Nachdem ich gestern Level 40 geworden bin und somit die letzte Rennkategorie freigeschaltet habe, möchte ich auch mein Resümee abgeben.
Story:
Die Story in The Crew gewinnt mit Sicherheit keinen Krimipreis und ich denke, die meisten B-Movies sind nicht schlechter, aber für ein Rennspiel geht das meiner Meinung nach in Ordnung. Es kam bisher zumindest nicht vor, dass ich oder einer meiner Mitspieler eine der Zwischensequenzen geskipt haben. Leider erfährt man aber viel zu wenig über die Haupt- und Nebencharaktere und insgesamt wirkt die Story ziemlich aufgesetzt und viel zu flach gehalten. Man hat fast das Gefühl, als würde Ubisoft hier dem Spieler nichts zutrauen wollen. Schade, aber für mich in einem Rennspiel nicht tragisch.
Gameplay:
The Crew ist und bleibt ein Arcarderacer und das ist für mich auch okay, da ich persönlich Arcarde der Simulation vorziehe. Optional zuschaltbare Funktionen, die das Fahren simulationslastiger machen, wären aber wünschenswert gewesen. Ich spiele mit zwei Freunden, die beide große Fans von Rennsimulationen sind, beide können sich mit dem Handling der Fahrzeuge in The Crew aber sehr gut arrangieren und beschweren sich nur selten. Ich als Gelegenheitsracer kann das sicher nicht ganz so gut beurteilen, aber ich hatte von Beginn an keinerlei Probleme und die Eingewöhnungszeit war quasi nicht Existent. Das spricht für mich auf jeden Fall für das Handlich in The Crew. Es gibt verschiedene Rennkategorien wie Straßen-, Performance-, Gelände- und Rallyerennen sowie die gegen Ende freigeschalteten Rennen mit richtigen Rennsportwagen, die sich allesamt unterschiedlich spielen. Leider lassen sich nur fünf von ca. 40 Fahrzeugen auf die aufgezählten Kategorien tunen. Alle anderen Fahrzeuge können nur in bestimmten Kategorien eingesetzt werden. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, aber dafür gibt es einfach viel zu wenig Vehikel. Es hätten meiner Meinung nach mindestens 100 sein müssen, aber scheinbar deckt sich dies nicht mit der DLC-Politik von Ubisoft. Hier wurde meiner Meinung nach das meiste Potential verschenkt.
Das Optiktuning fällt leider genauso mau aus. Verschiedene Front- und Heckstoßstangen sehen sich teilweise zu ähnlich, Seitenschweller, Spiegel oder Spoiler belaufen sich teilweise auf eine Stückzahl von 2-5. Schwach finde ich auch, dass man seine Felgen nicht lackieren kann. Den Großteil der Felgen kann man leider nur in drei verschiedenen Farben wählen. Genauso lassen sich Aufkleber nicht umfärben, sondern passen sich lediglich der Farbe deines Autos an. Das sieht zwar oft ganz passabel aus, aber lässt nur sehr wenig Spielraum für Individualität. Das Optiktuning in The Crew bietet daher im Vergleich zu einem 10 Jahre alten NFS Underground 2 lächerlich wenig Möglichkeiten, um sein Gefährt von dem der anderen Spieler abzuheben. In einem Rennspiel, in dem das Tuning einen Hauptbestandteil ausfüllen soll, ist das definitiv inakzeptabel.
Das Performancetuning wirkt sich hingegen merkbar und positiv auf das Fahrverhalten aus. Allerdings wird es vom größten Schreck aller Rennspiele ruiniert. Dem rubberbanding (Gummibandeffekt). In The Crew wird die "Performance" eines Autos anhand einer Ziffer dargestellt. Sprich, je mehr Performanceteile im Auto stecken, desto höher die Wertung. Leider hat diese Wertung nur einen lächerlichen Effekt. Sie wirkt sich überwiegend nur auf den Schwierigkeitsgrad der Missionen aus. Sobald man unter dem in den Missionen vorausgesetzten Wert liegt, wird der Schwierigkeitsgrad als schwer angegeben. Hat man den Wert erreicht oder ist bis zu 99 Punkte darüber, ist der Schwierigkeitsgrad normal und ab 100 Punkte spielt man auf leicht. In der Theorie ist das vielleicht eine clevere Art, den Schwierigkeitsgrad zu regulieren ohne einen Schalter umlegen zu müssen, in der Praxis reguliert der Schwierigkeitsgrad aber nur die Intensität des rubberbandings. Dabei spielt es absolut keine Rolle, ob man 100 oder gar 800 Punkte über den geforderten Wert liegt. Man kann ein Rennen nie wirklich dominieren. Sobald man in einem zweistelligen Sekundenbereich führt und das Rennen dem Ende zugeht, verringert sich der Abstand zu den NPC's drastisch, obwohl man weiterhin perfekt fährt. Lässt man sich dadurch verunsichern und baut doch noch einen Schnitzer mit ein, kann man schon einmal ein sicheres Rennen doch noch verlieren. Das ist absolut unnötig und zieht die Gesamtspieldauer in die Länge. Apropos unnötig. Die "entkomme von den Cops" Missionen sind oft reine Glückssache. Zumindest wenn man sie alleine spielt. Das Vehikel spielt dabei leider eine geringe Rolle, da man scheinbar gegen 2000 PS Monster fährt, die dich noch dazu ausbremsen, als wären sie 10 Tonnen schwer. Einem Beitrag auf Reddit zufolge soll hier auch der Hammer H1 nichts entgegenzusetzen haben. Sowas ist einfach nur peinlich und hätte längst gefixt werden müssen.
Das Fortbewegen auf der Karte finde ich hervorragen gelöst. Für Faulpelze, die nicht jede Strecke zur nächsten Mission selbst fahren möchten, gibt es eine Schnellreisefunktion, die einen zumindest schnell an den Rand eines unentdeckten Gebietes bringt oder auf bereits aufgedeckte Punkte wie Sehenswürdigkeiten, Test, Missionen oder Werkstätten direkt zugreifen lassen. Um an wichtige Städte oder bestimmte Orte zu gelangen, gib es auch öffentliche Verkehrsmittel wie Züge und Flugzeuge. Kann man nutzen, muss man aber nicht.
Grafik:
In Anbetracht dessen, dass es sich hierbei um ein Oben-World-Rennspiel handelt, habe ich persönlich keine Grafikpracht erwartet, wurde allerdings positiv überrascht. Ich spiele das Spiel auf dem PC auf Ulta Einstellungen und bin ziemlich zufrieden. Klar kann ich mich über einige schlechte Texturen beschweren und das Fehlen der Spiegelung im Rück- und Seitenspiegel ist ein absoluten No-Go, aber alles im allen sieht The Crew wirklich gut aus. Die Optik der Autos fällt ordentlich aus, das Schadensmodell ist passabel und Details wie Dreck am Auto, wenn man durch Dreck fährt, gehören für mich mittlerweile zum Genre dazu. Viel beeindruckender finde ich das kleine Amerika. Die Welt von The Crew wartet mit vielen kleinen Details wie einer Vielfalt herumlaufender Tiere, Heißluftballons, Paragleitern, Essständen, Mülleimern und noch unzähligen weiteren Dingen auf, die The Crew einfach lebendig wirken lassen. Die Karte, auf der man sich bewegen kann, ist absolut gigantisch und es gab bisher keinen Flecken Erde, der mich in irgendeiner Weise gelangweilt hätte. Von Wald-/ und Sumpfgebieten, über die teils beschneiten Berglandschaften, bis hin zur Salzwüste, großen Städten und weitläufigen Hügellandschaften mitsamt dem Canyon ist so ziemlich alles vertreten, was das Herz begehrt. In manchen Missionen lockern gescriptete Ereignisse wie zum Beispiel eine Lawine, die unter der Brücke hinwegrollt das Gesamterlebnis zusätzlich auf. Es kommt nicht selten vor, dass ich meinen Mitspielern meine Begeisterung hören lasse und das beruht ebenso auf Gegenseitigkeit. Hier gilt mein größter Respekt den Leuten, die diese Landschaften mit all der Detailtiefe entworfen haben. Meiner Meinung nach klar der größte Pluspunkt an The Crew.
Sound
Hierzu kann ich leider nicht wirklich viel Positives sagen. In Rennspielen habe ich die Musik grundsätzlich aus, um meine akustische Aufmerksamkeit ganz den Motor- und Umgebungsgeräuschen zu widmen. Hier habe ich in anderen Rennspielen leider schon sehr viel Besseres gehört. Der Motorensound der Autos hört sich relativ langweilig an und ich bezweifle auch stark, dass es sich um die echten Geräusche handelt. Bei einigen wenigen Autos hört es sich sogar so an, als würde sich der Fahrer ständig an völlig unpassenden Stellen verschalten. Die Tontechniker, die an The Crew gearbeitet haben, kennen vermutlich nur Autos unter 100 PS. Anders kann ich mir das nicht erklären. Die Umgebungsgeräusche hauen mich persönlich jetzt auch nicht unbedingt vom Hocker. Insgesamt empfinde ich die Soundkulisse als Mittel zum Zweck. Ubisoft hätte hier mMn ruhig ein wenig mehr Geld/Arbeit investieren können.
FAZIT
Wenn man sich die Verschiedenen Punkte jetzt so durchliest, dann unterliegt vielleicht das Positive dem Negativen. Als Gesamtwerk betrachtet, macht The Crew allerdings das richtig, was für mich das wichtigste an einem Spiel ist. Es macht Spaß! Ich ärgere mich natürlich immer wieder über das Potenzial, das Ubisoft hier auf der Strecke gelassen hat. Das Spiel wird der gigantischen und detailreichen Welt leider nicht ganz gerecht. Insgesamt hatte ich mit meinen Mitspielern bisher aber sehr viel Spaß und ich habe schon genug Rennspiele gespielt, die ich nach dieser Spielzeit links liegen gelassen habe, obwohl sie einige der aufgeführten Kritikpunkte besser gemacht haben. Ich persönlich kann daher eine eingeschränkte Kaufempfehlung für diejenigen aussprechen, die sich auf einer riesigen nahezu uneingeschränkt befahrbaren Karte dem Rennsport hingeben wollen. Wer eher auf Bombastgrafik und purem Realismus in Rennspielen steht, sollte vielleicht die Finger davon lassen.