Ok, nachdem ich dann immer noch auf dem SciFi Trip war ging es direkt weiter mit:
Star Trek Discovery Season 1:
Ueber Amazon Prime kann man sich ein kostenloses einwoechiges Probeabo bei CBS AllAccess (dem einzigen Streamingdiesnt in den USA, bei dem man Discovery anschauen kann, Netflix hat es hier nicht) rauslassen und da ich sonst eh nicht von dem Sender sehen will dachte ich, das mach jetzt mal und kuendige dann gleich wieder, bevor ich was zahlen muss.
Full disclosure: Ich bin ein Trekkie, der den Hoehepunkt des Franchises in den 90ern sieht. Ich finde TOS relativ cool aber es war einfach vor meiner Zeit und ich kann es nur noch als gut bewerten, wenn ich "geschichtlich" einordne, habe also kein allzu grosse Verbindung dazu. Die Filme mit Kirk und Co fand ich aber eigentlich schon immer cool (mit der Ausnahme vom 5ten natuerlich
). TNG ist meine Lieblings-Serie und meine eigentliche Star Trek Wurzel (die Kinofilme schwanken aber stark in der Qualitaet, muss ich zugeben). DS9 war auch sehr sehr cool. Voyager hatte dann schon ziemlich eklatante Schwaechen, die ueber die Serie hinweg immer schlimmer wurden, war aber auch noch ziemlich brauchbares Trek. Enterprise fing furchtbar an, hat sich aber ueber die Zeit weg doch gemausert (Staffel 3 und 4 gefielen mir dann sogar zumeist richtig gut).
Die neuen Reboot Kinofilme sind fuer sich genommen sehr unterhaltsames SciFi/Fantasy Popcorn Kino, haben aber mMn nur wenig mit dem alten Trek zu tun, und nun also STD (im Ernst, hat echt beim benennen der Show keiner daran gedacht, dass das die Abkuerzung ist
):
Ich bin sehr sehr zwiegespalten was die Serie angeht und werde meine Meinung in einzelne Punkte aufteilen, da einzelne Aspekte der Serie einen ziemlich unterschiedlichen Eindruck hinterlassen. Spoiler koennen folgen:
- Den uebergeordneten Handlungsbogen um den klingonischen Krieg, den Sporen-Drive und - Achtung - das Spiegeluniversum fand ich eigentlich sehr cool. Klar, man kann sich ueber Details streiten (Sporen Drive, WTF?!?) aber die Idee wie die Handlung funktioniert und die einzelnen Straenge zusammenkommen finde ich durchaus gelungen. Der Twist um Captain Lorca war top notch mMn. Vielleicht hab ich nur nicht gut genug aufgepasst aber ich habe es nicht kommen sehen, dass es immer der Spiegel-Lorca war, im Nachhinein macht es aber so viel Sinn und es gab so viele Andeutungen und Hinweise, das ist schon fast eine Art Fight Club Moment fuer mich gewesen, Respekt hier an die Autoren. Dieser Twist gibt auch dem Rest der Serie eine gewisse Legitimation. Darum ist alles so grimdark um die Discovery herum, darum fuehlt es sich eben "falsch" an fuer Star Trek, es sollte so sein. Ganz grosses Kompliment hier an die Produzenten denn sie haben sich hier echt was getraut (und sind ja auch waehrend der fruehen Phase der Serie von den Trekkies und Kritikern dementsprechend zerrissen worden). So viel Mut zum Plot-Twist muss man erst mal mitbringen, fand ich grosse Klasse. Gerade die letzten 3-4 Folgen der Serie finde ich dann auch ziemlich gut.
- Ich finde es cool, dass sie in einer Staffel eine abgeschlossene Story erzaehlen. Klar, sie machen jetzt weiter, man haette Discovery Season 1 aber auch als Einzelstueck stehen lassen koennen. Es gibt ein ordentliches Ende fuer die Staffel, keinen Cliffhanger, finde ich mal sehr erfrischend.
- Leider werden die positiven Aspekte der Gesamthandlung durch teilweise wirklich unterirdisch schlechte Dialog Skripte und absolut unglaubwuerdige, klischeehafte und eindimensionale Charaktere praktisch negiert. Wie diese Leute je durch die Starfleet Akademie gekommen sein sollen ist mir ein Raetsel. Da sind mal wieder nur psychopathische Persoenlichkeiten, psychische Wracks oder kindische naive Vollidioten an Bord. Ist ja ok, wenn man ein oder zwei solche Figuren einbaut aber alle? Und so jemand wie Kadett Tilly geht dann in die Command School? Na da zuechten sie ja gleich den naechsten tollen Captain ran.
Die Dialog-Skripte machen es nicht besser. Ich kann es nicht ab wenn Charaktere nicht mehr auch mal ueber normale Sachen sprechen koennen und man ihre Persoenlichkeit einfach ueber ihre Reaktionen mitbekommt, nein, in diesen neuen Serien scheint es so, als muessten sich alle Figuren immer entweder selbst oder gegenseitig psycho-analysieren. Dabei bekommt dann jeder Charakter eine Eigenschaft (zwei wenn er/sie Glueck hat) oder ein definierendes Erlebnis in ihrem Leben spendiert und darum hat sich dann alles zu drehen bitteschoen und es sollte auch bestenfalls noch in jeder dritten Dialog-Zeile des Charakters wiederholt werden, damit es auch der letzte Zuschauer, der ja vielleicht gleichzeitig auf seinem Handy bei Facebook postet wie cool die Serie ist und deshalb nicht ordentlich aufpassen kann kapiert. So ein Schwachsinn. (Fand ich uebrigens, war auch ein Hauptproblem bei Mass Effect: Andromeda, ich hab fast das Gefuehl, hier waren die gleichen Drehbuchautoren am Start.) Man vergleiche das mal mit den Dialogen in TOS, TNG oder DS9, wo sich auch mal normale Charaktere ueber normale Dinge unterhalten und nicht nur darueber sinnieren, ob ihre letzte Aktion jetzt ihrem Wunsch nach Rache an den Verantwortlichen fuer ihr Kindheitstrauma oder ihren Schuldgefuehlen ueber einen begangenen Verrat entsprangen oder sonst was. Das macht die Figuren mMn auch alle irgendwie unnahbar und unsympathisch. Ich meine, die coolste Figur in der ganzen Serie war mMn fricking Harcourt Fenton Mudd. Das will ja mal was heissen.
- Die schauspielerische Leistung ist wechselhaft, wobei ich mir hier oft nicht sicher bin, ob das nicht auch einfach zum Grossteil an den schlechten Skripten liegt. Schwer zu sagen.
- Die Serie muss sich die Frage gefallen lassen, wie gut sie in das Star Trek Franchise passt. Hier versuchen die Showrunner zwar ihr Bestes, man kann sehen, dass sie wirklich versuchen der alten Philosophie ein paar neue Kniffe abzuringen (und mal ehrlich, nach so viele Serienstaffeln und Filmen ist das auch nicht einfach). Wie gesagt, ihr Versuch die Essenz der Star Trek Zukunft mit Hilfe des Spiegeluniversum Twists zu untergraben und dann wieder aufzubauen finde ich echt gelungen und das war eine tolle Idee. Leider verwenden sie aber ansonsten viel zu oft die beruechtigte Holzhammer Methode. Viel zu oft hoere ich den Satz "We don't do this because
we are Starfleet!", der am besten noch theatralisch und mit episch-hymnischer Musik untermalt rausgehauen wird als spraeche hier der Pfarrer von der Kanzel. Schaut euch mal die alten Serien an und sucht mal nach solchen Momenten. Man wird kaum welche finden. Warum? Weil es in den alten Serien (TOS, TNG, sogar DS9) andersrum gelaufen ist. Leute waren nicht "die Guten" weil sie in Starfleet waren, Starfleet und die Foederation waren gut, weil sie aus guten, anstaendigen Leuten bestanden haben. Es war nicht noetig sich staendig ins Gedaechtnis zu rufen, dass man doch bitte moralisch handeln soll, das war es, was gesetzt war. Die Frage in den Serienfolgen waren damals aber Dilemma, die die Frage aufwarfen "was ist in diesem Kontext wirklich moralisch?" (Stichwort Prime Directive). Da gab es in Starfleet erst gar keinen auf dem Schiff, der einen ganzen Planeten ausrotten will und den man stoppen muss und dem man dann "how dare you, you are Starfleet!" an den Kopf wirft, bzw. wenn es mal einen gab, dann war es eine Riesen Sache (z.B. Admiral Dogherty in Insurrection und der war der Boesewicht, weil er ein paar hundert Leute gewaltsam umsiedeln wollte). Enterprise hatte einige solche Szenarien (vor allem waerend der Xindi Geschichte) aber da ging es auch eher um eine Zeit, in der die Foederation und ihr Wertesystem erst entstehen und selbst da war es mMn nicht so hart und vor allem nicht so hochfrequent wie jetzt in Discovery. Star Trek hat soziale Probleme angesprochen, sie aber eben auf andere Zivilisationen ausgelagert und die Menschheit als utopische Gesellschaft dargestellt. Durch diesen einfachen Kniff konnte man sozialkritisch sein aber eben auch gleichzeitig dieses Gefuehl von Hoffnung fuer unsere Zukunft aufbauen, fuer das das Franchise so bekannt ist. Das macht Discovery nicht mehr, in dieser Serie sind es nach wie vor die Menschen selbst, die die uebelsten Probleme, sowohl aussen als auch in sich selbst haben. Das mag zur Zeit modern sein, aber es passt nicht in eine Zeit, in der wir nur 10 Jahre spaeter die Abenteuer von TOS erwarten sollen. Wie ein Kirk, der in dieser Zeit aufgewachsen ist zu dem Mann werden soll, der er in TOS war erschliesst sich mir da nicht.
- Dazu kommen einige andere kleinere Dinge, durch die Discovery nicht ins Trek Universum passt. Der Sporen Drive natuerlich, den man auf jeden Fall noch irgendwie wieder weg-erklaeren muss in einer zukuenftigen Staffel (aber ok, ich gehe mal davon aus, dass sie das machen werden). Aber auch die ganze Technologie passt nicht. In Enterprise haben sie wenigstens noch versucht, das Schiff so aussehen zu lassen als koennte es vielleicht aelter vom Design her sein, als zumindest die Enterprise aus den alten Filmen, hier ist es ihnen dann doch eigentlich echt wurscht und alles ist einfach voller Hologramme haptischer Interfaces, etc.. Jetzt werden wieder die Leute kommen und sagen "ach komm, eine Serie heute muss halt auch modern ausschauen, alles andere waere laecherlich". Ja ok, aber warum muss man dann staendig Prequels machen, wenn man sie nicht richtig einbauen kann? Dann geht doch einfach mal von STTNG Nemesis aus 10 Jahre in die Zukunft, dann koennt ihr ja machen, was ihr wollt (aber das haben sie jetzt ja anscheinen auch vor, zum Glueck). Dann die Klingonen, ist ja inzwischen schon das dritte oder vierte re-design glaube ich, langasm reicht's. Und wieso gibt es einen vulkanischen Admiral in Starfleet? Ich glaube mich zu erinnern, dass Spock eigentlich immer der erste (halb) Vulkanier in Starfleet war.
Aber naja, das alles ist Pipifax, nur zeigt es halt mMn, dass den Autoren das alte ST voellig wurscht war, was ich schade finde, ich mag keine solchen halb-reboot Geschichten. Wenn ihr ST machen wollt, dann macht es halt bitte ordentlich oder macht halt ein neues SF Universum auf, geht ja schliesslich auch. Das Problem dabei ist natuerlich, ohne den Kontext des ST Universums haetten der Handlungsbogen und gerade Lorca so nicht funktioniert, es passt hier also wieder ganz noch gar nicht.
- Production Values sind sehr gut gewesen. An Effekten und so gab es da echt nichts auszusetzen, das war gut gemacht.
Fazit: Wie gesagt, bin sehr zwiegespalten. Ich will auch nicht zu hart urteilen, immerhin brauchte auch TNG 2-3 Staffeln bevor es wirklich gut wurde (wer von TNG nur die erste Staffel gesehen hat, dem kann ich keinen Vorwurf machen, wenn er sagt "was ist denn das fuer ein Scheiss"). So schlimm wie es von vielen gemacht wurde ist STD mMn nicht, aber gerade an den Charakteren und Dialogen muessen sie wirklich noch arbeiten, da ist noch gaaaaanz viel Luft nach oben und ich komme auch nicht umhin es eben nicht als "echtes" Star Trek zu sehen sondern eher als eine Art eigenstaendige Space Opera, die von ST inspiriert ist.
Alles in allem wuerde ich sagen 5.5/10 Sporenkanistern.