Ich kann nicht 100%ig nachvollziehen, warum einige von euch ein Statement von mir fordern – meine Meinung ist in dem besprochenen Kommentar vertreten, und ich stehe zu ihr. Trotzdem will ich mich äußern, denn offensichtlich bin im ungeübt im Ausdrücken von Sichtweisen. Möge Klarheit folgen!
Zuerst einmal: Die Vermutung, dass die Kolumne bewusst provokant formuliert wurde, trifft zu. Will man erhört werden, muss man rütteln. Im Zahmen liegt die Langeweile. Das ist mein Mantra als Autor, und wenn ich einmal übers Ziel hinausschieße, möge man mir das verzeihen unter der Bedingung dieser Einsicht: Ich bin jung und lernfähig.
Zur Sache. In der Kolumne mache ich meinem Ärger Luft über jene, die blind alles verteufeln, was ihre Anonymität im Internet stört. Diese Personen schreien wild, wenn man ihr Verhalten im Netz protokolliert, aber sie vergessen, dass sie selbst beim Brezelkauf registriert werden. Sie vergessen, dass Cookies ihre Surfgewohnheiten verfolgen. Sie vergessen, dass sie nicht mal den Fernseher einschalten können, ohne dass der Sender dies erfasst und zur Auswertung verwendet. Hier beschwert sich keiner, weil es vielleicht als Selbstverständlichkeit verdrängt wird. Aber kaum handelt es sich ums Internet, startet fast automatisch empörtes Wutgebrüll. Ist das nicht ein seltsames Ungleichgewicht?
Es geht um Werbeplakate in einem Computerspiel. Darum, dass der Werbende erfasst, ob man sich für die Reklame interessiert oder nicht. Ich erkenne auch nach angestrengtem Nachdenken keinen Grund, warum das jemand ernsthaft stören sollte. Trotzdem ist die Entrüstung allgegenwärtig. Wieso? Mein Gespür sagt mir: Weil der User etwas zu verbergen hat und befürchtet, dass nicht nur seine Konsumgewohnheiten abgetastet werden, sondern auch, ob er regelmäßig Emule & Co anwirft.
Es wurde in diesem Thread häufig genannt: 1984. Es ist ein gern zitiertes Buch, allerdings wird es – wie ich finde – regelmäßig im falschen (besser: ungenauen) Zusammenhang verwendet. Klar: Die totale Überwachung ist Teil des Themas. Aber die totale Überwachung gewinnt vor allem dadurch ihre Bedrohlichkeit, dass sie die freie Meinungsäußerung verhindert. Andersdenkende verschwinden, werden ermordet oder einer Gehirnwäsche unterzogen. Das Buch beschreibt, was möglich ist in einer Welt, in der anderen der Mund verboten wird. Werbeplakate in einem Computerspiel und die Tatsache, dass aufgezeichnet wird, ob und wie lange man sie betrachtet – das hat damit nur bedingt etwas zu tun. Es kommt keine Reklamepolizei vorbei, um den Spielenden abzuholen, weil er nicht intensiv genug das Coca-Cola-Logo studiert hat.
Man hat mir vorgeworfen, die beiden Personen, die die Werbekampagne von Massive in SWAT 4 aufgedeckt haben, als paranoide Spinner hinzustellen. Hierzu möchte ich deutlich sagen: Es gehört schon etwas Fantasie dazu, das aus meinem Kommentar herauszulesen. Ich habe die beiden überspitzt als Detektive bezeichnet, nichts sonst. Es ist interessant zu beobachten, wie falsche Behauptungen sich fortsetzen von Nachricht zu Nachricht; immer mehr gerät in Vergessenheit, was überhaupt in der Kolumne drin steht.
Noch eine Bemerkung zum Abschluss: Wer SWAT 4 ab jetzt boykottieren will, muss konsequenterweise alle Produkte ignorieren, die zukünftig Werbung enthalten könnten. Und das sind, wenn man sich die Publisher-Liste auf
http://www.massiveincorporated.com (der Firma, die für die Reklame verantwortlich ist) ansieht, schon verdammt viele.