Hallo zusammen,
glücklicherweise bin ich mit der Auswertung doch schneller fertig geworden als gedacht, so dass ich euch nun verdientermaßen auch vom konkreten Hintergrund meiner Arbeit sowie den Ergebnissen berichten kann.
Allgemein zugrunde liegt dem Ganzen eigentlich, dass sich in Forschung und Praxis immer wieder gezeigt, dass MMORPGs mit Abstand deutlich häufiger und auch deutlich länger gespielt werden als andere PC- und auch Videospiele. Da ich selber Gamer bin und auch über längere Zeit intensiv Diablo II LoD und LOTRO gespielt habe, konnte ich es eine Zeitlang sogar am eigenen Leib erfahren. Deshalb interessiert mich jetzt die Frage (wie auch bereits bei meiner Bachelorarbeit), welche Eigenschaft oder welcher (ggf. psychologische) Mechanismus die Grundlage dieser offensichtlich besonderen Attraktivität ist.
Die aktuelle Arbeit bezieht sich konkret auf die Frage, ob MMORPGs in besonderem Maße einen (bewussten oder auch unbewussten) Einfluss auf die Stimmungsregulation haben. Basieren tut diese Vermutung auf diversen bereits bestehenden Befunden, z.B. dass vergleichbare Effekte bereits beim Glücksspiel und beim problematischen Internetgebrauch (i.S. von sehr häufig) gezeigt werden konnten und dass problematisches Spielverhalten bei MMORPGs, welches im Übrigen über viele Studien nur bei gut 10% der Spieler gezeigt werden konnte, relativ hoch mit "Depressivität" und/oder negativem Affekt zusammenhängt.
In diesem Sinne wollte ich Spieler durch meine WoW-Bilder (Experimentalgruppe) in den Spielkontext hineinversetzen, um einen möglichen stimmungshebenden Effekt im Vergleich zu Comicbildern (Kontrollgruppe) überprüfen zu können. Zugegeben sind Bilder dafür nicht ideal geeignet, aber diese waren im Rahmen eines Internetexperiments und meiner Möglichkeiten am einfachsten zu implementieren. Man könnte die Leute natürlich idealerweise direkt ins Labor holen und spielen lassen, aber ehrlichgesagt halte ich von solchen künstlichen Situationen relativ wenig und in Göttingen würde ich mich darüber hinaus schwer tun genügend zu bekommen. Einige von Euch haben im Feedback freundlicherweise angegeben (danke!), dass die Bildauswahl alles andere als Ideal war. Das ist definitiv wahr, das ist mir im Nachhinein auch nochmal umso mehr deutlich geworden. Da ich WoW selber nicht spiele, war ich in dieser Sache leider auf einen Kollegen angewiesen, so dass ich im Endeffekt nehmen musste was es gab und es dann auch ziemlich schnell gehen musste. Ich habe diesen Punkt aber in der Arbeit diskutiert und werde ihn beim vielleicht nächsten Mal definitiv berücksichtigen! Die sieben traurigen Bilder am Anfang stammen übrigens aus einem in der weltweiten Forschung eingesetzten System (dem International Affective Picture System), welches über 1000 Bilder verschiedenster Emotionen beinhaltet. Jene die ihr gesehen habt, sind die sieben traurigsten daraus und sollten dem Zweck dienen, alle Teilnehmer auf einem möglichst gleichen (niedrigen) Stimmungslevel zu Anfang zu halten, um einen Steigerungseffekt eher ermöglichen zu können.
Was die Ergebnisse betrifft (endlich! ^^), so hat sich meine Vermutung eines stimmungshebenden Effekts nicht gezeigt. Es gibt jedoch eine Reihe anderer Befunde, die ganz interessant sind. So hat sich zum Beispiel auch in meiner Arbeit gezeigt, dass problematisches Spielverhalten hoch (r = .56) mit Depressivität korreliert. Das wurde jeweils durch die negativ angehauchten Fragen zu Anfang und Ende erhoben. In Bezug auf die Richtung dieses Effekts können allerdings keine Aussagen getroffen werden. Mir persönlich ist es an dieser Stelle wichtig anzumerken, dass lediglich bei knapp 15% der Spieler ein problematisches Spielverhalten gezeigt werden konnte, was wirklich nicht viel ist. Vielleicht ist dies auch einfach mal ein klares Zeichen in die Richtung, wie schlimm (oder eben nicht schlimm!) das Online Gaming im Alltag tatsächlich ist. Auch wenn ich dazu aktuell keine Zahlen vorliegen habe, so bin ich mir doch ziemlich sicher, dass Bereiche wie Facebook, Online-Wetten, -Poker usw. mit deutlich höheren Zahlen einhergehen. Weiterhin lassen die Ergebnisse vermuten, dass Spieler mit einem problematischen Spielverhalten insgesamt sensibler gegenüber Stimmungsveränderungen zu sein scheinen und zwar nach unten sowie nach oben, unabhängig von WoW. So zeigte sich, dass diese Spieler sowohl nach den traurigen Bildern eine deutlich höhere Stimmungsreduktion als auch nach den WoW und den Comicbildern (ohne Unterschied) einen deutlich höheren Stimmungsanstieg hatten als alle anderen Spieler. Ein sehr interessanter Befund meiner Meinung nach. Ich bin ja schon des Öfteren auf das Vorurteil gestoßen, mit meiner Arbeit belegen zu wollen, dass WoW Spieler Emotionskrüppel sind. Ungeachtet dessen, dass das mit meiner Fragestellung natürlich absolut nichts zu tun hatte, zeigt dies aber doch so ziemlich das Gegenteil, zumindest bei Spielern mit problematischem Spielverhalten. Über Gründe, Folgen usw. kann an dieser Stelle aber natürlich nur spekuliert werden.
Ich danke euch allen auf jeden Fall noch einmal ganz herzlich für eure Teilnahme, euer Vertrauen und eure Geduld. Ihr habt mich damit wirklich enorm bei meiner Arbeit unterstützt!
Leider gab es auch ein paar Fälle, in denen Teilnehmer meinten, mich mit Aussagen wie "Penis und Vagina" und "Voll schwul du Homo" in meinen Textfeldern beglücken zu müssen, was mich zugegeben doch auch ein bisschen bei meiner Auswertungsarbeit amüsiert hat, doch war der allgemeine Tenor doch ein sehr positiver. Das ist wirklich schön und für Internetexperimente durchaus nicht immer üblich. Außerdem gab es auch wirklich viele positive Anmerkungen sowie einiges an konstruktiver Kritik (positiv wie negativ). Über beides habe ich mich außerordentlich gefreut! In diesem Sinne auch an dieser Stelle noch einmal vielen Dank!
Beste Grüße,
Hans
(hans.gehrke@stud.uni-goettingen.de)