Julkorn am 15.07.2006 23:05 schrieb:
@Hobbitmeister
Tatächlich scheint es mir auch, daß das momentane israelische Verhalten unverhältnismäßig ist. Ich hatte auch schon zweifelnde Gedanken darüber, ob die hohe Zahl der Toten nicht schon längst jede Relation zu den drei gekidnappten Soldaten und zu dem einen getöteten jungen Mann verloren hat.
Ich denke, die Israelis wollen damit aber ganz allgemein deutlich machen, daß sie endlich keine Raketen mehr auf den Kopf geworfen kriegen wollen, niemand sich mehr in ihren Städten in die Luft sprengen soll und niemand mehr entführt und/oder getötet werden soll.
Sie wollen einfach klarmachen, daß der Preis für derartiges Verhalten extrem hoch ist.
Mag sein, daß die Israelis das ausdrücken wollen, nur dann sollen sie das auch tun. Im Moment profitieren nämlich einzig und allein die Terrororganisationen von der aktuellen Lage und das wird sich auch kaum ändern. Jeder Zivilist, der durch die israelischen Attacken zu Schaden kommt, ist ein potentieller Unterstützer der Terrororganisationen. Jeder dieser Menschen hat Verwandte, Freunde und Bekannte und das sind insgesamt eine Menge Menschen. Wenn nur 1% davon sich rekrutrieren läßt, ist das ein enormer Erfolg und in Israel werden wieder wandelnde Bomben unterwegs sein.
Aber am Ende sind die Israelis auch hilflos. Sie haben keine andere Wahl als sich so zur Wehr zu setzen, dabei führt auch dieser Weg letztlich nicht zum Erfolg. Ich denke nicht, daß es da eine Lösung gibt.
Israel ist schon seit Jahren hilflos, denn mit dem eingeschlagenen Weg können sie nicht gewinnen.
Es ist übrigens völliger Blödsinn, daß sich Israel nicht auch anders wehren könnte. Die Hisbollah hockt weder am Flughafen noch auf Brücken noch auf Landstraßen rund um Beirut herum, sondern bekanntermaßen im Süden, wo sie froh und munter mit Raketen herumballern. Dort soll man bombardieren, wo man mit ein wenig Glück vielleicht sogar einen Terroristen erwischt.
Man könnte auch endlich vernünftige Reaktionen auf Anschläge ausarbeiten und nicht für 2-3 entführte Soldaten einen Flächenbrand auslösen.
Dann gibt es natürlich noch den anderen Weg, wie ihn Jitzchak Rabin eingeschlagen hat. In den Monaten vor seiner Ermordung durch einen radikalen Israeli gab es so wenig Anschläge wie noch nie und erstmals in der langen und blutigen Geschichte dieses Konfliktes, war ein Ende in Sicht.
Das Traurige an der Sache ist, daß in Israel offenbar lauter Idioten leben. Man kann nicht mit aus allen Rohren feuernd Frieden verlangen und vielleicht kapieren die Israelis auch irgendwann, daß sie kein gleichberechtigter Partner in Verhandlungen sind.
Jedes Mal wenn ein Israelischer Flieger ein Ziel bombardiert hat, gab es dafür einen Befehl von seinem Kommandanten, der bekam den Befehl von einem Vorgesetzten,..(Befehlskette durchgehen).., bis man irgendwann beim Premier oder Verteidigungsminister anlangt. Hier wird unmittelbar Kontrolle ausgeübt. Es kommt nicht vor, daß ein Kampfpilot gerade sauer ist, einen Jet schnappt und irgendwas abschießt.
Ganz anders sieht das bei den Terrororganisationen aus. Deren Anführer haben zwar eine große Klappe (vorallem in Videobotschaten), aber sie haben kaum Kontrolle über ihre Leute. Wie auch, Kontrolle erfodert zwingend Kommunikation und diese läßt sich zurückverfolgen und genau das können sie sich nicht leisten.
Selbst wenn man die Anführer an den Verhandlungstisch bringt und einen Frieden aushandeln könnte, dann ist auf israelischer Seite garantiert, daß er auch seitens des Verhandlers (Regierung) eingehalten wird, also das Militär aus dem Spiel bleibt. Was einzelne Menschen machen, kann niemand sagen.
Rabin hat das erkannt und einseitig versucht halbwegs den Frieden zu wahren und das mit meßbarem Erfolg. Solange Israel nicht ungezielt zurückschlägt, kommen keine neuen Feinde hinzu und die alten sprengen sich eh in die Luft oder werden erwischt, verschwinden also mit der Zeit.
Leider waren seit Rabins Ermordung nur militante Nachfolger am Zug und sie hatten keinen Erfolg - werden sie auch nicht haben.