Äh, *den* Irakern ging es nur insofern besser, dass eine (gar nicht so unerhebliche) Mehrheit unter Hussein ein relativ auskömmliches & gutes Leben führen konnte, der Rest musste dagegen ordentlich leiden.
Klar, jetzt ist es schlechter, weil *alle* leiden, aber nur weil die Cholera vlt. ein bisschen erträglicher ist als die Pest, wünscht man sich doch weder das eine, noch das andere...
Ich wünsche auch weder das eine noch das andere. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert. Saddam war nunmal da. Es ist doch so: Wenn man etwas ändern will, dann muss das nachher auch klar zu besseren Verhältnissen führen bzw. zumindest eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man lieber die Finger davon lassen. Aber das hat der Westen ja noch nie verstanden. Der denkt immer, dass es einfache Mittel für komplexe Probleme gäbe.
Außerdem geht es den Irakern jetzt durch den Schnitt nicht nur schlechter, es kamen seit dem Irakkrieg auch mehr als 100.000 Menschen ums Leben. Jede Menge Tote, zerstörte Infrastruktur, failed state, Terror, Folter und Tod überall. DAS ist die tolle Bilanz des westlichen Eingreifens im Irak. Glorreich, ich muss schon sagen...
In Syrien sieht es übrigens auch nicht viel besser aus. Das hat der Westen mittlerweile schön ins Mittelalter zurück gebombt (und wundert sich jetzt ernsthaft über die ganzen Flüchtlinge von dort...), nachdem man auch hier dachte, dass man nur mal eben den ungeliebten Diktator und seine Getreuen entfernen müsste...
Oder sollen wir lieber von Lybien reden? Auch das ist die Bilanz wahnsinnig positiv...
Nein, die Entfernung von Vögeln wie Hussein und Konsorten ist in meinen Augen schon der richtige Ansatz, Diktatoren müssten eigentlich schon immer im Ansatz liquidiert werden.
Nein, nein, nein. Das ist der völlig falsche Ansatz und der Hauptgrund dafür, warum der Westen seit Jahrzehnten auf der Welt nur noch Scheiße baut, sorry. Genau das ist das Problem. Wer keine nachhaltige(!) Lösung hat bzw. einen nachhaltigen und realistischen(!) Plan zur Verbesserung der Lage vor Ort hat, sollte lieber die Finger von der Sache lassen. Den Kopf der Hydra abzuschlagen, ist alleine nicht mal im Ansatz eine nachhaltige oder realistische Lösung. Schon gar nicht, wenn man praktisch keine Ahnung von den Verhältnissen, der Kultur, den Menschen vor Ort hat...
Mal ganz davon abgesehen, mit welchem Recht bestimmst DU eigentlich über das Leben anderer Menschen?
Der eigentliche Fehler war, dass man nach der "Absetzung" Husseins nicht wirklich die Einführung eines echten, demokratischen Staatswesens verfolgt hat sondern maximal halbherzig und sich viel zu früh wieder aus der Affäre gezogen hat - dieses Machtvakuum hat den Aufstieg des IS überhaupt erst begünstigt.
Nein, der eigentliche Fehler war, - und das war schon immer der eigentliche Denkfehler des Westens - dass man Demokratie mit der Brechstange erzwingen kann, wenn man nur den Kopf der Hydra abschlägt. Das geht aber nicht. Gesellschaftliche und historische Strukturen sind sehr komplex und lassen sich nicht durch einfache Maßnahmen über Nacht ändern. Darf ich dich erinnern, was in Frankreich auf die französische Revolution folgte, also die "Demokratisierung des Landes". Es folgte absolute Terrorherrschaft und dann die Diktatur Napoleons. Bis sich aus der ganzen Angelegenheit eine belastbare Demokratie entwickelte, sollte noch mal ein paar Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte ins Land ziehen. Ganz so einfach ist es nämlich nicht, die Verhältnisse zum Besseren zu ändern, schon gar nicht in einem fremden Kulturkreis und in Ländern mit diffusen Macht- und Gesellschaftsstrukturen.
Wenn man einmal im Vergleich dazu sich ansieht, für wie lange alliierte Truppen dagegen in Deutschland nach dem Ende des 2. WK stationiert waren, bekommt man eine Vorstellung - schon klar, dass da nicht nur die demokratische Entwicklung Deutschlands die Hauptabsicht war, sondern vielmehr ein Bollwerk gegen die UDSSR/Warschauer Pakt, aber ich behaupte, geschadet hat es dennoch nicht.
Ganz andere Situation (ich bin es wirklich leid, dass immer das Ende des WW2 als Standardantwort für Demokratisierung herangezogen wird): erstens war Deutschland radikal "vernichtet", also wirklich grundlegend zerstört, zweitens bestand in Deutschland schon vor dem Dritten Reich eine längerfristige demokratische Tradition inkl. den dafür nötigen gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Voraussetzungen. Das ist für kein Land im Nahen Osten in gleicher Weise anwendbar.