Äußerst kurioser Morgen...
Ich fahre heute früh meine übliche Strecke zur Arbeit. Auf ca. 2/3 des Weges komme ich auf eine lange, von wenigen Anstiegen und Kurven gezeichnete Bundesstraße mit viel Landwirtschaftsflächen linke wie rechte Seite. Mitten in einem kurvigen Anstieg geben uns ein Paar entgegenkommende Fahrzeuge meinem Vordermann im weißen Polo und mir Lichthupe-Signale. Weiß nicht was sie mir mitteilen wollen, also gehe ich vorsichtshalber ein wenig runter vom Gas. Nach der Kurve habe ich wieder eine gerade Straße vor mir; ich sehe nix besonderes, war eh noch stockdunkel. Keine Unfallstelle, keine Warnblinklichter, keine Polizei nix... Also fahre ich weiter. Nach ca. 400 Metern taucht dann doch etwas in meinem Scheinwerferkegel auf. Es ist groß, es ist dunkel, es ist haarig. Und liegt scheinbar tot genau auf meiner Fahrbahn. Steige auf die Bremse, halte mein Fahrzeug aber auf der Spur. Kann nichts machen, ich rolle glatt drüber. Wie das andere Auto vor mir auch. Halten beide an, schalten unsere Warnblinkanlagen an, ich sichere fix die Stelle mit einem Warndreieck ab und gebe den nachfolgenden Fahrzeugen mit Armbewegungen zu verstehen langsamer zu fahren. Schnell die Polizei angerufen, Wagen ist unterwegs.
In der Zwischenzeit gesellt sich eine dritte Person zu uns. Der Fahrer eines 7,5-Tonners, vom Gegenverkehr kommend. Die Sache klärt sich auf:
Ihm ist ein Wildschwein direkt auf die Fahrerseite geknallt, der Kadaver wird dabei auf die Nebenspur geschleudert. Überall Kunststoffteil-Splitter , Gedärme, andere Organe und eben der Rest vom toten Vieh. Der äußere Schaden an seinem LKW spricht Bände, mein Vordermann und ich haben da mehr Glück, denn obwohl wir über diesen Fleischberg drübergerollt sind haben unsere PKWs bis auf Blutspritzer keine äußerlichen Beschädigungen. Trotzdem warten wir auf die Polizei, sicherheitshalber und aus versicherungstechnischen Gründen (falls doch was sein sollte).
Ne Viertelstunde später kommt der Streifenwagen. Und der mit nem Schreck begonnene Morgen driftet ins Leicht-Komische ab. Das Beamten-Duo kommt auf uns zu. Der Eine von normale Größe, der Andere ein 2m-Bursche. DEN kenn ich, denk ich mir. Und tatsächlich, der große, rotblonde, spindeldürre Typ ist einer meiner Zwillings-Großcousins. Nur welcher von beiden weiß ich nicht, sind beide bei der Polizei tätig und kann die bis heute nicht auseinanderhalten.
Er grüßt uns:"Guten Morgen", wir grüßen zurück, wobei ich noch zwei Worte nachsetze:"Ralf?... André??"... Bei zweitem Namen reagiert er mit einem "Äh, ja??!", und dann erkennt er auch mich so langsam wieder. Nach nem kurzen Moment der Erheiterung wollte er wissen ob ich für diese "Schweinerei" zuständig bin, worauf wir natürlich alle zusammen lautstark lachen und ich entsprechend verneine. Nun ja, auch wenn wir und unsere Fahrzeuge scheinbar nicht zu schaden gekommen sind geben wir trotzdem unsere Personalien ab und erhalten einen Bericht für den Fall dass doch was an unseren Wagen sein sollte und wir das versicherungsmäßig geregelt bekommen.
Zwischenzeitlich ziehen andere Fahrzeuge die der Kollege meines Cousins dirigiert an uns vorbei, dennoch gibt es einige Kasper die trotz gesicherter Unfallstelle vorbeibrettern wie die Idioten. Eine junge Fahrerin schien die Situation überhaupt nicht registriert zu haben und ist gewillt mit hohem Tempo die Stelle zu passieren, erkennt aber zu spät dass der Gegenverkehr eben vom Beamten zum Weiterfahren aufgefordert wird - auf den sie geradewegs zudonnert. Gerade rechtzeitig steigt sie in die Eisen, weicht rechts auf der Grünfläche aus und bleibt dort nach der Schreck-Situation stehen. Ein Glück dass sie nicht von meiner Spur aus kam, sonst hätte die sich im paralllel verlaufendem Graben quergelegt. Mein Cousin beruhigt die junge Frau der sichtlich der Schock in den Gliedern sitzt, sowie sie wieder einigermaßen gefasst ist spricht er mit ihr über ihr gefährliches Fehlverhalten. Die erste Reaktion die man beim Anblick einer Unfallstelle zeigen sollte wäre ja eigentlich "Runter vom Gas und sich langsam nähern"... Tja, solche Logik wird wohl leider zu oft wegen Eile verdrängt wie mir scheint.
Nun ja, nachdem alles soweit geklärt ist konnte wir wieder losfahren. Wollte ICH eigentlich auch, doch als wenn nicht schon genug Aufregung in den vergangenen 60 Minuten passiert ist will mein Wagen partout nicht anspringen... Damned! Hätte ich besser mal die Scheinwerfer ausgeschaltet, das zusammen mit der Warnblinkanlage und der Kälte dort oben (gefühlte -10°C bei schneidend-eisigem Wind) haben der Autobatterie wohl nicht gutgetan...
Praktischerweise hatte natürlich niemand (!) ein Überbrückungskabel im Kofferraum, also ruft mein Cousin einen anderen Streifenwagen zu uns mit der Bitte genanntes Hilfsmittel mitzubringen. Nochmal 15 Minuten später war ich dann endlich wieder fahrbereit, und da ich eh zu spät zur Arbeit gekommen wäre hab ich einen kurzen Schlenker Richtung Autowerkstatt meines Vertrauens gemacht damit die sich kurz mein Fahrzeug von unten ansehen. Besser jetzt als später, dachte ich, denn beim Überrollen des Schweins hat es schon ordentlich gerummst. Zum meinem Glück ist nix dran, nur eine Unterbodenwäsche wurde mir empfohlen... Um den Dreck sowie Gestank dort loszubekommen.
Dieses Erlebnis sowie das Nacherzählen dieser auf der Arbeit hat mich nun fast den halben Vormittag gekostet. Am Ende bin ich aber froh dass sonst nix weiter passiert ist und keine unvorhersehbaren Wagenreparaturen auf mich zukommen. Die Geschichte mit dem Rehkitz vor zwei Jahren reicht mir schon. ^^
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