Es sind hier wohl mehrere Faktoren die eine Rolle spielen und nicht pauschal nur ein überzogen reagierender Cop. Wir wissen auch nicht, ob die Zentrale dem Einsatzteam überhaupt die Herkunft des Anrufs mitgeteilt hat oder dies überhaupt konnte. Ich weiß z.B. nicht, ob man über Handy seine Rufnummer unterdrücken kann wie es in Deutschland machbar ist. Was dann dazu führt, daß zu dem Zeitpunkt eine örtliche Zuordnung zum Anrufer eventuell gar nicht möglich gewesen sein kann. Vielleicht hat der Anrufer auch glaubhaft schildern können, daß er einen Anruf vom Nachbarn o.a. mit der Info erhalten hat. Ich weiß nicht, wie gut so ein Typ ist, der häufiger solche Dinger abzuziehen scheint (er prahlte ja mit früheren Taten). Keine Ahnung.
Weiter geht es mit dem geschilderten Szenario selbst. Eine angebliche Geißelnahme im familiären Bereich und ein Mann angeblich bereits erschossen, was das Bedrohungszenario aus Sicht der Polizei schon im Vorhinein bereits verschärft hat und bei der Polizei auch der Eindruck enstanden sein kann, daß der potentielle Täter ein hohes Aggressionspotential haben könnte und man jederzeit mit einem unberechenbaren Gegner rechnen muß, was das Bedrohungspotential weiter erhöht und demzufolge der Abzug noch einmal mehr locker sitzt als so schon.
Dann natürlich vor Ort selbst. Wie gesagt das Video ist nicht das beste von der Qualität her. Eine geringfügige (aber auf Außenstehende blöd wirkende Arm-/Handbewegung) die im Video einfach nicht erkennbar ist, kann hier viel auslösen. Hinzu kommt die massive Waffenverbreitung in USA-Haushalten wo man bei jedem! Amerikaner mit einem entsprechenden Waffenbestand rechnen muß. Von der einfachen 08/15-Pistole bis hin zur Dragunov oder vielleicht sogar vollautomatischen Schußwaffe kann/muß man da wohl mit allem rechnen. Oder mit einem Irren der vielleicht bereits einen oder mehrere Sprengsätze im Umkreis verteilt hat, den/die er jederzeit mit einer Fernbedienung hochjagen kann. Alles Spekulation.
Auf der anderen Seite steht natürlich auch das Ausbildungslevel der amerikanischen Polizisten, was leider nicht unserem deutschen entspricht (auch was Deeskalationstechniken/-methoden betrifft), die Gefahr als Polizist in den USA erschossen oder schwer verletzt zu werden ist auch erheblich größer als bei uns, was natürlich mit dazu beiträgt, daß der Finger am Abzug der Polizisten schon aus Eigennutz heraus erheblich lockerer sitzt als bei uns. Wo man als Polizist über jeden abgegebenen Schuß Rechenschaft ablegen muß und selbst wenn ein Mann mit Beil auf einen zurennt kritisiert wird, daß auf ihn geschossen wurde.
Ich weiß auch nicht wie es um Schießtechniken, Schußnachweisen, Schießtraining etc. pp. betrifft. Ob es da eventuell aufgrund Geldmangel Einsparungen gab/gibt oder ob die Anforderungen einfach nicht vorhanden sind, daß die Polizisten gute Schützen sein müssen. Keine Ahnung.
Das ganze ergibt unter dem Strich eine ganz ungute Mischung. Ich möchte den Polizisten mit Sicherheit nicht von der Verantwortung für den abgegebenen Schuß oder gar von einer Teilschuld freisprechen. Im Video sieht es so aus als hätte er überzogen reagiert. Allerdings sieht man vom Opfer wie gesagt zu wenig um o.g. Eventualitäten auszuschließen, die bei einem Polizisten in Sekunden zu einer Entscheidung geführt haben doch zu schießen. Und ob er letal treffen wollte ist das nächste. Wir kennen weder wie gut er schießen kann noch ob er das Opfer bewußt töten wollte.
Trotzdem steht für mich als Hauptschuldiger der Swatter eindeutig fest. Ohne dessen Anruf mit erfundenem Kidnapper/Tötungszenario hätte sich die Situation gar nicht erst ergeben. Er trägt die Schuld am Tod des Unschuldigen, weil er aus Wut weiß der Teufel wegen 1,50 EUR ausgetickt ist. Das ist irre.
PS: Im Video (dieses ist leider von extrem schlechter Qualität) wirkt es subjektiv sogar so als würde der Typ seinen Arm heben wie als hätte er eine Waffe in der Hand. Das ist aber eben aufgrund der Bildqualität extrem schwer verifizierbar. Man erkennt ja schon kaum den Typen selbst. Er kann den Arm auch wegen der Blendwirkung der Scheinwerfer heben. Oder das war was ganz anderes was man da im Türbereich sieht.
Und wenn man als Polizist weiß, daß die geringste Bewegung z.B. zu einem Zünder zu einer Katastrophe führen kann und der Typ wohl nicht auf die Anweisungen umgehend reagiert hat (warum auch immer) kann da wie gesagt die geringste falsche Bewegung den Polizisten zum Schuß veranlaßt haben.
Aber wie gesagt es fehlen für eine wirkliche Beurteilung zu viele Informationen und Fakten, um hier wirklich eine seriöse Einschätzung abgeben zu können.