Nachdem du mir nun so grundlegend die Funktionsweise unseres ach so glücklichen Miteinander geschildert hast, stehst auch du entwicklungstechnisch immer noch auf dem selben Platz, hast zwar für alles ´ne Erklärung aber keine Möglichkeit aus deinem demografischen Kreis auszubrechen. Wenn ich nur hätte meckern wollen, wäre ich auf die Diskussion gar nicht eingegangen.
Natürlich ist das ne Einzelfallentscheidung, ich wollte jedoch mit meinen Vorschlägen aufzeigen, daß es noch andere Mittel gibt Kosten zu senken statt Massenentlassungen. Daß diese nicht in allen Fällen und vielleicht auch noch in der Reihenfolge greifen etc. ist mir schon klar.
Ok, zuerst einmal sorry für die späte Antwort, aber ich hatte einfach keine Zeit.
Was die anderen Möglichkeiten anbelangt, so schnell einmal deine Vorschläge nochmal herkopiert:
Kostenersparnis erreicht man am ehesten in der Minimierung des Verwaltungsaufwandes, Optimierung der Logistik und Erhöhung der Mitarbeitereffizienz durch gestalterische Mittel und Anreize. Sonst hätten wir immer noch Sklavenhaltung statt Lohnarbeit.
So, das kommt zwar von dir selbst, trotzdem bitte ich dich das nocheinmal genau zu lesen. Der Punkt ist nämlich, daß ausnahmlos JEDER deiner Punkte zu Entlassungen führt, die du so heftig kritisierst.
1. Verwaltungsaufwand: Also Tätigkeiten, die in jedem Unternehmen anfallen, aber nur Geld kosten und nie welches bringen (sofern die Verwaltung nicht das Geschäft des Unternehmens ist wie z.B. bei Hausverwaltungen).
Was passiert, wenn es mir gelingen sollte, den Verwaltungsaufwand um sagen wir 30% zu reduzieren? Die Papierkosten, sofern das überhaupt alles über Papier läuft, machens jedenfalls nicht aus. Die Hauptersparnis liegt darin, daß man mit weniger Verwaltung auch weniger Verwaltungspersonal benötigt, womit einerseits die Personalkosten runter gehen und andererseits teuere Büroflächen frei werden. Nebenbei spart man noch bei der EDV und Büromaterialien aller Art, aber das macht das Kraut nicht fett. Ist ein Klassiker für Personalabbau.
2. Optimierung der Logisik: Selbiges, aber nicht so dramatisch, weil unnötige Transporte eine Menge Geld kosten und dieses nicht mehr aufgebracht werden muß. Trotzdem geht auch diese Maßnahme zu Lasten der eigenen Mitarbeiter, weil denn auch die unnötigen Dinge hat ja jemand bisher gemacht und wenn man sie ab jetzt nicht mehr macht, braucht man auch den Mitarbeiter nicht mehr. Es ist allerdings möglich, daß das Mitarbeiter anderer Firmen betrifft und nicht die eigenen, was gesamtwirtschaftlich betrachtet aber egal ist.
3. Mitarbeitereffizienz: Auch hier bringt das im Regelfall nur etwas, wenn man Mitarbeiter abbaut. Sollte die Effizienz um 10% steigen, brauch ich auch weniger Leute für die gleiche Leistung. Hier besteht allerdings auch die Möglichkeit, daß so mehr verkauft wird und somit mehr Geld in die Kassen kommt, was den gleichen Effekt wie Sparen hat. Das setzt allerdings ein entsprechendes Marktpotential vorraus.
Was mich an diesem Punkt am meisten stört ist, daß man die Mitarbeiter erst motivieren muß, denn sie sollten eigentlich von Haus aus motiviert sein. Meine Angestellten arbeiten ja in Wirklichkeit für sich selbst und nicht für mich, weil ich so lieb und nett bin - ich bin nur der Arbeitgeber. Wenn sie nicht ihre maximale Leistung bringen, werden sie auch nicht vorwärts kommen und so schaden sie sich selbst. Leider verstehen das immer weniger Menschen.
Was kommt also von dir? Kein Hinterfragen der eingefahrenen Mechanismen. Keine Lösungsvorschläge.
Jo, das war a) ein Zeitproblem, b) erlaubt das Forum keine unendlich langen Text (ich war schon nahe dem Limit) und c) mußte ich dir erst einmal das System erklären.
Mein Gott, daß die Entwicklung dahin geht, daß unsere Gesellschaft vergreist (blödes Wort) ist ja jedem schon seit mindestens 20 Jahren bewußt. Aber an den Grundfesten zu rütteln, wenn sich die Umstände verändern kommt doch auch niemandem in den Sinn. Wir können es ja alle gemeinsam aussitzen und hoffen, daß das Verhältnis bei unserem Renteneintritt nur 1:1 steht.
Wenn ich die Diäten und Zuwendungen unserer Politiker bekäme würde ich mich schon gern tiefgreifender mit Lösungsproblemen beschäftigen. Momentan habe ich aber leider damit zu tun, meinen eigenen Hintern an die Wand zu bekommen um nicht auch in einem der sozialen Netze zu verrotten.
Lösungen gibt es durchaus, die Herrausforderung liegt in der Möglichkeit zur Umsetzung. Unsere Politik ist von Haus aus sehr kurzsichtig eingestellt, was an unserem demokratischen System liegt. Kein Politiker wird wiedergewählt, wenn er jetzt Maßnahmen setzt, die in 20-30 Jahren Früchte tragen, vorallem wenn dadurch heute ausgesprochen unangenehme Maßnahmen notwendig sind. Denk mal an eine normale Legislaturperiode. Die hält offiziell 4 Jahre, aber die ersten paar Monate kann man wegen der Regierungsbildung vergessen und das letzt 3/4 Jahr ist Wahlkampf. Damit bleiben bestenfalls 3 Jahre und es ist einfach nicht möglich in diesem Zeitraum die Probleme zu lösen und gleichzeitig die nächste Wahl wieder zu gewinnen. Kommt jemand anderer ans Ruder, macht er es weitgehend rückgängig, sichert sich so seine Wiederwahl und das Ganz war für nichts.
Gegen das demographische Problem kann man wenig machen, wenn man nicht auf die Frauen losgehen will (Männer sind im Normalfall zeugungswillig
) und damit auf mehr als die halbe Wählerschaft. Es gibt zwar Länder, die das gemacht haben, aber das sind Einzelfälle. In der Schweiz bekommt der Partner einer kinderlosen Ehe beispielsweise keine Witwenrente, aber fang mal bei uns so eine Diskussion an und du bist der böse konservative "Frauen zurück an den Herd"-Mann. Ich kann das, weil mich niemand wählt, aber kann das auch ein Politiker?
Bekommt man die Demographie nicht in den Griff (was wahrscheinlich ist), dann kann man nur auf ein Kapitalstocksystem umsteigen. So oder so gibt es eine Verlierergeneration, die sowohl privat vorsorgen und zusätzlich die bestehenden Pensionisten erhalten muß.
Bei der Arbeitslosigkeit ginge es schon leichter, denn den Mißbrauch kann man sehr leicht stoppen - wenn man sich traut. Dazu müßte man einfach nur jeden, der Arbeitslos ist, 40 Stunden pro Woche zu irgendeinen Sozialdienst verpflichten, damit er Arbeitslosengeld bekommt. Damit fallen automatisch alle Schwarzarbeiter aus der Arbeitslosenunterstützung, denn dann können sie nicht mehr neben der Unterstützung inoffiziell arbeiten, außer sie haben entsprechende Wochenarbeitszeiten, doch die will kaum jemand.
Im Gesundheitswesen ist es schon schwieriger, denn dazu müßte man primär die Kosten durch die Ärzte in den Griff bekommen, was aber wiederum Ärzte erfordert. Sicher ist, daß viel zuviele kurzfristige Symptomkiller eingesetzt werden oder generell falsch behandelt wird, weil die Diagnose nicht stimmt, nur wer soll das kontrollieren? Ein anderer Arzt? Klingt logisch, nur wenn ein normaler Arzt sich irren kann, kann das ein Kontrollarzt auch --> ewige Streiterein. Am besten wäre es hier, wenn man das Gesundheitswesen auf eine Basisversorgung reduziert, die Beiträge entsprechend senkt und wer mehr will, soll sich privat versichern.
Auch da kannst du mit ner Gewinnquote von 3/4 rechnen. Wobei der blöde Arbeiter in allen Branchen langsam zum generellen Dreischichtsystem inkl. Überstunden ohne Bezahlung übergeht.
Rechnen kann ich mit viel, doch deswegen stimmt es noch lange nicht. Schau dir einfach mal die Insolvenzen an.
kiljeadeen am 08.06.2005 13:01 schrieb:
Wie schon der Name sagt - Sozialstaat und nicht Sozialunternehmen.
Der Staat ist auch nur ein Instrument der Macht (...und zwar das der
herrschenden Klasse - ich gehöre da nicht dazu) Und in sofern sehe ich die Unternehmen schon in der Pflicht für die Erhaltung des Gemeinwohls einzutreten. Und wenn wir alle nicht aus diesem Teufelskreis rauskönnen, dann müssen die Arbeitgeber mit ihren höheren Gewinnen (welche ja d. M. moralisch nicht verwerflich sind) die höheren Belastungen ausgleichen.
Die Arbeitnehmer können es nämlich nicht mehr....
Einen Sch*** muß ich! Ich bin Unternehmer und jeder andere kann es auch sein, wenn er will. Ich denke nicht im Traum daran irgendwen einfach so zu erhalten - warum auch? Das wäre nur dann denkbar, wenn ich neben der Verantwortung dieser Menschen auch deren Rechte erhalte.
Solange meine Stimme bei einer Wahl genausoviel zählt wie die eines Arbeitslosen, mach ich in dieser Hinsicht gar nichts. Wer bewiesen hat, daß er durch falsche Entscheidungen in eine mistige Situation gekommen ist, sollte nicht auch noch für das ganze Land entscheiden dürfen.
Das Problem bei der Sache ist ja, daß diese Menschen sich falsch verhalten haben, Sozialleistungen aber keine Verhaltensänderung mit sich bringen, sie sich also weiterhin falsch verhalten. Das soll ich finanzieren? Ha, träum weiter!
Passend dazu auch der Leserbrief vom „Trigema“ - Chef im aktuellen Stern (zugegeben NICHT meine Lieblingslektüre aber in der Not...), Seite 9.
Dort zu finden auch die aktuelle (um die Steuern und Gebühren –außer KFZ- geschönte) Preisstatistik des statistischen Bundesamtes nebst eines schönen Artikels zu dem eigentlichen Sinn dieses Threads.
Ich les den Stern nicht. Hast du einen Link zu dem Leserbrief? Keine Ahnug, was da drinnen steht.