Ich finde nicht, dass die Handlung von BI derart viele Lücken hat. Das Ende klärt meiner Ansicht nach sehr vieles auf - nicht alles ist auf den ersten Blick erkennbar, aber gerade diesen Denkprozess am Ende a la "Ach deshalb war das so und so!", wo es darum geht, sich selbst einige Sachen zu erschließen, habe ich sehr genossen. Spec Ops könnte man derweil ankreiden, dass die Auflösung der Geschichte allzu simpel ist - ich persönlich hatte da nicht diesen großen "Whoa!"-Moment, als alles erklärt wurde. Es war überraschend, ohne Frage, aber hat meines Erachtens nicht mit den vorherigen Ereignissen zusammengepasst.
Die Auflösung der Geschichte in Spec Ops ist in gewisser Hinsicht simpel, ja. Aber sie ist auch konsequent und sie führt zu einem Ende, das der Geschichte Rechnung trägt. Das Ende ist nicht wirklich überraschend, aber dennoch eine runde Sache. Überhaupt ist das Spiel eine runde Sache. Das Spiel ist mechanisch und vom Design her in sich schlüssig und will nicht mehr, als es kann. Aber das was es kann, kann es richtig gut.
Bioshock Infinite ist da ein ganz anderes Kaliber.....Vielleicht liegt mein Problem mit Bioshock Infinite auch daran, dass das Spiel eigentlich zwei Dinge sein will, aber unmöglich beides sein kann. Zum einen will es ein Ego-Shooter sein, ein Ballerspiel. Die einfache (und leider bedauerliche) Formel hierzu lautet auch in Infinite: schieß auf praktisch alles, was sich bewegt. Die paar Passanten fallen da nur negativ ins Bild, da sie weder interaktiv sind, noch auf DeWitt reagieren. Sie sind kein Teil einer dynamischen Welt, sondern nur optisches Beiwerk, was sehr schade ist und man dem Entwickler auch durchaus ankreiden kann. Abgesehen vom Shooter-Teil möchte Bioshock Infinite aber auch durch seine Geschichte und seine Charaktere glänzen, im Speziellen mit der Beziehung zwischen DeWitt und Elizabeth. Das Spiel hat dabei nur ein elementares Problem: ein FPS ist kaum in der Lage, dies zu vermitteln. Denn im Gegensatz zu einem 3rd Person Shooter sieht man die Welt aus den Augen DeWitts aber man sieht ihn nicht. Er bleibt blass und charakterlos und seine Beziehung zu Elizabeth bleibt einseitig. In Uncharted, The Walkind Dead, The Last of Us funktioniert diese typische "Kämpfer/Mann-Mädchen/Frau" Beziehung, weil wir dort beide Charaktere (aufgrund der anderen Perspektive) nachvollziehen können. Während Berührungen (z.B. Hand auf die Schulter legen ,trösten) oder Dialoge in diesen Spielen dramatisch und einfühlsam wirken, sind die Aufforderungen "Elizabeth zu beruhigen" in Bioshock sogar regelrecht seltsam und deplaziert. Elizabeth hat starke Momente und ihre Wandlung ist (wenn auch spieletypisch etwas zu schnell) nachvollziehbar und durch ihre Stimme und Kommenater gut inszeniert, aber ihr fehlt der dramatische und persönliche Gegenpart. Sie sieht uns direkt ins Gesicht und wir schauen zurück, aber sie reagiert nicht auf uns, sondern auf DeWitt, wie in die Entwickler entworfen haben. Teilen wir nicht DeWitts Gefühle oder Ansichten, passt auch die Szene und irgendwie auch Elizabeths Reaktionen nicht.....
Während Elizabeth den Storypart in Infinite traägt, "funktioniert" sie widerum im FPS Ansatz nicht wirklich. Sie ist nicht mehr als ein Sidekick, der Munition und Geld zuwirft, sich hinter irgendwelchen Fässern versteckt und an festgelegten Punkten Waffen oder Roboter in die Welt bringt. Das hilft zwar dem FPS Part, ist aber gleichzeitig dem Story-Part (bzw. der Immersion) äußerst abträglich, da wenig anchvollziehbar. Die Vigors sind da ähnlich veranlagt. Sie machen den FPS Gameplay vielseitiger. Gleichzeitig sind sie aber kaum in die Welt und die Story eingebunden. Sie sind einfach da, weil sie für den FPS Part benötigt werden. Weiter geht es mit den Schlössern. Sie dienen dazu, Levelabschnitte voneinander zu trennen und zwar in einer Weise, die für FPS so typisch ist: töte alle in Raum A um in Raum B vorzustoßen. Doch für den Storypart ist die Sache pures Gift. Extrembeispiel (Spoiler): Gerade eben noch rettet man eine verstörte aber desillusionierte Elizabeth vor der Folter "im Namen der Wissenschaft" und im nächsten Augenblick bittet man Sie darum, das nächste Schloss zu öffnen (Schlösser scheinen in Infinite ja auch zu stark für Waffen oder Vigors zu sein.....)
Mein größtes Problem mit der Geschichte an sich ist deren Aufbau und Intention. Es wird alles auf den finalen Twist am Ende des Spiels ausgerichtet, man wird sogar schon ganz zu Beginn mit der Nase darauf gestoßen. Dabei nimmt sich Infinite alle Freiheiten und stellt Regeln der Spielwelt auf, ohne diese dem Spieler zu erklären. Die Tear Maschine im Haus der Luteces entlockt den beiden Hauptcharakteren kaum einen Kommentar, dafür wird die untote Mutter von Elizabeth gut in Szene gesetzt (macht sich eben gut im FPS Part.....). Der Songbird wird kaum genutzt. Der Siphon muss zerstört werden, obwohl Elizabeth sich gar nicht mehr darin befindet. Und das Ende: naja, um ganz ehrlich zu sein: das macht nur unter Zuhilfenahme eines "Tricks" Sinn, der die Spielwelt irgendwie auf den Kopf stellt bwz. sie fragwürdig erscheinen lässt.
Nicht falsch verstehen, das Spiel macht immer noch Spaß und die Story ist besser als vieles, was man sonst so aus dem Genre gewohnt ist (von den letzten 30 Spieminuten mal abgesehen). Allerdings hatte Bioshock Infinite hohe Ambitionen und machte große Versprechungen. Und naja, je höher die Ansprüche, desto größer der Fall.
Bioshock Infinite ist für mich ganz persönlich das "schlechtere" Spiel, weil ich damit über die gesamte Spieldauer und darüber hinaus weniger Spaß hatte als mit Spec Ops: The Line. Zu oft war ich von Infinite ernüchtert, wenn wieder ein Kompromis zwischen Gameplay und Story eingegangen wurde, zu oft habe ich mich über die schöne, aber unglaubwürdige Welt geärgert. Spec Ops: The Line ist ein grundsolider 3rd person shooter, der wenig falsch macht, aber gleichzeitig eine fesselnde und verstörende Story in einem unverbrauchten, aber nachvollziehbaren Setting erzählt. Es ist einfach ein "rundes" Spiel, das im Gedächtnis bleibt. Bioshock Infinite bleibt auch im Gedächtnis, aber nicht nur wegen der guten Elemente, sondern auch, weil ich mir ständig Gedanken mache, warum man es nicht an der und der Stelle besser oder anders gemacht hat. Es sind die kleinen Dinge, wie Leute, mit denen man nicht interagieren kann, und systematische Dinge wie die Auflösung der Story, die Vernachlässigung von Regeln und der ständige Kompromiss zwischen Gameplay und Story/Immersion. Das Problem mit Bishock Infinite ist, dass ich ständig darüber nachdenke, wie viel Potenzial hier verschenkt wurde, und weniger, warum das Spiel wirklich gut war......
Kämpfe gab es in Spec Ops zudem noch deutlich mehr, wie ich fand, und wie gesagt fand ich die nicht sonderlich spannend. Sie verliefen stets gleich nach dem typischem Deckung-Shooter-Rezept. BI hat einem wenigstens ein paar Möglichkeiten an die Hand gegeben, die Kämpfe nach Gutdünken auszufechten (Vigors, großes Waffenarsenal). War zwar kaum nötig, aber das fand ich besser als das eintönige Geballer in Spec Ops.
Naja, jedem das seine sag ich mal. Ich persönlich kämpfe lieber gegen Menschen in verschiedenen Umgebungen, wenn das Waffen- und Trefferfeedback stimmt. Viel wichtiger aber ist für mich persönlich, dass ich "Teil des Spiels" bin. Wenn der Immersionsfaktor hoch genug bin, bin ich der Soldat in Dubai, der vorankommen will. Dann verliere ich mich praktisch im Spiel und das typische Deckungs-Shooter-Prinzip wird plötzlich nicht nur spielerisch logisch, sondern ist auch der Situation angemessen. Was bringen mir die Vigors usw in Bioshock Infinite, wenn ich nicht Teil der Welt bin, wenn mich ständig irgendwelche Kleinigkeiten (dsss z.B. dass die Vigors völlig willkürlich in der Welt existieren, dass z.B. Elizabeth nur an bestimmten Dingen Tears öffnen kann, dass z.B. die Gegner einfach ins Spiel geworfen werden ohne ihre Motivation zu erklären usw usw usw)? Vielleicht liegt das an meinem bestimmten persönlichen Spielertyp, aber wenn ich richtig in eine Welt gezogen werde, kann ich auch durchschnittliches bzw. gutes Gameplay prima akzeptieren. Aber wenn nicht, dann fällt es mir erst so richtig auf. Ohne Story, Immersion und "Realismus" (d.h. eine schlüssige Welt) geht bei mir nun mal gar nichs in Spielen.