Ein großartiger Artikel den ich leider erst jetzt entdeckt habe.
Nachdem das Meiste ja hier bereits in Kommentaren angesprochen wurde, möcht ich gern mal das Augenmerk auf MMOs richten. Denn wenn man sich die so anschaut und ansieht was für Figuren der Großteil an Spielern erstellt wird schnell klar wo das wahre Problem liegt: es sind die Spieler.
Ich bin froh um jeden fetten, entstellten , disproportionalen älteren Charakter, um jede kleinbrüstige, zerlumpte, mit Akne verseuchte kurzhaarige Nicht-Blond/Schwarzhaarige Charakterine und alles was sonst noch nicht ideal ist, nicht schön ist. Ich danke allen Entwicklern die entsprechende Slider und Verunstaltungsoptionen einbauen ganz besonders wenn es über die typische Narbe-quer-übers-Auge hinausgeht. Genau solche Figuren erstelle ich gerne (sofern es zum Gesamtkonzept der Figur passt, was es oft tut). Natürlich habe auch ich "schöne" Figuren, in SW:TOR wäre das sogar eine meiner beiden Hauptfiguren aber eben aus dem Grunde dass sie einfach ungeheuer wohlhabend ist und vom Konzept her dann eines Tages beschloss in die Politik zu gehen. Die andere Hauptfigur ist ein schmierbäuchiger, glatzköpfiger, dauergeiler Anarcho-Söldner der in seiner Freizeit Songs schreibt wie "Big Guns, Big Buns". Dazu kommt eine äh.. latent agressive *hust* Zabrak die ganz sicher r keinen Schönheitswettbewerb gewinnen wird und im Übrigen ebenso wie im Artikel als "seltsam" kritisiert so überhaupt keine Ahnung von Romantik hat und auch kein Interesse daran hat - aus gutem Grund (aufgewachsen als Sklavin, als Teenagerin zur Gladiatorin gemacht, kurzum sie hat einfach nie Zeit dafür gehabt sondern um ihr Überleben gekämpft bis sie frei kam, seitdem sieht sie sich einfach als lebende Waffe der Gerechtigkeit und betrachtet sich ohnehin als "hätte längst tot sein müssen").
Für jede Figur von meinen Freunden und mir die vielleicht nicht einem Ideal entsprechen mag (und die anderer Rollenspieler) treffe ich allerdings auf mindestens 30 die genausogut den Aufdruck "Geile Olle Höhö" oder "Muckimus Maximus" tragen könnten und ich bin das schon ziemlich lange leid. Ich freu mich jedes Mal über einen Kumpel von mir dessen erklärtes Ziel ist, dass seine Hauptfigur das hässlichste ist was man irgendmöglich erstellen kann, einfach als Kontrapunkt.
Natürlich ist das in gewissem Sinne eine Kontrareaktion aber im Ernst... nach der 30ten Mary Sue wird man es irgendwann leid.
Aus genau diesem Grund verstehe ich sogar wieso George R. Martin seinerzeit gefragt wurde wie er es schafft so glaubwürdige weibliche Figuren zu schreiben (allein dass die Frage gestellt wurde ist skurril) - seine Antwort darauf war für mich legendär: Weil er sie wie Menschen behandelt. (Siehe:
George R. R. Martin on writing women. - Imgur ).
Das ist nämlich der Clou: Frauen sind Menschen. Und genau so sollte man sie auch schreiben, als Menschen mit Stärken und Schwächen und allem was dazu gehört. Wann immer ich eine Figur erschaffe, mache ich mir einfach eine Liste und für jede positive Eigenschaft wird ebenso eine negative hinzugefügt. Fertig ist die vollautomatische Niemals-Mary-Sue Maschine.
Leider stehen dem gegenüber jeweils dutzende "Wenn ich schon ne Figur von hinten seh, dann soll se auch n geilen Arsch ham!" und "Alter boar die Muckis sind geil" Figuren deren gesamtes Konzept damit auch bereits beschrieben wäre. Würg.