• Aktualisierte Forenregeln

    Eine kleine Änderung hat es im Bereich Forenregeln unter Abschnitt 2 gegeben, wo wir nun explizit darauf verweisen, dass Forenkommentare in unserer Heftrubrik Leserbriefe landen können.

    Forenregeln


    Vielen Dank

Rassismus gegen Einheimische

Beetlejuice666 am 26.01.2007 10:04 schrieb:
ja würde mich auch mal interessieren wases für alternativen zu einer gut funzenden Demokratie gibt. Ansonsten geh doch mal nach Afrika, da gibt es weder das eine oder das andere, sondern wunderbar rechtsfreie zonen und anarchie. Ich glaub nicht wirklich das du realisierst wie gut du es hier hast

"Gut funktionieren Demokratie", das ist ja das Stichwort! "Demokratie" bedeutet ja wohl soviel wie Volksherrschaft... und in dem herrschenden System kann ich nicht viel davon entdecken. Wenn ich einen Wahlzettel mit einem Lottozettel vergleiche, dann hat der Lottoschein 1) mehr auswahlmöglichkeiten, 2) höhere Gewinnchancen und 3) kann ich den jede Woche ausfüllen, und nicht nur alle vier Jahre.

Gegen eine gut funktionierende Demokratie ist nichts einzuwenden - die Frage ist nur: haben wir eine?
 
Maria-Redeviel am 26.01.2007 11:55 schrieb:
Beetlejuice666 am 26.01.2007 10:04 schrieb:
ja würde mich auch mal interessieren wases für alternativen zu einer gut funzenden Demokratie gibt. Ansonsten geh doch mal nach Afrika, da gibt es weder das eine oder das andere, sondern wunderbar rechtsfreie zonen und anarchie. Ich glaub nicht wirklich das du realisierst wie gut du es hier hast

"Gut funktionieren Demokratie", das ist ja das Stichwort! "Demokratie" bedeutet ja wohl soviel wie Volksherrschaft... und in dem herrschenden System kann ich nicht viel davon entdecken. Wenn ich einen Wahlzettel mit einem Lottozettel vergleiche, dann hat der Lottoschein 1) mehr auswahlmöglichkeiten, 2) höhere Gewinnchancen und 3) kann ich den jede Woche ausfüllen, und nicht nur alle vier Jahre.

Gegen eine gut funktionierende Demokratie ist nichts einzuwenden - die Frage ist nur: haben wir eine?

Wenn Du Demokratie über eine Wahrscheinlichkeitsrechnung bewerten willst und dann als Vergleich Lotto-Ziehungen aufführst, verliert definitv die Lotterie :) Aber das gehört hier nicht hin. Mach doch einfach einen neuen Thread auf und geh detailliert auf Deine Vorstellungen ein. Konstruktive Kritik müsste ja bei solch einem Thema möglich sein.Einfach nur sagen "Will keinen Fusspilz mehr haben" halte ich für ein bisserl schwach :) Bin gespannt auf Deine Ausführungen. Aber bitte nicht in diesem Thread.

Gruß
W.
 
Woodstock am 25.01.2007 21:53 schrieb:
Oh Mann, ich habe Nietzsche als BEISPIEL für einen Philosophen erwähnt, der definitiv sehr kritisch gegenüber Religion eingestellt war. Und er war christlich erzogen. Egal ob nun evangelisch oder katholisch. Es geht um das christliche Prinzip, dass alle Menschen vor Gott gleich sind, jeder für sein Seelenheil selbst verantwortlich ist und daraus eine Mentalität entstanden ist, die sich in Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft wiederspiegelt und die so in anderen Kulturen nicht entstehen konnte und die letztendlich dazu führte, dass Europa führend wurde.

Gut, ich bin da von der römisch-katholischen Kirche ausgegangen. Zum christlichen Prinzip_ Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dieses Prinzip jemals im Mittelalter zu irgendeiner Zeit vorgelebt wurde! Insofern hat uns die Kirche kein bisschen vorwärts gebracht. Wenn Du den Fortschritt (dein erwähnter Nietzsche) darin siehst, wie kirchliche dogmen und ansichten vorzu widerlegt wurden, hat das nichts mit der ursprungsbehauptung zu tun, die kirche habe uns kulturell vorwärts gebracht. sondern die widerlegung ihrer als institution. die kirche HAT für uns einen grossen kulturellen anteil. aber in meinen augen überhaupt nicht den grössten.

Selbst Menschen wie Aph oder Woodstock, die atheistische Ideale anstreben, können es nicht wollen, dass über demokratische Wege religiöse Gesellschaftslösungen etabliert werden.

Nein, in der Tat nicht. Etabliert werden nicht. aber jedem Menschen muss die Freiheit zustehen, seinem glauben nachzugehen, sofern er dies möchte, solange sie die freiheit anderer individuen nicht eingrenzt oder tangiert. Wer braucht schon eine religion, um mitmenschen zu schätzen. dazu reicht alleine intellekt und reflektionsgabe. sonst wäre ja jeder atheist ein scheussal :B
 
zum einen kann ich aph´s wunsch verstehen, ohne christlichen einfluss zu leben. zum anderen glaube ich nich, dass wir uns in dieser kultur davon frei machen können (sei es namensgebung, die tendenz zur monogamie, das familiensystem, ängstlichkeit im dunkeln, umweltverschmutzung, unterscheidung zwischen verschiedenen formen von gleichwertigen lebewesen (mensch/tier/pflanzen), selbst das der himmel immer oben ist, weihnachten, ostern, sonntag) – durch die übernahme der informationshoheit durch die christen (mönche, bibliothekne) wurde die christliche lehre im öffentlichen leben tief verankert. was evtl. möglich ist, aber schnell zu einem wahn führen kann, ist sich immer bewusst zu sein, was christlich ist.

ganz klar: ich bin sicher, das wir ohne einfluss des christentums heute nicht da wären wo wir sind - insbesonder die waffentechnologie wäre nicht so fortschrittlich - , ich bin mir aber sehr sicher, dass wir ohne den einfluss der agressivsten miteinander verwandten jüdischen, christlichen, islamischen religionen in einer besseren situation leben würden. ich vermute, das religionen an sich, das leben der menschen nicht verbessern, da sie nur flucht aus der realität sind.

insofern und in hinblick auf die aktuelle gesellschaftliche situation ist es für mich zum einen fraglich, ob unsere gesellschaft werte hat, die es sich zu verbreiten lohnt (welche wären dies, die auch gelebt werden?) zum anderen ob deutschland sich darüber überhaupt noch gedanken machen muss (thema: alterspyramide)?

was macht eine kultur verteidigenswert, die ständig kriege führt, die umwelt vernichtet und es dabei noch nicht mal schafft sich zu vermehren sondern ein problem hat, dass bald aussterben heißt... oder seh ich das zu negativ?
 
plutonium67 am 26.01.2007 16:34 schrieb:
Zum christlichen Prinzip_ Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dieses Prinzip jemals im Mittelalter zu irgendeiner Zeit vorgelebt wurde! Insofern hat uns die Kirche kein bisschen vorwärts gebracht. Wenn Du den Fortschritt (dein erwähnter Nietzsche) darin siehst, wie kirchliche dogmen und ansichten vorzu widerlegt wurden, hat das nichts mit der ursprungsbehauptung zu tun, die kirche habe uns kulturell vorwärts gebracht. sondern die widerlegung ihrer als institution. die kirche HAT für uns einen grossen kulturellen anteil. aber in meinen augen überhaupt nicht den grössten.


Siehst Du, das sehe ich anders.
Ich beschäftige mich jetzt seit über 10 Jahren mit diesem (und verwandten Themen), habe zig Bücher (Primär- und Sekundärliteratur) gelesen etc. etc. Vorher war ich genau Deiner Meinung und musste diese Meinung nach und nach revidieren.

Ein solche großen Themenkomplex schriftlich in einem Forum zu behandeln ist schwierig.

- Woher willst Du wissen, dass dieses Prinzip nie im Mittelalter vorgelebt wurde? Es gibt so viele Biographien von Menschen, die im eigentliche Sinne des christlichen Ideals gewirkt haben und dabei in der Tat immer wieder postive Dinge losgetreten haben. Diesen Punkt kann ich nicht bestätigen.

Darüber hinaus muss man immer im Hinterkopf behalten, dass eine der ganz großen Stärken der katholischen Kirche, sich von innen neu zu reformieren. Martin Luther war im eigentlichen Sinne kein Reformator, sondern ein Revolutionär. Die eigentliche Reformation war die sog. Gegenreformation innerhalb der katholischen Kirche, die zum Beispiel den Ablasshandel beendete (um mal ein ganz plattes Beispiel zu nennen). Worauf ich hinaus will: es kennzeichnet die katholische Kirche sich in regelmäßigen Abschnitten von selbst zu erneuern. In diesen Erneuerungphasen war die Kirche ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus. Diese regelmäßige Erneuerungsfähigkeit ist kennzeichnend für die europäische Kultur und maßgeblich durch eine christliches Gedankengut geprägt. Insofern hat uns die Kirche weitergebracht.

- Wenn Kirchenkritik aufkommt ist sie

a) basierend auf Klischees, die häufig in der frühen Neuzeit erschaffen wurde, um die eigene neue Geistewelt über die des sogenanntne Mittelalter emporzuheben. Fragt man Leute, wieso die Kirche schlecht war, hört man zum Beispiel (so auch hier im Forum) Aussagen wie "die flache Erde", "Inquisition" oder "Ärztliche Versorgung". Geht man dann wissenschaftlich ins Detail, so muss man zum Beispiel erkennen, dass niemand im Mittelalter der Meinung war, dass die Erde flach ist (außer ein "durchgeknallter" Mönch, der schon zu Lebzeiten sehr umstritten war und zwei Bücher geschrieben hat, die dann in der Neuzeit zitiert wurden und das Klischee schufen), die Inquisition deutlich besser als ihr Ruf war (hatten wir hier bereits im Detail diskutiert) und viele ärztliche Aktivitäten in ihrer Zeit sehr fortschrittlich waren. Häufig wird dann zum Beispiel die (Fehl)Behandlung der Pest durch Reinigung der Luft kritisiert und dabei vergessen, dass die Menschen erst im 19. Jahrhundert entdeckten, dass Wasser der Hauptträger von Krankheitserregern ist. Also war in diesem Beispiel die kirchengeprägte Gesellschaft zumindest genauso schlecht wie die wissenschaftlich-rationale Gesellschaft 400 Jahre später.
Solche Beispiele lassen sich über Seiten fortführen. Habe ich leider die Zeit nicht für.

Ist dann eine Kirchenkritik gerechtfertigt muss man sie (und jetzt kommen wir zu Punkt B)

b) Im Kontext der Zeit deutlich relativieren. Damit meine ich: Man muss die durchaus negativen Eigenschaften einer christlich geprägten Gesellschaft im Kontext der Zeit betrachten und sehen was zur gleichen Zeit in anderen Kulturen abging. Und hier gewinnt die Christenheit fast auf ganzer Linie. Zwar sind zum Beispiel Dinge wie Judenverfolgung typisch christlich und keine andere Kultur kennt die systematische Unterdrückung von Minderheiten so stark wie die christlichen, aber wenn man dann die anderen Kulturen im Detail betrachtet, dann wird klar, dass diese in der Summe viel schlechter darstellen.

Es zeigt sich also, dass die Kritik nur als Kritik funktioniert, wenn man unser heutiges Wissen und unsere heutige Errungenschaft auf eine damalige Welt projeziert. Ein solches Vorgehen ist aber falsch. Es wäre so, als ob ich den Leuten vor 500 Jahren vorwerfen würde, dass sie noch kein Auto erfunden hatten. Das kann ich jetzt noch so schade finden, aber ich muss halt akzeptieren, dass er ein Karl Benz kommen musste, um den Motorwagen zu konstruieren.

Selbst wenn man jetzt mit einer gewissen Wehmut "Was-wäre-wenn"-Modelle aufstellen möchte, um zu zeigen, wo wir sein könnten, wenn zu einer bestimmten Zeit das eine odere andere gemacht worden wäre, dann muss man feststellen, dass es die christlichen Kulturen waren, die wenn auch nicht alles richtig, so doch die wenigsten Fehler gemacht haben. Ein weiterer Pluspunkt, dass das Christentum für die Entwicklung der Menschen gut war.

Das Potenzial der Christenheit, dem Menschen eine höhere Entwicklungsstufe zu ermöglichen zeigt sich ja auch daran, dass das Christentum die einzige Religion ist, die in ihrem Umfeld das Nachdenken über die Daseinsberechtigung von Gott ermöglicht hat. Während alle anderen Religionen über Jahrtausende oder zumindest Jahrhunderte keine Veränderung zeigten, geht das Christentum nicht nur durch regelmässige Erneuerungsprozesse, sondern am Ende auch in eine Phase, wo ihre "Kinder" die absolute Frage nach einer Existenz von Gott stellen und diese sogar zum Nachteil der Religion beantworten.

In keiner anderen Religion ist dies vorher passiert. Die Tatsache, dass jede noch so kleine Gesellschaft auf der Welt eine religiöse Vorstellung entwickelt, zeigt, dass der Mensch zu seiner geistigen Stabilität einen Gott, Götter oder Geister brauchte oder braucht. Die Tatsache, dass das Christentum die erste Religion ist, in deren Umfeld Gott verneint wird, zeigt, dass in einem christlichen Umfeld die Menschen bisher das höchste philosophische Potenzial erreicht haben. Philosophie als Mutter aller Wissenschaften heisst auch, dass christliche Gesellschaften das höchste wissenschaftliche Potenzial erreicht haben und somit auch das höchste technische Potenzial.

In dem ich mich als Atheisten bezeichne, stelle ich mich bewusst an das Ende einer langen Entwicklungskette. Ich weiss, dass ich ohne Christentum nie Atheist geworden wäre, weil es ohne Denkmodelle, die das Christentum eingeführt hat, diese Gedankengänge gar nicht möglich geworden wären.

Ich lasse mich gerne überzeugen, dass ich falsch liege. Ich schließe auch nicht aus, dass ich einigen Punkten falsch liege. Aber ich stelle regelmäßíg die Frage (nicht nur hier) und bekomme nie Antworten. Weiter oben habe ich nach säkularisierten Kulturen gefragt (Säkularisierung als ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in eine atheistische Denkweise) und keine Antwort erhalten.
Einige haben meine Ausführungen kritisiert, ich habe die Kritik erwiedert und gehört, dass dies Korrelationen aber keine Ursachen sind. Ich habe nach den Ursachen gefragt und keine Antwort erhalten.

Ich bin gespannt.

Gruß
w.
 
Wolf-V am 26.01.2007 16:48 schrieb:
ganz klar: ich bin sicher, das wir ohne einfluss des christentums heute nicht da wären wo wir sind ..., ich bin mir aber sehr sicher, dass wir ohne den einfluss der agressivsten miteinander verwandten jüdischen, christlichen, islamischen religionen in einer besseren situation leben würden. ich vermute, das religionen an sich, das leben der menschen nicht verbessern, da sie nur flucht aus der realität sind.

Da magst Du Recht haben.

Ich glaube aber, dass die Menschen einfach nicht so weit sind. Genausowenig wie man von einem Neandertaler demokratische Prinzipien erwarten kann, weil der Mensch einfach noch nicht soweit war, genausowenig kann man von der großen Mehrheit der Menschen erwarten, dass sie Religionen ausschließlich im positiven Miteinander einsetzen. Vielleicht in ein paar JAhrhunderten, aber noch nicht heute. Das ist einfach Schicksal :)

Die Religion war immer eine Erklärung für alles, was man sich nicht erklären konnte. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft wurden immer mehr Daseinsberechtigungne der Religion eliminiert. War früher der Vogelflug ein göttliches Wunder, benutzt heute sogar der Papst das Flugzeug. Mit einer weiteren Durchdringung der wissenschaftlichen Ratio wird die Religion weiter verlieren. Gleichzeitig macht die Erklärbarkeit vieler Dinge vielen Menschen Angst und führt zu einer bewussten Ablehnung von Wissenschaft (zum Beispiel Gentechnik) und einer erneuten Zuwendung zur Religion. Am Ende wird die Wissenschaft ein paar Fragen nicht beantworten können (zum Beispiel "Was kommt nach dem Tod?" oder "War war vor dem Urknall?") und mit jeder Frage, die offen bleibt, wird die Religion in den Augen Vieler eine Daseinsberechtigung erhalten.

Es war der "Nachteil" des Christentums, dass diese Religion jedem Einzelnen vorschreibt sich Gedanken über sich selbst zu machen (in einer ganz banalen Ausführung zeigt sich das an der Beichte). Solche Dinge führen dazu, dass sich Menschen Gedanken machen, die gar nicht geplant waren. Dieses Prinzip traf im 4. Jahrhundert auf eine desillusionierte römische Gesellschaft, die dringend neue Werte brauchte und neuen Religionen immer offen gegenüber stand und die Römisch-christliche Geselllschaft traf schließlich auf Germanische Stämme der Völkerwanderung, die gerne von den Besiegten die Errungenschaften lernen wollten, gleichzeitig aber ihr starkes Bedürfnis an Eigenständigkeit und unabhängige Handlungsweisen erhalten wollten. Das war die Konstellation, die die höchste Entwicklungsdynamik ermöglichte. Nachdem sich diese Konstellation ab dem 9. Jahrhundert auf den Weg machte das Chaos des Untergangs des Weströmischen Reichs hinter sich zu lassen, gab es kein zurück mehr. Die Araber konnten zur gleichen Zeit zwar noch von den geordneten Strukturen des Oströmischen Reiches profitieren, aber gegen diese Dynamik hatten mittelfristig keine Chance und waren ab dem 14. Jahrhundert bereits überholt.
 
Wolf-V am 26.01.2007 16:48 schrieb:
insofern und in hinblick auf die aktuelle gesellschaftliche situation ist es für mich zum einen fraglich, ob unsere gesellschaft werte hat, die es sich zu verbreiten lohnt (welche wären dies, die auch gelebt werden?) zum anderen ob deutschland sich darüber überhaupt noch gedanken machen muss (thema: alterspyramide)?

was macht eine kultur verteidigenswert, die ständig kriege führt, die umwelt vernichtet und es dabei noch nicht mal schafft sich zu vermehren sondern ein problem hat, dass bald aussterben heißt... oder seh ich das zu negativ?

Entschuldigt, dass ich hier in Einzelstücken antworte, aber es wird sonst zu unübersichtlich (für mich) :)

Das ist eine sehr pessimistische Ansicht. Ohne Polemik: was ist der Grund, wieso Du morgens aufstehst? Vielleicht findet sich ja da eine Lösung :)

Kriege führen und Umwelt vernichten hat jede Kultur. Unsere hat den Verdienst errungen, diese Punkte als erste überhaupt negativ zu bewerten. Insofern ist das schonmal ein Fortschritt.

Die Sache mit Aussterben kannst DU ganz einfach lösen :) Hör auf zu daddeln oder im Forum zu posten und zeuge ein Kind, und dann noch eines und noch eines und anschließend noch eines. ;)

W.
 
Woodstock am 26.01.2007 21:51 schrieb:
Martin Luther war im eigentlichen Sinne kein Reformator, sondern ein Revolutionär.
Was man aber nicht unbedingt negativ bewerten muß, da er dadurch auch das auslösende Moment für die Gegenreformation war.

Es zeigt sich also, dass die Kritik nur als Kritik funktioniert, wenn man unser heutiges Wissen und unsere heutige Errungenschaft auf eine damalige Welt projeziert. Ein solches Vorgehen ist aber falsch. Es wäre so, als ob ich den Leuten vor 500 Jahren vorwerfen würde, dass sie noch kein Auto erfunden hatten. Das kann ich jetzt noch so schade finden, aber ich muss halt akzeptieren, dass er ein Karl Benz kommen musste, um den Motorwagen zu konstruieren.
Da stimme ich absolut überein.

Aber die Kirche verteidigen und übelalten Geschichtsbeispielen den Wind aus den Segeln nehmen ist eine Sache. Das da oben klingt teilweise schon sehr nach Wettrennen der Religionen. :S

Und bei Deinen Vergleichen gehe ich mal davon aus, dass Du nur die großen Religionen meinst. Die ersten "Tierreservate" gab es schon lange vor dem Christentum und friedliche Gemeinschaften werden seit Ewigkeiten durch weniger friedliche einigermaßen zahlreich ausgestorben ;)

Von wegen christlichem Einfluss oder nicht, wir sind eine christlich geprägte Gesellschaft. Ja es gab auch viele andere Einflüsse, aber Europa hat Jahrhunderte mit dem Christentum gelebt. Selbst größte Kritiker der Kirche waren gläubige Christen.
Wieweit die Kirche an unserer positiven oder negativen Geschichte teil hat will ich nicht aufwiegen. Aber wir sind dank, und trotz der Kirche an diesem Punkt. Selbst wenn man mit ihr, wie mit dem schwarzen Schaf der Familie, nichts mehr zu tun haben will. Die Spuren sind da.

Die Tatsache, dass jede noch so kleine Gesellschaft auf der Welt eine religiöse Vorstellung entwickelt, zeigt, dass der Mensch zu seiner geistigen Stabilität einen Gott, Götter oder Geister brauchte oder braucht.
Das sehe ich nicht als Tatsache.
Es ist eine Sache, dass versucht wird das Unerklärliche verständlich zu machen. Die Frage, was passiert nach dem Tod, dürfte wahrscheinlich älter sein als Sprache.
Wenn ein Jäger im Winter tödlich verwundet wurde und seine Wunden in der Kälte dampften, das könnte doch gut seine Seele sein. Und jede Gruppe hat ihre eigene Art damit umzugehen, oder es zu beschreiben. Eigene Riten.
Was der Mensch braucht um zu überleben ist eine sichere Gemeinschaft. Je mehr die wuchs umso wichtiger wurden die gemeinsamen Rituale. Um den Zusammenhalt zu erhöhen und auch um sich sicherheitshalber von anderen unterscheiden zu können. Und auch die Unterschiede wurden größer.


Ahja, Deine Posts sind immer wieder eine interessante Lektüre. Schön, dass Du Dir die Mühe machst :)
 
Loosa am 27.01.2007 01:07 schrieb:
Woodstock am 26.01.2007 21:51 schrieb:
Martin Luther war im eigentlichen Sinne kein Reformator, sondern ein Revolutionär.
Was man aber nicht unbedingt negativ bewerten muß, da er dadurch auch das auslösende Moment für die Gegenreformation war.
...
Von wegen christlichem Einfluss oder nicht, wir sind eine christlich geprägte Gesellschaft. Ja es gab auch viele andere Einflüsse, aber Europa hat Jahrhunderte mit dem Christentum gelebt. Selbst größte Kritiker der Kirche waren gläubige Christen.

Die Tatsache, dass jede noch so kleine Gesellschaft auf der Welt eine religiöse Vorstellung entwickelt, zeigt, dass der Mensch zu seiner geistigen Stabilität einen Gott, Götter oder Geister brauchte oder braucht.

Es ist eine Sache, dass versucht wird das Unerklärliche verständlich zu machen. Die Frage, was passiert nach dem Tod, dürfte wahrscheinlich älter sein als Sprache....
Eigene Riten. Was der Mensch braucht um zu überleben ist eine sichere Gemeinschaft. Je mehr die wuchs umso wichtiger wurden die gemeinsamen Rituale. Um den Zusammenhalt zu erhöhen und auch um sich sicherheitshalber von anderen unterscheiden zu können. Und auch die Unterschiede wurden größer.

Martin Luther: Ich will nochmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich hier nichts bewerten will. Ob Martin Luther gut oder schlecht war, gehört hier nicht hin. Aber es bestätigt meine Sichtweise, dass ein katholischer Mönch wie Luther einen solchen Prozess lostritt. es zeigt wie die katholische Kirche denkt, dass sie auf Luther mit einer der umfangreichsten Reformen reagierte, die praktisch alle Kritikpunkte von Luther beseitigte.

Tierreservate: Ist auch ein interessantes Thema. Im christlichen Mittelalter war das Tier vor Gericht gleichberechtigt. Tötete ein wildgewordener Bulle einen Menschenn, kam er vor Gericht, bekam einen Anwalt und wurde verurteilt. Erst die wissenschaftliche Ratio der Neuzeit beendete diese Praxis und öffnete dem Schlachthofgedanken und der Legebatterie die Tore. Gleichzeitig zeigt die Archäologie, dass die Prärieindianer bzw. ihre Vorläufer die Bisons nicht nur in "nutzungsgerechte" Mengen töteten, sondern ebenfalls wie die weißen Siedler regelrechte Massaker verübten. Und: die frühen Plainsindianer (vor der Übernahme der Pferde von den Spaniern) führten gigantische Waldrodungen durch, um den Bisons Lebensraum zu schaffen. Wer ist jetzt tierfreundlicher? Die indianischen Plains-Stämme oder das christliche Mittelalter? Ich mag das nicht bewerten, ich weiss nur, dass das übliche Klischee nicht stimmen kann.

Bezüglich der Entwicklung von Religion meinte ich genau das, was du sagtest. Die Konfrontation mit Fragen, die man nicht beantworten kann, führt erstmal zur irrationellen Antworten (ein Geist, ein Gott, eine Seele war Schuld, verantwortlich für den plötzlichen Tod des Kindes...). Später kommt die wissenschaftliche Erkenntnis (das Kind starb an einer Infektion) und nimmt dem religiösen Vertreter ein Teil seiner Daseinsberechtigung ("Schamane, wieso brauchen wir dich, wenn du das Kind nicht retten konntest, der Mediziner ihm jedoch eine Tablette hätte geben können?"). Dieses Wechselspiel ist überall zu beobachten und das Christentum ist hier am weitestes fortgeschritten, wenn man die Ergebnisse kritisch betrachten kann ("Mit einer Atombombe können wir noch mehr Gegner plattmachen").

Dass diese Prozesse in der funktionierenden Gemeinschaft passieren, ist menschlich und unabhängig von der Religion. Wir sind halt ein Rudeltier


Aber wir sind dank, und trotz der Kirche an diesem Punkt. Selbst wenn man mit ihr, wie mit dem schwarzen Schaf der Familie, nichts mehr zu tun haben will. Die Spuren sind da.

Das ist der Kern. Meine Überlegung: Da läuft sein ein paar zehntausend Jahren ein riesiger Feldversuch. Und jeder kann systematisch jede Kultur analysieren, in der er Leben möchte. Das war mein persönlicher Ausgangspunkt vor vielen Jahren. Ich habe dies systematisch getan und bin zum Ergebnis gekommen, dass das, was wir hier haben, zu bevorzugen ist. Der tägliche Blick in die Nachrichten bestätigt mir das. Die Ursachen hierfür habe ich in dieser und vielen anderen Diskussionen dargelegt und zur Kritik freigegeben. Bisher konnte mir niemand (auch nicht Historiker und Archäologen, von denen ich einige kenne) eine andere Erklärung geben. Ganz im Gegenteil. Gerade durch den Austausch mit Leuten, die sich beruflich mit ähnlichen Themen beschäftigen, erfahre ich regelmäßig neue Details.

Gruß
W.
 
Woodstock am 26.01.2007 21:51 schrieb:
Darüber hinaus muss man immer im Hinterkopf behalten, dass eine der ganz großen Stärken der katholischen Kirche, sich von innen neu zu reformieren. Martin Luther war im eigentlichen Sinne kein Reformator, sondern ein Revolutionär. Die eigentliche Reformation war die sog. Gegenreformation innerhalb der katholischen Kirche, die zum Beispiel den Ablasshandel beendete (um mal ein ganz plattes Beispiel zu nennen). Worauf ich hinaus will: es kennzeichnet die katholische Kirche sich in regelmäßigen Abschnitten von selbst zu erneuern. In diesen Erneuerungphasen war die Kirche ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus. Diese regelmäßige Erneuerungsfähigkeit ist kennzeichnend für die europäische Kultur und maßgeblich durch eine christliches Gedankengut geprägt. Insofern hat uns die Kirche weitergebracht.

Öhm, Reformationskompetenz von innen heraus ist ungefähr das letzte, was ich mit der Katholischen Kirche in Zusammenhang bringe. Sie hat doch vielmehr stets nur auf das Unvermeidliche reagiert - sei es Luther, sei es Darwin oder eben Kondome/AIDS. Und das mit erheblicher Verzögerung.

Das als großartige Leistung von innen heraus zu bezeichnen, ist glaube daneben gegriffen. Wo hat sie denn wirklich mal "Jahrzehnte voraus" gelegen? Und vor allem: Wem voraus?

Dass du ausgerechnet die Gegenreformation bringst, die ja schon vom Begriff her ein nachträgliches Reagieren ist, finde ich lustig. :)
 
aph am 29.01.2007 14:48 schrieb:
Öhm, Reformationskompetenz von innen heraus ist ungefähr das letzte, was ich mit der Katholischen Kirche in Zusammenhang bringe. Sie hat doch vielmehr stets nur auf das Unvermeidliche reagiert - sei es Luther, sei es Darwin oder eben Kondome/AIDS. Und das mit erheblicher Verzögerung.

Das als großartige Leistung von innen heraus zu bezeichnen, ist glaube daneben gegriffen. Wo hat sie denn wirklich mal "Jahrzehnte voraus" gelegen? Und vor allem: Wem voraus?

Dass du ausgerechnet die Gegenreformation bringst, die ja schon vom Begriff her ein nachträgliches Reagieren ist, finde ich lustig. :)

Schön, dass Du das lustig findest. Ich finde es nicht lustig, sondern interessant, wieso eine Revolution, die dem Menschen keine große Veränderung brachte, als Reformation in die Geschichte eingeht und die eigentliche Reformation als Gegenreformation bezeichnet wird, obwohl sie eine der umfassensten Reformationen war, die im Ergebnis viel umfangreicher war, als es Luther je hätte fordern können.

Aph, ich will Dir nicht zu Nahe treten. Aber informier Dich doch bitte mal in entsprechender Fachliteratur. Möglichst Primärquellen und gleich diese Infos mit eigenen Beobachtungen ab.

Die Katholische Kirche hat nie auf das Unvermeidliche reagiert. Sie ist immer ihren eigenen Weg gegangen. Im Selbstverständnis der Katholische Kirche hat sie es gar nicht nötig. Das zeigt sie doch in den letzte JAhrzehnten, in denen sie konsequent auf Zeitgeist verzichtet hat. Gleichzeitig bezieht sie Stellung und ich glaube Du warst der einzige Mensch, von den ich privat oder in den Medien gehört habe, der die Rolle des Vatikans beim Ende des Kalten Kriegs konsequent abstreitet.

Die Einführung des Christentums im Römischen Reich unter Konstantin hat dem Römischen Reich noch einmal einen nicht unerheblichen Aufschwung gegeben und massiv zur erneuten Stabilität beigetragen.

Die Päpste der Renaissance haben maßgeblich das Selbstbild der Menschen in Europa verändert. Sie haben Wissenschaft, Kunst und Kultur massiv finanziert. Speziell die architektonischen Auswüchse und Exzesse wurden u.a. mit Ablass finanziert. Die hier entstehende Ungerechtigkeit führte zur "Reformation", die jedoch eine Abspaltung war. Es war eine Rückbesinnung der Katholischen Kirche, die schließlich ein neues Selbstverständnis des Papstums brachte und tatsächlich eine umfassende Reformation im eigentlichen Sinne schaffte. Wenn die Kirche gewollt hätte, hätte sie weitermachen können. So wie viele andere Religionen auch stehen geblieben sind. Dir hilft es wahrscheinlich nicht zu erfahren, dass sie Reformation in den Regionen stattfand, die schon immer traditionell papstfeindlich eingestellt waren, wobei die Ursachen der Ablehnung in den frühen Kolonialphasen des 10. Jahrhunderts zu finden ist. (In etwa das Gebiet östlich der Elbe und Norddeutschland nördlich der Mittelgebirge). Ein weiteres Indiz für eine Revolution.

Die Reichskirche des frühen HRR hat die Verwaltung und Wirtschaft getragen. In einer Zeit als die Mehrheit der Kaiser, Könige, Herzöge, Grafen und des gerade entstehenden Ritterstands noch nicht einmal schreiben konnten, wäre ohne die Kirchenorganisation nichts gelaufen. Die Kirche stellte im Jahr 967 mehr als 50% der Panzerreiter (Vorstufe des Rittertums). Ohne Katholische Kirche wäre der Wirtschaftsaufschwung im 10. und 11. Jahrhundert nicht möglich gewesen. Die Kirche war ihrer Zeit ca. 3 Jahrhundere voraus, bis zum Beispiel die Hanse einen ähnlichen Grad an Vernetzung erreichen konnte. Die Hanse - und damit der Beginn des Bürgertums - wäre ohne diesen vorher gelaufenen Wirtschaftsaufschwung nicht möglich gewesen.

Selbsterneuerungsprozesse durch Menschen wie Benedikt von Nursia oder Franz von Assisi sind eigentlich Schulwissen und hätten Dir selbst einfallen können. Die Dominikaner wiederrum, die zwar in der Inquisition aktiv waren, zeichnen sich durch eine demokratische Verfassung aus und etablierten Bildungsstandards, die soweit gehen, dass sogar heute noch indische Hindu-Familien ihre Kinder lieber auf eine Dominikanerschule schicken, als in andere (staatliche) Lehreinrichtungen, weil die Dominikanerschulen in Indien mit Abstand die beste Qualität der Lehre liefern. Achso: Schulen, die von Hindu-Organisationen getragen werden, gibt es komischerweise nicht. Muss wohl wieder eine dieser typischen Verfehlungen der bösen katholische Kirche sein, dass sie sich um die Bildung von Kindern kümmert ohne auf Stand des Kindes Rücksicht zu nehmen. Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir gerne ein paar indische Freunde nennen, die das bestätigen.

Die Bedeutung des Konzils von Nicäe kannst Du selbst nachlesen. Wie man in diesem für die Organisation so wichtigen Treffen und einer so umfangreichen Neuordnung eine Reaktion auf das Umvermeidliche machen will, bleibt mir schleierhaft.

Abgesehen davon ist es nicht die schlechteste Eigenschaft einer Organisation, wenn sie auf Situationen so reagiert, dass sie es besser macht, als ihre Kritiker erwartet haben.


Aber ich bleibe dabei: Ich bin LERNFÄHIG!

Gib mir also eine Liste von Kulturen, die es besser gemacht haben bzw. eine Erklärung der Ursachen, wie Du in einem vorherigen Beitrag angedeutet hast. Du hattest vage etwas von "wirtschaftlichen Ursachen" erwähnt, aber bist dann auf meine umfassenden Ausführungen zum Thema nicht eingegangen! Stattdessen kritisierst Du meine Argumente in einer nicht-konstruktiven Art und Weise. Kein schöner Diskussionsstil. Also. Ich höre?


Gruß
W.
 
Woodstock am 29.01.2007 15:32 schrieb:
aph am 29.01.2007 14:48 schrieb:
Öhm, Reformationskompetenz von innen heraus ist ungefähr das letzte, was ich mit der Katholischen Kirche in Zusammenhang bringe. Sie hat doch vielmehr stets nur auf das Unvermeidliche reagiert - sei es Luther, sei es Darwin oder eben Kondome/AIDS. Und das mit erheblicher Verzögerung.

Das als großartige Leistung von innen heraus zu bezeichnen, ist glaube daneben gegriffen. Wo hat sie denn wirklich mal "Jahrzehnte voraus" gelegen? Und vor allem: Wem voraus?

Dass du ausgerechnet die Gegenreformation bringst, die ja schon vom Begriff her ein nachträgliches Reagieren ist, finde ich lustig. :)

Schön, dass Du das lustig findest. Ich finde es nicht lustig, sondern interessant, wieso eine Revolution, die dem Menschen keine große Veränderung brachte, als Reformation in die Geschichte eingeht und die eigentliche Reformation als Gegenreformation bezeichnet wird, obwohl sie eine der umfassensten Reformationen war, die im Ergebnis viel umfangreicher war, als es Luther je hätte fordern können.

Aph, ich will Dir nicht zu Nahe treten. Aber informier Dich doch bitte mal in entsprechender Fachliteratur. Möglichst Primärquellen und gleich diese Infos mit eigenen Beobachtungen ab.

Die Katholische Kirche hat nie auf das Unvermeidliche reagiert. Sie ist immer ihren eigenen Weg gegangen. Im Selbstverständnis der Katholische Kirche hat sie es gar nicht nötig. Das zeigt sie doch in den letzte JAhrzehnten, in denen sie konsequent auf Zeitgeist verzichtet hat. Gleichzeitig bezieht sie Stellung und ich glaube Du warst der einzige Mensch, von den ich privat oder in den Medien gehört habe, der die Rolle des Vatikans beim Ende des Kalten Kriegs konsequent abstreitet.

Die Einführung des Christentums im Römischen Reich unter Konstantin hat dem Römischen Reich noch einmal einen nicht unerheblichen Aufschwung gegeben und massiv zur erneuten Stabilität beigetragen.

Die Päpste der Renaissance haben maßgeblich das Selbstbild der Menschen in Europa verändert. Sie haben Wissenschaft, Kunst und Kultur massiv finanziert. Speziell die architektonischen Auswüchse und Exzesse wurden u.a. mit Ablass finanziert. Die hier entstehende Ungerechtigkeit führte zur "Reformation", die jedoch eine Abspaltung war. Es war eine Rückbesinnung der Katholischen Kirche, die schließlich ein neues Selbstverständnis des Papstums brachte und tatsächlich eine umfassende Reformation im eigentlichen Sinne schaffte. Wenn die Kirche gewollt hätte, hätte sie weitermachen können. So wie viele andere Religionen auch stehen geblieben sind. Dir hilft es wahrscheinlich nicht zu erfahren, dass sie Reformation in den Regionen stattfand, die schon immer traditionell papstfeindlich eingestellt waren, wobei die Ursachen der Ablehnung in den frühen Kolonialphasen des 10. Jahrhunderts zu finden ist. (In etwa das Gebiet östlich der Elbe und Norddeutschland nördlich der Mittelgebirge). Ein weiteres Indiz für eine Revolution.

Die Reichskirche des frühen HRR hat die Verwaltung und Wirtschaft getragen. In einer Zeit als die Mehrheit der Kaiser, Könige, Herzöge, Grafen und des gerade entstehenden Ritterstands noch nicht einmal schreiben konnten, wäre ohne die Kirchenorganisation nichts gelaufen. Die Kirche stellte im Jahr 967 mehr als 50% der Panzerreiter (Vorstufe des Rittertums). Ohne Katholische Kirche wäre der Wirtschaftsaufschwung im 10. und 11. Jahrhundert nicht möglich gewesen. Die Kirche war ihrer Zeit ca. 3 Jahrhundere voraus, bis zum Beispiel die Hanse einen ähnlichen Grad an Vernetzung erreichen konnte. Die Hanse - und damit der Beginn des Bürgertums - wäre ohne diesen vorher gelaufenen Wirtschaftsaufschwung nicht möglich gewesen.

Selbsterneuerungsprozesse durch Menschen wie Benedikt von Nursia oder Franz von Assisi sind eigentlich Schulwissen und hätten Dir selbst einfallen können. Die Dominikaner wiederrum, die zwar in der Inquisition aktiv waren, zeichnen sich durch eine demokratische Verfassung aus und etablierten Bildungsstandards, die soweit gehen, dass sogar heute noch indische Hindu-Familien ihre Kinder lieber auf eine Dominikanerschule schicken, als in andere (staatliche) Lehreinrichtungen, weil die Dominikanerschulen in Indien mit Abstand die beste Qualität der Lehre liefern. Achso: Schulen, die von Hindu-Organisationen getragen werden, gibt es komischerweise nicht. Muss wohl wieder eine dieser typischen Verfehlungen der bösen katholische Kirche sein, dass sie sich um die Bildung von Kindern kümmert ohne auf Stand des Kindes Rücksicht zu nehmen. Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir gerne ein paar indische Freunde nennen, die das bestätigen.

Die Bedeutung des Konzils von Nicäe kannst Du selbst nachlesen. Wie man in diesem für die Organisation so wichtigen Treffen und einer so umfangreichen Neuordnung eine Reaktion auf das Umvermeidliche machen will, bleibt mir schleierhaft.

Abgesehen davon ist es nicht die schlechteste Eigenschaft einer Organisation, wenn sie auf Situationen so reagiert, dass sie es besser macht, als ihre Kritiker erwartet haben.


Aber ich bleibe dabei: Ich bin LERNFÄHIG!

Gib mir also eine Liste von Kulturen, die es besser gemacht haben bzw. eine Erklärung der Ursachen, wie Du in einem vorherigen Beitrag angedeutet hast. Du hattest vage etwas von "wirtschaftlichen Ursachen" erwähnt, aber bist dann auf meine umfassenden Ausführungen zum Thema nicht eingegangen! Stattdessen kritisierst Du meine Argumente in einer nicht-konstruktiven Art und Weise. Kein schöner Diskussionsstil. Also. Ich höre?


Gruß
W.

ihr wollt doch nur in die chat-statistik für die meisten geschriebenen worte :P

die kirche hat die menscheit weitergebracht?
war es nicht eher der fall das die menschen die religion weitergebracht und verändert haben? waren es nicht menschen die sich weiterentickelt haben, und auch die kirchen weiterentwickelt haben???

was mit der kirche bzw religion passiert ist, kann man heutzutage "live" in der politik mitverfolgen :B
eine instituzion der regeln, die geschaffen wurde um die menschenrechte wahrzuhalten und die menschheit vor sich selbst zu schützen :rolleyes:
die kirche wie auch die politik beschäftigen sich lieber mit sich selbst und vergessen irgendwann sich um "ihre" menschen zu kümmern.
zugegeben ist es eine gute sache den menschen "seelischen" halt zu geben, aber dafür zahlen wir ja auch :B

religion, ist eine gute sache!!!!(ernst gemeint)
was die menschen daraus machen ist manchmal nicht so gut!
 
Woodstock am 29.01.2007 15:32 schrieb:
Gib mir also eine Liste von Kulturen, die es besser gemacht haben bzw. eine Erklärung der Ursachen, wie Du in einem vorherigen Beitrag angedeutet hast.
Gruß
W.
Entschuldige den nur kurzen Ausriss, aber definiere mir bitte "die es besser gemacht haben". Besser als wer? Als "wir"? Was ist besser? Ist es besser?! Irgendwie wage ich zu bezweifeln, dass wir es besser haben, in Anbetracht dessen, dass Industriestaaten höhere Raten an psychisch Erkrankten haben als die anderen Staaten... ich bezweifle, dass die Sinnfindungsfrage (die ich als absoluten Blödsinn, da nicht relevant betrachte), die von religiösen Institutionen vorangetrieben wird, wirklich besser ist als es hätte sein können ohne all die Institutionen. All die Jahrhunderte ohne Kirche... dann wären wir heute vielleicht eine homogenere Weltgemeinschaft. Zumindest eher.
 
plutonium67 am 29.01.2007 16:31 schrieb:
Woodstock am 29.01.2007 15:32 schrieb:
Gib mir also eine Liste von Kulturen, die es besser gemacht haben bzw. eine Erklärung der Ursachen, wie Du in einem vorherigen Beitrag angedeutet hast.
Gruß
W.
Entschuldige den nur kurzen Ausriss, aber definiere mir bitte "die es besser gemacht haben". Besser als wer? Als "wir"? Was ist besser? Ist es besser?! Irgendwie wage ich zu bezweifeln, dass wir es besser haben, in Anbetracht dessen, dass Industriestaaten höhere Raten an psychisch Erkrankten haben als die anderen Staaten... ich bezweifle, dass die Sinnfindungsfrage (die ich als absoluten Blödsinn, da nicht relevant betrachte), die von religiösen Institutionen vorangetrieben wird, wirklich besser ist als es hätte sein können ohne all die Institutionen. All die Jahrhunderte ohne Kirche... dann wären wir heute vielleicht eine homogenere Weltgemeinschaft. Zumindest eher.

psychisch Kranke gab es schon immer. Sie tauchen in unseren Statistiken auf, weil wir dank Wissenschaft psychisch Kranke als Kranke sehen. Egal.

Fragen wir persönlich:

In welcher Kultur würdest Du lieber leben? Alle die, die Religion ablehnen, müssten eigentlich christliche Kulturen wählen, weil nur dort die Idee von Atheismus existiert.

Die Gründ hierfür haben wir oben ausführlich diskutiert.
 
plutonium67 am 29.01.2007 16:31 schrieb:
ich bezweifle, dass die Sinnfindungsfrage (die ich als absoluten Blödsinn, da nicht relevant betrachte), die von religiösen Institutionen vorangetrieben wird, wirklich besser ist als es hätte sein können ohne all die Institutionen. All die Jahrhunderte ohne Kirche... dann wären wir heute vielleicht eine homogenere Weltgemeinschaft. Zumindest eher.

Erklär mir bitte, wieso alle Menschen religiöse Ideen entwickelt haben und wieso ausgerechnet in christlichen Kulturen eine Kultur entstanden ist, die die Sinnfindungsfrage in Frage stellt.
 
Woodstock am 29.01.2007 16:45 schrieb:
psychisch Kranke gab es schon immer. Sie tauchen in unseren Statistiken auf, weil wir dank Wissenschaft psychisch Kranke als Kranke sehen. Egal.

Mir musst Du nichts erzählen. Krankheiten wie Schizophrenie sind gleichermassen verteilt, bipolare Störungen, Depressionen und Suizidversuche wie auch -durchführungen sind in den Industriestaaten, der "entwickelten Welt" sozusagen, um ein vielfaches höher. Womit hat das wohl zu tun? Weil wir "besser" sind?!

Und vor allem "Dank Wissenschaft": Dank Wissenschaft, dass immer mehr psychische Störungen leichterer Form "erfunden" werden, damit man ja Medikamente entwickeln und absetzen kann? Ist das wirklich Fortschritt?

In welcher Kultur würdest Du lieber leben? Alle die, die Religion ablehnen, müssten eigentlich christliche Kulturen wählen, weil nur dort die Idee von Atheismus existiert.

Die Gründ hierfür haben wir oben ausführlich diskutiert.

In keiner religiös geprägten Kultur. Zumindest in keiner, die ihre Religiosität aufdrängt wie so viele Religionen in Vergangenheit und Gegenwart.

Erklär mir bitte, wieso alle Menschen religiöse Ideen entwickelt haben und wieso ausgerechnet in christlichen Kulturen eine Kultur entstanden ist, die die Sinnfindungsfrage in Frage stellt.
Ganz einfach: Weil die Kirche im Mittelalter vorgab, was wohl der Sinn des Lebens sei. Philosphen in der Antike hatten den Sinn schon einfach auf die Glückseligkeit reduziert, was allemal sympathischer und schon weit fortschrittlicher war, als die Kirche es den Menschen aufdrückte. Auch hier: ein weiterer Rückschritt. Du vertrittst wohl immer den Punkt, die Kirche habe so tolles für uns geleistet, weil sie immer verhindert hat und als Folge darauf Freigeister sich anmachten, endlich Fortschritte zu machen. Ohne das Diktat der Kirche wären wir heute viel weiter.
 
Woodstock am 29.01.2007 15:32 schrieb:
Du hattest vage etwas von "wirtschaftlichen Ursachen" erwähnt, aber bist dann auf meine umfassenden Ausführungen zum Thema nicht eingegangen! Stattdessen kritisierst Du meine Argumente in einer nicht-konstruktiven Art und Weise. Kein schöner Diskussionsstil. Also. Ich höre?

Würde ich machen, wenn ich arbeitslos wäre, und auch sonst keine Hobbies hätte. Wie du bereits schriebst, kann man das nicht umfassend in solch einem Forum abhandeln. Die von dir erwähnten angeblichen Reformer hatte ich in der Schule nicht, weil die in der DDR nun mal nicht behandelt wurden.

Die Gegenreform kam aber nicht VOR Luther, oder? Entscheid dich mal: Ist die Kirche nun Jahrzehnte voraus, oder verweigert sie sich dem Zeitgeist? Beides geht ja wohl nicht.

Der Hauptgrund aber, warum ich mich hier nicht intensiver beteilige, ist dass ich all diese Begriffe zu schwammig finde, um mich darüber zu streiten. Was heißt denn schon "eine Gesellschaft prägen"? Was heißt "auf christlichen Werten fußen"? Das ist doch alles Hühnerkacke.

Wichtig ist stattdessen zu untersuchen, warum einzelne Menschen sich verhalten wie sie es tun. Und warum (aus Folge dessen) Mehrheiten von Menschen sich in einer bestimmten Weise verhalten. Solche Verallgemeinerungen und Abgrenzungen wie "WIR, HIER machen es BESSER" helfen uns in keiner Weise weiter.

PS: Der Vatikan hat nicht die Mauer zu Fall gebracht. Was ein Schwachsinn schon wieder, ey. Erst soll es Kohl gewesen sein, dann der Vatikan - aber dass es jemand aus dem Ostblock war, womöglich sogar das Volk - darauf kommt niemand im Westen.
 
Woodstock am 29.01.2007 16:45 schrieb:
In welcher Kultur würdest Du lieber leben? Alle die, die Religion ablehnen, müssten eigentlich christliche Kulturen wählen, weil nur dort die Idee von Atheismus existiert.
Nein.
Das Atheismus die christliche Kultur vorraussetzt, ist nur eine (nicht belegte) Behauptung von dir. Ich kenne mehrere (in Israel lebende) atheistische Juden und auch japanische Atheisten. Und jetzt komm bitte nicht mit "Ja, aber ohne das Christentum wären sie nie auf die Idee gekommen..." ;)
 
plutonium67 am 29.01.2007 17:42 schrieb:
In welcher Kultur würdest Du lieber leben?

In keiner religiös geprägten Kultur. Zumindest in keiner, die ihre Religiosität aufdrängt wie so viele Religionen in Vergangenheit und Gegenwart.

Erklär mir bitte, wieso alle Menschen religiöse Ideen entwickelt haben und wieso ausgerechnet in christlichen Kulturen eine Kultur entstanden ist, die die Sinnfindungsfrage in Frage stellt.
Ganz einfach: Weil die Kirche im Mittelalter vorgab, was wohl der Sinn des Lebens sei. Philosphen in der Antike hatten den Sinn schon einfach auf die Glückseligkeit reduziert, was allemal sympathischer und schon weit fortschrittlicher war, als die Kirche es den Menschen aufdrückte. Auch hier: ein weiterer Rückschritt. Du vertrittst wohl immer den Punkt, die Kirche habe so tolles für uns geleistet, weil sie immer verhindert hat und als Folge darauf Freigeister sich anmachten, endlich Fortschritte zu machen. Ohne das Diktat der Kirche wären wir heute viel weiter.

Nenn mir bitte eine nicht religiös geprägte Kultur. Sätze wie "dort wo das Leben schöner ist", kann ich auch sagen. Aber ich möchte gerne konkrete Antworten. Wo finde ich eine nicht-religiös geprägte Kultur auf dieser Erde???

Die Religiösität ist also erst mit der Kirche im Mittelalter entstanden? *erstaunt* Die christliche Kirche gab es noch nicht in der Antike? Die Japaner haben nicht seit 2000 Jahren einen Shintoismus? Buddhismus? Hindus? Die ganzen shamanistischen Geisteswelten? Alle erst durch die "Kirche im Mittelalter" entstanden?

Die Philosophen der Antike waren genauso religiös als jeder Papst. Ich bin weiter oben darauf eingegangen. Und immerhin haben die Griechen in ihrer achso so simplifizierten Denkweise mit Reduzierung auf Glückseligkeit solche netten Erfindungen wie die "Herrenrasse" (Zitat Platon) in die Welt gesetzt.

Ich habe nie gesagt, dass die Kirche was tolles geleistet hat. Ich habe gesagt, dass die Kirche ein Denkmodell erlaubt und sogar gefordert hat, welches die Entwicklung des modernen Europas erst möglich machte. Daraus sind Situationen entstanden, in denen Menschen etwas tolles geleistet haben, was Menschen in anderen Kulturen offensichtlich nicht konnten.

Aber nochmal zur Frage: WELCHE KULTUR IST DAS, die nicht religiös geprägt ist?

W.
 
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