Sabrina und ich kommen endlich zur Sache
Guten Morgen. Entschuldigt bitte, daß es so lange gedauert hat, aber ich brauchte dringend etwas Erholung.
Ich hatte es geschafft, daß Sabrina nicht mehr sauer auf mich war, indem ich mir selbst einen großen Pickel wachsen ließ. Eigentlich war es ein Zufall, aber sie fand es lustig. Wir verstanden uns also prächtig, und sie war der Meinung, daß wir uns zusammen einen Videofilm ansehen könnten. Da sie weder im Besitz eines Videorekorders noch eines DVD-Players ist, kam ich zu dem Schluß, daß sie das wohl in meiner Wohnung vorhatte.
Wie ich bereits erwähnt habe, lebe ich in einer Wohngemeinschaft mit einem Typen namens Malte, an dem nur eines gut ist: Er ist der Bruder von Sabrina. Ohne ihn hätte ich sie vermutlich nie kennengelernt. Ansonsten ist Malte der unangenehmste Mitbewohner, den man sich vorstellen kann. Er putzt fast nie, wäscht sich nie, sein Zimmer stinkt erbärmlich, und die Räume, die wir zusammen nutzen, also Küche und Bad, muß ich in Ordnung halten. Da sich Sabrina zu Besuch angekündigt hatte, war ein größerer Hausputz angesagt. Im Einzelnen will ich nicht näher darauf eingehen, wie ich zum Beispiel mit einer Flex die Küchenfliesen neben dem Herd gereinigt habe oder wie ich die Reste von Maltes ausgedrückten Mitessern mit Hammer und Meißel vom Badezimmerspiegel entfernt habe.
Sabrina hatte sich für acht Uhr abends angekündigt. Ich war sehr nervös, weil bei unseren letzten beiden Treffen das Glück nicht auf meiner Seite gewesen war. Hoffentlich würde diesmal alles glatt gehen. Ich würde es ja schon als Erfolg werten, wenn ich diesmal nicht ihre Faust ins Gesicht bekommen würde. Malte hatte ich ein Michaela-Schaffrath-Video geschenkt, es würde uns also niemand stören. Dachte ich.
Da Sabrina in der Wohnung direkt über mir wohnt, kam sie ohne Schuhe und nur mit einer Jeans und einem labberigen Sweatshirt bekleidet. Sie war ungeschminkt und sah trotzdem (genaugenommen deswegen) fantastisch aus. Ich mag Frauen nicht, die sich das Make-Up mit einem Spachtel in die Visage kleistern. Wir umarmten uns zur Begrüßung, wobei ich mich bemühte, vor Aufregung nicht allzu zu stark zu zittern. Weil ich keine Couch in meinem Zimmer habe, machten wir es uns auf meinem Bett bequem. Noch während der Vorspann von "Final Destination", einer Dokumentation über den Tod, lief, begann sie zu schwitzen. Das lag bestimmt daran, daß ich in weiser Vorraussicht die Heizung voll aufgedreht hatte.
Als in dem Film plötzlich ein Loch in der Seitenwand des Flugzeugs, in dem der Protagonist saß, erschien, grabschte sie erschrocken nach meiner Hand. Nun begann auch ich zu schwitzen. Sie ließ meine Hand nicht mehr los. "Heiß hier", sagte sie. "Ja", erwiderte ich. Um den Dialog nicht abflachen zu lassen, fügte ich noch "kalt draußen" hinzu. Sie lächelte, warum auch immer, und begann, mit ihrem Daumen über meine Hand zu streicheln. Eine Schweißperle glitt an ihrem Hals herab. Ich selbst lag bereits in einer Schweißpfütze, deshalb zog ich meinen Pullover aus und warf ihn auf den Boden. "Gute Idee", sagte Sabrina und zog auch ihr Sweatshirt aus. Darunter trug sie ein T-Shirt mit dem Aufdruck von einem Gummibärchen in Lederdessous mit einer Peitsche. Ich überlegte kurz, ob ich mein T-Shirt ausziehen sollte, in der Hoffnung, daß sie mir auch das nachmacht, verwarf den Gedanken aber wieder. Sabrina nahm wieder meine Hand, gab mir ein Küßchen und konzentrierte sich wieder auf den Film.
Da ich außer einer Faust im Gesicht nichts zu befürchten hatte, was es mir durchaus wert zu sein schien, beugte ich mich über sie und küßte sie. Sie wehrte sich nicht, und in mir keimte die Hoffnung auf, daß dieser Abend möglicherweise etwas besser laufen könnte als die vorherigen. Ich legte meine Hand auf Sabrinas Hüfte, als plötzlich meine Katze Helga aufs Bett sprang. Sabrina biß mir in die Unterlippe. Nachdem ich die Blutung gestillt hatte, warf ich Helga in hohem Bogen aus dem Zimmer und schloß die Tür. Ich legte mich wieder auf das Bett und versuchte mich daran zu erinnern, wo wir stehengeblieben waren. Noch während ich so dalag und grübelte, nahm Sabrina meine Hand und legte sie auf ihre Hüfte. Ach ja, richtig. Wir küßten uns wieder, und ich ließ meine Hand etwas höher wandern. "Nanu, was ist das denn", dachte ich, als ich etwas unter dem T-Shirt fühlte. Ach so, der BH-Träger.
Sie kicherte und führte meine Hand wieder abwärts. Na gut, dachte ich, dann eben nicht. Statt dessen versuchte ich mit meiner Hand unter ihr T-Shirt zu kommen. Plötzlich hörte ich ein lautes Klappern aus der Ecke meines Zimmers. Dort stand mein Hamster Harry in seinem Käfig und rüttelte an den Stäben. Ich versuchte ihn zu ignorieren, aber Harry rüttelte so stark, daß der Käfig sich langsam in Richtung Tischkante bewegte. "Entschuldige", murmelte ich in Richtung Sabrina, stand auf und nahm den Käfig mit nach draußen, wo ich ihn im Wohnzimmer abstellte. Immer diese Störungen!
Zurück in meinem Zimmer legte ich mich wieder auf das Bett. Ich war mir nicht sicher, ob ich dort weitermachen sollte, wo wir unterbrochen wurden, aber Sabrina nahm meine Hand und legte diese dorthin, wo sie gewesen war, nämlich auf ihre Hüfte unter dem T-Shirt. Ihre Haut war samtweich. Meine Hand wanderte weiter nach oben, bis ich auf ein Hindernis in Form des BH's stieß. "Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden", dachte ich, langte um sie herum und versuchte mein Glück an dem Verschluß. Gar nicht so einfach. Gerade als ich kurz davor war, den Kampf mit diesen Haken und Ösen zu gewinnen, fiel mein Blick zufällig aus dem Fenster. Dort stürzte gerade ein Mann mit einer Zeitung in der Hand vorbei. Auf der Zeitung war die Schlagzeile "Telekom-Aktie fällt weiter" zu lesen. Der Mann sah uns, zwinkerte und grinste, und als nächstes hörte ich Geräusch wie wenn eine Melone platzt.
Einigermaßen irritiert nahm ich den Kampf mit dem Verschluß wieder auf und versuchte die Notarzt-Sirene und die schreienden Leute unten auf der Straße zu ignorieren. Irgendwo muß man schließlich seine Prioritäten setzen. Geschafft! Wie schaffen Frauen das nur jeden Tag? Egal. Meine Hand begab sich wieder auf Wanderschaft, als plötzlich meine Zimmertür heftig aufgestoßen wurde. Dort stand Malte mit heruntergelassenen Hosen. "Sach ma, wo isn das Klopapier, die Rolle is leer", sagte er. Sabrina vergrub schnell ihr Gesicht im Kissen, um nicht von ihrem Bruder erkannt zu werden. "Auf dem Schrank, hinten links", sagte ich genervt und warf die Tür hinter Malte ins Schloß. Als ich mich umdrehte, machte Sabrina gerade ihren BH wieder zu. "Ich glaube wir verschieben das", sagte sie und zog ihr Sweatshirt über. Verdammt!
Plötzlich flog die Tür wieder auf, und da stand schon wieder Malte. "Was ist diesmal?", fuhr ich ihn an, als ich auch schon seine Faust im Gesicht hatte. "Dacht ichs mir doch, daß ich richtich gesehen hab", knurrte er, als er Sabrina sah. "Lass deine Pfoten von meiner Schwester, sonst gibts Haue."
So endete der Abend wieder mit einer blutenden Nase. Immerhin war ich diesmal nicht selbst daran schuld.