Boesor am 16.12.2007 15:27 schrieb:
Ich glaube das ist auch die Forderung die hier (fast) alle erheben. Kein Mensch spricht von Luxus oder ähnlichem.
Ein Vollzeitjob muss zum Leben reichen!
Das war auch meine Intention. Und alle Arbeitgeber die dies nicht schaffen, haben imho ihre Daseinsberechtigung verwirkt. Parade(klischee)beispiel ist da eben die PIN gewesen: Ein Zusteller arbeitet Vollzeit, macht unbezahlte Überstunden, und muss mit Hartz4 aufstocken, um Rechnungen zu bezahlen bzw. die Familie halbwegs durchfüttern zu können. Selbst mit Aufstockung reicht es nicht für "Luxus". Ich glaube Neid spielt da keine große Rolle, eher das eigene Selbstwertgefühl: Man fühlt sich bestimmt recht "doof", wenn man trotz Vollzeit und Zuschuss vom Statt am Ende nicht einmal genug Geld hat, um 1x pro Jahr für 2 Wochen in die Eifel zu fahren, oder dem Kind zu Weihnachten einen Nintendo DS zu kaufen. Gut, Urlaub und Technik sind Luxusgüter, aber etwas Zerstreuung haben sicherlich auch "Minderqualifizierte" verdient, gerade wenn die auch noch eine Familie versorgen müssen.
Mir ist klar, dass ein Postzusteller nicht den Betrag verdienen sollte, wie ein Gehirnchirurg oder Hauptkommissar, aber ein gewisser Lebensstandart sollte trotzdem drin sein. Ohne Aufstockung durch das Amt. Erneut: Kein Luxus wie BWM, Rolex, 3x Urlaub im Jahr in den USA, sondern nur ein Leben, das man leben kann.
Arkasi am 16.12.2007 15:44 schrieb:
Was die Weiterbildung anbelangt, so ist das hauptsächlich Sache des Arbeitnehmers und nicht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber will lediglich eine spezielle Tätigkeit verrichtet wissen. Warum soll er extra Kosten in Kauf nehmen, wenn diese unnötig sind.
Weiterbildungen aus eigener Tasche zu zahlen ist in Deutschland utopisch und schlicht realitätsfremd. Bereits eine spezifische Weiterbildung zur Altenpflegefachkraft mit dem Schwerpunkt auf bestimmte Behandlungen kostet locker über 3000 Euro, und wird meist als Vollzeitkurs angeboten. Gleiches gilt für Zertifikate im Umgang mit bestimmten IT-Technologien. Diese Maßnahmen dauern zwischen 6 und 36 Monate, und können nicht mal eben am Abend erledigt werden. Wie soll also jemand, der arbeitet, am Ende des Monats vll. noch 50 Euro übrig hat, und bereits voll ausgelastet ist, auch noch aus eigener Tasche eine Weiterbildung bezahlen? Vom Staat gibt es keinen Zuschuss. Weiterbildungen gibt es nur "gesponsored" (nennt sich bei uns "Bildungsgutschein"), wenn man arbeitslos und unterqualifiziert ist (keinen richtigen Schulabschluss, abgebrochene Ausbildung). Leider nicht machbar. Und diese Crashkurse an Volkshochschulen die 3 Wochen dauern, und immer Abends abgehalten werden, taugen kaum etwas.
Ich zahl mir meine Schulungen ja auch weitgehend selbst, denn ich bin es ja letztlich, der davon profitiert.
Schön für dich. Dann hast du wohl genug Geld und einen Job, der das auch ermöglicht. Fällt der Groschen?
Deutschland:
Unterschicht: Kaum fair bezahlte Jobs, ergo auch kein Geld / keine Möglichkeiten an Weiterbildungen teilzunehmen, bzw. gefördert zu werden. Viele Menschen mit Migrantenhintergrund. Weiterbildung mit Qualifizierung nur möglich, wenn man ALG2 bezieht und als "hoffnungsloser" Fall angesehen wird. Zugestandene Weiterbildungen reichen dann aber meist nur dafür, dass man wieder einen Job in der Unterschicht bekommt. Kinder dieser Schicht schlagen oftmals den gleichen Werdegang ein, und dank entsprechend schlechter Schulförderung werden stetig weitere Generationen von „Unterschichtlern“ produziert.
Mittelschicht: Vom Aussterben bedroht, Möglichkeiten da.
Oberschicht: Besitzt gute Ausbildung / abgeschlossenes Studium, finanzielle Unterstützung aus der Familie. Oftmals Job der entsprechend bezahlt wird, und weitere Fortbildungen / Weiterbildungen ermöglicht - aus eigener Tasche.
Alles kein Sci-Fi. Meine Thesen hier wurden 2007 sogar durch offizielle Studien der Bundesregierung bestätigt. Gerade die „Mittelschicht“, die in den 80ern so verbreitet war, löst sich immer mehr auf. Entweder man schafft den Sprung nach oben, oder man rutscht ab, weil plötzlich der Job weg ist oder eine Krankheit dazwischen kommt.
Regards, eX!
Edit:
Arkasi am 16.12.2007 15:59 schrieb:
Er bekommt eine Chance, vielleicht nutzt er sie, vielleicht nicht, aber er hat eine Chance. Er kann auch weiterhin arbeitslos sein, doch irgendwann erreicht man einen Punkt, wo Arbeitslosigkeit im Lebenslauf ein unüberwindbarer Hemmschuh wird. Niemand erwartet oder verlangt, dass man bei solchen Firmen ewig bleibt, sie sind als Sprungbrett gedacht.
Nur fungieren sie oftmals eben nicht als Sprungbrett. Jedenfalls nicht als Sprungbrett in die Mittelschicht.
Wenn man keine Leute mit entsprechender Qualifikation am Arbeitsmarkt vorfindet, dann muss man sie eben selbst ausbilden, sofern das in vernünftiger Zeit machbar ist. Das hat nichts mit Philosophie zu tun, sondern mit Notwendigkeit.
Deiner These nach, soll sich jeder selbst um Bildung kümmern. Erneut meine These: Wie, wenn der Arbeitnehmer kein Geld / keine Zeit hat? Verantwortlich für flächendeckende Bildung sind Staat, Betriebe und Bildungsinstitutionen. Immerhin bieten einige FHs jetzt auch Studiengänge für Realschüler an, was vorher auch nicht vorhanden war.
Wenn dir so ein Job nicht paßt, dann mach ihn nicht.
Ich kenn mich mit Hartz4 und den Sperrzeiten nicht aus, aber wenn man nicht das annimmt, was einem angeboten wird, dann hat man schnell gar kein Geld mehr. Klar, man soll arbeiten, aber ich habe das Gefühl, dass viele Menschen von einer Zeitarbeitsfirma zur nächsten tingeln, ohne aber eine Verbesserung der Perspektiven erwarten zu können. Die machen dies, weil es vom Staat diktiert wird, und nicht weil es sie weiterbringt oder ein erträgliches Lebensniveau sichert.