AW: Seid ihr vorbereitet?
Arkasi am 11.01.2009 09:41 schrieb:
Natürlich beeinflussen sich die beiden Systeme, doch der Ausgangspunkt ist fast immer das gesellschaftliche System und nicht das wirtschafltiche. Wenn eine Gesellschaft möglichst viel konsumieren möchte, ihr die Umstände der Produktion aber weitgehen egal sind, dann kann man in Billiglohnländern unter miesen Bedinnungen produzieren und die Produkte nachher erfolgreich verkaufen. ...
Der Hauptgrund ist meiner Meinung nach aber ein anderer. Die Menschen verkommen immer mehr zum Einheitsbrei, sie heben sich kaum mehr von einander ab. Sie haben keine Werte, keine Überzeugungen, aber sie wollen wie immer nicht einfach Durchschnitt sein, sie wollen besser sein als andere. Eine Möglichkeit das zu erreichen ist die Konsumkeule, "ich kann mir mehr leisten als du" und das ist durchaus erfolgreich.
Natürlich, doch die Betonung liegt auf "zu einem bestimmten Maße" und dieses Maß wurde weit überschritten, wegen Betrugs, wegen Gier und Naivität (Hedgefonds) und wegen der Untätigkeit der Politik, die keine passenden Regeln aufgestellt hat.
Bei dir klingt das immer so, als sei alles reiner Zufall. Frag dich doch mal, wieso das alles so kommt. Wieso ist die Gesellschaft so? Ich zB würde nie etwas von Nike kaufen, weil ich nicht auf diesen Markenblödsinn hereinfalle. Warum so viele andere? Wieso glaubst du, dass wir eine Konsumgesellschaft sind? Wer hat damit angefangen? Wachte einfach jemand eines morgens auf und entschied sich, ab jetzt nur noch dem Konsum einen Wert beizumessen? Hat das deutsche Volk nach dem Eindruck des menschenmordenden Weltkrieges sich 1946 gemeinschaftlich entschieden: "So, jetzt machen wir mal ne schicke Gesellschaft, in der Konsum der höchste Wert ist"? Ist es Chaostheorie, wo ein Schmetterlingsflügelschlag die Gesellschaft Richtung Konsum drängte, und es hätte rein zufällig auch ganz anders kommen können?
Ich glaube nicht. Wer hat wann welche Weichen gestellt, so dass es in diese Richtung lief? Diese Frage musst du dir beantworten.
Natürlich ist es ein Problem, dass dem Konsum ein so hoher Wert beigemessen wird. Da sind wir uns ja einig. Ich behaupte, dass das kein Zufall ist, sondern Absicht. Dafür gibt es sogar Belege (s. das Video, das ich ein paar Posts weiter oben für Nope verlinkt habe).
Die äußeren Faktoren beeinflussen meiner Meinung nach, wie Menschen sich geben. Wenn zB alles über Geld abgewickelt wird, und jeder sehen kann, wer mehr verdient, dann ist es natürlich das Ziel für viele, ebenso viel zu verdienen. Und wenn sie es nicht können, dann wenigstens so zu tun, als ob sie es täten. Also ein Haus, ein Auto, ein Fernseher, der was hermacht und so aussieht, als gehöre es einem Wohlhabenden. Das ist eine direkte Folge großer Einkommensunterschiede. Könnte jeder Spitzenmanger (der Welt) nur maximal das 10fache einer Putzkraft verdienen, wäre dieser Druck gar nicht in diesem Maße gegeben. Das soll kein Plädoyer für Einkommensbegrenzung sein (weil das hier nicht das Thema ist), aber ein Beispiel dafür, wie wirtschaftliche Umstände das Verhalten von Menschen beeinflussen.
Ich höre gern von dir eine Gegenthese, woher die Konsumfixierung rührt. "Reiner Zufall" akzeptiere ich nicht.
So viel zu den positiven Wirkungen von Risikokapital. Ich hoffe jedoch, dass du nicht abstreitest, dass es auch negative gibt. Risikokapital wartet ja nicht geduldig darauf, dass jemand eine Idee hat. Risikokapital ist da, und zu jedem Zeitpunkt, da es existiert, möchte es gewinnbringend investiert werden. Sind nicht genügend vielversprechende Ideen da, neigt es dazu in Projekte zu fließen, die im Grunde reine Spekulationsobjekte sind.
Ja, das stimmt leider, es war allerdings nie ein großes Problem, weil es beträchtlich weniger Risikokapital als riskante Anlagen gab. Dann kamen die Hedgefonds und die Sache ist aus dem Ruder gelaufen.
Für die Frage des überbordenden Risikokapitals gilt dasselbe: Es ist kein Zufall, dass das passiert ist, auch wenn du das hier andeutest. Keineswegs haben die Regierungen versäumt Regeln aufzustellen. Im Gegenteil: Überall wurden Regelungen getroffen, um das derartige virtuelle Hantieren mit Risikokapital überhaupt erst möglich zu machen. In London wurde der seit Jahrhunderten eingeschränkte Finanzplatz geöffnet, um sich zum Vorreiter in Sachen Hedgefonds zu machen. Und auch in Deutschland wurden in den 90er zahlreiche Gesetze erlassen, die das Geschäft mit Investments, Firmenveräußerungen, -zerschlagungen, Kreditderivaten usw. zu erleichtern. Da gab es also eine klare Absicht. Niemand hat das "aus Versehen" versäumt. Die Büchse der Pandora wurde absichtlich geöffnet.
Hier ein
Beispiel-Link - dieselbe Frau, die heute so tut als wäre sie die Richtige um die Krise zu meistern, hat mit ihrer Politik dafür gesorgt, dass die Krise möglich wurde und Deutschland da mit reingezogen wurde.
Wie aber konnte das passieren? Die Antwort ist ganz einfach: Du selbst schreibst ja, dass es egal ist, welche Gesetze erlassen werden. Im Notfall setzen sich die Unternehmer darüber hinweg. Ich postuliere folgende These: Je schlechter sich mit normalen Mitteln Geld verdienen lässt, desto höher ist der Druck, Gesetze zwecks Geldvermehrung zu verletzen oder zu versuchen diese Gesetze ändern zu lassen. Stimmst du dieser These zu?
Wenn dieser Druck gegeben ist, finden sich immer auch Wege (wie du selbst bestätigst). Sei es Korruption, sei es Lobbyismus mit dem Ergebnis von Deregulierung, sei es pure Kriminalität (s. Madoff). Am Anfang eines langfristigen wirtschaftlichen Zyklus, zB nach einem Weltkrieg, ist es leicht Geld mit der Produktion von Gütern zu verdienen, weil es eine Unterversorgung gibt. Das kippt irgendwann in Überversorgung (deutliches Anzeichen dafür: Konsumentenkredite, aggressive Werbung, sinkende Sparquoten in der Folge). Die Profitrate sinkt kontinuierlich, und je stärker die Absatzkrise, desto stärker die Flucht in die Spekulation und in Kriminalität. Damit steigt auch der Anteil des rein spekulativ angelegten Risikokapitals (dieses "bestimmte Maß" ist variabel und abhängig von Absatzmöglichkeiten). Das ist übrigens nicht von mir, wie ich später festgestellt habe (obwohl es so logisch ist, dass da jeder drauf kommen kann), sondern kam schon bei Marx vor. Es ist eine absolut typische Entwicklung für die Endphase eines großen Zyklus.
Man braucht also nicht so zu tun, als sei das alles Zufall oder nicht vorhersehbar gewesen.
Wir müssen uns aber fragen: Was kommt als nächstes, und was ist zu tun?