Kenn ich ... ein guter Kumpel von mir arbeitet in Pforzheim und dort erzählt man sich Schauermärchen über den Alexanderplatz, Mord und Totschlag und überhaupt!
Wir sind schon damals mit 16+ sehr häufig dort gewesen, denn dort war unser Stammkino und wir sind da ohne Sicherheitsbedenken langgelaufen, egal zu welcher Tageszeit. Aber wenn man so Geschichten hört, dann muss es an ein Wunder grenzen, dass wir weder eerstochen noch sonst irgendwie um die Ecke gebracht wurden.
Das ist halt menschlich, allerdings wird es halt auch "doof", wenn man da nicht genauer drüber nachdenkt. NATÜRLICH ist ein Hot-Spot wie der Alexanderplatz relativ oft "Ort des Geschehens" - das ist doch klar. Aber gleichzeitig laufen da jeden Tag vermutlich 5-Stellige Zahlen an Passenten rum, und es passiert wochenlang nichts schlimmes, und wenn doch, dann zu >90% bei Dingen, bei denen zwei Leute bewusst den Konflikt suchen. Auch in Köln am Ebertplatz, der bundesweit in die Schlagzeilen kam: das, was da schlimmes passiert, war stets quasi "Asi-intern" bzw. sogar "Dealer-intern" (es gab einen Mord bei einem Streit). Und klar sollte man als Frau nicht um 2h nachts da alleine langgehen (das ist quasi wie ein kleines Labyrinth mit Unterführungen und Ecken usw.) - das gilt aber für viele Orte in jeder größeren Stadt, nämlich all den Orten, wo um die Uhrzeit noch irgendwelche rel. junge Männer unterwegs sein könnten und es von außen nicht so gut einsehbar ist. Aber selbst da muss man schon sehr viel Pech haben, wenn man als Frau ausgerechnet den einen von 1000 Nachtschwärmern trifft, der zur "bösen" Gruppe gehört. Dass man aber ungern dann dort langgeht, ist völlig klar. Ich würde als Frau aber noch viel mehr Angst haben, wenn ich am Arsch der Welt in der ach so heilen Provinz nachts langgehe, weit und breit keine Menschenseele, aber dann taucht plötzlich eine Gestalt hinter mir auf, die nach und nach aufholt... da hätte ich viel mehr Angst als in ner Großstadt, wo die Chance darauf, einen Helfer zu treffen oder dass in den vielen Häusern noch Leute wach sind, viel größer ist.
Trotzdem passiert es ab und an, dass selbst mitten in der City von Köln eine Vergewaltigung "gelingt", bei der ein Fremder eine Frau verfolgt und irgendwo reinzerrt. Aber auch das ist extrem selten. zB an Karneval sind über 1 Mio Leute unterwegs, und zb letztes Jahr gab es "trotzdem" keine einzige gemeldete Vergewaltigung, obwohl so was an sich angesichts der Zahl an Leuten - so schlimm es auch ist - zu erwarten wäre.
Die Wahrnehmung ist aber bei vielen, vor allem nicht-Großstädtern: das ist total gefährlich, da wird man sofort attackiert, wenn man da nur langgeht... Hinzu kommt noch, dass man früher nur von den "wichtigsten" oder Aufsehen erregensten schweren Gewalttaten etwas mitbekommen hat, heute aber bekommt man auf dem PC oder Smartphone auch Meldungen aus ganz anderen Regionen zu Gesicht, die man früher einfach nur nicht mitbekommen hätte, weil sie eigentlich nur für die Einwohner der Region interessant sind. Dadurch entsteht der Eindruck, es würde immer mehr passieren. Hinzu kommen immer mehr "Sensations"-Medien, die solche Meldungen auch noch stärker publizieren als früher. In der Summe also steigt das, von dem man hört, immens an, obwohl die Zahlen eher zurückgehen.
Man muss sich dabei mal klarmachen: es gibt seit dem Jahr 2000 immer um die etwa 2000 Tote durch "Totschlag", dazu 300-500 Taten, die juristisch gesehen Morde sind. Dabei sind die Totschlag-Zahlen stabil, die Mord-Zahlen von 500 kommend bis 2015 auf 300 pro Jahr gesunken, dann auf 400 bzw. knapp drunter hochgegangen. Das hat wohl auch damit zu tun hat, dass ab 2015 über 1 Mio neue Leute ins Land kamen, so dass allein wegen der Zahl logischerweise mehr passiert, es dabei aber auch oft Morde innerhalb von Flüchtlingsheimen waren, die als "Plus" dazukamen, und im Jahr 2016 waren allein 11 Tote wegen des Terroristen Amri.
Aber wie viel davon bekommt man mit? Eben: nur einen Bruchteil. Oder liest man JEDEN Tag von mindestens einem richtigen Mord plus 5-6 Toten durch Totschlag? Da man aber eben die eben genannten Dinge inzwischen deutlich mehr mitbekommt, denken viele "Oh Gott, die Welt gerät aus den Fugen!", obwohl in Wahrheit nichts schlimmer wurde, schon gar die Fälle "Tod durch einen Fremden"
Hinzu kommen Vorurteile, wegen denen man in vielen Situationen unnötig Angst hat (oder sich gar in Verbindung mit einem Dachschaden eine ganze rassistische Welt aufbaut, so wie offenbar der Täter von Hanau). Da reden an ner Straßenbahnhaltestelle z.B. fünf junge Leute, Jogginghosen, Adidas-Jacke, Sneaker, kurzgeschorene Haare mit "coolen" Rasiermustern drin, gepflegter 3-Tage-Bart sehr laut auf Arabisch, und schon haben viele Angst, dass das irgendwelche Schläger sind. Und wenn die dann an der Straßenbahn für eine ältere Dame extra zur Seite gehen, damit sie als erste einsteigen kann, gucken vor allem die AfD-Fans, als hätten sie grad nen Geist gesehen...
Aber übertriebene Angst ist halt auch menschlich. Ohne Angst vor Dingen, die der Erfahrung nach (oder dem Hörensagen nach) lebensgefährlich sein KÖNNTEN, gäb es gar keine Menschen. Da wären unsere Vorfahren nämlich ins Gebüsch gegangen, um nachzusehen, was denn da mitten der Nacht so laut faucht und im Mondlicht glitzernde Augen hat, und auf die drauffolgenden furchtbaren Schreie hin wäre der nächste ins Gebüsch gegangen, um nachzusehen...