Ich habe weder die Zeit, noch die Lust, auf die Beiträge einzugehen, aber mit Hinblick auf die Attentate in Frankreich zu behaupten, wir wären selber schuld, das Problem sei hausgemacht [...] ist für mich menschenverachtend.
Die Ignoranz und die Oberflächlichkeit, die du hier zur Schau stellst, ist für mich menschenverachtend.
Aber ich nehme mal an, dass die Leute im Irak, in Syrien, in Lybien oder überall dort, wo die Menschen durch Drohnenangriffe ums Leben kommen oder wo Menschen durch westliche Rüstungsprodukte getötet werden, da sind die Leute auch ganz alleine selbst Schuld an der Misere und den ganzen Toten. Weil "wir" ja prinzipiell die Guten sind und "die" prinzipiell die Bösen. Wenn ein Irrer in Frankreich dutzende Zivilisten tötet, dann ist das eine Tragödie und die Menschen sind zurecht bekümmert darüber. Aber wenn westliche Bomben in Syrien dutzende Zivilisten töten, dann kräht kein Hahn danach in der großen weiten Welt. Und wenn ein paar pakistanische Zivilisten durch einen Drohnenangriff sterben, dann landen die maximal auf der Liste der versehentlichen Opfer, aber nur ganz selten in den großen Nachrichten. Jeder, der sich für die Taten des Westens nicht interessiert, ist imo mitverantwortlich für die andauernde Gewalt. Ignoranz vor dem Leid anderer Menschen, das von der eigenen Regierung, den eigenen Partnern, dem eigenen Kulturkreis ausgeht, ist keine Ausrede, sondern eine intellektuelle und menschliche Armutserklärung.
Davon, dass jemand die Anschläge "verdient hätte", hat hier überhaupt keiner gesprochen (haltlose Unterstellungen bin ich ja mittlerweile gewöhnt von dir). Es ging um einen Erklärungsversuch, warum es diese Anschläge in der Form gibt. Das ist ein großer Unterschied.
In dieser Spirale der Gewalt gibt es viele Opfer und viele Täter. Die Menschen, die in Nizza starben, sind reine Opfer einer sinnlosen Gewalt, die "wir", als Gesellschaft, als Nation, als Union, als Kulturkreis nun mal mitzuverantworten haben, weil wir uns massiv in die Politik im Nahen Osten eingemischt haben und es immer noch tun. Wir sind hier meiner Auffassung nach mindestens so sehr Täter, wie wir Opfer sind. Das ist keine Verharmlosung von Gewalttaten und auch keine Rechtfertigung derselben. Es ist aber die nötige Erkenntnis für jeglichen Versuch der Verbesserung der Situation und der Durchbrechung der Gewaltspirale. Solange der Westen seine imperialistische Außenpolitik nicht nur aber speziell im Nahen Osten nicht endlich beendet, solange wird es auch keine Chance für dauerhaften und stabilen Frieden geben und solange wird auch der Nachschub an islamistischen Kämpfern, die die Gewalt zurück in unsere Heimatländer tragen, niemals ausgehen.
Genau darum geht es mir, die Texte lesen sich wie eine Art "Rechtfertigung" ... außerdem muss man sich die Frage gefallen lassen, was genau irgendwelche Zivilisten an einer Amokfahrt oder bei einem Konzertbesuch "verdient haben".
Nein, das tun sie nicht und das habe ich auch schon Herb gegenüber eindeutig klar gestellt. Es geht um Erklärungen und kausale (wahrscheinliche) Zusammenhänge, nicht um Rechtfertigung. Es ist immer von Interesse, warum jemand ein Verbrechen geht, weil man ohne diese Kenntnisse nicht die Ursachen für derartige Verbrechen beseitigen kann. Mit einer solchen Erklärung rechtfertigt man das Verbrechen aber keinesfalls. Das Verständnis für die Beweggründe eines Verbrechens ist nicht gleichzusetzen mit einem Einverständnis. Ich habe keine Ahnung, wie du überhaupt auf die Idee kommst. Aber scheinbar ist es wohl Mode bzw. Teil der westlichen Propaganda, dass jegliche Meinung, die dem Westen eine Mitschuld an der Situation gibt, pauschal als "Kollaboration mit dem Feind" oder zumindest als "Verharmlosung des Terrors" gebrandmarkt wird. So kann man sich natürlich auch schön um die eigentliche Diskussion drücken und andere Meinungen ohne eigene Argumente pauschal diffamieren...
Übrigens solltest du nicht die Texte von anderen in irgendeiner Weise pauschal interpretieren und dann so tun, als entspräche diese pauschale Interpretation auch wirklich genau dem, was der andere damit meinte. Bleib doch einfach mal konkret bei dem, was tatsächlich geschrieben wurde und gehe konkret und sachlich-argumentativ darauf ein (oder lasse es ganz bleiben). Wenn dir etwas unklar ist, kannst du doch auch einfach mal nachfragen, bevor du mit wilden Spekulationen und Unterstellungen anfängst...
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