• Aktualisierte Forenregeln

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    Forenregeln


    Vielen Dank

Putsch (-versuch?) in der Türkei

Wow. Weitere Meldungen demnächst: [...]

Hm, Du solltest das durchaus ernst(er) nehmen. :(

Ich selbst halte ja relativ wenig von Ratingagenturen, Wirtschaft & Industrie weltweit dafür aber umso mehr.

Und S&P ist nun einmal der internationale Platzhirsch.

Wenn die so ein Rating raushauen, dann ist das für so ziemlich jede Volkswirtschaft ein echter Schlag in die Magengrube, da sich ein Großteil potentieller Investoren abwenden wird.
 
Die aktuelle Entwicklung in der Türkei erinnert FRAPPIEREND an Deutschland 1933.
Erdogan hat dieses Jahr bereits mehrfach "eindrucksvoll" bewiesen, dass er vollkommen rücksichtslos und irrational handeln kann, daher kann ich Deine Einschätzung, er wäre "vergleichsweise ungefährlich", nur mit einem irritierten Kopfschütteln quittieren.
Vom dritten Reich ging eine massive Gefahr nach außen aus, inklusive extremer Aufrüstung und offenem Bekenntnis zu einer aggressiven Außenpolitik. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehörten Invasionen, Angriffskriege usw. auch noch zur "normalen" Bandbreite von Politik, nicht nur in Deutschland. Das hat sich erst nach den Erfahrungen mit dem WW2 und der Einrichtung der UNO usw. geändert. Seitdem sind Staatsgrenzen im Prinzip absolut und echte Angriffskriege absolut verpönt. Die Situation heute ist also durchaus anders als vor 80 Jahren. Daher lassen sich die Entwicklungen in der Türkei imo auch nicht 1zu1 mit dem Aufstieg der Nazis vergleichen (was nicht heißt, dass es überhaupt keine Ähnlichkeiten in manchen Bereichen gibt).

Natürlich gehen von einer Diktatur bestimmte Gefahren aus, vor allem für die eigene Bevölkerung (bzw. Teile davon). Ich sehe allerdings nicht, warum von der Türkei mehr Gefahr ausgehen sollte als beispielsweise von Saudi Arabien, China, Russland oder auch den USA. In Weißrussland gibt es schon seit Jahrzehnten eine Diktatur, die niemanden im Westen interessiert. Diktatur bzw. Autokratie bedeutet nicht automatisch das immer gleiche Gefährdungspotenzial.

Ich würde übrigens auch bestreiten, dass Erdogan besonders irrational handelt bzw. gehandelt hat. Der Mann ist kein Dummkopf und fast alles, was er bisher gemacht hat, folgt einen bestimmten Plan bzw. hat ein bestimmtes Ziel, den Machterhalt. Und ja, Erdogan ist rücksichtslos. Aber zeig mir mal einen Top-Politiker, der das nicht ist. Mir fällt keiner ein, auch nicht im Westen.

Ich (und da stehe ich wohl nicht alleine da) traue dieser Sucuk ohne Weiteres einen Völkermord zu. Und wer zu sowas fähig ist, hat wohl auch keinerlei Probleme damit, einen Krieg vom Zaun zu brechen.
Warum sollte er das tun und mit wem? Einen Völkermord (wie auch immer man den jetzt definieren will) traue ich übrigens vielen Staaten und Menschen dieser Welt zu, nicht nur der Türkei.

1933 konnte sich übrigens auch so gut wie niemand vorstellen, dass keine sieben Jahre später schon wieder die "Rückrunde" zu 1914-18 ausgerufen werden sollte.
Das Aggressionspotenzial der Nazis war wohlbekannt. Man ging nur nicht davon aus, dass sie so schnell aufrüsten würden.

Geschichte wiederholt sich leider (fast) immer, daher sollte man bei entsprechenden "Warnzeichen" durchaus alarmiert sein.
Wie kommst du darauf, dass ich dagegen wäre, dass man die Sache kritisch im Auge behält. Ich habe nirgendwo behauptet, dass die Türkei ein Non-Issue wäre. Ich habe mich nur gegen die auf dieses Problem eingeengte mediale Aufmerksamkeit ausgesprochen.

Im Gegensatz dazu misst Du m. E. der US-Präsidentenwahl eine viel zu große Bedeutung bei. Selbst *wenn* (was ich nicht glaube) Trump die Wahl gewinnen sollte, halte ich ihn für völlig ungefährlich. Der Kerl ist nur ein ziemlich dämlicher Dampfplauderer; unter einem Präsidenten Trump wird vermutlich GAR nichts passieren, es wird weder eine "Mauer" geben (zu teuer, zu unrealistisch), noch wird es eine "Ausweisung sämtlicher Muslime" geben.
In einem Punkt gebe ich Dir aber recht: ich halte Clinton für viel "gefährlicher" als Trump, einfach weil die Frau intelligent ist. ;)
Es ist ja nicht "nur Trump". Es sind große Teile der Bevölkerung, die sich gegenseitig aufschaukeln (wie übrigens auch in der Türkei und anderswo). Trump steht nicht im luftleeren Raum, ebenso wenig wie Clinton. Die haben ihre Unterstützer auf allen Ebenen. Viele Neocons scharren schon mit den Hufen, ganz gleich, ob Trump oder Clinton Präsident wird. Die Pläne zum Einmarsch in den Iran liegen bestimmt schon bereit. Ich halte also nicht Trump als Einzelkämpfer für gefährlich. Ich halte es für gefährlich, dass er eine aggressive Rhetorik pflegt und unglaublich leicht für Dummheiten missbraucht werden könnte.

Und die USA haben im Gegensatz zur Türkei ihr massives außenpolitisches Bedrohungspotenzial schon eindrücklich in der jüngeren Vergangenheit unter Beweis gestellt, siehe Afghanistan, siehe Irak, siehe Lybien, siehe Syrien. Dort sind tatsächlich jede Menge Leute gestorben und sterben immer noch und kein "Check" in den USA wollte oder konnte das verhindern. Im Gegensatz dazu ist die Türkei fast ein Pazifistenstaat.

Aber hier kommt wohl wieder unsere typische Schwarz-Weiß-Sicht auf die Welt zum Tragen. Die USA sind in "unserem Lager", also gehören sie zu den Guten, egal was sie machen (egal ob Angriffskrieg, ob Bombardierung von Städten, ob gezielte Morde, ob Folter, ob Internierung ohne Richterspruch usw). Gleiches gilt für Frankreich, GB, Deutschland usw. Wenn der gute Westen sein militärisches Potenzial auspacken, dann ist es bestimmt für die gerechte und gute Sache. Bei den bösen Muslimen oder den Staaten in Mittel- und Südamerika ist das natürlich was GANZ anders, ist klar. Wenn der Trump oder die Clinton mit den Säbeln rasseln, lehnen wir uns schön im Sessel zurück, wird ja bestimmt einen anderen treffen. Bei bösen Russen oder Türken ist man sich da natürlich nicht so sicher... %)

Aber warum siehst Du Venezuela dann als eines der international vorrangigsten Probleme an, mit dem sich die EU beschäftigen muss bzw. sollte? :B
Ich sehe die Vesorgung von Menschen, die akut von Hunger und Tod bedroht sind, immer als vorrangiges Problem an, das magst du mir verzeihen. Misst du nicht mit zweierlei Maß, wenn du möglichen Völkermord verhindern willst, aber gleichzeitig das reale und aktuelle Sterben durch Hunger ignorierst?

Hitler hat man auch mal für ungefährlich gehalten ...
Das ist kein Argument und das weißt du auch. Da musst du schon mehr aufbieten, wenn du mich überzeugen willst. ;)


Edit: Die größten Druckmittel der EU sind imo übrigens ihre Touristen und ihr Geld. Bleiben die langfristig aus, könnte Erdogan im eigenen Lager enorm unter Druck geraten. Aber dazu kommt es ja eh nicht.
 
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Wenn der Trump oder die Clinton mit den Säbeln rasseln, lehnen wir uns schön im Sessel zurück, wird ja bestimmt einen anderen treffen. Bei bösen Russen oder Türken ist man sich da natürlich nicht so sicher... %)
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Das ist kein Argument und das weißt du auch. Da musst du schon mehr aufbieten, wenn du mich überzeugen willst. ;)
Das ist exakt genauso viel "Argument" wie "Ich persönlich halte auch Erdogan vergleichsweise für ziemlich ungefährlich."
 
Ich sehe die Vesorgung von Menschen, die akut von Hunger und Tod bedroht sind, immer als vorrangiges Problem an, das magst du mir verzeihen. Misst du nicht mit zweierlei Maß, wenn du möglichen Völkermord verhindern willst, aber gleichzeitig das reale und aktuelle Sterben durch Hunger ignorierst?

Du fängst doch jetzt nicht schon wieder bitte mit solchen Unterstellungen an, oder? :|

Venezuela ist kein Problem, im Sinne einer möglichen "Bedrohung".
Es steht doch völlig außer Frage, dass die internationale Staatengemeinschaft, Europa inklusive, humanitäre Hilfe leisten muss - und das auch tun wird.
Aber abgesehen von einer möglichen Hungersnot/Zusammenbruch der med. Versorgung, etc. - was natürlich schlimm genug ist! - droht doch kein (interner) militärischer Konflikt, geschweige denn geht eine Bedrohung von Venezuela aus.

Und über nichts anderes diskutieren wir hier. Es ist ein unglaublich schlechter Diskussionsstil, wenn Du immer vollkommen unsachliche, in erster Linie emotional-aufgeladene "Schein"argumente einwirfst.
Du bist Akademiker, da erwarte ich, ehrlich gesagt, ein deutlich höheres Niveau.
 
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Du fängst doch jetzt nicht schon wieder bitte mit solchen Unterstellungen an, oder? :|
Wie kann eine Frage gleichzeitig eine Unterstellung sein? %)

Venezuela ist kein Problem, im Sinne einer möglichen "Bedrohung".
Ich halte die Türkei auch nicht für eine akute Bedrohung, insbesondere für Menschen außerhalb der Türkei. Das ist ja gerade die Crux bei der Geschichte bzw. der Punkt, worin wir uns in unserer Einschätzung wohl deutlich unterscheiden.

Und über nichts anderes diskutieren wir hier. Es ist ein unglaublich schlechter Diskussionsstil, wenn Du immer vollkommen unsachliche, in erster Linie emotional-aufgeladene "Schein"argumente einwirfst.
Du bist Akademiker, da erwarte ich, ehrlich gesagt, ein deutlich höheres Niveau.
Von welchem "emotional aufgeladenem Scheinargument" sprichst du genau? Wenn du mir schon ein Scheinargument unterstellst, würde ich zumindest gerne wissen, worum es es dabei handeln soll und warum das ein Scheinargument sein soll. Ich habe hier schon einiges geschrieben und dir en detail geantwortet bzw. meinen Standpunkt dargelegt, ganz nüchtern und sachlich (wenn auch teils mit spitzer Zunge formuliert). Bist du sicher, dass du hier nicht irgendwas reininterpretierst (ich habe nämlich eher den Eindruck, als wären hier andere deutlich emotionaler als ich)? ;)

Das ist exakt genauso viel "Argument" wie "Ich persönlich halte auch Erdogan vergleichsweise für ziemlich ungefährlich."
Nicht ganz. Ich habe ganz deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das meine persönliche Einschätzung der Lage ist (und dies in anderen Posts auch begründet, nur so am Rande). Dein Kommentar hingegen hat überhaupt keine persönliche Komponente und ist ein inhaltsleerer Allgemeinplatz (den man auf jede beliebige Person anwenden kann), nur dazu gedacht, meine Position pauschal zu diskreditieren. Aber geschenkt, was solls. ;)
 
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Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in der EU aktuell noch ernsthaft eine mittelfristige Aufnahme der Türkei in Erwägung zieht. Das hat Erdogan auf alle Fälle mal effektiv verhindert.
 
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in der EU aktuell noch ernsthaft eine mittelfristige Aufnahme der Türkei in Erwägung zieht. Das hat Erdogan auf alle Fälle mal effektiv verhindert.

Bitte Artikel lesen, die Überschrift ist daran das absolut Unwichtigste. ;)
 
Bitte Artikel lesen, die Überschrift ist daran das absolut Unwichtigste. ;)
Hab ich doch, mein Bester. Die Aussage in der Überschrift läutet übrigens unmittelbar Rodriks Zukunftsaussichten im Artikel ein. In keinem Szenario spricht er von einem drohenden Völkermord. Bürgerkrieg hingegen sehe auch ich als realistisches Szenario. Aber der schwelt in der Türkei ja leider schon seit vielen Jahren.

Insgesamt halte ich Rodriks Aussagen bzw. Thesen für ziemlich nachvollziehbar.


Mehr (Hintergrund-)Lesestoff für Interessierte:
https://www.project-syndicate.org/commentary/turkey-coup-erosion-of-law-by-dani-rodrik-2016-07
https://www.project-syndicate.org/c...-relations-failed-coup-by-sinan-ulgen-2016-07
https://www.project-syndicate.org/c...-turkish-secularism-by-shlomo-avineri-2016-07
https://www.project-syndicate.org/commentary/turkey-failed-coup-secret-weapon-by-adeel-malik-2016-07
https://www.project-syndicate.org/c...gan-power-trap-by-nina-l--khrushcheva-2016-07

Edit: Und https://www.project-syndicate.org/o...a-in-world-politics-by-yascha-mounk-1-2016-07
[...]

Figures like Trump, Erdoğan, and Le Pen differ in their ethnic allegiances, economic views, and religiosity. But they share a view of liberal democracy’s shortcomings that makes them likely to transform their countries in surprisingly similar ways. All of them (and many others) claim that their countries’ most important problems cannot be solved unless a true representative of the people shoves aside the artificial obstacles – from separation of government powers to a politically correct concern for ethnic and religious minorities – that now block realization of the popular will.

“From a populist perspective,” Princeton University’s Jan-Werner Mueller points out, “this makes perfect sense: why should [leaders] accept checks on their power if they represent the authentic will of the people?” Populist leaders who win power “can live with representative democracy; what they cannot accept is political pluralism and the notion of legitimate opposition.”

Political scientists usually term this form of rule “illiberal democracy.” As the Anglo-Dutch writer Ian Buruma, drawing on the insights of Alexis de Tocqueville, argues: “What is steadily falling away is not democracy, but the restraints that de Tocqueville thought were essential to make liberal politics work.” In other words, “populist leaders regard their election by the majority of voters as a license to crush all political and cultural dissent.”

Evidence of this approach is surely abundant in much of Central and Eastern Europe. The combination of charismatic leadership and raw majoritarianism that started in Russia with the rise of Vladimir Putin at the turn of the century soon emerged in Turkey under Erdoğan, then in Hungary under Viktor Orbán, and now in Poland under the Law and Justice (PiS) party’s government.

In each of these countries, a dominant populist leader is following the rulebook described by Mueller and Buruma. First, he undermines vital checks on his power like independent courts or electoral commissions. Then he stifles dissenting voices by taking control of state media or silencing private media. In the process, he shores up popular support by scapegoating old elites as well as the foreigners and minorities with whom they are supposedly in league.

[...]

In my view, the choices facing us in the next decades may be far starker than the optimists admit. There are three reasons why attempts to shore up living standards are unlikely to stem the populist threat: the right policies might not be adopted; even if they were adopted, they might fail to redress economic grievances sufficiently; and, most important, even if they did redress economic grievances, they would not necessarily defuse the culturally-based anxieties of many citizens. As Harvard’s Ricardo Hausmann emphasizes – and as the Brexit vote clearly showed – the “sense of ‘us’” is more important to many people than achieving greater success through integration with “others.”

We are accustomed to thinking of our political system as a set of countervailing forces, in which discontent among one segment of the population leads to corrective action, like a social program to ease their problems and defuse their anger. But once the system becomes sufficiently dysfunctional, countervailing forces may give way to mutually reinforcing feedback loops. As Kemal Derviş, Turkey’s former minister of economic affairs and a vice president of the Brookings Institution, argues, the “great paradox” of our time “is that if the rise of identity politics continues, governments will be even less able to address the problems that are fueling it.”

This implies that redistribution and compensation of globalization’s losers will not be enough, and that liberal democracy is likely to become an increasingly unstable political compound. As the conflict between liberalism and democracy escalates, we should expect two new regime types to emerge. One is illiberal democracy, in which public policy reflects populist frustration and anger, regardless of the cost to economic health or the rights of minorities. The second is what I have called “undemocratic liberalism,” a system in which rational economic policies and the rule of law are upheld by technocratic elites who routinely overrule their supposed constituents.

Either way, Lévy’s “bling brigades” herald more than an age of bad taste. They remind us that the political epoch in which we could trust that the champions of continuity would ultimately defeat the agents of disruption is over, probably for good. As Turkey’s failed coup attempt demonstrates, when the rule of law and the institutions that depend on it are hollowed out in the name of majoritarian rule, there are no reliable circuit-breakers left. In the end, the clash between illiberal democracy and undemocratic liberalism might even be decided in the streets – with liberal democracy gravely imperiled, regardless of who wins.
 
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Nicht ganz. Ich habe ganz deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das meine persönliche Einschätzung der Lage ist (und dies in anderen Posts auch begründet, nur so am Rande). Dein Kommentar hingegen hat überhaupt keine persönliche Komponente und ist ein inhaltsleerer Allgemeinplatz (den man auf jede beliebige Person anwenden kann), nur dazu gedacht, meine Position pauschal zu diskreditieren. Aber geschenkt, was solls. ;)
Ähm, nein. Da es einige Parallelen zu den Entwicklungen der Nazizeit gibt, ist diese nun mal ein optimales Vergleichsbeispiel und natürlich ist da keine persönliche Komponente bei, weil ich damals noch nicht gelebt habe. :B
Aber das war in keinster Weise dazu gedacht, dich persönlich zu diskreditieren, sondern lediglich dazu, aufzuzeigen, daß man "vorher" nicht sehen kann, was dieser Typ später mal alles verursacht.

Heute hingegen haben wir diesen Vergleich und diese Parallelen und es stellt sich die Frage, ob wir aus der Geschichte gelernt haben oder ob es nachher wieder keiner gewußt haben will ...
 
In keinem Szenario spricht er von einem drohenden Völkermord. Bürgerkrieg hingegen sehe auch ich als realistisches Szenario.

Hm, ich habe doch auch nirgendwo einen "drohenden Völkermord" erwähnt.

Ich zitiere mich selbst:

"Ich (und da stehe ich wohl nicht alleine da) traue dieser Sucuk ohne Weiteres einen Völkermord zu. Und wer zu sowas fähig ist, hat wohl auch keinerlei Probleme damit, einen Krieg vom Zaun zu brechen."

Das heißt, ich sehe es als möglich an, dass sich Erdogan im Worst Case endgültig der Kurden (und sämtlicher innenpolitischer Gegner) entledigen will. "Möglich", im Sinne von, "ich möchte das beim besten Willen nicht ausschließen".

Das heißt aber nicht, dass ich daran glaube, oder es für wahrscheinlich erachte, dass eine solche Katastrophe unmittelbar bevorsteht (=droht).

Trotzdem geben mir aktuelle Entwicklungen in der Türkei den Anlass zur Sorge, dass sich die Angelegenheit noch deutlich schlimmer entwickeln könnte.
 
Hm, ich habe doch auch nirgendwo einen "drohenden Völkermord" erwähnt.
Das war auch eher auf Worrel gemünzt. ;)

Das heißt, ich sehe es als möglich an, dass sich Erdogan im Worst Case endgültig der Kurden (und sämtlicher innenpolitischer Gegner) entledigen will. "Möglich", im Sinne von, "ich möchte das beim besten Willen nicht ausschließen".

Das heißt aber nicht, dass ich daran glaube, oder es für wahrscheinlich erachte, dass eine solche Katastrophe unmittelbar bevorsteht (=droht).

Trotzdem geben mir aktuelle Entwicklungen in der Türkei den Anlass zur Sorge, dass sich die Angelegenheit noch deutlich schlimmer entwickeln könnte.
Wobei ich aber die Kurden jetzt nicht als wehrloses Opfer ansehen würde. Die sind durchaus fähig, sich zu verteidigen. Falls Erdogan auf die Idee kommen sollte, die Kurden massiv anzugreifen, dann wird es imo eher zu einem Bürgerkrieg kommen.


@Worrel
Aus der Geschichte zu lernen, heißt aber auch, Entwicklungen genau zu betrachten und nicht nur Gemeinsamkeiten sondern auch Unterschiede aufzuzeigen. Ich stimme dir ja völlig zu, dass die Entwicklung in der Türkei bedenklich ist und Erdogan und Co. durchaus zu diversen Verbrechen fähig sind. Allerdings gibt es imo eben auch Punkte, die imoeiner eher weniger pessimistische Einschätzung ermöglichen. Einer der zentralen Punkte ist, dass Erdogan kein fundamentalistischer Ideologe ist, sondern primär ein Machtpolitiker. Seine politische Motivation ist die Erhaltung der eigenen Macht und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Ich würde ihn daher als narzistischen Opportunisten bezeichnen, aber nicht als Überzeugungstäter, der bestimmte Politik aus ideologischer Verblendung heraus verfolgt. Das unterscheidet ihn imo auch zentral von Hitler bzw. dem dritten Reich. Denn die Nazis hatten ein klar ideologisch getragenes politisches Programm, das auf Rassismus, Kulturenkampf und Heldenmythos zugeschnitten war. Daraus erklärt sich sowohl der Völkermord an den Juden als auch die Kriegspolitik. Die AKP und Erdogan setzen zwar auf Nationalismus und eine bestimmte Religiosität, aber deutlich weniger stark ideologisch getrieben. Sie dienen eher als vereinigendes Element, um sich dem Zusammengehörigkeitsgefühl der Massen zu bedienen. In einem solchen Szenario kann sich die Wut natürlich auf Minderheiten konzentrieren, wie etwa die Kurden. Der Unterschied ist jedoch, dass wegen des deutlich geringeren ideologischen Hasses Widerstand deutlich einfacher und umfangreicher möglich ist, von innen wie auch von außen. Deshalb halte ich persönlich einen ausgewachsenen Völkermord auch für unwahrscheinlich. Einzelne Übergriffe sind wahrscheinlich und auch eine Art Bürgerkrieg halte ich für möglich, aber keine breit angelegte "Vernichtung", wie sie einen Völkermord charakterisieren würde.
 
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