AW: Packt die Konserven wieder ein, ALDI hat noch offen
frogi am 22.06.2009 15:01 schrieb:
Die Hälfte vom "Krisenjahr" ist vorbei, und alles ist genau so geblieben, wie vor einem halben Jahr
Ganz klar: Die Möglichkeiten, den notwendigen Einbruch hinauszuzögern, habe ich unterschätzt (und nicht nur ich). So hätte ich zum Beispiel nicht gedacht, dass die Regierung und die BaFin die rechtlichen Vorschriften zum Schließen eines Finanzinstituts schlicht ignorieren würden. Die HRE hatte schon spät seit April nicht mehr die nötigen 4% Eigenkapital. Da wäre Insolvenz angesagt gewesen, trotz aller Rettungsaktionen. Finanzministerium und BaFin haben aber einfach weggeguckt und das gesetzeswidrig ignoriert. Das verheißt nichts gutes.
Davon, dass "alles so geblieben" ist, kann gleichwohl keine Rede sein. Die Banken hängen am staatlichen Tropf, ihre Risiken wurden verlagert von den Banken selbst auf die Staatshaushalte, deren Bonität mittlerweile vom Markt teilweise schlechter bewertet wird als die der Banken, die die Staaten retteten. Das ist ziemlich schizophren, weil die Rettung ja darin besteht, dass der Staat für die Bank bürgt, falls die pleite geht. Und der Markt spekuliert inzwischen darauf, dass eher der Retter pleite geht als der Gerettete, hihi.
Mit den Banken ist auf absehbare Zeit keine Wirtschaft zu machen, weil sie gelernt haben, dass die Geschäfte mit den größten Risiken die meiste Rendite versprechen. Falls was schief geht, sind sie ja systemrelevant und werden gerettet. Das ist kein Zustand, auf dem eine gesunde Wirtschaft aufbauen kann.
Gleichzeitig schießt überall die Arbeitslosigkeit in die Höhe (Dtl. momentan: 5 Mio). Das reduziert die Nachfrage, wodurch der Rückgang der Wirtschaft noch eine ganze Weile weitergehen wird. Räume für neue Spekulation tun sich kaum auf, momentan sehe ich da (mal wieder) die Rohstoffmärkte, aber das ist nur eine kleine Blase.
Zeichen, dass sich irgendwas erholen kann, gibt es keine. Zwar werden immer wieder "gestiegene Zukunftsaussichten" als solche verkauft, aber alle harten Daten zeigen weiter abwärts. Da wird zB der IfW-Index mit Jubel begrüßt, der 3mal in Folge gestiegen sei. Dazu muss man wissen, dass dieser sich als Mittel der Lage und der Einschätzung der nächsten 6 Monate präsentiert. Die Lage wird Monat für Monat schlechter, aber die Ausschau angeblich immer besser. Noch 3 Monate können die dieses Schauspiel aufrecht erhalten, aber dann wird klar, dass sich vor 6 Monaten jemand mit seinem Optimismus wohl geirrt hat und man kann diesen ganzen Index in die Tonne kloppen.
Was momentan fehlt, ist ein weiteres Großereignis wie es die Lehmannpleite war. Solange das fehlt, wird man sich irgendwie weitermogeln und die Risiken gerade so zwischen Banken und Staaten aufteilen und Optimismus verbreiten, dass das Leben noch weiter geht. Aufwärts kann es dabei nicht gehen, weil wie gesagt die strukturellen Probleme nicht angegangen werden (bestes Beispiel die angeblichen Reformen der Finanzaufsicht, die einfach mal keine Reformen sind). Ein negatives Großereignis könnte der Bankrott eines baltischen Staates sein.