hmmm....diese krise wirft jedenfalls einige sehr interessante moralisch-ethische fragestellungen auf, vor deren beantwortung sich eine gesellschaft ansonsten ganz gerne (verständlicherweise) drückt.
das fängt bei grundrechtsbeschneidungen aller zum schutz (sehr) weniger an und hört beim thema triage nicht auf.
Man muss sowieso irgendwann die Frage stellen, welche Faktoren einen "Krisenmodus" starten dürfen und welche nicht. Bei Grippeepidemien könnte man auch viele Tote vermeiden, wenn man die gleichen Maßnahmen wie jetzt ergreift - hat man aber nie getan. Man könnte sicher nicht so viele Tote vermeiden wie zB jetzt bei Corona. Die Frage ist aber trotzdem, warum man nicht auch bei Grippeepidemien nicht früher ebenfalls strenge Maßnahmen getroffen hat. Vielleicht weil jeder Nicht-geimpfte selbst schuld ist? Oder weil wir für Grippe ausreichend Krankenhausplätze haben? Weil die maximale Zahl an Toten noch akzeptabel ist? Oder eine Mischung aus all dem? Oder vielleicht nur, weil man Grippe seit "Menschengedenken" kennt und als normales Risiko akzeptiert, ein neuen "Seuche" aber nicht, so dass bei letzterem die Politiker Schiss vor der späteren Wut der Öffentlichkeit haben, wenn sie nicht mehr tun würden als vlt. die Bevölkerung um gewisse Dinge zu bitten und zu versuchen, die Krankenhäuser zu stärken?
Gestern war es bei Lanz sehr interessant, da war ein Jurist zugeschaltet zum Thema Triage, der im Ethikrat das Thema mit Vertretern u.a auch der Ärzte diskutiert hat. Ich fasse das mal an einem eigenen Beispiel zusammen, denn gibt drei mögliche Triage-Fälle, wenn man mal annimmt, dass es zwei Patienten A und B gibt, die beide ein Beatmungsgerät brauchen. A ist 90 Jahre alt, dement und hat Vorerkrankungen. B ist erst 40, voll im Beruf gewesen und hat 2 Kinder.
Fall 1): Man hat ein Beatmungsgerät frei, als A und B eingeliefert werden. Wem gibt man es?
Fall 2) Alle Geräte sind belegt, eines davon beatmet bereits A. Dann kommt B als neuer Fall rein. Darf man A dann das Gerät wegnehmen und für B benutzen?
Fall 3) Man hat ein Beatmungsgerät als Reserve. Jetzt wird A eingeliefert, aber man weiß genau, dass im Laufe des Tages noch jemand reinkommen wird wie B. Darf man A das Gerät erweigern?
Das Ergebnis: 1) wäre es juristisch nicht zu beanstanden, wenn der Arzt das Gerät an B gibt. Bei 2+3 wäre es aber nicht erlaubt, dass man A das Gerät wegnimmt bzw. vorenthält - selbst wenn man sich einig wäre, dass A maximal noch 1-2 Tage überlebt. Und genau das ist nun das Dilemma, dass die Ärzte Angst haben, deswegen strafrechtlich belangt zu werden, wenn sie das tun, was an sich die meisten normalen, unparteiischen Menschen moralisch und ethisch eher befürworten würden (und vermutlich auch A so sehen würde, wenn er dazu in der Lage wäre)