F
Frullo
Gast
Wir drehen uns im Kreis. Daher diesbezüglich mein letztes Posting - Dir dann das letzte Wort (welches Dir augenscheinlich wichtig zu sein scheint):
Die Spartaner mussten ihre Babies nach der Geburt einem Gremium alter (weisser) Männer vorlegen, die darüber entschieden, ob das Kind die Eigenschaften hat, ein echter Spartaner zu werden (keine Gebrechen, nicht schwächlich wirkend, usw...) oder ob es sterben soll.
In dieser Hinsicht waren dann die alten Römer schon etwas fortschrittlicher, da kein fremdes Gremium mehr entschied, sondern die Familie (meist wohl das männliche Familienoberhaupt, aber naja...), ob ein Neugeborenes angenommen wird oder nicht.
Die Idee dem menschlichen Leben einen derart hohen Wert zuzumessen entstand vor allem aus den monotheistischen Religionen heraus. Und die meisten Abtreibungsgegner - vor allem in Amerika, aber nicht nur - tun dies aus einer Glaubensüberzeugung heraus: Dass ein Mensch ab dem Augenblick seiner Zeugung für andere Menschen unantastbar sein und nur noch einem göttlichen Willen unterstehen soll. Manche religiöse Ausprägungen gehen sogar so weit, bereits die Verhütung als eine Einmischung in den göttlichen Willen (und Wirken!) zu betrachten.
Und obschon ich in eine solche Familie hineingeboren wurde, sehe ich das anders. Ich wurde als Katholik geboren, bin getauft, hatte meine erste Kommunion, Firmung und habe sogar kirchlich geheiratet, aber ob ich wirklich die letzte Ölung kriegen werde, ist eher zu bezweifeln: Die Welt hat mich viel zu sehr davon überzeugt, dass - falls es wirklich einen Gott gibt - diesem im hier und jetzt völlig egal ist, was wir tun und was wir lassen. Und jeder der es besser wissen will, beisst bei mir derart auf Granit, dass ihm oder ihr die Zähne klirren werden.
Ich sehe den Menschen nicht als dieses wertvolle Geschöpf an, welchem doch so oft die wörtliche Krone der Schöpfung zugesprochen wird. Wir Menschen sind auf diesem Planeten Besucher, die entweder bald auswandern oder in nicht allzu ferner Zukunft - gemessen an der Existenz dieses Planeten - wieder von der Bildfläche verschwinden werden.
Ich halte mich deswegen nicht für einen Unmenschen, zumindest einige der (christlichen) Werte habe ich versucht mitzunehmen, andere habe ich über Bord geworfen. So halt auch die Vorstellung, dass ein Fötus bereits ab Zeugung ein vollwertiges Mitglied der menschlichen Gesellschaft sein soll. So grausam dies auch für manchen klingen mag, so sehr so mancher diese Haltung als Befürwortung von Genozid ansehen mag, für mich mag ein Fötus menschlich sein, aber dieselben Rechte wie meine Tochter besitzt es erst ab dem Moment, an dem es das Licht der Welt erblicken kann, ohne dabei gleich zu sterben. Ich räume selbstredend ein, dass diese Grenze willkürlich wirkt bzw. sogar ist. Aber es ist eine Grenze, zu der ich persönlich stehen und mit der ich leben kann.
Und ja, wenn es der Wissenschaft gelingen sollte, einen 6-wöchigen Fötus aus dem Mutterleib zu entfernen und es bis zu dessen Autarkie reifen zu lassen, dann werde ich wohl meine ganz persönliche Grenze möglicherweise nach unten verschieben. Möglicherweise, weil dadurch immer noch nicht die Bewusstwerdung (betreffend der Schwangerschaft) der Frau angesprochen wurde.
Oder vielleicht auch dann wenn wir sämtliche restlichen Probleme der Armen, Waisen, Witwen, Kranken, usw. zufriedenstellend gelöst haben: Wenn wir eine Gesellschaft erschaffen haben in der jeder, bis zum hinterletzten Fundamentalisten, Sex als Teil der freien menschlichen Entfaltung sieht und jedem das Konzept der Verhütung ins Blut übergegangen ist. Dann könnte sich meine Meinung betreffend dieser Grenze ebenfalls ändern.