Was du beschreibst ist aber die erweiterte Bedeutung des Begriffs.
Lockdown selber heißt wörtlich zusperren, dichtmachen.
Ja sicher, aber etliche Wörter bedeuten nicht das, was sie WÖRTLICH zu sagen scheinen. Und selbst wörtlich: wenn du nur zB Schulen schließt, dann HAST du was dichtgemacht - Lockdown! Das Wort heißt aber nun mal nicht automatisch, dass man ALLES zumacht und die Leute nicht mehr rausdürfen...
Wenn bei einer Eskalation alle Häftlinge in ihre Zellen gesperrt wurden war das ein Lockdown.
In dem Kontext ist das ja logisch, dass nicht gemeint ist, dass vlt nur der Kraftraum geschlossen wurde...
Ursprünglich heißt es nun mal, dass man entweder Teile zB eines Viertels schließt oder auch einen Bereich, ein Gebäude, zB wegen einer unmittelbaren Gefahr durch einen Unfall oder einen Amoklauf usw.. Es heißt aber nun mal NICHT automatisch, dass quasi alles in der ganzen Region dicht ist und man nicht mehr raus darf.
Das wurde in den letzten Wochen halt schon mehrfach in Funk, TV und Zeitungen erklärt, auch durch Leute aus den USA, dass das Wörtchen eben originär weitreichende Bedeutungen hat, die von "mindestens einen bestimmten Sektor" über "ein Gebäude oder ein Viertel abriegeln" bis hin zu quasi "Ausgangssperre" alles mögliche umfassen kann.
Apropos, wir hatten uns letztens doch mal über die Nachverfolgung unterhalten. Ich stolperte über einen Leitfaden, nach dem es zur erfolgreichen Nachverfolgung pro Fall fünf Personen bedarf. Bei zuletzt 20.000 Neuinfektionen in Deutschland bräuchten wir für eine effiziente Nachverfolgung 100.000 Leute!
Der Kern war doch damals, dass ich sagte, dass die Kontakte pro Fall NICHT exponentiell sei - und das bleibt ja so. Es werden ja pro Fall nicht mehr Kontakte, je mehr Infizierte es bereits gibt. Sondern man muss pro Fall zB im Schnitt 10 Leute finden - egal, ob es 10 oder 1000 Fälle pro Tag gibt. Es werden ja nicht plötzlich 30 Kontaktpersonen pro Fall, nur weil mehr Infizierte in der Stadt insgesamt sind.
D.h. wenn diese Kontaktzahlen stabil sind, kannst du es linear skalieren. Nehmen wir an, ein Mitarbeiter kann 20 Kontakte pro Tag finden, und es gibt pro Fall 10 Kontakte. Dann kann er also 2 neue positive Fälle pro Tag, für die sein Amt zuständig ist, schaffen. Gibt es 20 neue Fälle pro Tag, brauchst du 10 Mitarbeiter. Und bei 10.000 neuen Fällen brauchst du eben 10.000/2 = 5.000 Mitarbeiter. Das ist aber nicht exponentiell, sondern linear.
Da aber die Fallzahlen vor allem ohne strengere Maßnahmen exponentiell sind, kann es eben schnell passieren, dass die SUMME an zu suchenden Kontakten stark steigt, so dass man in Woche 1 noch alles schafft, in Woche 2 schon etwas in Verzug kommt und in Woche 3 schon Tage hinterherhinkt.
Die Frage, wie viele Kontakte jemand hatte, hängt wiederum von ganz anderen Faktoren ab. Wenn die Leute wieder mehr "unterwegs sind", dann sind es vlt. plötzlich 20 statt nur 10 Kontakte, die man nachverfolgen muss, und in einer Großstadt sind es idR mehr Kontakte als auf dem platten Land. Da spielt es aber so oder so keine Rolle, ob aktuell in der Stadt 2, 30, 476 oder 13.637 neue Fälle pro Tag zu verzeichnen sind.
Es kann aber sein, dass z.B. in Iowa pro 100 Fälle/Woche ein einziger Tracer reicht, weil die Iowaner (?) im Schnitt nur mit 5 Leuten pro Woche engeren Kontakt haben, und in Berlin Mitte braucht man pro 100/Woche Fälle 10 Tracer, weil die Berliner im Schnitt mit 50 Leuten pro Woche Kontakt haben... das heißt etwas allgemeingültiges kann man IMHO nicht festlegen, nicht mal für Deutschland - gemacht wird es trotzdem, damit es einheitlich bleibt.