SCUX am 26.03.2009 00:23 schrieb:
Lassen wir erstmal die technischen Aspekte beseite.
Zunächst einmal würden sie die Seiten nicht "von sich aus" blockieren, sondern vom BKA oder einer anderen "Behörde" eine Liste mit zu sperrenden Seiten bekommen. Über diesen Zensurvertrag zwischen BKA und ISP hat auch schon der CCC
berichtet. Also obliegt es dem BKA zu entscheiden, was man sehen darf und was nicht. Selbst wenn man blauäugig jedwede Form von Missbrauch als ausgeschlossen ansieht, ist es grundsätzlich schon höchst bedenklich, wenn jemand anderes darüber entscheiden darf. Wenn dann noch keinerlei Transparenz gewährt wird, wofür ja auch die Sperrung/Verfolgung von Whistleblower im Bezug auf die Zensurlisten spricht, ist schon der Gedanke von effektiver Kontrolle ad absurdum geführt.
Die bekannten KiPo-Zensurlisten anderer Länder zeigen eindeutig, dass nur ein Bruchteil der Seiten wirklich KiPo-Seiten sind: Schweden (7 von 1000+), Dänemark (9 von 3600+). Der Rest sind bestenfalls Seiten, die auf besagte Seiten verlinken, aus welchem Grund auch immer, und schlechtestensfalls Seiten, auf denen über die Thematik berichtet wird. Auch wird klar, dass der absolute Großteil der in diesen Listen gesperrten Seiten im
Zugriffsbereich der westlichen Justiz liegt. Wie bereits im oben verlinkten CCC-Beitrag gefragt, warum zur Hölle soll die Darstellung zensiert werden, wenn man durch den gleichen Ermittlungsprozess eh die Standorte der Server herausfindet und sie für die Justiz erreichbar sind? Warum nicht die Server selber dichtmachen und vielleicht sogar die Hintermänner einsacken? Deutschland zusammen mit den Niederlanden auf Platz 3 ... da gibts genug im Zuständigkeitsbereich von Schäuble und von der Leyen.
Stattdessen lieber die Bürger in ihrer Kommunikationsfreiheit einschränken und zensieren sowie
Kollateralschäden in Kauf nehmen. Zumal, wie auch schon richtig bemerkt, das ganze im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung zu unerwarteten Besuchen führen kann. Jedwede Beteuerung, dass nur die Anzahl der versuchen Zugriffe zum BKA übertragen wird, ist in sich schon absurd.
Führt das nicht zwangsläufig zu der Vermutung, dass es gerade nicht um die Bekämpfung von KiPo geht? In
diesem Heise-Artikel ja schon gezeigt, in welche Richtung es gehen soll:
Auch im Cyberspace habe die Freiheit ihre Grenzen, hinterfragten sie zugleich indirekt einen auf Kinderpornographie begrenzten Ansatz: Auch Rassismus und Gewaltverherrlichung, Volksverhetzung oder Nazi-Propaganda dürften im Netz nicht geduldet werden.
Schwarz auf Weiss, es soll nur eine Infrastruktur geschaffen werden, mit der man die Bürger vor "gefährlichen" Inhalten beschützen kann. KiPo und Rechtsradikale sind ja eh immer leichte Ziele, wenn es um die Beschneidung von Grundrechten geht. Da kann man schon mal drüber hinwegsehen, wenn Meinungsfreiheit und Versammlungsrecht ausgesetzt werden. Die Richtung ist völlig inakzeptabel, jede Form von Zensur, egal wie abartig das zensierte auch ist, führt unweigerlich zu weiteren Zensurbestrebungen von anderen Interessengruppen. Kleines Beispiel gefällig?
Von KiPo zum Urheberrecht in 12 Minuten