aph am 29.01.2009 17:44 schrieb:
Arkasi am 29.01.2009 17:04 schrieb:
Wenn eine Firma weniger Steuern zahlen muss, kann sie billiger anbieten. Im Gegensatz zum normalen Arbeiter, der die Steuerlast einfach tragen muss, sieht eine Firma die Steuern einfach als Kosten und rechnet sie in die Preise ein.
Ja, aber das schafft in Zeiten von Überproduktion keinerlei zusätzlichen Aufträge.
Doch, denn billigere Preise motivieren zum Kauf. Gleiches gilt für höhere Einkommen, nur kann man mit ersterer Lösung dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze im Land davon gesichert werden, während die zweite Lösung Arbeitsplätze irgendwo sichert, je nachdem, was für Waren gekauft werden und wo diese hergestellt werden.
Ich denke nicht, dass die klassischen KMUs jene sind, die die Spekulationsblasen anheizen, dafür sind sie um ein paar Nummern zu klein.
Nein, aber normalerweise läuft das so, dass die KMUs dann von den Generalunternehmern einfach stärker ausgepresst werden. Die Autozulieferer von den großen Autokonzernen zB. Es ist nachweisbar, dass sowohl auf dem privaten Sektor als auch im unternehmerischen Sektor in den letzten Jahren immer mehr Ersparnisse freigesetzt und nicht investiert wurden. Diese haben wesentlich zur Geldschwemme beigetragen, die die Spekulationsblasen überhitzt haben. Weitere Steuersenkungen würden das Problem derzeit nur verschärfen statt es zu lösen.
In Branchen, wo GU traditionell eingesetzt werden wie am Bau oder bei Zulieferern, kann das durchaus vorkommen, aber an sich ist das Konzept der klassischen GU eher selten anzutreffen und betrifft nur KMUs, die im B2B tätig sind.
Angesichts der Finanzkrise und dem daraus resultierenden Geldmangel, brauchen wir uns über eine Geldschwemme vorerst wohl keine Sorgen zu machen.
Wir sind uns ja sicher einig, dass der Staat Steuern braucht, um langfristige Entwicklungen anzustoßen (zB die grüne Revolution, die jetzt ansteht, aber auch Bildung, etc.). Die privaten Firmen sehen nie so langfristig, sie schließen sich auch nicht entsprechend zusammen, um diejenigen Umwälzungen zu finanzieren, von denen sie mal profitieren werden. Das ist Aufgabe des Staates. Obwohl zum Beispiel Autobauer wesentlich vom Straßenbau profitieren, haben sie sich noch nie zusammengefunden und einen Autobahnbaufonds aufgemacht. Das überlassen sie dem Staat. Und dafür zahlen alle gemeinsam Steuern, nur dass halt jeder ein wenig anders von den Investitionen profitiert - im Idealfall wir alle, weil wir eine stabile Gesellschaft und kontinuierlichen technischen Fortschritt haben.
Ein Autobahnbaufonds? Interessante Idee, aber nur dann, wenn der Fonds die Straße auch bewirtschaften darf und das macht die Sache wieder eher uninteressant. Wie es in D ist, weiß ich nicht, aber in Ö nimmt der Staat durch diverse Steuern auf KFZs bzw. Treibstoff 6 Mrd. Euro mehr ein, als für Straßenerhaltung und Neubau ausgegeben wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die sowieso schon geschröpften Autofahrer zusätzlich Geld für einen solchen Fonds bereitstellen werden, denn dass diese Ausgaben im Konzern als Kosten an den Kunden weitergegeben werden müssen, ist ja wohl klar.
Außerdem solltest du dich mal fragen, ob mehr Straßen zu mehr Autoverkäufen führen. Ich denke nicht, dass das heute so noch zutrifft.
Für Deutschland muss man leider feststellen, dass der Staat seiner Aufgabe der Sicherung langfristiger Entwicklungen immer weniger nachgekommen ist. Die Bildung wurde extrem vernachlässigt, da sind wir gewaltig abgefallen, weil man schon vor 15 Jahren anfing zu sparen, wo es nur ging, und zB auch Schulbücher immer weniger bezuschusst wurden (um nur ein Detail von zig vielen zu nennen). Aber eben auch Straßenbau, Grundlagenforschung, Kommunikationsnetze, Stromnetzmodernisierung, etc..
Das glaube ich sofort, das ist eben die Kehrseite der Demokratie, man kann kaum mehr langfristig planen, da viele Maßnahmen wie beispielsweise eine Stromnetzmoderniesierung zwar viel Geld kosten, aber für den Bürger keinen sichtbaren Effekt haben. Der Strom kam vorher problemlos aus der Steckdose und tut es nach der Modernisierung auch --> Geldverschwendung.
Gleichzeitig wurden die Einkommens- und die Unternehmenssteuern kontinuierlich gesenkt, so dass Dtl. heute, gemessen am BIP, ein absolutes Niedrigsteuerland ist. Hier haben wir also schon mal zwei parallele Entwicklungen, die direkt miteinander zusammenhängen, und wo völlig klar ist, dass die Richtung umgekehrt werden muss: Wieder höhere Steuern und mehr Investitionen.
Es ist absoluter Unfug die Einkommes- und Unternehmenssteuern am BIP zu messen, denn wenn man das tut, kommt man wie du zu dem Schluss, dass Deutschland ein Niedrigsteuerland ist, was definitiv nicht der Fall ist. Was interessiert denn einen Konzern, wie hoch der Anteil am BIP ist? Gar nicht, den interessiert nur, wieviel er bezahlen muss.
Genauso gut könnte man einem Hart IV Empfänger sagen, er soll sich mit seinem Einkommen glücklich schätzen, weil ein Iraker bekommt viel weniger und bei uns gibts auch keine Autobomben!
Ebenso gleichzeitig stagnierten die Reallöhne, was zusammen mit a) geringerer Staatsquote und b) Zunahme der Geldmenge um 7-10% jährlich zwangsläufig zu einer Geldschwemme im oberen Bereich führen musste. Schaut man sich die Veränderung der Vermögensanteile in Deutschland von 2002-2007 an, gab's nämlich fast nur bei den oberen 10% Zuwächse. Und die investierten den Überschuss halt nicht in Bildung oder Straßenbau, sondern in amerikanische oder isländische Anleihen.
Natürlich sind die großen Vermögen stärker als die Reallöhne gestiegen, aber schau dir mal an, wo diese Gewinne erzielt wurden. Wenn ein Deutscher in China investiert und dort Gewinne erzielt, dann zieht er deswegen nicht dorthin, das erwirtschaftete Geld steht ihm aber dennoch zur Verfügung.
Also ... eigentlich liegt alles klar auf der Hand, und auch die Richtung, wo es hingehen muss, ist klar. Wie Roosewelt sollte man kurzfristig die Steuern wieder enorma anheben und damit das Infrastrukturloch füllen, um anschließend wieder zu einer ausgeglichen Quote aus staatlichen und privaten Investitionen zu kommen. In den letzten 20 Jahren ging es weg von den staatlichen, hin zu den privaten. Und das endete in der Krise. Jetzt muss es wieder anderslang gehen.
Niedrigere Steuern wären jetzt tödliches Gift.
Zitate sind zwar eine feine Sache, man muss sie aber auch im historischen Zusammenhang sehen. Nicht nur, dass Roosewelt von 1933-1945 Präsident war, was allgemein eine problematische Zeit war, so haben auch die wirtschaftlichen Verfelchtungen ganz anders ausgesehen. Sowas wie die heutigen internationalen Konzerne gab es kaum. Unter dieser Voraussetzung ist es natürlich möglich die Steuern anzuhben um konkrete Projekte für die Zukunft zu finanzieren, aber heute geht das nicht mehr, ein Konzern kann es sich aussuchen, wo er sein Geld versteuern will und auch wo er investieren möchte.
Stell dir einfach vor, Deutschland geht diesen Weg und ein beispielsweiser großer US-Konzern möchte in Europa sein Geschäft ausbauen und ein paar Werke bauen. Wird er das unter diesen Umständen ausgerechnet in Deutschland machen, wo die Amortationszeit besonders hoch ist und dafür absolut kein Vorteil erkauft wird? Wird eine deutsche Firma, die in einem unproblematischen Markt arbeitet und die Produktion erhöhen möchte, ihr neues Werk wieder in Deutschland bauen oder wird sie es ins billigere Ausland stellen?
Denk mal darüber nach. Das hat nichts mit einer asozialen Grundhaltung zu tun, sondern mit simpler Logik. Damit man diese Problematik umgehen kann, müßte sich die Grundhaltung der Konsumenten ändern, weg vom Kaufmotiv Gewinn (=billiger Preis), hin zur sozialen Komptenz, Sicherheit und Umweltbewußtsein. Unglücklicherweise kann ich eine solche Änderung bisher nicht erkennen.