das er ein anderes existierendes bakterium herannimmt, sollte man eher als gedankenstütze interpretieren: es weißt nach, dass andere funktionen sehr ähnlicher elemente möglich sind.
es impliziert aber keine direkte verwandtschaft. gerade im mikroskopischen bereich ist die fossilienlage nunmal so dünn, dass man daraus keine belege für evolutionäre prozesse ableiten kann - man kann nur postulieren, dass es möglich ist und einzelschritte dieses hypothetischen prozesses mit rezenten formen demonstrieren. (vielleicht ein grund dafür, dass sich kreationisten in letzter zeit auf kleine dinge konzentrieren und von makroskopischen schritten -die sie genauso wiederlegen können müssten, wenn sie recht hätten- lieber die finger lassen)
dass es so war kann man nicht beweisen, weil es keine spuren von "war so" gibt. (in so fern beweißt das ganze auch nicht, dass es ein evolutionärer prozess war - es beweißt nur, dass es einer gewesen sein könnte und evolution eine mindestens genauso gute erklärung wie alle anderen ist. wenn man "setzt existenz extranatureller wesen vorraus" als nachteil für eine theorie sieht sogar ie beste)
Ich muß zu der Frage auch mal diesen Text durchlesen.
http://www.talkdesign.org/faqs/flagellum.html
Ich muß mal gucken inwieweit das da vorgestellt Modell einer Erklärung nahekommt, bin aber bisher davor zurückgeschreckt. Vielleicht kann ruyven die Fachsprache mal etwas eindeutschen.
vornweg: ich hasse mikrobio und hab nicht wirklich ahnung von bakterien.
aber mit n bissl denken und grundkenntnissen kann man aus dem text eine theorie extrahieren - und mehr als eine theorie, die evolution möglich erscheinen lässt, braucht es ja auch nicht, um die "unmöglichkeit" zu wiederlegen.
-bisherige erklärungsversuche zu ungenau und von neueren erkenntnissen wiederlegt
-neuer versuch basiert auf :
-auch sehr geringe beweglichkeit von großem vorteil bei kleinen reynoldszahlen
-ähnlichkeit zwischen proteinen des flagellums und anderen proteinen legt nahe verwandschaft/funktionsumwandlung nach
-neue these 6-stufig: exkretionssystem -> sekretsystem -> haftsystem -> ausstülpung -> einfaches bewegungssystem -> komplexes bewegungssystem
-dabei werden unterschiedliche quellen und unterschiedliche umwandlungsprozesse für einzelne teile des flagellums vorgeschlagen.
soweit jedenfalls der abstract - wenn ich den artikel überfliege, bleibt von der struktur scheinbar wenig über, dafür viel stinklangweilige biochemie. da ich mal vermute, dass es niemanden hier interessiert aus welchen molekülen welche geworden sind und wo man in anderen bakterien beispiele für z.b. zwischenstufen findet, hier meine kurfassung, getrennt nach elementen.
der rotor:
gerade bei kleinen bakterien bringt die brownsche molekularbewegung deutlich mehr vortrieb, als das bakterium selbst es je erreichen könnte. der trick besteht darin, sich nur dann zu bewegen, wenn man will.
schritt1: haftsystem. bakterien geben sowieso nen ganzen haufen substanzen an ihre umgebung ab, darunter nicht gerade wenige, die auch n bissl klebrig sind.
ein bakterium, dass das gezielt anwendet, hätte vorteile.
schritt2: ein problem, gerade auch für ein sehr kleines bakterium, ist aber, dass es von einer grenzschicht umgeben ist.
(background: reynolds-zahl. flüssigkeiten, teilchen,... die sich um einen körper bewegen, bewegen sich nicht alle gleich schnell. die moleküle unmittelbar am körper stehen quasi, die ganz weit außen bewegen sich am meisten. je kleiner der körper, desto dünner diese schicht - absolut. relativ zur masse des körpers wird sie aber immer größer, für ein bakterium ist wasser ein zäher honig)
diese verhindert/erschwert direkten kontakt mit einer möglichen oberfläche, auf der man sich ankleben könnte schon ganz einfach dadurch, dass sie schnell genug verdrängt wird, wenn das bakterium auf die oberfläche getrieben wird.
eine gute gegenmaßnahme: schmale fortsätze ("pilus" im text), die die grenzschicht durchstoßen (und vor denen sich -aufgrund ihres geringen durchmessers- keine im vergleich zum gesamtbakterium große schicht bilden kann)
ein bakterium, dass gezielt ausstülpungen bietet, hat also vorteile.
fertig ist das flagellum selbst, jetzt muss es angetrieben werden.
der motor:
besteht nur aus 2 molekülen, deren funktion auf den ersten blick hochspeziell erscheint. tatsächlich gibt es 2 quasi gleich aufgebaute moleküle an anderer stelle in der zellmembran (wo auch der motor sitzt) von bakterien, da dienen sie in erster linie exkretions-/ausschleusungsprozessen.
(background: periplasmatischer raum = bereich zwischen cytoplasmamembran und äußerer membran, enthält unter anderem die zellwand, aber auch das "lager" des flagellums. und viele moleküle für diverse funktionen, die aber erstmal aus dem bakterieninnern da hin gelangen müssen)
laut autor sind die ähnlichkeiten so groß, dass ein mutationsschritt ausreichen dürfte, um den motor zusammenzusetzen.
das "lager":
für die antriebsübertragung vom motor auf den rotor wird noch ein weiteres protein, dessen "lagerfunktion" eigentlich das exotischste am ganzen aufbau ist. hier wird gleich ne ganze reihe von optionen angeboten., angefangen von einer zusammensetzung aus anderen, proteinen, die ebenfalls an anderer stelle eine funktion haben, existenz eines sehr ähnlichen moleküls, dass die "motor"proteine in ihrer alten funktion in der zellmembran verankerte -also eh in unmittelbarer nähe vorkam- bis hin zu der these, dass das ding anfangs überhaupt nicht benötigt wurde, sondern auch die verankerung des pilus für den anfang gereicht hätte, um rudimentäre beweglichkeit zu erlangen und erst später eine verbesserung stattfand.
die ersten beiden elemente sollten einigermaßen einleuchtend sein. das letzte... - kann ich nicht beurteilen, wenn mit bezeichnungen für ein halbes dutzend moleküle um sich geschmissen wird, verlier ich den überblick und außerdem hab ich null ahnung, was das für welche sind. aber in anbetracht dessen, dass schon kleinste änderung in der sequenz eine proteins ihm eine vollkommen andere funktion geben können (hey - BSE ist soll sogar ein protein sein, dass exakt die gleiche sequenz wie ganz normale hat, nur eine andere faltung), ist das prinzipiell möglich und in diesem fall vielleicht sogar wahrscheinlich.
des weiteren behandelt der text auch intensiv, in welchen bakterien solche schritte am wahrscheinlichsten sind, wie es zu entwicklung der ansteuerung (wechselnde rotationsrichtung),... kam - aber ich denke mal, das ist hier nicht so wichtig.