Der einzig wahre Grund, warum VR noch nicht wirklich im mainstream angekommen ist, sind die Menschen. Zuerst dachte ich nur der Artikel sei der beste Beweis dafür wieviele halbgare Vorurteile es ggü. VR gibt, aber wenn man sich dann die Kommentare anschaut, möchte man als VR-Spieler am liebsten schreiend aus dem Fenster springen.
1. VR-Brillen muss man wie rohe Eier behandeln und mit einer VR-Brille kann man nicht zur Tür.
Wie kommt man auf sowas?! Gegenfrage: Wie oft wirft man denn einen Controller oder eine Maus in die Ecke und rennt mit Headset zur Tür? Genau... Ein VR Headsset ist in wenigen Sekunden abgelegt und kann auch mal "sanft" auf die Couch geworfen werden ohne kaputt zu gehen.
2. VR ist nicht zugänglich bzw. zu kompliziert aufzubauen und zu nutzen.
Die Einrichtung und Nutzung von VR ist selbst mit dem von allen noch am "kompliziertesten" Systemen (Lighthouse) einfacher, als eine Grafikkarte auszutauschen oder ein Treiberproblem von Windows zu beheben. Jeder PC Spieler ist dazu fähig! Brille anstecken, bei HTC/Steam VR Brillen 2 kleine schwarze Boxen im Raum verteilen, einmal Spielfläche ablaufen. Fertig. Bei Brillen mit Insideout-Tracking muss man sogar nur noch die Fläche ablaufen.
Bei der Nutzung kommt man in der Tat nicht drum herum sich a) die Brille aufzusetzen, wobei man sich ja auch nicht beschwert, das man eine Maus oder einen Controller in die Hand nehmen muss und sich b) bei den meisten Spielen tatsächlich zu bewegen - aber das ist auch das Konzept von VR. Diejenigen denen das aber trotzdem zuviel ist, können auch einfach Simulationen auf der Couch oder am Schreibtisch in VR spielen.
3. Für VR brauche ich 5 RTX 3090 oder 400 Kerne mit 10 GHz.
Falsch. Selbst mit eine popeligen Radeon 580 kann man sehr gut und flüssig nahezu jedes VR-Spiel spielen. Fast jeder Meckerfritze hier hat wahrscheinlich mindestens eine GTX970, eher 1060 oder gar 2060 in seinem Rechner stecken und wäre somit in der Lage ein VR-Headset zu betreiben. Auch die aktuelle Konsolengeneration wäre ohne Probleme in der Lage ein VR-Headset zu betreiben, was übrigens ein weiteres Vorurteil ist: Konsolen bremsen VR aus. Davon abgesehen gibt es inzwischen diverse Software/Hardware-Lösungen die die notwendige Leistung reduzieren.
4. In VR brauche ich 8K pro Auge und 400 Fps damit mir nicht die Augen bluten:
Nein, nein und nochmals nein! Es ist nicht vergleichbar mit klassischem Gaming und das wird jeder VR-Spieler sagen. Klar sähe es mit einer extrem hohen Auflösung noch besser aus, aber das braucht es überhaupt nicht. Sobald man die Brille ein paar Minuten auf hat, gewöhnt sich das Auge an die Displays und man sieht eben nicht irgendwelche Fliegengitter. Das versteht man aber erst, wenn man es mal selbst 1-2 Tage gespielt hat. Die Auflösungen der Rift S oder Valve Index btw HTC Vive Pro reichen schon völlig, damit man ein scharfes Erlebnis bekommt und diese Brillen sind schon wieder bis zu 3 Jahre alt und auch sehr günstig gebraucht zu bekommen.
5. Als Brillenträger ist das unbequem / kann ich es nicht spielen und Brillengläser kosten 1000€ pro Auge.
Wieder nein, nein und nochmals nein. Unter die meisten VR-Headsets passt ohne Probleme eine "normal große" Brille und damit kann man auch zocken. Die Brillengläser beschlagen meistens nur dann, wenn die Brille(n) nicht richtig aufgesetzt wurden. Für alle zu großen Brillen oder wenn man es bequemer haben möchte, gibt es auf einschlägigen Webseiten wie VR-optiker Linsen in Sehstärke, die man binnen 5 Sekunden in das VR-Headset einsetzen kann und die kosten um die 70€ (zusammen für beide Augen) und ja - da gibt es auch die utopischsten Sonderanfertigungen mit Prismen usw. für sehr kleines Geld.
6. VR-Headsets haben ein viel zu kleines FoV.
Es gibt inzwischen zig Brillen auf dem Markt, die die verschiedensten FoVs abdecken und da ist für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei. Aber selbst mit einer günstigen alten Rift, die ein vergleichsweise geringes FoV hat, hat man enorm viel Spaß und auch hier kann ich nur sagen: wenn man spielt, sind einem solche Gedanken völlig egal. man spielt einfach und ist begeistert von der neuen Erfahrung. Wenn überhaupt, fällt sowas nur auf, wenn man mal in die Verlegenheit kommt, verschiedene Brillen nacheinander zu testen oder ständig zwischen VR und normalem Gaming wechselt. In der Regel spielt man aber einfach.
7. VR-Spiele müssen mit Maus/Tastatur oder Controller spielbar sein.
Ganz klar: nein! Die besten VR-Spiele spielt man eben genau NICHT mit den klassischen Eingabegeräten. Das ist wieder ein typisches Vorurteil der "Masterrace", die sich nicht vorstellen kann, das eine andere Eingabemethode tatsächlich besser sein kann. Wer einmal einen Index-Controller in der Hand hatte, wechselt nur widerwillig zurück zur Maus. Es fühlt sich einfach viel ntürlicher und einfacher an. Wenn man etwas greift, dann greift man einfach mit der Hand und muss eben nicht eine Maustaste drücken. Wenn man laufen will bewegt man sich einfach im realen Raum, teleportiert sich mit dem Stick oder läuft mit einem Analogstick zusätzlich virtuell im Raum. Alles davon fühlt sich richtiger an, als sich per WASD oder Maus zu bewegen. Wenn ich mich umschauen will brauche ich keine verdammte Maus, ich bewege einfach meinen Kopf. In VR kann ich dir ein 3D-Bild malen indem ich einfach mit meiner Hand den Indexcontroller halte und virtuell einen Stift bewege. Selbst Rennspiele und Flugsimulationen kann man mit den Indexcontrollern gut spielen, aber wer es da klassisch haben will, nutzt eben weiterhin sein Lenkrad, Joystick oder eben Controller.
8. HL-Alyx ist scheiße. Dieses rumgefuchtel ohne Arme macht doch keinen Spaß! Das sieht scheiße aus!
Sorry, aber das kann nur jemand sagen, der noch nie ein VR-Spiel gespielt hat. HL-Alyx sieht fantastisch aus, es spielt sich wunderbar und es ist alles andere als wildes rumgefuchtel. Ich kann verstehen, warum man das denkt, denn auf den ganzen Trailern und Youtube-Videos kann man eben nicht zeigen, wie es sich anfühlt. Man sieht nur die im Vergleich zu klassischen AAA-Titeln die schwächere Grafik und es fehlt das komplette Körpergefühl. Wenn man es aber selbst spielt, denkt man über fehlende Arme, fehlende Pixel oder weniger Polygone nicht nach. Wie oft schaut man denn selbst bewusst/aktiv im RL seine Arme an? Man nimmt es nicht wirklich wahr und genauso ist es in VR. Dort zählen vor allem die Hände und sobald man selbst sieht, wie man in VR seine einzelnen Finger bewegt, blendet man die Existenz bzw Nichtexistenz von Armen komplett aus. Wer dennoch unbedingt Arme UND BEINE haben will, greift zu dem ebenso fantastischen Boneworks.
Was das rumgefuchtel angeht: Habt ihr euch bei Hal-Life 2 damals auch so über die Gravity-Gun beschwert? In HL-Alyx hat man nämlich nichts anderes, nur eben in kompakter Handschuhform und es macht einfach verdammt viel Spaß Dinge mit den eigenen Händen virtuell aus der Luft zu fischen und sobald man es selbst mal spielt, ist man geschockt wie präzise das ganze tatsächlich ist. Soetwas kann das beste 2D-Video der Welt nicht vermitteln.
Und was die Grafik angeht kann ich nur nochmal sagen: ein 15 Jahre altes klassisches PC-Spiel sieht in VR fast so aus wie ein aktueller AAA-Titel. Das hört sich seltsam an, aber es ist einfach so. Der Kopf ist von der virtellen Welt so überwältigt, das man viele fehlende Details nicht bemerkt oder quasi im Kopf ersetzt. Die Grafik von HL2 in VR ist völlig überwältigend in VR und ein HL-Alyx, welches so viele Details, scharfe Texturen und tolle Physikspielereien bietet ist einfach fantastisch anzusehen und zu spielen.
9. VR braucht EINEN großen Exklusivtitel. / Es gibt keine Spiele.
Doch die gibt es zu Hauf und auch richtig gute Titel. Nur sind es eben erfrischenderweise nahezu keine großen IP-Marken sondern frische Spiele und das ist ein sehr positiver Punkt. Die meisten großen Marken sind gescheitert, weil sie eben keine richtigen VR-Spiele produziert haben, sondern nur mittelmäßige Portierungen. Ausnahmen bilden Rennsimulationen wie Dirt Rally 1+2, Project Cars, Asetto Corsa und diverse andere AAA-Rennspiele, Elite Dangerous, MS Flight Simulator und andere Flugsimulationen und natürlich Half-Life. Jeder der zBsp Dirt Rally oder Elite Dangerous gerne spielt, wird es in VR lieben, weil es einfach so viel beeindruckender ist. Das Geschwindigkeitsgefühl in einem Delta S4 oder die Dimensionen einer Raumstation in VR sind einfach unbeschreiblich und man muss es selbst erleben. Da helfen kein Video und auch kein Text.
Aber abseits der oben genannten Titel gibt es eben auch Titel wie Beatsaber, Ragranröck oder Synthrider, mit denen man sich richtig schön auspowern und sein Rythmusgefühl ausleben kann. Mit solchen Spielen werden selbst Sportmuffel wie ich mal wieder etwas fitter und es macht einfach viel Spaß. Wer kompetetive Shooter sucht wird mit Onward, Space junkies oder Pavolv VR ganz sicherlich glücklich werden. Wer sich lieber im Koop mit Freunden durchballern will kann bedenkenlos zu den Serious Sam Spielen in VR (übrigens auch Crossplay mit non-VR-Spielern), Arizona Sunshine oder Payday 2 (ebenso Crossplay) greifen. Tolle Geschichten und/oder Rätsel bekommt man in A Fishermans Tale, E Expect you to Die, Red Matter, Proze, Freediver, Trover Saves the Universe oder Call of The Starseed. Project Wingman und Star Wars Squadrons sind volle Arcade-Flugsimulationen. Superhot macht in VR bedeutend mehr Spaß als in 2D und Kepp Talking and nobody explodes ist ein super Partyknaller. Ein toller Sp-Shooter ist neben HL-Alyx natürlich Boneworks und bietet dabei echt coole Physikspielereien. Übrigens ist hoer noch zu erwähnen wie toll es ist, wenn man in einem Spiel Gewichte und Trägheit tatsächlich "spüren" kann, obwohl man ja nichts in der Hand hat. Mit Intercosmos kann man mal in den Weltraum fliegen, in Duck Season gehts zurück in die Nintendoära der 80er, ganz mutige können sich mal in Alien Isolation in VR probieren... und und und. Es gibt viele viele gute bis sehr gute Spiele. Sie werden nur eben auf kaum einer normalen Spielseite erwähnt. Auch hier gilt: wenn man erstmal in VR spielt, findet man die Spiele auch. (nicht erwähnt habe ich diverse gute Exklusivtitel für Konsole oder oculus) Gibt es auch schlechte VR-Spiel? Auf jeden Fall. Aber das Verhältnis zwichen Gut und schlecht ist bei VR-Titeln definitiv nicht schlechter, als bei den klassichen Spielen.
10. VR-Brillen sind zu teuer!
Ja, VR-Brillen kosten Geld. Aber gemessen daran, wieviel man für das Hobby Computer/Videospiele ausgibt (besonders bei PC-Spielern), so ist es eben nicht teuer. Wenn man will bekommt man eine PC-VR-Brille heute schon für 150€ gebraucht und etwa 300-350€ neu. Das ist dann vielleicht nicht das neuste oder beste Modell, aber so ist es bei anderer Hardware ja auch. Zu Normalzeiten hatte man ja auch die Wahl zwischen einer gebrauchten Grafikkarte oder einem günstigen Einsteiger- Mittelklasse oder Highendmodell und kann dann eben auch 150 oder 1500€ ausgeben. Heute ist das ganze sogar noch deutlich teurer und eine neue VR-Brille kostet deutlich weniger als eine neue Grafikkarte.
Damit ist VR ein Luxusgut - eine Konsole oder ein Spiele-PC sind das aber auch.
11. VR mit Kabeln taugt doch nix!
Wieder Unsinn. Klar ist eine kabellose Version immer komfortabler, aber in 2 Jahren VR hat mich das ausreichend lange Kabel noch nicht einmal gestört. Eingewickelt habe ich mich auch noch nie und gestürtzt bin ich auch nicht. Wer es perfektionieren will kauft sich günstiges Zubehör um das Kabel von der Decke hängen zu lassen.
12. Die Verzögerungen in VR sind zu hoch, deshalb wird mir schlecht.
Nein. Alle Brillen die ich bisher getestet habe (auch die billigsten) sind quasi latenzlos. Jeder billige Smart-TV und Bildschirm hat eine höhere Verzögerung.
13. VR wird sich wegen der Motion-Sickness nie durchsetzen.
Auch das ist mal wieder verallgemeinter Unsinn, der sich seit den ersten Tagen von VR hartnäckig hält. Ja, es gibt Menschen, die besonders empfindlich sind und die werden es mit VR deutlich schwerer haben. Motion-Sickness bekommt man aber vor allem, wenn spiele schlecht für VR angepasst/entworfen wurden, was vor allem in in den frühen Jahren so war oder wenn man es einfach nur einmal kurz spielt. 50% der Spieler werden sich wahrscheinlich bei der ersten VR-Sitzung mehr oder minder komisch fühlen, weil das Gehirn diese manipulation eben nicht kennt und nicht damit umzugehen weiß. Sobald man aber mal ein paar Tage in VR gespielt hat, gewöhnt man sich daran und man hat in der Regel keine Probleme. Eine weitere Ursache könnte die fehlende Performance sein. Je nachdem wie empfindlich man ist, muss eben eine bestimmte Bildwiederholrate gewährleistet sein. Aber wie schon oben erwähnt, schafft selbst eine in die Jahre gekommene Grafikkarte die meisten VR-Spiele problemlos in 90 fps.
14. VR-Brillen sind so schwer.
Auch hier gilt wieder: reine Gewöhnungssache. Vielleicht ist es einfach mal an der Zeit die Nackenmuskeln etwas zu trainieren, anstatt auf der Couch zu liegen.
15. Mit einer VR-Brille auf dem Kopf sehe ich nichts und schlage überall dagegen.
Sobald man eine Brille auf hat und sich der Grenze des eingerichteten Spielraums nähert, bekommt man ein virtuelles Gitter eingeblendet, sodass man genau weiß, wo man ist. Das kann man beliebig konfigurieren. Zudem bieten einige Brillen Kameras, sodass man umschalten kann, um die echte welt zu sehen. In 2 Jahren VR habe ich es tatsächlich nur einmal geschafft, gegen meinen Schrank zu schlagen und das war aus eigener Dummheit, weil ich das virtuelle Gitter deaktiviert hatte.
16. VR ist mir zu anstrengend / man schwitzt ständig
Ja! Und das ist tatsächlich der eine wahre Grund, der die Menschen von VR abhält: man muss sich bewegen. Das ist das Konzept von VR und es macht Spaß. Es ist einfach an der Zeit, das sich die Menschen mal wieder mehr bewegen und mit VR hat einfach niemand mehr eine Ausrede dafür, sich nicht MEHR zu bewegen. VR macht Spaß und man tut endlich mal wieder etwas für seinen Körper, selbst wenn es nur das absolute Minimum ist. Ja man wird auch schwitzen, wenn man sich richtig reinhängt und ja bei 35 °C läuft der Schweiß in Strömen unter der Brille, aber man würde auch ohne Brille bei sportlicher Aktivität bei diesen Temperaturen schwitzen. Dann spielt man eben wenn es kühler ist.
VR wird das klassische Gaming wahrscheinlich nie ersetzen, will und muss es auch nicht. Wenn man K.O. von der Arbeit kommt, kann ich es verstehen, wenn man sich nur noch auf die Couch legen will. Ich kann es auch verstehen, wenn man einfach mal mit Maus und Tastatur ein Strategiespiel oder auch einen Shooter spielen will, aber wenn man sich mal von allen Vorurteilen lösen würde, hätte VR schon eine viel höhere Verbreitung und die Leute hätten erkannt, wieviel mehr Spaß man in VR haben kann. Ich selbst spiele auch nicht nur VR - wahrscheinlich liegt die Aufteilung bei 60% klassisch und 40% VR. Die 40% VR sind aber definitiv deutlich intensiver und ich würde meine Index jederzeit wieder kaufen.