„Seit Jahrhunderten ist der Stuhlgang gesellschaftlich tabuisiert. Hinter verschlossenen Türen untersagen sich die Menschen jegliche Freude und Flatulenz! Kein Wunder, die WCs sind doch schon verklemmt designt! Vom Donnerbalken bis zum modernen WC hat quasi keine Evolution stattgefunden!“ Freiland echauffiert sich. Der korpulente Mittfünfziger will die Situation ändern. Er plant nichts geringeres als „die Revolution des öffentlichen Toilettengangs“. Das natürlichste menschliche Bedürfnis müsse endlich aus der Schmuddelecke geholt werden.
... Auch bei Freiland muss der Reisende allerdings einen Bon gegen Geld erwerben. ... Passiert er das Drehkreuz, fällt direkt eine große Fläche mit gemütlichen Sofas und Liegen ins Auge.
„Wir wollen die Anspannung aus der Situation nehmen. Erstmal gemütlich machen und entspannen. Der Besucher soll möglichst schnell vergessen, warum er überhaupt gekommen ist. Unsere Servicekräfte reichen zur Zerstreuung verdauungsfördernde Shakes und bekömmliches Obst.“ ... Für die Kinder gibt es einen eigenen Abenteuerspielplatz. Spielerisch erfahren die Kleinen Wissenswertes rund um ihre Verdauung. ...
Der Toilettenbereich selbst ist minimalistisch gestaltet. In einem Kreis angeordnet befinden sich dort 15 Klos, die aus durchsichtigem Glas gefertigt sind. „Wir wollen maximale Transparenz! Denn nur auf dem Scheißhaus und vor Gott sind wir alle gleich!“, ruft Freiland überschwänglich, vergisst dabei seine bisherige Contenance. ...
In der Mitte des Klo-Runds steht Freilands größter Stolz: eine massive Holzbühne. „Kultur im Klo! Das ist unser Motto! Wir wollen Deutschlands größte Festspiel-Location werden. Vergessen Sie Bayreuth, Rock am Ring oder das Deutsche Theater! Hier wird Kulturgeschichte geschrieben!“ ... Freiland hat prominente deutsche Poetry-Slammer und Club-DJs gewinnen können. Sie sollen jeden Kabinenbesuch zu einem unvergesslichen Erlebnis machen.
Am frühen Abend sollen im Sanitärbereich prominente Livebands auftreten. „Coldplay ist schon angefragt“, ...
Fürwahr: Freiland bietet eine Fülle an Service und Unterhaltung. Allerdings muss der Besucher für jede Leistung einen separaten Bon ziehen. Bei einer Verweildauer von durchschnittlich vier Stunden kommt dabei ein stattliches Sümmchen zusammen, und nicht jeder hat die finanziellen Mittel, seinen Bedürfnissen auf Charly Freilands Toiletten nachzukommen.
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