Frontal21 hakt nach
Endlose Gewaltspirale
Die wichtigsten Antworten zum Thema Killerspiele
(16.11.2004) Unser Beitrag "Video-Gemetzel im Kinderzimmer: Killerspiele und Behördenversagen" hat bei Zuschauerinnen und Zuschauern ein großes Echo gefunden. Vielen Dank für Ihre Reaktionen. Da wir uns außerstande sehen, jeweils einzeln zu antworten, im Folgenden die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wir haben die Fülle an Post zum Anlass genommen, den Beitrag noch einmal inhaltlich zu prüfen. Die inhaltliche Kritik an unserem Film können wir auch nach nochmaliger Prüfung nicht teilen.
1. Deutsche Verkaufsversion: Wenn in zahlreichen Zuschriften geschrieben wird, dass "die meisten Bilder und Videos" unserer Sendung nicht mit der "deutschen Verkaufsversion" übereinstimmen, ist das falsch. Alle im Film dokumentierten Bilder stammen aus den deutschen Varianten von Spielen, die unser Autor Dr. Rainer Fromm in den vergangenen zwei Wochen vor der Ausstrahlung in Kaufhäusern und im Discounthandel gekauft hat. Darüber hinaus waren keine Szenen, wie immer wieder behauptet, aus indizierten Spielen wie "Manhunt" im Film enthalten.
2. Dokumentation von Brutalität: Eine weitere Sorge vieler Zuschauer bestand darin, ob es überhaupt rechtens sei, Szenen aus brutalen Gewaltspielen zu dokumentieren. Diese Frage ist immer wieder Grund für eine genaue Abstimmung zwischen der Notwendigkeit, die thematisierten Spiele zu dokumentieren und der Sorge vor reinem Voyeurismus. Gewaltszenen dürfen nie Selbstzweck sein, sie können aber sehr wohl als Dokumente dienen, um eine journalistische These darzustellen. Den Zuschauern sind deshalb auch viele der brutalsten Szenen aus den nicht-indizierten Spielen vorenthalten worden, wie das Entreißen von Herzen oder herausfallende Augen.
3. Simulationstheorie: Die Behauptung, der Film befürworte die so genannte Stimulationstheorie, nach der Gewaltspiele auch aggressiv machen, war nicht Gegenstand des Filmbeitrages. Schon gar nicht Behauptungen wie "Killerspiele führen zu Massenmord". Trotzdem halten wir es für richtig, dass wegen des Amoklaufs von Erfurt, der 18 Menschen das Leben kostete, ein schärferes Jugendschutzgesetz entstand. Die praktische Umsetzung, der Vollzug, des veränderten Jugendschutzgesetzes war der zentrale Gegenstand unserer Berichterstattung.
4. Zumutbarkeit: Es ist auch nicht, wie immer wieder angesprochen, die Frage, was Erwachsenen "zumutbar" ist und was nicht. Vielmehr geht es bei den thematisierten Videospielen um menschenverachtende Inhalte. Besonders in einer modernen Gesellschaft muss die Frage gestellt werden, wie ein humanistischer Wertekonsens und das Grundgesetz auch in virtuellen Welten geschützt werden kann. Die Artikel der Verfassung haben auch in der virtuellen Welt ihre Gültigkeit. Das gilt auch für die nicht enden wollende Gewaltspirale in den Computerspielen. Gerade die in dem Film dokumentierten Passagen, die Blutbäder in Sanatorien, Polizisten- oder Rentnermord sowie das Zerfetzen von menschlichen Innereien beinhalten, zeigen eindrucksvoll, dass die freiwilligen Kontrollmechanismen der Spielindustrie oft erhebliche Lücken haben. Es gibt zwar ein Grundrecht auf Meinungsfreiheit, aber kein Grundrecht auf Menschenverachtung.
5. Jugendschutz: Immer wieder wurde auch in vielen Briefen an die Redaktion unser Satz kritisiert, Doom 3 sei "nicht indiziert" und "gilt als nicht jugendgefährdend". Diese Aussage gibt exakt die Bewertung in den Kategorien des neuen Jugendschutzgesetzes wieder. Hier heißt es in § 14, Abs. 1, dass Spiele, die dazu geeignet seien "die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen (...) zu beeinträchtigen", nicht für ihre Altersstufe freigegeben werden. Aus diesem Grund bekam das Spiele "Doom 3" nach § 14, Abs. 2 die Altersstufe "keine Jugendfreigabe". Dem entgegen beschäftigt sich der Gesetzgeber in § 15 und § 18 mit "jugendgefährdenden Trägermedien". In § 18 Abs. 1 heißt es: "Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen (...) zu gefährden, sind von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in die Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen." Während die Vorgängerversionen der im Film dokumentierten Spiele als jugendgefährdend indiziert waren, wurden alle im Film gezeigten Nachfolgespiele von der USK mit einer Alterseinstufung gekennzeichnet, dass heißt als nur "beeinträchtigend" bewertet. Insofern hat sich der Filmtext exakt am Gesetzestext orientiert.
Wir hoffen, mit unseren Argumenten, die wichtigsten Fragen und die zentralen Kritikpunkte beantwortet zu haben. Vielen Dank noch einmal für die große Resonanz.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Frontal21-Redaktion