AW: nur so eine Frage
aph am 02.09.2005 15:55 schrieb:
Türlich denke ich volkswirtschaftlich, wenn ich mir über die Wirtschaft als Ganzes Gedanken mache. Dazu gibt es diese Wissenschaft ja. Was soll diese dumme Argumentation mit den privaten Entscheidungen?
Die Moleküle in einem Gas treffen auch ganz private Entscheidungen, in welche Richtung sie hüpfen wollen. Dabei müssen sie sich mit anderen Molekülen arrangieren und ihren Platz finden. Ist deshalb etwa die Thermodynamik als Wissenschaft obsolet? Kann man deswegen nicht alle Gase durch einen Schlauch pressen?
Die Wirtschaft ist aber kein Ganzes und die Argumentation mit den privaten Entscheidungen ist alles andere als dumm. Fakt ist, daß sich die betriebswirtschaftliche Sicht von der volkswirtschaftlichen massiv unterscheidet. Alle Entscheidungen (auch politische) basieren auf der betriebswirtschaftlichen Sichtweise. Warum kommst du also immer mit der Volkswirtschaft? Diese Betrachtungsweise hat uns schon viele Arbeitsplätze gekostet.
Bei der volkswirtschaftlichen Sicht wird oft das Wort kosten- und/oder aufkommensneutral verwendet, häufig in Zusammenhang mit neuen Steuern. Gemeint ist, daß zwar eine neue Steuer kommt, die Volkswirtschaft als Ganzes aber nicht mehr belastet wird.
In Wirklichkeit gibt es aber für einige eine Entlastung, für andere eine Belastung und für manche wirkt sich die Steuer gar nicht aus.
Läßt man die 3. Gruppe außer acht, dann bezahlen sozusagen die Verlierer den Gewinnern ihren Gewinn, wodurch die Sache aufkommensneutral ist - volkswirtschaftlich gesehen.
Betriebswirtschaftlich betrachtet, bekommen einige furchtbar eine auf den Deckel und die werden zwangsläufig reagieren um die neue Steuerlast loszuwerden. D.h., sobald die vom Verlust Betroffenen anfangen zu reagieren, indem sie betriebswirtschaftlich handeln/denken, gehen die Einnahmen durch die Verlierer zurück. Wer also bezahlt dann den Gewinnern den Gewinn und welche Möglichkeiten der Reaktion haben die Verlierer? Nur zu oft wird einfach der Standort verlegt und dann ist nicht nur der Gewinn der Gewinner weg, sondern auch der Beitrag der Verlierer, die ihn nun wo anders beitragen.
DAS ist das Problem. Was volkswirtschaftlich betrachtet nach einer harmlosen Sache aussieht, erweist sich, sobald man die betriebswirtschaftliche Ebene ins Spiel bringt, wo letztlich die wirklichen Entscheidungen getroffen werden, als Katastrophe.
Bei volkswirtschaftlicher Betrachtungsweise geschehen immer wieder schwere Fehler. Beispiel mit Kartellrecht. ...
Nö, die volkswirtschaftliche Sichtweise ist schon korrekt, berücksichtigt aber offenbar nicht genügend Faktoren.
Wie korrekt kann eine Sichtweise/Berechnung sein, die nicht alle Faktoren berücksichtigt?
Tja, das mit der Geraden stimmt schon mal nicht (weil das Ziel _eines_ Unternehmers nicht mit dem Ziel der Gesellschaft übereinstimmt). Ein anderer Vergleich zieht besser, nämlich Segeln. Die unternehmerische Tätigkeit bzw. der Drang Geld zu verdienen, ist der Wind. Und die Regeln sind das Segeltuch, mit dem man als Politiker versuchen muss, voran zu kommen. Und eins kann ich dir sagen: Der Wind bläst nicht immer von hinten. Man muss kreuzen und kommt damit erstaunlich gut voran. Man nutzt die Kraft des Windes und segelt in eine andere Richtung, als der Wind blasen möchte. Und dennoch hört der Wind nicht auf zu blasen. Man könnte sich natürlich auch einfach treiben lassen und sich dem Wind ausliefern - aber dann kommt man nicht am gewünschten Ziel an.
Ist Geld nur das Ziel der Unternehmer? Wie kommt es dann, daß alle Nichtunternehmer immer nur mehr Geld verlangen, wenn es doch gar nicht ihr Ziel ist? Warum verlangst du immer einer Umverteilung von Geld?
Geld ist das Ziel von 99% der Bevölkerung, die arbeiten geht.
Vielleicht habe ich eine zu einfach Sichtweise, aber für mich gilt, wenn jemand mit einem normalen Geschäft (also kein Mord, Waffen- oder Drogenhandel,...) Geld verdient und selbst wenn die Ware/Dienstleistung, die er anbietet, ein totaler Sch*** ist, wenn jemand dafür Geld ausgeben will, dann lassen wir ihn doch!
Ja, deine Sichtweise ist zu einfach, weil du wie immer die Gesamtheit aller Individuen und ihre Wechselwirkungen untereinander komplett außer Acht lässt. Thermodynamik!
Das Eine hat doch mit dem Anderen nichts zu tun. Ich spreche von der persönlichen Freiheit. Wenn du Müll verkaufst und ich bereit bin dafür zu zahlen, wieso sollte uns ein Dritter das verbieten? Wenn ich Müll haben will, dann werde ich schon einen Grund dafür haben und wenn der Grund unsinnig ist, so ist es immer noch mein Geld, welches ich beim Fenster rausschmeiße.
Es wird immer ein System der Freiheit gepredigt, aber in Wirklichkeit bekommen wird nur Zwänge.
Aus welchem Grund auch immer, in Europa wird Erfolg als schlecht angesehen und deshalb kommt Europa auch nicht weiter. Wennst bei uns ein großes Haus mit Swimmingpool und dickem Auto vor der Tür hast, dann folgen Neid und Mißgunst und der Gedanke, wie man demjenigen das wegnehmen kann.
Ich verstehe gar nicht, wie du darauf kommst. Paranoia? Wer will denn wem etwas wegnehmen? Wo ist der Neid? Mir ist er noch nie begegnet. Und wie kann es sein, dass ich umverteilen will, ohne dass es Neid ist, der mich antreibt?
Du machst es dir zu einfach, volkswirtschaftliches Denken auf Neid zu reduzieren.
Nicht volkswirtschaftliches Denken, sondern das angebliche soziale Denken. Die achso soziale Einstellung ist in 99% ein Schmäh, damit man selbst an Kohle kommt, die man sich nicht erarbeitet hat. Nur ganz wenige Menschen haben das soziale Denken wirklich als Ideologie, die sie bereit sind auch
selbst umzusetzen.
Denk doch einfach nur einmal an die SPD. Wer ist ihr primäres Klientel? Die Unternehmer? Der Mittelstand? Oder sind es nicht viel eher jene, die selbst nicht viel haben und durch soziales Verhalten ANDERER profitieren wollen?