Zum ersten Zitat: Darstellungen auf Münzen darf man in der Antike niemals NIE für, Achtung Kalauer, bare Münze nehmen. Die Prägetechnik war krude, die Stempel auch meist nicht sonderlich gut gefertigt.
Bei deinem Beispiel handelt es sich auf den ersten Blick um einen römischen Sesterz. Da darfst du gleich fünfmal nichts drauf geben. Auf denen sah J. Caesar manchmal aus wie ein junger Gott. Münzen waren mitunter reines Propagandamaterial und sind daher für das Wiederherstellen des Aussehens unbrauchbar.
Das ist zum Teil richtig, aber erstens waren die Darstellungen von Herrschern auf Münzen zwar üblicherweise idealisiert, aber wohl nich völlig aus der Luft gegriffen und die "miese Qualität", die Du ansprichst, gilt eigentlich nur für spätrömische Münzen.
"Das völlige Gegenteil zum fast Comic-artigen Stil der spätrömischen Münzen weisen die meist künstlerisch aufwendig und gekonnt umgesetzten römischen Prägungen des ersten und zweiten Jahrhunderts auf.
Die Umsetzung erfolgte sehr detailreich und plastisch recht nah am Vorbild, so dass man die auf den Münzen abgebildeten Personen auf Grundlage des Münzbildes sicher auch auf der Straße wiedererkennen könnte, wenn sie denn noch leben und durch unsere Zeit wandeln würden."
Quelle:
römische Kaiserportraits auf Münzen: Informationen
Die von mir verlinkte Münze dürfte aber aus den 30ern v. Chr. stammen
Zweitens: Zur Geschwisterehe: Ja war ein häufiger Brauch unter den Ptolemäern, die da was bei den Ägyptern falsch verstanden hatten
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Man kann spekulieren, dass aufgrund der Geschwisterehe von Osiris und Isis, die Fremdherrscher dachten, es wäre eine gute Idee dies als Brauch einzuführen. Zudem wurden die Übersetzungen der Königinnen ("Schwester des Königs/Gottes") häufig, auch in der Neuzeit, als tatsächliche Geschwisterehen fehlinterpretiert. [/QUOTE]
Zugegeben, das ist nicht unstrittig. Es ist natürlich ebenso gut möglich, dass die Geschwisterehe rein rituell zelebriert wurde, um an religiöse Traditionen des alten Ägyptens anzuknüpfen, bzw. um die Apotheose der Herrscher zu inszenieren, schon um den eigenen Herrschaftsanspruch zu legitimieren.
Ein abschließender Punkt zur Situation: Die zitierten HistorikerInnen setzen sich aus 3 Frauen und 1 Mann (böser Fehler von mir, siehe Edit) zusammen. Davon schreiben welche "Populärwissenschaftliche Arbeiten", andere "Fiktionale und Nicht Fiktionale Arbeiten über das alte Ägypten". Ich werde mich auf keine Fall hier herablassen und diesen Menschen die Fachkompetenz absprechen, aber eine gewisse subjektive Färbung lässt sich deutlich erkennen.
Dass Kleopatra sehr wahrscheinlich nicht auf eine Party irgendwelchen Männern Sex gegen ihr Leben angeboten hat, dem stimme ich zu. Sie hat aber Sex zu politischen Zwecken eingesetzt (und das beileibe nicht ungeschickt) und selbst die damaligen eigenen Hofschreiber haben ihr gewisse Eigenschaften zugeschrieben. Die Wahrheit liegt, wie jemand hier so treffend schrieb, vermutlich irgendwo zwischen den extremen "zwei Männer im Leben" und "hat mit allem geschlafen, was sich opfern wollte".
Halte ich für durchaus möglich. Kein Widerspruch, man sollte aber bitte immer bedenken, dass gerade weibliche Herrscherinnen gerne den Stempel "Hure" und "***" verpasst bekommen haben. Bestes Beispiel dafür ist die angeblich "sexgeile" Katharina die Große, ein Bild, was sich heute noch sehr hartnäckig hält:
https://www.welt.de/kultur/history/article942706/Das-missverstandene-Liebesleben-einer-Zarin.html
Wie Du geschrieben hast, die Wahrheit liegt dazwischen. Im Fall von Katharina dürfte es so gewesen sein, dass die Zarin zwar kein Kind von Traurigkeit gewesen ist, aber im Vergleich zu anderen zeitgenössischen absolutistischen Herrschern wohl auch keine besonders ausgeprägte Libido besaß.
EDIT:
Das ist die künstlerische Freiheit, die gab es damals auch schon. Und es war nur in Teilen ein solches Idealbild der Götter. Laut den alten Römern und Griechen sind wir Männer dann ja alle auch nur äußerst minimal bestückt!
Und das galt auch mehr oder weniger nur für die Oberschichten, dieses Idealbild. Man sollte sich nicht von unseren heutigen "Standards" in die Irre führen lassen.
Frauen durften damals gerne "rundlicher" sein. Selbst Fettleibigkeit war nicht verpönt, sondern Zeichen des Wohlstandes.
Sport haben die damals auch getrieben, aber auch nur Menschen die es sich leisten konnten und Zeit hatten. So viele waren das nicht gerade.
Das hat nichts mit heutigen Standards zu tun. Sowohl die Römer, als auch und gerade insbesondere die Griechen, pflegten einen ZIEMLICHEN Körperkult. Man verehrte athletische Menschen geradezu, ich sage nur "Olympische Spiele" bzw. auch - "Gladiatoren".
Und natürlich zeugen die Statuen von Göttern, Nymphen, etc. immer vom Idealanspruch einer Gesellschaft. Die Künstler orientierten ihre Darstellungen immer am jeweiligen Schönheitsideal.
Ja, es ist natürlich möglich, dass die "Unterschicht" völlig andere Schönheitsvorstellungen hatte, als das bei der Oberschicht der Fall war. Das ist aber letztlich irrelevant, denn wer gab denn die entsprechenden Darstellungen in Auftrag?
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Insofern, ja, ist uns heute natürlich in erster Linie nur der "Standard" der herrschenden Klassen überliefert.
EDIT#2:
Und zu den von Bremse gezeigten Quellen: es hat sich doch oft genug gezeigt dass Künstler schon immer zu starker Überidealisierung fern der Realität neigten. Ob das Gemalte bzw. In Stein Gehauene das allgemeine Weltbild der damaligen Gesellschaft zum Wesen der Frau widerspiegelt kann nie 100%ig bestätigt werden.
Ich meine... Seht euch heute die Werbelandschaft in allen Medien an. Wenn wir heute schon durch gefotoshopte Frauenbildern manipuliert werden haben es die alten Römer/Ägypter sicherlich auch gemacht. Fette Weiber verkaufen sich in den Augen der Kunstschaffenden wohl nicht gut.
Aber genau das bestätigt doch eigentlich meine These, meinst Du nicht auch? Unsere Medien werden dominiert von schlanken, schönen, athletischen Menschen - der Perfektion wird sogar nachgeholfen, sei es durch plastische Chirurgie, Kosmetik (in der Antike übrigens auch sehr beliebt!) oder eben durch digitale Nachbearbeitung, bis hin zur Manipulation.
Warum wird das gemacht? Weil es eben dem Idealbild, der Wunschvorstellung der Gesellschaft MEHRHEITLICH entspricht.