Trancemaster am 10.05.2006 14:20 schrieb:
Natürlich klingt das plausibel, weil es ursprünglich auch so gedacht war. Es war vorgesehen, dass über einen kurzen(!!!) Zeitraum Gelder in den Osten fließen, damit die dortige Infrastruktur erneuert, bzw. modernisiert werden kann. Ursprünglich war es nicht angedacht, dass "findige Manager" der alten Bundesländer einen Ausverkauf der DDR anstrebten.
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dass sie für 1DM verkauft werden mussten - nur um dann ausgeschlachtet zu werden, die angeblich veralteten Maschinen wurden Richtung China/Osteuropa verkauft, der Gewinn eingestrichen, die Mitarbeiter auf die Straße gesetzt - und das alles staatlich subventioniert.
Der Steuerzahler muss heute für diese Vorgänge erheblich aufkommen. Das ist aber weder die "Schuld" der DDR, oder der ehemaligen DDR Bürger, sondern die der "Manager", aber auch die eines ehemaligen Kanzlers,
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Die "Einheit" wurde um jeden Preis Seitens der BRD-Regierung erkauft. Ich(!!) hätte beispielsweise niemals die Schulden der DDR übernommen. Die DDR war Bankrott, es gibt Pläne für solche Fälle, wie ein Staat zu handeln hat.
Und KEIN Bürger der DDR hatte die Möglichkeit das zu verhindern.
Das ist ein klassisches Sichtweisenproblem. Du siehst es so, die Wessis anders herum und beide haben vermutlich irgendwo recht.
Sicher ist wohl, daß hier viele Firmen unnötig verkauft wurden. Das ist ganz normal, wenn soviel Geld in so kurzer Zeit fließt und gleichzeitig keine effizienten und eingespielten Kontrollmechanismen existieren.
Wenn hier von Schuld der DDR Bürger gesprochen wird, dann ist das wohl nicht als persönliche Schuld zu sehen. Niemand wird vorsätzlich ineffizient arbeiten, dennoch entspricht die Leistung nicht den westlichen Standards. In der DDR gab es keine Marktwirtschaft und dementsprechend hatte der Konsument keine Macht. Die Auswahl war wohl nicht so groß und damit mußte man kaufen, was da war, wenn man die Vorzüge des Produktes genießen möchte.
In der BRD ist/war das grundsätzlich anders und dementsprechend mußten die Firmen anders arbeiten.
Was die Schulden anbelangt, so hatte man keine große Wahl. Theoretisch hätte man diese Schulden nicht übernehmen müssen, dafür gibt es durchaus Beispiele in der Geschichte, nur was glaubst du, wie gut das bei den Gläubigern ankommen würde? Immerhin war von Anfang an klar, daß man in Zukunft Kredite benötigen wird.
Einfach dem Gläubiger zu sagen, daß man jetzt wer anderes ist und die alten Schulden nicht mehr bezahlt werden, gleichzeitig aber eben jene Gläubiger um neues Kapital zu bitten, ist nicht nur ausgesprochen dreist, ein Fiasko ist vorprogrammiert.
Wer hat die Mauer eingerissen? Die Ossis oder die Wessis? Wieviele Menschen der BRD wurden auf der Flucht in die DDR erschossen und wieviele im umgekehrten Fall?
Hierbei spielt wohl auch die Frage WARUM denn dem so war eine Rolle. Welche negativen Seiten des Kapitalismus waren dem DDR-Bürger denn bekannt, welche er nicht auf sozialistische Propaganda zurückführen konnte (ganz so bekloppt waren die DDR Bürger auch nicht, dass sie alles glaubten was der Honecker ihnen so erzählte) - dummerweise glaubten sie aus Mangel an Erfahrung aber an den "goldenen Westen".
Du kannst ja mal ein wenig darüber nachdenken: In Österreich wird vor Deiner Geburt eine Ein-Parteien Diktatur wie in der DDR eingeführt. Aus unterschiedlichen Gründen, wie z.B. die Nicht-Aktzeptanz der Währung an internationalen Märkten, diverse Boykottierungen durch "anders denkende Regierungen" usw. hast Du nicht alles zu Deiner käuflichen Verfügung, und nun hörst Du, in der Schweiz gibts ALLES... Du musst es nur kaufen. Dein Leben lang kanntest Du nix anderes als faktische Vollbeschäftigung. Arbeitslosigkeit? Gibts nicht! Größere soziale Differenzen? Nicht bekannt!
Dir wird auch nicht erzählt, wie es denn wirklich zugehen kann, was für neue Risiken auf Dich zukommen, dass auch die Schweizer Politiker seltenst die Wahrheit sagen... usw...
Würdest Du dann nicht auch lieber ein System wie die Schweiz haben?
Das kürze ich nicht, weil es mir gut gefällt und es ist eine richtige Sichtweise, soweit ich das als Außenstehender beurteilen kann.
Hier ist viel falsch gelaufen und allen voran war es wohl die mangelnde Aufklärung - ein Problem, welches offenbar unterschätzt wurde.
Immerhin sind die beiden Systeme von BRD und DDR völlig verschieden. Die hat DDR in erster Linie Sicherheit geboten, etwas was in der BRD (und dem restlichen Westen) in dieser Form einfach nicht gibt. Es gibt ein Sozialsystem, aber dessen Belastbarkeit ist sehr beschränkt.
Im Gegenzug bietet die BRD lediglich Chancen an. Nix ist fix, aber man hat Möglichkeiten. Hört sich so nach einem schlechten Tausch an, aber vergleiche einfach einmal die Ergebnisse.
Natürlich bringt das eine Reihe dir damals aus Erfahrung heraus unbekannter Probleme mit sich. Arbeitslosigkeit, große soziale Unterschiede,...
Andererseits, überleg dir einmal um wieviel es einen heutigen Arbeitslosen schlechter geht verglichen mit einem Arbeiter in DDR. Nicht viel, so wie ich das sehe und wenn man dabei bedenkt, daß das System deutlich abgespeckt werden mußte, weil eben aus der DDR zuviele Arbeitslose hinzukamen (warum ist jetzt mal nicht soo wichtig), dann sieht man schon, daß der westliche Weg der bessere ist.
Freilich gibt es auch bei uns Verlierer. Trotz vieler Anstrengungen gibt es immer noch Obdachlose, etwas was es in der DDR vermutlich nie gegeben hat - totale Systemverlierer sozusagen.
Dennoch ist es meiner Meinung nach wert, diesen Weg zu gehen. Auch wenn logischerweise nicht jeder die Chancen nutzen kann, so kann es jeder uneingeschränkt versuchen, niemand wird hier limitiert. Du kannst steinreich werden oder bettelarm. Beides ist eher unwahrscheinlich, denn die meisten liegen irgendwo in der Mitte und diese Mitte hat einen bedeutend höheren Lebensstandard als er in der ehem. DDR zu finden war.
Ein Punkt ist mir noch wichtig. Du schreibst von Nichtakzeptanz der Währung u.ä.
Das stimmt voll und ganz, aber hast du dir auch den Grund dafür überlegt? Das waren keine politischen Überlegungen sondern Resultate der Markwirtschaft. Wir haben immer noch einen primitiven Tauschhandel, die einzige Weiterentwicklung ist, daß wir nicht mehr Ware gegen Ware tauschen, sondern Geld dazwischenschalten, was eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt - dennoch ist es Tauschhandel.
Wenn man in der DDR etwas importieren wollte, konnte man logischerweise nur die eigene Währung anbieten, doch ein Geldschein ist nicht letztlich nicht mehr als ein verbrieftes Recht auf Leistung. Welche Leistung könnte das aber sein, die man irgendwann zurücktauschen möchte? Die Güter und Rohstoffe der DDR, die international handelbar waren, waren ausgesprochen beschränkt und deshalb hat man die Währung nicht akzeptiert. Du würdest mir ja auch nichts verkaufen, wenn ich mit Kiljeadeendollar bezahlen würde, oder?