Re: Geschmack = Kritik = persönlicher Angriff
Autor: WolfgangS 03.07.22 - 16:21
Qorr schrieb:
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> Seit wann ist denn persönlicher Geschmack ein Grund einen anderen Menschen
> für seinen (Geschmack) zu kritisieren? Oder noch "besser" ihn persönlich
> anzugreifen?
> Haben wirklich so viele Menschen einen Gott bzw. Überlegenheitskomplex?
Ich finde die Argumentation lustig, dass Geschmack = persönlicher Angriff ist.
Ich finde es potthäßlich. Das bedeutet in deinen Worten, ich greife den Art Director persönlich an, weil ich etwas häßlich finde. Nach den Worten etlicher positiver Kommentoren MUSS ich es trotzdem kaufen und durchspielen.
Sorry - aber das wäre eine Gleichschaltung bezüglich Geschmack. Ein Künstler hat keinen Anspruch auf "gefällt mir".
Und Geschmack ist kein Angriff.
Pass mal kurz auf, dass was jetzt folgt ist kein Angriff sondern eine Aufzählung von Fakten.
Rex Crowle arbeitete als Lead Director for Tearaway: Unfolded. Kindliche Grafik, floppte total, obwohl es von Kritikern zwischen 8 und 9 Sterne bekam. 4 Jahre später durfte er für Knights and Bikes Level Design und Art machen. Bei Veröffentlichung spielten es 57 Spieler auf Steam am ersten Tag. 57 , nicht 57000. Dann sanken die Spielerzahlen. es gab noch einmal ein High von 24 Spielern als Gilbert Return to Monkey Island ankündigte. Ein einzelner Spike. Auch auf anderen Plattformen ala gog kein Erfolg.
Sahen anscheinend die Studios auch so. Statt Lead Designer wurde der Mann daraufhin Spieletester (QA). Erst etwas später durfte er wieder an Animationen mitarbeiten.
Ron Gilbert hat in seinen Grumpy Old Gamer Blog geschrieben, dass er für Return to Monkey Island Grafik haben will die provoziert, schockiert und anders wie es alle erwarten ist.
Oxford languages: "sich so äußern, verhalten, dass sich ein anderer angegriffen fühlt und entsprechend reagiert; herausfordern"
Oder grob: Es ist völlig egal ob die Grafik gut ist. Sie soll anders sein und Leute angreifen.
Jetzt wieder Meinung:
Man könnte ja sagen: Ist Berechnung. Wenn das Spiel floppt sind die bösen Kunden schuld, die sich nicht auf eine neue Grafik einlassen. (Auch wenn die Grafik auch vor 7 Jahren schon kaum jemand ansprach, also nicht so neu ist).
Und dazwischen kommt man ins Gespräch.
Es ist ihm schon bei obiger Äußerung verdammt klar, dass es viele Leute geben wird, dem der Stil nicht gefällt.
Einen "Künstler" zu nehmen, der bisher nur Flops produziert hat... und zu sagen man wird es lieben wenn man sich drauf einlässt - das ist nicht nur Provokation, dass ist realitätsfern und eher ein Gottkomplex - über den Begriff des Provozierens und "nicht das Spiel das ihr von mir wollt, sondern was ich machen will" auch bewußt angreifend.
Ich persönlich hoffe, das er nicht so schlimm scheitert, dass nicht in 2 Jahren ein Return to Monkey Island Special Edition kommt, bei dem man den Grafikmüll gegen etwas sehbares ersetzt.
Aber mal Butter bei die Fische: Die letzten finanziellen Erfolge waren bei Gilbert im letzten Jahrtausend. Das ist ein Vierteljahrhundert her. Wenn er experimentiert hat (DeathSpank) kam es nicht gut an. The Cave hatte weder gute Kritiken noch Verkauf (ja ich habe es durchgespielt ,und es war eher langweilig - ich hatte keine Lust das noch mal mit den anderen Charakteren durchzuspielen).
Thimbleweedpark hat Gilbert die Aussage getroffen: " it hasn’t made enough to fund a new game", " I can’t afford to work for free for another two years waiting for backend to pay me far less than I could get just getting a job. "
Er lebt von seinem großen Namen von Adventure-Spielen zwischen 87 und 91. 96 gründete er Cavedog, 2000 Konkurs anmeldete. Zu dem einzigen Erfolg des Studios mußte er von einem anderen Entwickler überredet werden, während Good & Evil als sein Adventurezielprojekt nie raus kam. DoubleFine kam mit dem Cave -Misserfolg zurecht, da die breiter aufgetellt sind. Hothead war nach DeathSpank weg vom PC und bei Androidspielen . Keine riskanten großen Projekte mehr. Terrible Toybox hat nicht mal einen wiki Artikel - aber bisher nur einen einzigen Artikel Thimbleweedpark. Dafür nach Webseite: Stellen seit 2013 nonstop Spiele her....
Übrigens: Thimbleweedpark war mir von der Grafik zu altmodisch. Ich habe es nicht fertig gespielt, weil mir irgendwann die Lust verlorenging.
Vielleicht sollte man auch überlegen, das Gilbert eher Entwickler war. Nicht "Monkey Island" war sein Hauptprodukt, sondern SCUMM, die Technik dahinter. Monkey Island war zusammen mit Grossmann und Schafer, mit Dialogen von Orson Scott Card. Eva Hoogh hat damals in der ASM die "traumhafte" Grafik von Steve Purcell gelobt. (Andere Sachen die der so mit Grafik hinterfüttert hat waren Zak McKracken and the Alien Mindbenders, Indiana Jones and the Fate of Atlantis, Loom, Sam'n'Max).
Sorry ich denke seine große Zeit ist auch 25 Jahre vorbei.