Wenn man solche Storys von jemanden übernimmt sollte man diese auf Korrektheit überprüfen. Und daran fehlt es meiner Meinung nach in den letzten Jahren oft. Entweder aus Personal- oder Zeitmangel oder aus Faulheit.
Oder weil es nicht machbar ist. Es gibt auch Dinge, die man nicht prüfen kann, sei es aus rechtlichen Gründen oder sei es, weil man selbst bei größter Mühe keine Zweifel finden kann. Man kann ja nicht zB extra eine zweite Person erneut zum Reportageort reisen lassen, um alle Leute dort erneut zu befragen usw., und zwar zum einen wegen der Kosten, vor allem bei News aber wegen der Zeitaufwandes.
Man kann maximal bestimmte Dinge prüfen, zb wenn in einer Reportage über Beirut eine Person genannt wird, mit der der Reporter angeblich unterwegs war, dann kann man DIESE Person anrufen und nachhaken, oder wenn ein bestimmtes Gebäude beschrieben wird kann man versuchen, dieses zu finden, oder das angeblich vorherrschende Wetter im Nachhinein prüfen, oder man prüft besondere im Bericht erwähnte Ereignisse wie zb "gab es am 7. September wirklich einen Anschlag in Bairut mit 20 Toten?". bzw. ersetze das "oder" durch ein "und", also man kann ALLE diese Punkte auch aus der Ferne prüfen. Aber selbst da kann es sein, dass der Reporter die genannte Person bestochen, das Gebäude über eine Website entdeckt hat, das Wetter am besagten Datum selbst nachprüft und den Anschlag als willkommenes Beiwerk bewusst einbaut, aber selbst nie selbst vor Ort war und sich alles basierend auf dem, was man eh weiß, erfunden hat - und die Redaktion nimmt es ihm ab, weil sie ihm vertraut. Du vertraust ja auch bestimmten Leuten und hinterfragst dann vieles nicht mehr.
Am Ende MUSS man nun mal auch vertrauen, anders geht es nicht. Auch bei News geht nicht anders, da muss man darauf vertrauen, dass zB dpa-Meldungen (mit Ausnahme eines Fehlers der Basis-Quelle) korrekt sind, oder dass ein Pressesprecher der Polizei zu einem Unfall das erzählt, was die Beamten wirklich festgestellt haben, und nichts erfindet oder so.
Seriöse Medien sagen ja wegen einer trotzdem möglichen Fehlerquote bei News&co eben auch "es soll laut XY so und so gewesen sein", zudem versuchen sie, nur Quellen zu nennen, die sie als vertrauenswürdig erachten. "Boulevard"-Medien würden zB sofort in einer Live-Schalte rund um einen Anschlag weitergeben "es soll nun auch am Platz XY Schüsse gegeben haben", nur weil das auf Twitter steht. Andere Sender geben nur weiter, was die Polizei auch bestätigt hat oder was ein eigener Reporter mit eigenen Augen gesehen hat.
Da gibt es auch bei anderen Berichten und Artikeln zu anderen Themen zig Beispiele, daß Journalisten entweder
a) nicht mehr die Zeit haben die Dinge zu prüfen
b) keine Lust dazu haben oder alternativ
c) die Kompetenz fehlt etwas zu prüfen.
Die Qualität vieler Artikel und Beiträge in TV und Presse leiden darunter. Und es gibt zig Beispiele woran ich das feststellen muß. Das offensichtlich falsche Infos unkontrolliert übernommen wurden.
Ja sicher, aber was ist da jetzt der Punkt im Vergleich Bild vs Relotius? Die Bild macht BEWUSST als Konzept zahlreiche falsche, tendenziöse Aussagen. Dass bei manch anderen Zeitungen oder Magazinen etwas nicht stark genug kontrolliert wird und sich später als falsch entpuppt, kommt leider vor, das war auch früher schon so, siehe zB die Hitler-Tagebücher.
Manche Dinge sind auch SO gut "gefälscht", dass man es nicht merken kann - bei Relotius zB war es eben in weiten Teilen mehr als nur schlüssig, eben WEIL es nicht von der Wirklichkeit abwich, sondern wie eine Drehbuch "nach wahren Begebenheiten" war. Er hat ja sogar Preise bekommen, und es war vor allem zu Anfang AFAIK ja auch einiges noch journalistisch korrekt, so dass er immer mehr Vertrauen aufbaute. Erst am Ende wurde er selbst immer mutiger und unvorsichtiger, ist dann nur aufgeflogen, weil er mit einem anderen Kollegen zusammenarbeiten sollte, der dabei misstrauisch wurde, weil Relotius so seltsam vorging und unbedingt alleine sein wollte. Es gab nur ganz wenige Dinge, an denen man den Mann entlarven konnte, WENN man einen Verdacht hatte. Aber ohne einen Verdacht war es wirklich schwer zu merken, dass vieles erstunken und erlogen war.