bierchen am 02.06.2005 16:32 schrieb:
Deine Quelle beweist aber nicht, dass Verfassungsgegner besser über den Inhalt Bescheid wissen (die PDS [>> Petra Pau] lehnt die Verfassung nämlich ab: http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=5764 )
Deine Quelle beweist imho viel mehr meine obige Hypothese, dass die Frage nach der Zustimmung oder Ablehnung der EU-Verfassung weniger eine Frage nach dem konkreten Inhalt derselben und ihren Auswirkungen ist, sondern die, wie man persönlich zur EU steht. [/quote]
Mag sein, dass auf beiden Seiten zu viele Leute zu wenig informiert sind.
Aber wessen Fehler ist das dann?
Wenn mir ein Politiker verspricht, es gäbe keinerlei Alternativen zu etwas, dessen Inhalt er aber nicht einmal selbst genau kennt - wie glaubwürdig ist er dann noch?
Außerdem - und das muss noch einmal deutlich gesagt werden - muss man, um den Vertrag abzulehnen, nicht sämtliche 400 Seiten gelesen haben.
Es genügt schon ein zentraler Punkt, den man persönlich entschieden ablehnt.
Eine Metapher zum Gebrauchtwagenkauf sei mir erlaubt:
Bei einem Auto, bei dem mich schon die verbeulte Lackierung abstößt, muss ich nicht noch erst den Motor und Elektronik viele Stunden lang auf weitere Fehler kontrollieren, um es (mit gutem Recht) abzulehnen.
Als eine Unverschämtheit würde da wohl jeder von uns empfinden, wenn der Verkäufer ihn daraufhin als Dummkopf beschimpfen würde, "weil er sich nicht ausreichend mit dem Angebot" befasst hat.
Verfassungsbefürworter stehen hingegen - moralisch gesehen - in einer strengeren Pflicht:
diese müssten
eigentlich den ganzen Text lesen, verstehen und gutheißen, wenn Ihre Entscheidung wirklich fundiert sein soll.
Es reicht schon, eine einzelne Seite nicht gelesen und verstanden zu haben, um das moralische Recht zu verlieren, überhaupt mit "Ja" zu stimmen.
Eigentlich.
bierchen am 02.06.2005 16:32 schrieb:
Deine Quelle beweist imho viel mehr meine obige Hypothese, dass die Frage nach der Zustimmung oder Ablehnung der EU-Verfassung weniger eine Frage nach dem konkreten Inhalt derselben und ihren Auswirkungen ist, sondern die, wie man persönlich zur EU steht.
Natürlich.
Es kann gut sein, dass die Bürger teilweise
auch über das abgestimmt haben, was ihnen die EU persönlich bis jetzt gebracht hat:
Es ist leider ein Fakt, dass nur wenige Bürger die EU als in irgend einer Art als "vorteilhaft" wahrnehmen können. Die Vorzüge der totalen Niederlassungsfreiheit z.B. können leider nur sehr wenige, reiche Menschen wirklich ausnutzen. Von polnischen Monatslöhnen um die 500,- € profitiert in unserem Land leider nur derjenige Unternehmer, der sich leisten kann, im Osten der EU überhaupt ein Unternehmen zu gründen.
Vom Normalbürger wird die EU eher mit den folgenden Begriffen assoziert:
Teuro, Osterweiterung, Arbeitslosigkeit (Flut von Lohndumpern), Aufblühen der Wirtschaft in den neuen Beitrittsländern auf Kosten steigender Armut in den Gründerländern, nicht nachvollziehbare Vorschriften aus Brüssel z.B. für Landwirtschaft, soziale Spannungen in den Städten, etc.
Da fragt man sich doch, warum?
Ist der europäische Normalbürger einfach nur dumm und charakterlich so verdorben, dass er etwas Gutes und Heiliges aus Spaß zerstören will?
Oder sind die oben genannten, negativen Begriffe vielleicht doch nicht ganz vom Himmel geholt?