JohnCarpenter am 18.08.2005 18:58 schrieb:
JohnCarpenter am 18.08.2005 16:00 schrieb:
1. Von ALG2-Empfängern könnte man schon ein paar Stunden gemeinnützige Leistung abfordern. Versuche dazu gibts ja auch in Berlin, es fehlt nur die Konsequente Durchsetzung. (Arbeit , die sonst keiner macht, gibts dort wohl auch).
Wie gesagt, z.B. in Berlin wurde es schon (erfolglos) praktiziert. Spontan fällt mir da z.B. Parks und Wälder reinigen ein; oder wo's auch schon probiert wurde
eim Spargelstechen-sind normalerweise nur Billiglöhner aus dem Ostblock (und so würde das Geld im Land bleiben).Komischerweise hatten die meisten Deutschen bei nur sehr langsamen Arbeitstempo riesige Rückenschmerzen und sind am nächsten Tag nicht mehr erschienen...
Nun sag mal ehrlich, wie findest du das Folgende?
Ein ganz normaler Durschnittsmensch, der irgendwo eine Anstellung als Buchhalter hat wird arbeitslos.
Grund? Das Unternehmen ging pleite oder es wurden schlicht Stellen "wegrationalisiert".
Nun muss er sich auf dem Arbeitsamt melden und sein Arbeitslosengeld beantragen, welches vielleicht ca. 65% seines bisherigen Gehaltes beträgt.
Zusätzlich dazu bekommt er eine Stelle als Spargelstecher oder Parkreiniger zugewiesen...lehnt er dies ab, bekommt er kein Arbeitslosengeld.
Man darf nicht vergessen, dass derjenige eine ausgebildete Fachkraft ist und sein Geld zuvor jahrelang mit einer Arbeit verdient hat, die er gelernt hat, bei der er gebraucht wurde und an der er Spaß haben konnte.
Und jetzt soll er Spargel stechen.
Oder Laub zusammenharken.
Um eine Leistung zu erhalten, für die er die ganzen Jahre vor seiner Arbeitslosigkeit gezahlt hat.
Mal ganz davon abgesehen, dass er nach 1 oder 1,5 Jahren vom AlG- zum AlG-II-Empfänger wird und damit jegliche privaten Vermögen preisgeben und Einsicht in Kontoauszüge geben muss.
Das spätestens dadurch eine krasse Änderung der Lebensumstände geschieht ist klar, denke ich.
Und er soll dann noch jeden Tag zum Spargelstechen oder Laubharken gezwungen werden.
Nebenbei soll er natürlich noch den Antrieb haben um sich ständig nach neuen Stellenangeboten umzusehen, muss regelmäßig auf's Arbeitsamt, etliche Bewerbungen schreiben...nur um diese einige Wochen später wieder im Briefkasten liegen zu haben, mit einem Brief auf dem steht: "... Leider müssen wir ihnen jedoch mitteilen, dass sie bei der Auswahl für die Stellenausschreibung keine Berücksichtigung gefunden haben. Bitte sehen sie in dieser Absage keine Wertung ihrer Person oder ihrer Qualifikation. ..." - bewirbt er sich bei einem privaten Unternehmen, hat er Glück, wenn er die Bewerbung überhaupt zurückbekommt.
Bei seinen Besuchen auf dem Arbeitsamt begegnet er regelmäßig Menschen, die sich abgeschrieben haben...jahrelange Sozialhilfeempfänger und er weiß genau, "Wenn du pech hast wird es dir eines Tages genau so gehen."
... und dann Zwangsspargelstechen oder -laubharken.
Mal ganz davon abgesehen, dass zu Hause noch eine Famillie wartet, vielleicht Kinder, welche in die Schule gehen...von denen bekommt er dann so oft zu hören was sie nicht gern alles hätten...was die Anderen haben...und muss dabei daran denken, dass er morgen wieder den scheiß Spargel stechen muss...nur um vom Staat (bzw. von den Verdienern, die Arbeitslosenversicherung zahlen) die Mittel erhalten zu können, um ihnen wenigstens ein normales Leben zu ermöglichen.
Dass das früher für ihn kein Problem war, weil er ja ein gutes Einkommen hatte führt ihm nur immer wieder diese ständig größer scheinende Kluft zwischen ihm und den "Normalen" vor Augen, welche nicht darauf angewiesen sind "vom Staat zu leben".
Nach einiger Zeit hat er vielleicht Glück, er bewirbt sich als Sachbearbeiter bei einem Amt und bekommt diese Stelle sogar. Das kann dann getrost als ein absoluter Höhepunkt angesehen werden. Er hat wieder Arbeit, muss nicht mehr zum Spargelstechen und bekommt endlich wieder ein ordentliches Gehalt, wenn das auch nicht dem gleich kommt, was ein normal angestellter für die selbe Arbeit bekommen würde.
Der Haken an der sache: der einzige Grund, weshalb dort überhaupt eine Stelle frei wurde war einfach das Ausfallen eines anderen Angestellten - planmäßig soll nämlich gespart werden und es dürfen keine neuen Stellen besetzt werden - selbst wenn die vorhandene Arbeit dies rechtfertigen würde.
Grund für den Ausfall könnte z.B. schwere Krankheit...oder Schwangerschaft sein; d.h. im Grunde ist es nur eine befristete Stelle, wenn er Glück hat, hat er also für ca. ein Jahr wieder Arbeit.
Neigt sich diese Zeit ihrem Ende entgegen weiß er schon genau was auf ihn wartet.
Arbeitsamt -> Arbeitslosengeld -> Spargelstechen / Laubharken
Und dabei hätte er noch Glück.
Stehen seine Zeit, die er zuletzt angestellt war und seine vorhergehende Zeit als Arbeitsloser nicht in einem bestimmten Verhältniss zueinander - oder war die Arbeitszeit schlicht zu kurz, so kann es passieren, dass er erst gar kein Arbeitslosengeld mehr bekommt, sondern gleich wieder als AlG-II-Empfänger eingestuft wird.
Somit ist das einzige, was er sicher weiß, dass er jeden Monat seine dreihundert und ein paar zerquetschte Euro erhält (wenn das denn seine familiären Verhältnisse zulassen)...
...und dass er am nächsten Tag wieder den verschissenen Spargel stechen muss...oder Laub zusammen harken muss.
Klingt das alles nicht etwas pervers?
Ich weiß nicht, wie Du Dir das vorstellst...aber was denkst Du, wird auf dauer wohl mit diesen Menschen passieren?
BTW, ich selbst bin Schüler, also weder direkt betroffen noch arbeitslos, aber ich kenne Menschen, die mir sehr nahe stehen, denen es - was Arbeitssituation angeht - genau so ergeht wie beschrieben...und da ist zusätzlich dazu noch Zwangsarbeit verrichten zu müssen das Schlimmste, was ich mir für sie vorstellen kann.
Mir ist auch bewusst, dass es ganz anders laufen kann...aber das ist ein konkretes Beispiel und damit auch deutsche Realität.