Das Problem ist doch, daß sich diejenigen die in Parallelgesellschaften leben sich nicht anpassen wollen. Wer 30 Jahre in Deutschland lebt aber kein Wort Deutsch reden kann (oder will) da habe ich meine echten Zweifel ob dieser Personenkreis gewillt ist sich zu integrieren.
Vielleicht hat diese Person auch bisher noch niemand aktiv ermutigt bzw. befähigt, diesen Weg zu gehen?
Außerdem machst du den Fehler, dass du Menschen nicht individuell betrachtest, sondern als anonyme Gruppe, und sie damit entmenschlichst. "DEN" integrationsunwilligen Ausländer, der in Parallelgesellschaften lebt, den gibt es so nicht. Es gibt hingegen viele einzelne Individuen, die ganz verschiedene Lebenswege und Gründe haben, warum sie so leben, wie sie leben. Das kann in manchen Fällen in der Tat auch fehlende Bereitschaft dazu sein, sich in eine Gesellschaft integrieren zu wollen. Aber selbst dann können das ganz harmlose Menschen sein, die einfach in Ruhe ihr Leben leben wollen, ganz ohne dich oder mich damit in irgendeiner Weise verletzen oder schaden zu wollen.
Ganz ehrlich, was für ein Problem hast du mit jemandem, der kein Deutsch spricht, sich aber dafür an alle deutschen Gesetze hält und keiner Fliege was zuleide tut?
Noch mal, Integration bedeutet für mich nicht Assimilation, sondern Eingliederung in der Form, dass ich die Gesetze und Regeln (rechtlicher und kultureller Art) achte, aber ohne damit zwangsläufig meine Kultur aufgeben zu müssen. Man kann sicherlich darüber streiten, ob es dafür notwendig ist, die deutsche Sprache umfassend zu beherrschen, aber eigentlich kommt man in vielen Fällen auch ohne im 21. Jahrhundert ziemlich gut zurecht, insbesondere dann, wenn man englisch spricht, was ja in den jüngeren Generationen eh immer mehr der Fall ist. Ich verstehe auch die Argumentation nicht, dass durch derartige Menschen unsere Kultur in Gefahr wäre. Jemand, der seine Kultur bewahrt, wenn er hier einwandert, soll mein Kultur gefährden? Inwiefern? Ich mache weiter mein Ding und die Person macht eben ihr Ding. Diese Person fügt im Endeffekt unserer Gesellschaft einfach einen neuen Aspekt hinzu und vergrößert die Vielfalt in unserem Land. Aber sie nimmt nichts weg und zerstört auch nichts.
Vielmehr liegt es an uns, unsere Kultur und unsere Traditionen zu bewahren, wenn wir das denn wollen und wenn wir uns dafür einsetzen. Oft ist es aber so, dass wir selbst keinen Finger krumm machen für unsere eigene Kultur, aber uns gleichzeitig lauthals darüber beschweren, dass die bösen Ausländer ja so gefährlich für unsere Kultur wären. Aber das ist einfach nicht stichhaltig, schon gar nicht in Gebieten, in denen Ausländer aus einem anderen Kulturkreis eine verschwindend geringen Anteil der Bevölkerung stellen.
Im Endeffekt ist die Einschränkung für denjenigen, der kein deutsch spricht, wahrscheinlich viel größer als für die ganzen Menschen um ihn herum. Denn wenn er nichts versteht, grenzt er sich selbst aus und das ist zuallererst mal für diese Person ein Verlust und nicht für die Einheimischen. Als jemand, der selbst schon häufig im Ausland war, kann ich auch gut nachvollziehen, wie man sich fühlt, wenn alles um einen herum fremd ist. Da den Weg nach vorne zu gehen erfordert verdammt viel Mut. Die meisten Menschen gehen den einfachen Weg und suchen sich Leute, mit denen sich sich einfach verständigen können, auf verschiedenen Ebenen. Das alles wird nicht einfacher, wenn die Strukturen nicht stimmen und den Fremden auch noch Misstrauen und Ablehnung entgegen gebracht wird. Dann ziehen sie sich erst recht zurück. Wenn wir wirklich wollen, dass sich Fremde möglichst tief integrieren, dann müssen wir selbst aktiv werden. Dann müssen wir sie dazu einladen, wirklich mit uns zu leben und nicht nur unter uns. Dann müssen wir unsere Angst vor dem Fremden überwinden (noch mal: ihre Angst ist noch größer als unsere!) und den Fremden so behandeln, dass dieser richtig Lust dazu hat, sich in die Gesellschaft einzubringen und hier voll anzukommen.
Dafür braucht es aber natürlich auch bestimmte strukturelle Maßnahmen, wie eben z.B. eine dezentrale Unterbringung und die Integration der Fremden in gesellschaftliche Strukturen wie Arbeit, Schule, Vereine etc. Wenn Fremde hingegen zentral untergebracht werden und unsere Gesellschaft es versäumt, sie aktiv ins öffentliche Leben einzubinden, dann verringern sich die Bezugspunkte zu den Einheimischen rapide und die Notwendigkeit, sich mit dem Fremden (bzw. Einheimischen in diesem Fall, aber der ist für den Fremden ja auch fremd) auseinanderzusetzen sinkt ebenso rapide. Das kann dir jeder, der schon mal für längere Zeit im Ausland war (als Student oder Berufstätiger, aber auch als Urlauber) sicher bestätigen. Der Kontakt mit den Einheimischen wird meist nur dann aufgenommen, wenn der Kontakt zu Menschen aus dem eigenen Kulturkreis nicht möglich bzw. nicht vorhanden ist. Ohne (intensiven) Kontakt gibt es aber auch keine Integration, so wie du sie dir wünschst, inklusive der Beherrschung der Sprache usw. Integration
ist eine Aufgabe, die uns als Einheimische vielleicht noch mehr fordert als die, die zu uns kommen, speziell am Anfang. Wenn wir wirklich Integration wollen, dann müssen wir den ersten Schritt machen und in Vorleistung treten. Das mag paradox klingen und eventuell auch etwas unfair, aber das ist es nur dann, wenn wir Angst vor dem Neuen und Unbekannten haben und uns nicht über mehr Vielfalt und neue Erfahrungen freuen können. Und davon abgesehen bedürfen Menschlichkeit ebenso wie Demokratie und die freiheitliche Gesellschaft eben immer einen bestimmten Aufwand. Den sollten wir auch bereit sein, zu leisten. Erst dann steht es uns imo zu, über andere zu urteilen.
Leider ist das menschliche Hirn recht unzugänglich für Statistiken. Meist begnügen wir uns mit einfachen Antworten, die sich gut in unser Weltbild einfügen. Zahlen und Statistiken können wir ab einem bestimmten Abstraktionsgrad hingegen nur schlecht intuitiv begreifen, weshalb wir uns auch leider nur selten die Mühe machen, unsere Antworten auf die diversen Fragen des Lebens wirklich zu hinterfragen. Das trifft übrigens auf alle Menschen zu, auch auf Intellektuelle und Wissenschaftler. Dagegen hilft nur, sich hin und wieder wirklich aktiv zu zwingen, das eigene Weltbild in Frage zu stellen und wissenschaftlich zu überprüfen.
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