• Aktualisierte Forenregeln

    Eine kleine Änderung hat es im Bereich Forenregeln unter Abschnitt 2 gegeben, wo wir nun explizit darauf verweisen, dass Forenkommentare in unserer Heftrubrik Leserbriefe landen können.

    Forenregeln


    Vielen Dank

Wikileaks.de: Hausdurchsuchung wegen Internet-Zensurliste?

Boesor am 26.03.2009 12:48 schrieb:
Ich muss aber auch sagen, dass ich diesbezüglich noch nicht betroffen war, also Seiten nicht ansurfen konnte. Vielleicht würde das dann meine Empörung steigern und mich dazu bringen, meinen Allerwertesten zu bewegen.

Wenn du darauf wartest, wird es längst zu spät sein, noch was dagegen zu tun.

Es geht darum, dass das Werkzeug an sich falsch und gefährlich ist. Nicht, was mit dem Werkzeug gemacht wird. Wer wie ich Angst davor hat, muss JETZT dem Provider Bescheid geben, was er davon hält.
 
Boesor am 26.03.2009 12:39 schrieb:
aber habe ich bei manchen rausgelesen, dass z.B. die Abschaltung/Sperrung rechtsradikaler Seiten eine beschneidung unserer grundrechte wäre? Ich hoffe doch nicht.
Bei der Abschaltung werden die meisten auf einer Linie liegen, solang der Rechtsweg eingehalten wird und es nicht einzig durch die Exekutive durchgeführt wird. Prinzipiell gilt es halt abzuwägen, wie ernst man die Rede- und Meinungsfreiheit wirklich meint.

Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang mal ein Zitat von Christopher Hitchens aus einer Rede in Kanada anlässlich von zensorischer Gesetzgebung:
Bear in mind, ladies and gentlemen, that every time you violate or propose to violate the free speech of someone else you, in potensia, you are making a rod for your own back...who is going to decide? To whom do you award the right to decide which speech is harmful or who is the harmful speaker or to determine in advance what are the harmful consequences going to be that we know enough in advance to prevent? To whom would you give this job? To whom are you going to award the task of being the censor? Isn't it a famous old story that the man who has to read all of the pornography in order to see what is fit to be passed and what is fit not to be, is the man most likely to become debauched? Did you hear any speaker in opposition to this motion eloquent enough to whom you would delegate the task of deciding for you what you could read? To whom you would give the job of deciding for you -- relieve you of the responsibility of hearing what you might have to hear? Do you know anyone? Hands up! Do you know of anyone to whom you'd give this job? Does anyone have a nominee? You mean there's no one in Canada good enough to decide what I can read? Or hear? I had no idea...but there's a law that says there must be such a person...or there's some subsection of some piddling law that says it. Well, to hell with that law then! It's inviting you to be liars and hypocrites and to deny what you evidently know already...
 
LowriderRoxx am 26.03.2009 13:32 schrieb:
Boesor am 26.03.2009 12:39 schrieb:
aber habe ich bei manchen rausgelesen, dass z.B. die Abschaltung/Sperrung rechtsradikaler Seiten eine beschneidung unserer grundrechte wäre? Ich hoffe doch nicht.
Bei der Abschaltung werden die meisten auf einer Linie liegen, solang der Rechtsweg eingehalten wird und es nicht einzig durch die Exekutive durchgeführt wird.

Alles klar, dann sind wir einer Meinung.
 
Die Übereinkunft mit den ISP's war AFAIK nicht so richtig, dass hat unsere gute Ministerin wieder falsch rübergebracht. Man kann dass auch auf Heise nachlesen (2.Absatz) Internetwirtschaft: Sperrung von Kinderporno-Seiten nutzlos. Es reiht sich ein in andere Fehlinformationen der Ministerin. Es würde ihr gut passen, denn dann hätte sie ja die anderen schön an den Pranger stellen können.
 
LowriderRoxx am 26.03.2009 09:03 schrieb:
SCUX am 26.03.2009 00:23 schrieb:
kann mir nochmal einer, mit einfachen klaren Worten, erklären was daran verkehrt ist wenn mein Natzanbieter von sich aus Seiten blockiert die Dinge zeigen die ich hier im Land gesetzlich nicht sehen darf :confused: =)
:top:
Lassen wir erstmal die technischen Aspekte beseite.

Zunächst einmal würden sie die Seiten nicht "von sich aus" blockieren, sondern vom BKA oder einer anderen "Behörde" eine Liste mit zu sperrenden Seiten bekommen. Über diesen Zensurvertrag zwischen BKA und ISP hat auch schon der CCC berichtet. Also obliegt es dem BKA zu entscheiden, was man sehen darf und was nicht. Selbst wenn man blauäugig jedwede Form von Missbrauch als ausgeschlossen ansieht, ist es grundsätzlich schon höchst bedenklich, wenn jemand anderes darüber entscheiden darf. Wenn dann noch keinerlei Transparenz gewährt wird, wofür ja auch die Sperrung/Verfolgung von Whistleblower im Bezug auf die Zensurlisten spricht, ist schon der Gedanke von effektiver Kontrolle ad absurdum geführt.

Die bekannten KiPo-Zensurlisten anderer Länder zeigen eindeutig, dass nur ein Bruchteil der Seiten wirklich KiPo-Seiten sind: Schweden (7 von 1000+), Dänemark (9 von 3600+). Der Rest sind bestenfalls Seiten, die auf besagte Seiten verlinken, aus welchem Grund auch immer, und schlechtestensfalls Seiten, auf denen über die Thematik berichtet wird. Auch wird klar, dass der absolute Großteil der in diesen Listen gesperrten Seiten im Zugriffsbereich der westlichen Justiz liegt. Wie bereits im oben verlinkten CCC-Beitrag gefragt, warum zur Hölle soll die Darstellung zensiert werden, wenn man durch den gleichen Ermittlungsprozess eh die Standorte der Server herausfindet und sie für die Justiz erreichbar sind? Warum nicht die Server selber dichtmachen und vielleicht sogar die Hintermänner einsacken? Deutschland zusammen mit den Niederlanden auf Platz 3 ... da gibts genug im Zuständigkeitsbereich von Schäuble und von der Leyen.
Stattdessen lieber die Bürger in ihrer Kommunikationsfreiheit einschränken und zensieren sowie Kollateralschäden in Kauf nehmen. Zumal, wie auch schon richtig bemerkt, das ganze im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung zu unerwarteten Besuchen führen kann. Jedwede Beteuerung, dass nur die Anzahl der versuchen Zugriffe zum BKA übertragen wird, ist in sich schon absurd.

Führt das nicht zwangsläufig zu der Vermutung, dass es gerade nicht um die Bekämpfung von KiPo geht? In diesem Heise-Artikel ja schon gezeigt, in welche Richtung es gehen soll:
Auch im Cyberspace habe die Freiheit ihre Grenzen, hinterfragten sie zugleich indirekt einen auf Kinderpornographie begrenzten Ansatz: Auch Rassismus und Gewaltverherrlichung, Volksverhetzung oder Nazi-Propaganda dürften im Netz nicht geduldet werden.
Schwarz auf Weiss, es soll nur eine Infrastruktur geschaffen werden, mit der man die Bürger vor "gefährlichen" Inhalten beschützen kann. KiPo und Rechtsradikale sind ja eh immer leichte Ziele, wenn es um die Beschneidung von Grundrechten geht. Da kann man schon mal drüber hinwegsehen, wenn Meinungsfreiheit und Versammlungsrecht ausgesetzt werden. Die Richtung ist völlig inakzeptabel, jede Form von Zensur, egal wie abartig das zensierte auch ist, führt unweigerlich zu weiteren Zensurbestrebungen von anderen Interessengruppen. Kleines Beispiel gefällig? Von KiPo zum Urheberrecht in 12 Minuten


Starker Text!
Ich möchte noch anmerken dass die Sperren für "interessierte" doch sehr leicht zu umgehen sind, die Sperre wird also nur den Otto-Normal-Nutzer davon abhalten "ausversehen" auf eine solche Seite zu gelangen. Der kommt natürlich zu den Schluß dass beispielsweise jeglicher rechtsextreme Inhalt aus dem Internet verschwunden ist, da er es nicht mehr sieht. Währendessen ist er aber noch vorhanden, und wird konsumiert.

Also nur ein scheinbarer Erfolg. Leider wird das niemand stören, denn der Otto-Normal-Nutzer wird es nie erfahren.
 
moskitoo am 26.03.2009 16:29 schrieb:
Starker Text!
Ich möchte noch anmerken dass die Sperren für "interessierte" doch sehr leicht zu umgehen sind, die Sperre wird also nur den Otto-Normal-Nutzer davon abhalten "ausversehen" auf eine solche Seite zu gelangen. Der kommt natürlich zu den Schluß dass beispielsweise jeglicher rechtsextreme Inhalt aus dem Internet verschwunden ist, da er es nicht mehr sieht. Währendessen ist er aber noch vorhanden, und wird konsumiert.

Also nur ein scheinbarer Erfolg. Leider wird das niemand stören, denn der Otto-Normal-Nutzer wird es nie erfahren.

Umgekehrt aber wird ein Otto-Normal-Nutzer bei Missbrauch dieser Liste zum Abwürgen kritischer Texte, die zB die bestehende Ordnung in Zweifel ziehen, es schwieriger haben, auf solche Informationen zu stoßen. Was ist zB wenn Insiderinformationen über die Hintergründe von G8-Treffen nicht mehr im Netz zu finden sind? Dann können sich weniger Bürger darüber aufregen, und den Regierenden fällt es leichter, berechtigte Kritik zu unterdrücken.

Das ist brandgefährlich, was da passiert.
 
aph am 26.03.2009 16:53 schrieb:
moskitoo am 26.03.2009 16:29 schrieb:
Starker Text!
Ich möchte noch anmerken dass die Sperren für "interessierte" doch sehr leicht zu umgehen sind, die Sperre wird also nur den Otto-Normal-Nutzer davon abhalten "ausversehen" auf eine solche Seite zu gelangen. Der kommt natürlich zu den Schluß dass beispielsweise jeglicher rechtsextreme Inhalt aus dem Internet verschwunden ist, da er es nicht mehr sieht. Währendessen ist er aber noch vorhanden, und wird konsumiert.

Also nur ein scheinbarer Erfolg. Leider wird das niemand stören, denn der Otto-Normal-Nutzer wird es nie erfahren.

Umgekehrt aber wird ein Otto-Normal-Nutzer bei Missbrauch dieser Liste zum Abwürgen kritischer Texte, die zB die bestehende Ordnung in Zweifel ziehen, es schwieriger haben, auf solche Informationen zu stoßen. Was ist zB wenn Insiderinformationen über die Hintergründe von G8-Treffen nicht mehr im Netz zu finden sind? Dann können sich weniger Bürger darüber aufregen, und den Regierenden fällt es leichter, berechtigte Kritik zu unterdrücken.

Das ist brandgefährlich, was da passiert.

Kann ich meinem Handyprovider eigentlich auch mit der Kündigung drohen und wenn es soweit ist, vom sonderkündigungsgrund gebrauch machen? Mit der Simkarte kann ich ja über Handy/Surfstick auch ins Netz. Bin bei dem Rosa Anbieter...
 
Scheinbar ist Udo Vetter jetzt als Verteidiger des Betroffenen tätig und hat passend dazu einen weiteren Eintrag in seinem Blog verfasst, von dem ich zitieren möchte:
Theodor R. wird vorgeworfen, Beihilfe zum Vertreiben von kinderpornografischen Schriften zu leisten. Und zwar dadurch, dass er seine Domain wikileaks.de schlicht und einfach auf die Internetseite wikileaks.org umleitet.

Die Begründung: Auf der verlinkten Startseite von wikileaks.org findet sich unter anderem ein Link zu einer australischen Sperrliste. Diese Sperrliste ist auf Wikileaks nicht nur zum Download als reiner Text verfügbar (Download-Bereich im oberen Teil). Sondern die Liste ist auf der verlinkten Seite im unteren Bereich nochmals wiedergegeben. Mit einem Unterschied: Die gesperrten Internetseiten sind dort per Hyperlink verknüpft.

(...)

Allerdings bedeutet das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ein Alarmsignal für jeden, der einen Link auf wikileaks.org gesetzt hat. Wer nach dort verlinkt, leitet auch weiter und setzt sich, das ist kein Scherz, demselben Verdacht aus wie mein Mandant, der wegen dieser Sache eine Hausdurchsuchung bei Nacht und Nebel über sich ergehen lassen musste.

Wenn man dann weiß, dass die Polizeiaktion nach dem Anruf einer “besorgten Bürgerin” binnen kürzester Zeit ins Rollen kam, kann man sich alles weitere ausmalen.
http://kevinchiu.org/emote/facepalm.jpg
 
LowriderRoxx am 27.03.2009 13:48 schrieb:
Allerdings bedeutet das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ein Alarmsignal für jeden, der einen Link auf wikileaks.org gesetzt hat. Wer nach dort verlinkt, leitet auch weiter und setzt sich, das ist kein Scherz, demselben Verdacht aus wie mein Mandant, der wegen dieser Sache eine Hausdurchsuchung bei Nacht und Nebel über sich ergehen lassen musste.
Das ist ein Riesenproblem. Es soll wohl so sein, dass allein der Aufrug einer Webseite der Sperrliste oder aber einer Seite, die eine der gelisteten Webseiten verlinkt (usw.), zu einem automatischen Notanruf bei der Polizei führt.
Das schafft ein Klima der Angst, wie ich es seit der DDR nicht mehr gekannt habe. Damals wusste man, dass man (bzw. die Eltern) enorme Problem bekommen können, wenn man auf dem Schulhof auch nur erwähnt, dass man eine Sendung aus dem Westfernsehen gesehen hatte. Und jetzt kommt das wieder: Künftig wird man sich dreimal überlegen, wenn jemand einem eine Webseite verlinkt, mit einem Kommentar wie "Hey, lies dir das mal durch - da schreibt ein Insider, wie unsere Regierung versucht Korruption zu verschleiern!". Wenn man dann damit rechnen muss, dass schon bei einem Klick auf den Link morgen die Polizei bei dir stehen könnte, werden der Regierung unangenehme Hintergrundinformationen keine Chance mehr auf eine Verbreitung im Netz haben.

Orwells "1984" ist dann vervollkommnet.
 
LowriderRoxx am 27.03.2009 13:48 schrieb:
Theodor R. wird vorgeworfen, Beihilfe zum Vertreiben von kinderpornografischen Schriften zu leisten. Und zwar dadurch, dass er seine Domain wikileaks.de schlicht und einfach auf die Internetseite wikileaks.org umleitet.

Die Begründung: Auf der verlinkten Startseite von wikileaks.org findet sich unter anderem ein Link zu einer australischen Sperrliste. Diese Sperrliste ist auf Wikileaks nicht nur zum Download als reiner Text verfügbar (Download-Bereich im oberen Teil). Sondern die Liste ist auf der verlinkten Seite im unteren Bereich nochmals wiedergegeben. Mit einem Unterschied: Die gesperrten Internetseiten sind dort per Hyperlink verknüpft.

(...)

Allerdings bedeutet das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ein Alarmsignal für jeden, der einen Link auf wikileaks.org gesetzt hat. Wer nach dort verlinkt, leitet auch weiter und setzt sich, das ist kein Scherz, demselben Verdacht aus wie mein Mandant, der wegen dieser Sache eine Hausdurchsuchung bei Nacht und Nebel über sich ergehen lassen musste.

Wenn man dann weiß, dass die Polizeiaktion nach dem Anruf einer “besorgten Bürgerin” binnen kürzester Zeit ins Rollen kam, kann man sich alles weitere ausmalen.
Das ist allerdings verdammt hart....oO
 
El_Cativo am 27.03.2009 15:59 schrieb:
LowriderRoxx am 27.03.2009 13:48 schrieb:
Theodor R. wird vorgeworfen, Beihilfe zum Vertreiben von kinderpornografischen Schriften zu leisten. Und zwar dadurch, dass er seine Domain wikileaks.de schlicht und einfach auf die Internetseite wikileaks.org umleitet.

Die Begründung: Auf der verlinkten Startseite von wikileaks.org findet sich unter anderem ein Link zu einer australischen Sperrliste. Diese Sperrliste ist auf Wikileaks nicht nur zum Download als reiner Text verfügbar (Download-Bereich im oberen Teil). Sondern die Liste ist auf der verlinkten Seite im unteren Bereich nochmals wiedergegeben. Mit einem Unterschied: Die gesperrten Internetseiten sind dort per Hyperlink verknüpft.

(...)

Allerdings bedeutet das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ein Alarmsignal für jeden, der einen Link auf wikileaks.org gesetzt hat. Wer nach dort verlinkt, leitet auch weiter und setzt sich, das ist kein Scherz, demselben Verdacht aus wie mein Mandant, der wegen dieser Sache eine Hausdurchsuchung bei Nacht und Nebel über sich ergehen lassen musste.

Wenn man dann weiß, dass die Polizeiaktion nach dem Anruf einer “besorgten Bürgerin” binnen kürzester Zeit ins Rollen kam, kann man sich alles weitere ausmalen.
Das ist allerdings verdammt hart....oO


Warten wir noch die Rechtssprechung ab. Dieses Verfahren ist auch aufgrund der fehlenden rechtlichen Grundlage bis jetzt so beschissen gelaufen.

Als Lichtblick: Hat sich jemand das Gerichtsurteil von wegen Verlinkung rechtsextremer Seiten durchgelesen (wird in dem lawblog verlinkt)? Ein Hoch auf das Oberlandesgericht Stuttgart und konkret den Verfasser des Textes zum Urteil (ganz ironiefrei)!! Da kommt doch richtig Hoffnung auf.


EDIT: Danke an alle, die sich die Mühe machen, hier Updates zu posten, und auch an den Threadersteller nochmal :)
 
Dimebag am 27.03.2009 19:01 schrieb:
Warten wir noch die Rechtssprechung ab. Dieses Verfahren ist auch aufgrund der fehlenden rechtlichen Grundlage bis jetzt so beschissen gelaufen.
Die Rechtssprechung ist ja nur der chronologisch letzte Teil des Puzzles. Fakt ist, dass sie einen Laptop sowie eine Festplatte eingesackt haben und dass man solche Sachen oftmals erst nach 6-24 Monaten wiedersieht, wenn überhaupt. Desweiteren ist es sehr bedenklich, dass soetwas als Grundlage für eine Hausdurchsuchung genügen soll.

In diesem Zusammenhang muss ich jedem immer wieder zwei Reden nahelegen:
"Sie haben das Recht zu schweigen" von besagtem Udo Vetter und "Why I am proud to admit that I will never talk to any police officer" von Professor James Duane.

Abgesehen davon ...
Vorhin wurde ich in einem Gespräch mit einem örtlichen Politiker, den ich sehr schätze, den Eindruck nicht los, dass allein eine Erwähnung von Begriffen wie Zensurinfrastruktur mich in seinen Augen zum Verschwörungstheoretiker hat werden lassen. In diesem Falle unbewusst, aus welchem Grund auch immer, aber bei anderen führen vergleichbare Argumentationen eindeutig dazu, dass man als Diskussionspartner nicht mehr ernst genommen wird.

Daher möcht ich nochmal ein Zitat in den Raum werfen, wieder aus einem Heise-Artikel:
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben sich gegen eine strengere Internet-Zensur – mit Ausnahme der Kinderpornografie – ausgesprochen. Schäuble sagte am Sonntag im "Bericht aus Berlin" der ARD: "Bei der Kinderpornografie besteht jetzt Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeit." Mit Blick auf den Amoklauf von Winnenden betonte er: "Das andere muss ein bisschen gründlich diskutiert werden, deswegen möchte ich es auch nicht vermischen." Zypries warnte vor hektischem Aktionismus: "Wir machen ein Gesetz zur Verhinderung der Nutzung von Kinderpornografie im Internet, so muss der Titel sein. Wir dürfen jetzt nicht anfangen, das Telemediengesetz oder andere Gesetze zu ändern."

"Das andere muss ein bischen gründlich diskutiert werden" - das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ist hier irgendjemand nach diesen Aussagen von zwei der verantwortlichen Personen davon überzeugt, dass es bei der KiPo-Zensur bleiben würde? Für mich klingen klare Aussagen gegen Sperren von Sachen abseits der KiPo anders. Dies bestärkt mich eher in der Ansicht, dass es nur der Prolog eines Stückes ist, mit dem Ausblick auf unangenehme Konsequenzen. Haben sich die Leute erst einmal an die Zensur von KiPo und rechtsradikalen Inhalten gewöhnt, ist die Brücke zur Terrorpropaganda und Volksverhetzung schnell geschlagen. Den nächsten Akt des Stückes vermag sich jeder selbst vorzustellen.

Nebenbei erwähnt, ist es nicht amüsant anzusehen, wie Schäuble sich zurückhält, solang von der Leyen die Sau durchs Dorf treibt? Der Name unseres Innenministers wird ja schon vielerorts mit verfassungswidrigen Initiativen assoziiert, aber die Familienministerin hat in der Hinsicht ja noch ein sauberes Image. Macht die ganze Sache wesentlich leichter.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Fokus von klarer, gesetzlicher Regelung hin zu "Verträgen" mit den ISPs geht, weil ihnen klar ist, dass Karlsruhe ihre Arbeit sonst einkassieren und zum Ausstopfen feuchter Schuhe benutzen würde.

Als heiteres Schlusswort: Internetsperre umgehen in 27 Sekunden
 
LowriderRoxx am 27.03.2009 20:52 schrieb:
Dimebag am 27.03.2009 19:01 schrieb:
Warten wir noch die Rechtssprechung ab. Dieses Verfahren ist auch aufgrund der fehlenden rechtlichen Grundlage bis jetzt so beschissen gelaufen.
Die Rechtssprechung ist ja nur der chronologisch letzte Teil des Puzzles. Fakt ist, dass sie einen Laptop sowie eine Festplatte eingesackt haben und dass man solche Sachen oftmals erst nach 6-24 Monaten wiedersieht, wenn überhaupt. Desweiteren ist es sehr bedenklich, dass soetwas als Grundlage für eine Hausdurchsuchung genügen soll.

Nicht falsch verstehen: Ich finde den Ablauf unter aller Sau. Aber ich habe noch Hoffnung, dass eine anständige Gesetzesgrundlage sowas in Zukunft vielleicht noch regelt. Nicht, dass ich sehr zuversichtlich wäre - aber ich warte gern noch etwas ab. Dass Herr Reppe da jetzt drunter leidet, ist zwar schade, aber sowas trifft leider immer jemanden, und er stellt sich ja als guter Präzedenzfall heraus, der nicht sofort schlapp macht.
 
Raptor am 25.03.2009 20:33 schrieb:
Was mich so sehr bedrückt ist hierbei die Tatsache dass

1. normale Medien überhaupt nicht über diesen Vorfall berichten (okay wird wohl nicht genug Quote machen)
2. Einfach die Zahlen von Frau von der Leyen übernehmen. Es gibt keine Beweise oder seriöse Studien für die Zahlen die von der Regierung etc. genannt werden und die die Medien ohne sie zu überprüfen einfach übernehemen.

Dann wird dich das hier freuen:

Schlag gegen Internet-Aktivisten wegen angeblicher Beihilfe zum Vertrieb von Kinderpornografie

Mit einer umstrittenen Durchsuchungsaktion hat die Dresdner Staatsanwaltschaft die Internet-Gemeinde gegen sich aufgebracht. Anfang voriger Woche drangen die Ermittler, ausgestattet mit einem Eilbeschluss, in die Wohnung des Betreibers der deutschen Internet-Seite "Wikileaks" ein und beschlagnahmten einen Laptop und eine Festplatte. Der Mann wurde aufgefordert, die Homepage zu sperren. Wikileaks - mit Hauptsitz in Schweden - hat es sich zur Aufgabe gemacht, interne Papiere von Regierungen und Geheimdiensten anonym zu veröffentlichen. Der Vorwurf gegen den Domain-Inhaber der deutschen Wikileaks-Seite: Beihilfe zum Vertrieb kinderpornografischer Schriften. Grund sind Internet-Sperrlisten der australischen und thailändischen Regierung, die Wikileaks veröffentlicht hat. Die Aktivisten wollten zeigen, dass nicht nur kriminelle Inhalte von Sperrungen betroffen sind, sondern auch normale Seiten. Die deutschen Ermittler glauben jedoch, dass über die auf Wikileaks gezeigten Links der Aufruf von Kinderpornos ermöglicht werde. Die Internet- Gemeinde sieht in der Aktion einen gezielten Angriff deutscher Behörden auf eine unliebsame Seite. Auch der Anwalt des Betroffenen, Udo Vetter, hält die nächtliche Durchsuchung für unverhältnismäßig. Sein Mandant habe weder Kinderpornos besessen, noch welche vertrieben. Die Dresdner Staatsanwaltschaft beteuert, nicht einmal gewusst zu haben, was Wikileaks ist.

http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,616017,00.html

Ganz so unwichtig scheint das thema nicht zu sein.
 
Boesor am 28.03.2009 13:17 schrieb:
http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,616017,00.html

Ganz so unwichtig scheint das thema nicht zu sein.
Wie hast du das gefunden? Auf der Hauptseite waren diese "Vorabmeldungen" nirgends zu sehen.

Aber schön, dass die auf mich hören. Hab sie nämlich aufgefordert, den Vorfall zu recherchieren. ^^
 
aph am 28.03.2009 13:41 schrieb:
Boesor am 28.03.2009 13:17 schrieb:
http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,616017,00.html

Ganz so unwichtig scheint das thema nicht zu sein.
Wie hast du das gefunden? Auf der Hauptseite waren diese "Vorabmeldungen" nirgends zu sehen.

Doch klar, direkt und der den vier Videos des Multimedia bereichs, aber eben nur als Textzeile, weil es ja ne Vorabmeldung zur Printausgabe ist, eben kein Artikel.
 
Boesor am 28.03.2009 13:44 schrieb:
Doch klar, direkt und der den vier Videos des Multimedia bereichs, aber eben nur als Textzeile, weil es ja ne Vorabmeldung zur Printausgabe ist, eben kein Artikel.

Ach das ist in der Printausgabe? Dann isses natürlich super.
 
aph am 28.03.2009 14:08 schrieb:
Boesor am 28.03.2009 13:44 schrieb:
Doch klar, direkt und der den vier Videos des Multimedia bereichs, aber eben nur als Textzeile, weil es ja ne Vorabmeldung zur Printausgabe ist, eben kein Artikel.

Ach das ist in der Printausgabe? Dann isses natürlich super.

das ist die "Werbung" für die printausgabe, das dürfte aber auch demnächst online verfügbar sein.
 
Grad bei Fefe was entdeckt ...
Bei WikiLeaks findet man mittlerweile auch ein Editorial zu dem Thema und einen Beschluss vom AG Pforzhein zur Hausdurchsuchung wegen Verlinkung einer Seite, auf der wiederum im Rahmen einer Diskussion über die dänische Zensurliste ein Link auf WikiLeaks gesetzt wurde.

Das zweite kann man etwas detaillierter auch beim Internet-Law nachlesen.

Das Editorial hingegen enthält eine illustrative Analogie:
- In den Buechereien und Buecherkatalogen von Deutschland und Australien gibt es Buecher (Internetseiten) die vom Staat verboten sind.
- Die Regierung von Australien hat eine geheime Liste von verbotenen Buechern zusammengestellt. Diese Liste umfasst 1.200 Buchtitel.
- Weder die Autoren noch die Herausgeber deren Buecher auf die Liste kommen werden informiert.
- Deutschland plant die Uebernahme und eine Ausweitung des australischen Schemas.
- Nach den Plaenen der deutschen und australischen Regierung wird jede Ausleihanfrage zu einem Buch (Lesen einer Internetseite) mit der geheimen Liste verbotener Buecher verglichen.
- Ist das Buch auf der Liste, wird der Versuch es auszuleihen ein einer anderen geheimen Liste protokolliert und dem Ausleihen des Buchs widersprochen. Wenn das Buch nicht auf der Zensurliste steht wird eine Genehmigung zum Auslehen erteilt.
- Die Liste der verbotenen Buecher (die Zensurliste) ist ein verbotenes Buch.
- Die Zensurlisten anderer Laender sind verbotene Buecher.
- Ein Buch das den Titel (Internetadresse) eines verbotenen Buchs erwaehnt ist ein verbotenes Buch.
- Eine investigative Zeitung (Wikileaks) enthuellt interne Kerndokumente der Zensurplaene von Deutschland, Australien und anderen Laendern. Im Fall von Australien beinaltet dies die Veroeffentlichung der Liste der verbotenen Buecher und die Entdeckung von eindeutig politischen Buechern in der Liste. Die Zeitung warnt das Australien sich wie "demokratisches Hinterland" verhaelt und dem Risiko verfaellt denselben Pfad der Zensur wie Thailand zu beschreiten.
- Die Artikel, die Listen und schliesslich die ganze Zeitung werden geheim zur Liste der gesperrten Buecher in Australien hinzugefuegt.
- Der australische "Zensurminister", Senator Stephen Conroy, sagt das "jeder Buerger der die Zensurliste verbreitet eine Strafverfolgung riskiert". Der Minister droht mit dem Einschalten der australischen Bundespolizei in Bezug auf die veroeffentlichte Zensurliste.
- In der selben Woche veroeffentlicht die Zeitung drei weitere Artikel zu Zensur und neue Revisionen der Liste der verbotenen Buecher.
- Zwei Raeumlichkeiten die in Verbindung mit der Zeitung in Deutschland stehen werden von 11 zivilen Ermittlern der Polizei durchsucht. Die Polizei verlangt die Herausgabe der Schluessel (Passwoerter) zu den geschuetzten Raeumen (Internetservern) in denen sich die Druckmaschine (Internetseite) der Zeitung befindet so das diese abgeschaltet werden kann. Die Zeitungsmitarbeiter verweigern -- sowohl die Schluessel wie auch die Druckmaschine befinden sich in Schweden, einem Land mit staerkerem rechtlichen Schutz fuer Journalisten.
- Die deutsche Polizei beschlagnahmen was sie fuer die Archive (Festplatte) der Zeitung halten sowie eine Schreibmaschine (Laptop) zur die Beweissicherung.

Edit: Auch Twister hat sich der Sache bei Telepolis kurz angenommen, ohne Links natürlich. ;)

Dieser Heise-Artikel zeigt auf, wie es um die Kompetenzen und das Rechtsbewusstsein der Leute bestellt ist.
 
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