettolohn (das was nach Steuern übrig bleibt), der logischerweise immer unter dem Bruttolohn liegt. Schon aus diesem Grund ist die Nachfrage nach Arbeit geringer als das Angebot.

aph am 04.08.2005 17:21 schrieb:
Das ist ja das erstaunliche: Obwohl es einen Angebotsüberschuss gibt, weicht niemand auf andere Produkte aus - jeder kann nun mal nix anderes, als seine Arbeitskraft anzubieten. Wenn niemand die haben will, gibt es keine andere Überlebensmöglichkeit. Also bietet man sich unterhalb des Gleichgewichtspreises an und ignoriert die Folgen, dass die Reproduktion nicht gewährleistet ist.
(...)
Das sind nur wenige Beispiele dafür, dass die Menschen, wenn sie sich/ihre Kinder/ihre Gesundheit/ihren Lebensarbeit für einen Lohn nicht mehr reproduzieren können, keineswegs höheren Lohn durchsetzen. Sie arbeiten halt für weniger und nehmen die (Spät-)Folgen in Kauf.
Und finden sie denn dann Arbeit, wenn sie sich für geringeren Lohn anbieten? Wenn sie nicht die Qualifizierung haben, die nachgefragt wird, dann hilft es ihnen wenig, den geforderten Lohn zu senken, das sollte einleuchten.
(Nebenbei bemerkt: Viele Betriebe bilden auch deswegen nicht mehr aus, weil die Qualität der Bewerber zu wünschen übrig lässt. Sie würden ausbilden, finden aber keine Leute, die die Eignung dafür per Zeugnis erkennen lassen. Was für eine Bildungsmisere - traurig)

In den meisten Fällen wohl nicht. Für die meisten Unternehmen ist der Lohn eine kurzfristig nicht varierbare, also vorgegebene Größe. Oder glaubst Du, jeder Fließarbeiter, Mechaniker, Sekretärin usw. handelt den Lohn individuell mit dem Arbeitgeber aus?
Von den Gehältern der Manager werden wir hier wohl kaum reden. Andere Löhne werden i.d.R. durch einen Tarifvertrag festgelegt.

TheChicky am 04.08.2005 18:54 schrieb:
Und genau deshalb würde ein Wirtschaftswissenschaftler niemals einen guten Politker abgeben... Theorie und Praxis ist eben manchmal ein himmelweiter Unterschied.
Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Sicher, Theorie und Praxis sind zwei paar Schuhe. Nur: Wer die Theorie kennt, weiß eher, wo die Ursachen liegen. Das heißt ja nicht, dass man deswegen die Realität nicht wahnimmt. Die Theorie versucht ja die Realität zu beschreiben. Da die Realität sehr komplex ist, muss die Theorie vereinfachen, was sie aber noch lange nicht unbrauchbar für die Realität macht.

Und: Findest Du, dass wir viele gute Politiker haben? Kennst Du viele Politiker, die Wirtschaftswissenschaftler sind?
Diese Fragen würde ich gerne von Dir beantwortet sehen.
 
bierchen am 04.08.2005 21:24 schrieb:
Und finden sie denn dann Arbeit, wenn sie sich für geringeren Lohn anbieten? Wenn sie nicht die Qualifizierung haben, die nachgefragt wird, dann hilft es ihnen wenig, den geforderten Lohn zu senken, das sollte einleuchten.

Pacsun behauptet, dass sie dann Arbeit finden würden, weil ja dann "Gleichgewicht" herrscht. Ich wollte euch verdeutlichen, warum diese marktwirtschaftliche These beim Arbeitsmarkt nicht funktioniert. Ich hoffe, du hast es inzwischen verstanden, denn offenbar teilst du seine Behauptung nicht.

Nicht die Arbeitslosen finden Arbeit, wenn sie sich für weniger Lohn bieten, sondern die noch Arbeitenden müssen für immer weniger Lohn arbeiten, damit sie ihre Arbeit behalten.
 
aph am 05.08.2005 11:02 schrieb:
bierchen am 04.08.2005 21:24 schrieb:
Und finden sie denn dann Arbeit, wenn sie sich für geringeren Lohn anbieten? Wenn sie nicht die Qualifizierung haben, die nachgefragt wird, dann hilft es ihnen wenig, den geforderten Lohn zu senken, das sollte einleuchten.

Pacsun behauptet, dass sie dann Arbeit finden würden, weil ja dann "Gleichgewicht" herrscht. Ich wollte euch verdeutlichen, warum diese marktwirtschaftliche These beim Arbeitsmarkt nicht funktioniert. Ich hoffe, du hast es inzwischen verstanden, denn offenbar teilst du seine Behauptung nicht.

Nicht die Arbeitslosen finden Arbeit, wenn sie sich für weniger Lohn bieten, sondern die noch Arbeitenden müssen für immer weniger Lohn arbeiten, damit sie ihre Arbeit behalten.

Es gibt doch sicherlich einen Job als einfachen Arbeiter für den man keine große Qualifizierung braucht, beispielsweise Zeitungsaustragen.
 
aph am 05.08.2005 11:02 schrieb:
bierchen am 04.08.2005 21:24 schrieb:
Und finden sie denn dann Arbeit, wenn sie sich für geringeren Lohn anbieten? Wenn sie nicht die Qualifizierung haben, die nachgefragt wird, dann hilft es ihnen wenig, den geforderten Lohn zu senken, das sollte einleuchten.

Pacsun behauptet, dass sie dann Arbeit finden würden, weil ja dann "Gleichgewicht" herrscht. Ich wollte euch verdeutlichen, warum diese marktwirtschaftliche These beim Arbeitsmarkt nicht funktioniert. Ich hoffe, du hast es inzwischen verstanden, denn offenbar teilst du seine Behauptung nicht.
Das mit dem Gleichgewicht sollten wir am besten wieder ausklammern, zu theoretisch. Du bist ein Mann der Praxis, keine Frage.
Aber auch die Theorie vermag solche Verzerrungen zu erfassen, zu begründen, warum es eben nicht zu einer "Markträumung" kommt.
Derart unterqualifizierte Leute braucht man in solche Betrachtungen eigentlich nicht einbeziehen. Leider fallen solche Leute komplett durch. Selbst wenn Unternehmen Arbeit nachfragen, werden sie kaum aus dieser Gruppe wählen.

Nicht die Arbeitslosen finden Arbeit, wenn sie sich für weniger Lohn bieten, sondern die noch Arbeitenden müssen für immer weniger Lohn arbeiten, damit sie ihre Arbeit behalten.
o_O jetzt hast Du in meinen Augen, Deine Aussagen vorher etwas relativiert. Oben sprachen wir nämlich von den Arbeitsuchenden. Jetzt redest Du von denen, die bereits Arbeit haben.
aph am 04.08.2005 14:19 schrieb:
Das hat nichts mit meinen persönlichen Wünschen zu tun. Ich stelle mir nur halt vor, wie es wäre, wenn die Arbeitsuchenden tatsächlich unbekümmert ihre Lohnvorstellungen in die Verhandlungen einbringen könnten - ohne Existenzangst. Ich bin mir sicher, dass die Löhne dann höher wären.

Die Globalisierung kann man nicht mehr rückgängig machen. Anstatt immer und immer wieder auf die ach so bösen Unternehmer zu schimpfen und sie zu vergraulen, sollte man mal überlegen, wie man mehr davon nach Deutschland bringt, und wie man ein unternehmer- und investitionsfreundliches Klima schafft.

Fakt ist, dass wir in Deutschland schon lange über unseren Verhältnissen leben. Deshalb müssen wir jetzt "downgraden", so schwer das auch sein mag. Tun wir es nicht, verschlimmern wir die Situation doch nur.
 
bierchen am 05.08.2005 14:09 schrieb:
Die Globalisierung kann man nicht mehr rückgängig machen. Anstatt immer und immer wieder auf die ach so bösen Unternehmer zu schimpfen und sie zu vergraulen, sollte man mal überlegen, wie man mehr davon nach Deutschland bringt, und wie man ein unternehmer- und investitionsfreundliches Klima schafft.

Ahja, und das macht man, indem man ihre Möglichkeiten Profite zu machen verbessert? Damit sie weiterhin ihre Renditen von 10-20% haben, obwohl die Produktivitätssteigerung nur 2-3% beträgt? Damit sie anschließend das zusätzlich gewonnen Geld wieder irgendwo einsetzen um noch niedrigere Löhne zu erpressen? Merkst du denn nicht, dass das eine Spirale in die Krise ist?
 
bierchen am 05.08.2005 14:09 schrieb:
Das mit dem Gleichgewicht sollten wir am besten wieder ausklammern, zu theoretisch. Du bist ein Mann der Praxis, keine Frage.
Nein, das ist Theorie. Während in anderen Märkten eine Bereinigung erfolgt, wenn zu viele Anbieter da sind, und damit die Preise so weit fielen, dass die Ware zu diesem Preis nicht mehr reproduziert werden kann - und anschließender Restabilisierung weiter oben - geht das im Arbeitsmarkt nicht, weil die Leute weiterleben. Sie MÜSSEN ihre Arbeitskraft anbieten, egal zu welchem Preis. Daher kann der Gleichgewichtspreis sich nicht auf einem höheren Niveau stabilisieren, sondern sinkt immer weiter.

Nicht die Arbeitslosen finden Arbeit, wenn sie sich für weniger Lohn bieten, sondern die noch Arbeitenden müssen für immer weniger Lohn arbeiten, damit sie ihre Arbeit behalten.
o_O jetzt hast Du in meinen Augen, Deine Aussagen vorher etwas relativiert. Oben sprachen wir nämlich von den Arbeitsuchenden. Jetzt redest Du von denen, die bereits Arbeit haben.
Ist doch logisch. Beide gehören zum Markt, und ihre gemeinsames Anbieterverhalten wirkt sich auf den Preis aus. Derjenige, der sagt "ich arbeite auch für weniger weiter, wenn ich den Job behalte" ebenso wie der Arbeitssuchende, der sich für wenig anbietet.
 
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