• Aktualisierte Forenregeln

    Eine kleine Änderung hat es im Bereich Forenregeln unter Abschnitt 2 gegeben, wo wir nun explizit darauf verweisen, dass Forenkommentare in unserer Heftrubrik Leserbriefe landen können.

    Forenregeln


    Vielen Dank

Wirtschaftskrise 2009 - Seid ihr vorbereitet?

Ok, ab heute muss man wohl konstatieren, dass die neue US-Regierung ein kompletter Reinfall ist: US-Regierung will Finanzmärkte mit Billionen-Dollar-Plan wiederbeleben.

Die Regierung kündigte zudem ein Programm an, das Anreize für private Investoren schaffen soll, faule Kredite aufzukaufen, die derzeit die Bilanzen der Geldinstitute vergiften. Wie aus dem Kongress verlautete, könnten dafür staatliche Beihilfen zwischen 250 Milliarden und 500 Milliarden Dollar bereitgestellt werden.

Also mal im Klartext: Da haben jahrelang die Banken Geld von Privatanlegern (und Staaten) bekommen um damit eine gigantische Faulkreditblase aufzupusten. Und jetzt, wo sie drohen, an deren Platzen Pleite zu gehen, ist der tolle geniale Einfall, dass man einen großen Pott bastelt, der von Privatanlegern in aller Welt gekauft wird, und aus dem ebendiese Schulden bezahlt werden? Und weil sowas niemand kaufen mag, legt die Regierung Steuergelder obendrauf um den Kauf attraktiv zu machen?

Also - ich fühle mich kräftig verarscht. Selbst wenn das klappen sollte (und das würde teuer) - wäre das nicht die exakte Kopie dessen, was schon in den letzten Jahren vor sich ging und in der Katastrophe mündete? Nämlich, dass die ganze Welt Amerikas Verschuldungspolitik finanziert?

Kann mal bitte jemand diese Stümper erschießen?
 
aph am 10.02.2009 17:56 schrieb:
Ok, ab heute muss man wohl konstatieren, dass die neue US-Regierung ein kompletter Reinfall ist: US-Regierung will Finanzmärkte mit Billionen-Dollar-Plan wiederbeleben.
Mit Geithner haben sie sich auch wieder einen angelacht ...

Im Laufe der Anhörungen vor seiner Ernennung wurde er unter anderem zum 120 Milliarden Dollar Steuergeschenk für große Banken befragt, das Paulson noch relativ unbemerkt durchgedrückt hat. Hierbei handelte es sich um Steuererleichterungen bei Übernahmen, die explizit durch ein 22 Jahre altes Gesetz verboten waren. Paulson hat es, ohne entsprechende Authorität, einfach mal geändert. Die Dimensionen werden im verlinkten Beitrag anhand von Wells Fargo und Wachovia erläutert.
Geithner versprach nur, sich an die verfassungsrechtlichen Begrenzungen der Authorität der Treasury zu halten. Keine Rücknahme, keine Überprüfung, nichts. Obwohl der Kram nicht nur verwerflich, sondern sehr wahrscheinlich auch höchst illegal war.

Aber auch aus deutschen Landen kommen doch erfreuliche Neuigkeiten, nicht wahr?

- Aufträge im deutschen Maschinenbau im freien Fall (Seite 7)
- Produktion im Produzierenden Gewerben ebenfalls am abstürzen
 
Nope81 am 10.02.2009 20:12 schrieb:
Immer mit der Ruhe.
Der "freie Fall" erfolgte vorerst aufs Niveau von 2005.
Alles was jetzt zurückgeht ist auch in den letzten drei Jahren gewachsen, es kann eben nicht nur nach oben gehn.

Das ist sowieso ein Aspekt, der mir generell viel zu kurz kommt.
 
Boesor am 10.02.2009 20:21 schrieb:
Das ist sowieso ein Aspekt, der mir generell viel zu kurz kommt.

Bin ich blind oder hat sich hier noch niemand ueber die Foederalismusreform II gefreut???
Das kommt mir naemlich etwas zu kurz.
 
Boesor am 10.02.2009 21:11 schrieb:
Erkläre er es näher.

Ins GG , dass ab 2020 der Bund Schulden nur noch in Hoehe von 0,25% des BIP machen darf und die Laender gar nicht mehr. Ausnahmen wie Wirtschaftskrisen ausgenommen.
Meine Meinung: Unser Michl hatte recht.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,605774,00.html

edit: Wer ein bisschen Ahnung hat faengt bitte spaetestens jetzt das Schreien an!
 
gamerschwein am 10.02.2009 21:21 schrieb:
Boesor am 10.02.2009 21:11 schrieb:
Erkläre er es näher.

Ins GG , dass ab 2020 der Bund Schulden nur noch in Hoehe von 0,25% des BIP machen darf und die Laender gar nicht mehr. Ausnahmen wie Wirtschaftskrisen ausgenommen.
Meine Meinung: Unser Michl hatte recht.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,605774,00.html

Ahso, hmm, so sehr versetzt mich das nicht in Euphorie, zuviele denkbare ausnahmemöglichkeiten
 
Nope81 am 10.02.2009 20:12 schrieb:
Immer mit der Ruhe.
Der "freie Fall" erfolgte vorerst aufs Niveau von 2005.
Alles was jetzt zurückgeht ist auch in den letzten drei Jahren gewachsen, es kann eben nicht nur nach oben gehn.
Ein Abfallen der Menge der Auftragseingänge von rund 30% innerhalb eines Quartals (schärfster Drop seit Datenerfassung) ist freier Fall, da gibts nicht dran zu verschönen. Sicherlich wird einiges davon auf mangelnden Zugang zu Krediten seitens potenzieller Kunden zurückzuführen sein, da die meisten Güter deutscher Produktion nunmal Investitionsgüter sind. Allerdings hat der Spaß auch erst begonnen und muss sich zunächst die Kette hinunterarbeiten.
Wenn jedoch 3/4 des Umsatzes durch den Export erbracht werden und man sich die Lage besonders der PIIGS-Länder anschaut (Portugal, Ireland, Italy, Greece, Spain), dann bekommt man sicherlich keine gute Quote, wenn man auf eine deutliche Verschärfung der Lage in den nächsten zwei Quartalen wettet.

Was das produzierende Gewerbe angeht: bei EconomPic Data gibts eine schöne Grafik dazu. Wie ein Stein fiel die Produktion, besonders der Autoindustrie.

Und die Schuldenbremse ... tja, dazu bleibt einem nicht mehr viel zu sagen. Ich könnte hier auf den diesbezüglichen Beitrag der Nachdenkseiten eingehen, besonders was die antizyklische Fiskalpolitik angeht, aber in der Perspektive kennt sich Aph besser aus. Drum hier nur ein paar Gedanken aus dem Kopf von jemandem, der im Umgang mit Zahlen ein wenig Übung hat ...
Die Zahl der Rentner wird in der kommenden Dekade einen massiven Schub bekommen, die Anzahl an Arbeitsplätzen im herstellenden Gewerbe wird dank Produktivitätssteigerungen immer weiter sinken, die Nachwehen der vollkommen verhunzten Konzepte von PPP u.Ä. werden die Länder/Kommunen nicht unangetastet lassen ... mögliche langwierige Konsequenzen der aktuellen Krise seien mal aussen vor gelassen, genauso Sachen wie Riester-Rente und ALG2.
Angesichts all dessen kann ich mir nicht vorstellen, wie die konstante Vermeidung von Haushaltsdefiziten erreicht werden soll, ohne dass massiv der Rotstift geschwungen wird. Am besten pünktlich zu den Wahlen die Steuern senken und sich anbahnende Krisen gepflegt ignorieren. Wenn schon zu Zeiten billiger Energie nichts draus geworden ist, wird sich daran auch nichts ändern.

Edit: Nouriel Roubini hat beim RGE Monitor heute einen Artikel veröffentlich, der auch hier Relevanz hat: It Is Time to Nationalize Insolvent Banking Systems

In kurzer Fassung: de facto insolvente Banken in den USA, UK, Europa und vier Möglichkeiten, das Problem handzuhaben:
1. recapitalization together with the purchase by a government “bad bank” of the toxic assets;

2. recapitalization together with government guarantees – after a first loss by the banks – of the toxic assets;

3. private purchase of toxic assets with a government guarantee and/or – semi-equivalently - provision of public capital to set up a public-private bad bank where private investors participate in the purchase of such assets (something similar to the US government plan presented by Tim Geithner today for a Public-Private Investment Fund);

4. outright government takeover (call it nationalization or “receivership" if you don’t like the dirty N-word) of insolvent banks to be cleaned after takeover and then resold to the private sector.

Und die Schlussfolgerung in kurzer Form:
Of the four options the first three have serious flaws: in the bad bank model the government may overpay for the bad assets – at a high cost for the taxpayer - as the true value of them is uncertain; and if it does not overpay for the assets many banks are bust as the mark-to-market haircut they need to recognize is too large for them to bear.
(...)
Thus, paradoxically nationalization may be a more market friendly solution of a banking crisis: it creates the biggest hit for common and preferred shareholders of clearly insolvent institutions and – most certainly – even the unsecured creditors in case the bank insolvency hole is too large; it provides a fair upside to the tax-payer. It can also resolve the problem of avoiding having the government manage the bad assets: if you selling back all of the assets and deposits of the bank to new private shareholders after a clean-up of the bank together with a partial government guarantee of the bad assets (as it was done in the resolution of the Indy Mac bank failure) you avoid having the government managing the bad assets. Alternatively, if the bad assets are kept by the government after a takeover of the banks and only the good ones are sold back in a re-privatization scheme, the government could outsource the job of managing and working out such assets to private asset managers if it does not want to create its own RTC bank to work out such bad assets.
 
LowriderRoxx am 11.02.2009 00:02 schrieb:
Und die Schuldenbremse ... tja, dazu bleibt einem nicht mehr viel zu sagen. Ich könnte hier auf den diesbezüglichen Beitrag der Nachdenkseiten eingehen, besonders was die antizyklische Fiskalpolitik angeht, aber in der Perspektive kennt sich Aph besser aus.

Jupp, eine generelle Schuldenbegrenzung auf 0,5% jährlich ist absoluter Schwachsinn. Richtig hingegen wäre die Festschreibung der antizyklischen Schuldenpolitik. Sprich: Man müsste definieren, was ein "gutes" Jahr ist und was nicht. Zum Beispiel anhand der Steuereinnahmen oder des BIP-Wachstums. Und dann könnte man die Verschuldungsgrenze eben in einem Korridor zwischen -2% und 3% halten. Also in guten Zeiten wären die Regierungen gezwungen, Schulden ABzubauen, in schlechten dürfen sie Schulden machen um die Konjunktur abzufedern.

Mit dieser 0,5% aber werden sie schlicht auch in guten Zeiten weiter kräftig Schulden machen - schließlich dürfen sie es in schlechten nicht erhöht, da muss man in guten dicker zulangen. Eine völlig fatale Entscheidung, imo.
 
gamerschwein am 11.02.2009 18:33 schrieb:
Mehr muss man wohl nicht sagen.

Doch, und zwar auf die Informationswebseite des (früher-ntv, heute n24)-Börsenmoderators Michael Mross verlinken:

http://www.mmnews.de/index.php/200902122236/MM-News/Volksverdummungskommission.html

Da kann man nachlesen, warum Staatsschulden normal sind. Früher war ich auch mal der Meinung, diese Schulden müssten doch irgendwann mal abgezahlt werden. Fakt ist aber, dass das System gar nicht ohne diese Schulden funktionieren würde, weil jegliches Geld Schulden sind.

Dahinter steckt der einfache Zusammenhang, dass es ohne Schulden auch kein Geld gäbe. Geld kommt nur dadurch auf die Welt, dass jemand Schulden bei der Bank macht. Und es geht wieder von der Welt, wenn dieser Jemand seine Schulden tilgt. Geld und Schuld sind also zwei Seiten derselben Medaille. Mehr darüber in meinem Beitrag "Beim Geld geht es um die Wurst".
Immer wenn ein Bankkredit zurückgezahlt wird, schrumpft die Menge an vorhandenem Geld. Um dies wieder auszugleichen, muss ein neuer Kredit aufgenommen werden. Um genau zu sein, müssen sogar mehr neue Schulden gemacht als alte getilgt werden, weil auch noch die Zinsen für die Kredite zu zahlen sind.
Schon allein aus diesem Grund MÜSSEN Geld- und Schuldenmengen stetig wachsen. Da gibt es keinen Ausweg. Würde der Staat etwa seine Schulden tilgen, würde er damit Geld vernichten, das dann an allen Ecken und Enden fehlen würde. Die Wirtschaft bräche zusammen. Wer sich diesen einfachen Zusammenhang klar macht, wird nicht länger darüber schwadronieren, der Staat müsse seine Schulden irgendwann zurückzahlen. Er weiß einfach, dass dies nicht geschehen wird, ja dass es gar nicht geschehen KANN.
 
Eurostat hat wieder ein paar interessante Zahlen veröffentlicht.

Zum einen die Monats-/Jahresentwicklung der industriellen Produktion (Seiten 4-5) in Europa. Die -12% der EZ15 im Jahresvergleich sind wenigstens schön rund. EconomPic Data bietet hier dazu eine übersichtliche Grafik an.

Zum anderen die Entwicklung des BIP in Europa, und auch hier bietet EconomPic Data wieder eine Grafik an. Auch im Herdentrieb der Zeit gibt es dazu eine Grafik.

Aber wie sagte Steinbrück zu Beginn ja noch so selbstsicher:
Ich halte es für vollkommen unverantwortlich, wenn einige Pessimisten auf Basis nur eines einzigen Quartals mit leicht negativem Wachstum das Schreckgespenst der Rezession an die Wand malen.
Ein Rettungspaket ist unnötig, eine Kreditklemme gibt es nicht, es ist ein amerikanisches Problem, der deutsche Bankensektor ist robust, die deutsche Wirtschaft steht besser als die Nachbarn da, es wird nicht auf die Realwirtschaft übergreifen, der Arbeitsmarkt entwickelt sich erfreulich, der Binnenkonsum wird den fallenden Export auffangen ... was die Experten in den vergangenen Monaten doch für Weisheiten abgelassen haben, ein Traum für jeden Satiriker.
 
aph am 11.02.2009 09:37 schrieb:
Mit dieser 0,5% aber werden sie schlicht auch in guten Zeiten weiter kräftig Schulden machen - schließlich dürfen sie es in schlechten nicht erhöht, da muss man in guten dicker zulangen. Eine völlig fatale Entscheidung, imo.
Ich sehe es zumindest als Fortschritt, dass sich langsam die Erkenntnis breit macht, dass die Schulden nicht unendlich angehäuft werden können, sondern irgendwann zumindest teilweise wieder abgetragen werden müssen. Aufgrund der Altersstruktur in Deutschland müsste man eigentlich schon seit langem Rücklagen aufbauen, um die bevorstehende Rentenlast vorzufinanzieren. Macht man nicht, dann müssen halt die zukünftigen Renten gekürzt oder noch mehr Schulden aufgenommen und damit die Problemlösung immer weiter in die Zukunft verlagert werden. Oder hoffen, dass bald wieder zwei- bis dreimal so viele Kinder wie jetzt geboren werden, die unsere Renten bezahlen. ^^

Klar, ein Staat muss auch mal Schulden machen dürfen. Dummerweise wird in guten Zeiten vergessen, diese wieder zurückzuzahlen. Allein die Zinslast im Haushalt beträgt mehrere Milliarden jährlich - und steigt mit jedem Euro zusätzlicher Verschuldung.
 
aph am 13.02.2009 13:49 schrieb:
gamerschwein am 11.02.2009 18:33 schrieb:
Mehr muss man wohl nicht sagen.

Doch, und zwar auf die Informationswebseite des (früher-ntv, heute n24)-Börsenmoderators Michael Mross verlinken:

http://www.mmnews.de/index.php/200902122236/MM-News/Volksverdummungskommission.html

Da kann man nachlesen, warum Staatsschulden normal sind. Früher war ich auch mal der Meinung, diese Schulden müssten doch irgendwann mal abgezahlt werden. Fakt ist aber, dass das System gar nicht ohne diese Schulden funktionieren würde, weil jegliches Geld Schulden sind.

Dahinter steckt der einfache Zusammenhang, dass es ohne Schulden auch kein Geld gäbe. Geld kommt nur dadurch auf die Welt, dass jemand Schulden bei der Bank macht. Und es geht wieder von der Welt, wenn dieser Jemand seine Schulden tilgt. Geld und Schuld sind also zwei Seiten derselben Medaille. Mehr darüber in meinem Beitrag "Beim Geld geht es um die Wurst".
Immer wenn ein Bankkredit zurückgezahlt wird, schrumpft die Menge an vorhandenem Geld. Um dies wieder auszugleichen, muss ein neuer Kredit aufgenommen werden. Um genau zu sein, müssen sogar mehr neue Schulden gemacht als alte getilgt werden, weil auch noch die Zinsen für die Kredite zu zahlen sind.
Schon allein aus diesem Grund MÜSSEN Geld- und Schuldenmengen stetig wachsen. Da gibt es keinen Ausweg. Würde der Staat etwa seine Schulden tilgen, würde er damit Geld vernichten, das dann an allen Ecken und Enden fehlen würde. Die Wirtschaft bräche zusammen. Wer sich diesen einfachen Zusammenhang klar macht, wird nicht länger darüber schwadronieren, der Staat müsse seine Schulden irgendwann zurückzahlen. Er weiß einfach, dass dies nicht geschehen wird, ja dass es gar nicht geschehen KANN.

Dieser Artikel beruht leider wieso oft auf Halbwissen. Richtig ist, dass Geld als Schuld geschaffen wird und das weitere Schulden benötigt werden, damit die Zinsen bezahlt werden können.

Es ist aber vollkommen falsch, dass diese Schulden der Staat zu tätigen hat! Grundsätzlich ist es zwar egal, wer die Schulden macht, damit das Geld ins System kommt, es kann also durchaus der Staat sein, erfahrungsgemäß geben Politiker Geld nicht dort aus, wo es besonders sinnvoll ist, sondern dort wo es besonders wahlwirksam ist und das sind leider zwei komplett unterschiedliche Paar Schuhe. Außerdem muss man bedenken, dass der Staat schon lange überschuldet ist, er benötigt Jahr für Jahr ein erhebliches Defizit nur um das operative Geschäft aufrecht zu erhalten und nicht etwa um zu investieren. Eine Begrenzung der jährlichen Defizits ist also sinnvoll.

Ich stimme dir aber zu, dass eine Korridorlösung die bessere Alternative wäre, sie ist aber juristisch sehr schwer zu definieren, da das Steueraufkommen nicht dirket vom BIP abhängig ist und so der Fall eintreten könnte, dass trotz erstklassiger Wirtschaftslage der Staat aufgrund der Rückzahlungsverpflichtung weit weniger Geld zur Verfügung hat und so eine Hochkonjunktur wieder abwürgt, was ja auch nicht Sinn der Sache sein kann.
 
bierchen am 14.02.2009 02:13 schrieb:
Ich sehe es zumindest als Fortschritt, dass sich langsam die Erkenntnis breit macht, dass die Schulden nicht unendlich angehäuft werden können, sondern irgendwann zumindest teilweise wieder abgetragen werden müssen.

Eigentlich nicht. Ich möchte dich noch mal auf den Link zur Michael Mross' Webseite hinweisen.

Geld entsteht indem jemand Schulden macht, zB bei den ZB oder den Geschäftsbanken. Zwar hat Arkasi theoretisch recht, dass das nicht zwingend der Staat machen muss, aber: Wer denn sonst? Firmen können nicht nur Schulden machen, sie müssen irgendwann auch Gewinn abwerfen. Was passiert, wenn die Verbraucher massenhaft Schulden machen, sieht man in den USA.

Würde der Staat hingegen jetzt tatsächlich Schulden tilgen, also abbauen, so würde er damit die Geldmenge verringern. Wenn dann nicht jemand anderes in die Bresche springt, und dieses verlorene Geld als Schulden neu in den Umlauf bringt, würde sich das schnell bemerkbar machen. Aber da ist niemand, vor allem zur Zeit nicht, der das machen will. Also kann der Staat gar nicht anders als weiter Schulden zu machen, sonst würde das System innerhalb kürzester Zeit zusammenbrechen.

Die Besonderheit der letzten 7 Jahre ist, dass die Geldmengen überproportional gestiegen sind (nämlich um 7-11% jährlich statt der bis dahin üblichen 3-6%). Das heißt, dass in dieser Zeit nicht nur der Staat massiv Schulden gemacht hat, sondern auch zahlreiche andere Marktteilnehmer. Die Zeche soll jetzt gezahlt werden, aber niemand weiß woher.
 
aph am 16.02.2009 12:35 schrieb:
Eigentlich nicht. Ich möchte dich noch mal auf den Link zur Michael Mross' Webseite hinweisen.

Geld entsteht indem jemand Schulden macht, zB bei den ZB oder den Geschäftsbanken. Zwar hat Arkasi theoretisch recht, dass das nicht zwingend der Staat machen muss, aber: Wer denn sonst? Firmen können nicht nur Schulden machen, sie müssen irgendwann auch Gewinn abwerfen. Was passiert, wenn die Verbraucher massenhaft Schulden machen, sieht man in den USA.

Um genau zu sein war vom System her nie gedacht, dass der Staat die Schulden macht. Der einzige Grund, warum Geld via Schulden geschaffen wird, ist, dass man so für die Wirtschaft bedarfsorientiert Geld bereitstellt, damit der Wirtschaftskreislauf insgesamt funktioniert. Außerdem muss die Geldmenge wachsen, damit die Zinsen bedient werden können.

Damit das System wirklich bedarfsorientiert ist, hat man es dezentralisiert und den Geschäftsbanken übertragen. Die jeweilige Notenbank macht eine grobe Steuerung des Ganzen, aber die Feinjustierung kommt von den Banken. Wenn die benötigten Schulden aber der Staat macht, dann gibt es überhaupt keinen Grund, die Geldschaffung weg vom Staat hin zu den Banken zu verschieben, wie es aber geschehen ist.

Weiters möchte ich anmerken, dass das massive Verschulden der Staaten erst in den 70ern begonnen hat, zuvor wurden entweder keine oder nur sehr geringe Schulden vom Staat gemacht.

Außerdem läßt deine Ausdrucksweise bezüglich der Firmen annehmen (ich denke, du hast dich nur unglücklich ausgedrückt), dass Schulden und Gewinn Gegensätze sind. Das ist in keinster Weise der Fall, nahezu alle größeren Firmen haben Schulden, selbst Megacashcows wie Microsoft. Tatsächlich ist es so, dass man mit Schulden massive Gewinne einfahren kann, solange die Kapitalrentabilität höher als der Zinssatz ist.

Eine Schwierigkeit bei der Diskussion um Schulden ist, dass das Wort selbst negativ behaftet ist, Schulden an sich sind aber nichts negatives. Ob sie gut oder schlecht sind, hängt vom Verwendungszweck des aufgenommenen Geldes ab. Kauft man beispielsweise eine Eigentumswohnung auf Pump, spart man sich die Miete und wenn der Kredit irgendwann einmal abbezahlt ist, lebt man mietfrei und hat zusätzlich den Wert der Wohnung zur Verfügung. Ein Mieter hingegen zahlt zwar weniger Miete als die Raten für einen Kredit wären, aber diese Miete endet nie und das gemietete Objekt geht nie in sein Eigentum über. Hier sind Schulden also eine sinnvolle Investition.

Anders sieht es freilich aus, wenn man auf Pump 3 Wochen Urlaub in der Karibik macht, weil das momentan populär ist. Hier wird ein bestenfalls kurzfristiger Nutzen langfristig finanziert und das ist schlecht.

Leider tendiert der Staat eher zur 2. Variante, weshalb eine Begrenzung des möglichen Defizits beim Staat sinnvoll ist.
 
aph am 16.02.2009 12:35 schrieb:
bierchen am 14.02.2009 02:13 schrieb:
Ich sehe es zumindest als Fortschritt, dass sich langsam die Erkenntnis breit macht, dass die Schulden nicht unendlich angehäuft werden können, sondern irgendwann zumindest teilweise wieder abgetragen werden müssen.

Eigentlich nicht. Ich möchte dich noch mal auf den Link zur Michael Mross' Webseite hinweisen.
(...)
Würde der Staat hingegen jetzt tatsächlich Schulden tilgen, also abbauen, so würde er damit die Geldmenge verringern.
Mit Verlaub, was Raimund Brichta in dem von Dir verlinkten Artikel verzapft ist doch Quatsch. Wenn der Staat seine Schulden zurückzahlt verringert das doch nicht die Geldmenge. Der Staat verschuldet sich über Anleihen, die in die ganze Welt verkauft werden.
Wenn ich z.B. Bundesschatzbriefe halte und der Staat zahlt diese am Ende der Laufzeit zurück, dann bleibt doch die Geldmenge gleich - das Geld geht vom Staat auf mein Bankkonto. (Zinsen lasse ich mal außen vor)
Wenn der Staat in Summe seine Schulden reduziert heißt das, dass er mehr seiner ausstehenden Zahlungsverpflichtungen zurückzahlt als er neue aufnimmt. Die Investoren können ihr Geld also nicht mehr in dem Umfang wie zuvor in deutsche Staatsanleihen anlegen, d.h. das Geld bleibt auf deren Bankkonto oder sucht sich eine andere Anlageform. So oder so, an der Geldmenge ändert das nichts.

Soviel zur Volksverdummung.
 
Arkasi am 16.02.2009 15:27 schrieb:
Um genau zu sein war vom System her nie gedacht, dass der Staat die Schulden macht. Der einzige Grund, warum Geld via Schulden geschaffen wird, ist, dass man so für die Wirtschaft bedarfsorientiert Geld bereitstellt, damit der Wirtschaftskreislauf insgesamt funktioniert. Außerdem muss die Geldmenge wachsen, damit die Zinsen bedient werden können.
Richtig.

Damit das System wirklich bedarfsorientiert ist, hat man es dezentralisiert und den Geschäftsbanken übertragen. Die jeweilige Notenbank macht eine grobe Steuerung des Ganzen, aber die Feinjustierung kommt von den Banken. Wenn die benötigten Schulden aber der Staat macht, dann gibt es überhaupt keinen Grund, die Geldschaffung weg vom Staat hin zu den Banken zu verschieben, wie es aber geschehen ist.
Auch richtig.

Weiters möchte ich anmerken, dass das massive Verschulden der Staaten erst in den 70ern begonnen hat, zuvor wurden entweder keine oder nur sehr geringe Schulden vom Staat gemacht.
Das stimmt so nicht ganz, wie man hier sieht. Insbesondere natürlich rund um1940 hat Roosevelt die USA für Krieg und New Deal extrem verschuldet. Eine zeitweilige Zunahme ist dann erst wieder ab den 80ern zu erkennen.
Aber du hast natürlich Recht, dass die Aufgabe der Goldbindung den Regierungen weltweit Tür und Tor geöffnet hat, nach Belieben Schulden zu machen.

Außerdem läßt deine Ausdrucksweise bezüglich der Firmen annehmen (ich denke, du hast dich nur unglücklich ausgedrückt), dass Schulden und Gewinn Gegensätze sind. Das ist in keinster Weise der Fall, nahezu alle größeren Firmen haben Schulden, selbst Megacashcows wie Microsoft. Tatsächlich ist es so, dass man mit Schulden massive Gewinne einfahren kann, solange die Kapitalrentabilität höher als der Zinssatz ist.
Ja, das war nur unglücklich ausgedrückt. Natürlich kann man Schulden machen und trotzdem kontinuierlich Gewinne machen, insbesondere bei einer expansiven Geschäftspolitik. Nur: Wenn die Geldmenge jährlich um 10% wächst, das BIP, also unsere zusammenaddierte "Geschäftstüchtigkeit" nur um 1-3%, dann sollte sich auch dem Laien erschließen, dass da was nicht hinhaut, bzw. mehr Schulden gemacht werden, als Profite erarbeitet werden können. Bedarfsorientiert, wie du so schön schreibst, war das schon lange nichts mehr. Es sei denn man bezeichnet es als Bedarf, dass ein paar tausend Banker sich auf Kosten der Kettenbriefidioten bereichern durften.

Hätte man es irgendwie geschafft, das Geldmengenwachstum in der Nähe des BIP-Wachstums zu halten, dann hätte es die gewaltigen Spekulationsblasen nie gegeben. Das ist im Übrigen alles erst seit 2002 so richtig eskaliert, wie man bei www.jjahnke.net zur Genüge anhand Statistiken nachprüfen kann.
Was ist also passiert? Wieso wies die Inflation nur 1-3% aus, obwohl sich die Geldmenge so erhöhte? Warum glaubten die ZBs, den Leitzins senken zu müssen, obwohl immer mehr Geld ausgeliehen wurde, ohne dass die Wirtschaft gleichrangig wuchs?
Das liegt an drei Hebeln:
1. Die Banken sind seit 2002 rigoros dazu übergegangen, ihre Bilanzen im Verhältnis zu ihrem Eigenkapital gigantisch aufzublasen. Dafür brauchten sie Geld. Dem Geld standen aber keine zusätzlichen Werte entgegen, wie wir heute wissen.
2. Außenbilanzüberschüsse in einigen Ländern - insbesondere Deutschland. So bleibt die Inflation im Inland stabil, und ob die zusätzliche Schuldenaufnahme zugunsten der Ausweitung der Exporte nachhaltig und gewinnbringend ist, kommt außer Sichtweite, weil man dafür analysieren müsste, mit welchem Geld diese dt. Exporte seitens Amerikaner und Chinesen bezahlt werden. Heute wissen alle (früher wussten es Warner), dass dieses Geld Schulden waren, die wir selbst (bzw. unsere Banken und reichen Anleger) mit dem Versprechen wundersamer Geldvermehrung freundlich übernahmen (s. dazu auch Punkt 1).
3. Vermögensumverteilung. Die für 2002-2007 in Dtl. seitens der DIW-Studie belegte exorbitante Vermögensverschiebung hin zu den obersten 10% der Bevölkerung hat natürlich gewaltige Ersparnisse freigesetzt, die ihrerseits nicht anders konnten als ebenfalls in die Spekulationsblasen zu fließen.

Alles zusammen senkte einen großen Schleier über die wahren Verhältnisse, so dass die Ratingagenturen, Regierungen, Bankaufsichten und Zentralbanker so tun durften, als sei alles in Ordnung. In Wahrheit ist nie "alles in Ordnung", wenn die Geldmenge so exponentiell wächst und dem kein reales Wachstum entgegensteht.

PS @LowriderRoxx: Interessante Links hast du gepostet, kannte ich so vorher noch nicht.
 
Zurück