Ich kann bei dem Thema nur mit den Augen rollen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich in den 90ern aufgewachsen bin und da all diesen Kram von Konservativen gehört habe. Darüber wie man sich über tiefe Ausschnitte aufregte, darüber wie nackte Popos zu Schnappatmung führten, darüber wie es ganze Firmen gab die Filme umschnitten damit sie entsexualisiert und bereinigt waren. Allerdings, das war ein nahezu ausschließlich amerikanisches Thema, mitsamt der Zensur von Wörtern.
Heute ist die Realität, dass es in Europa ständig ebenso Thema geworden ist. Konservative waren äußerst erfolgreich darin gewesen, dem ganzen Thema einen neuen Spin zu geben. Anstatt um Gottesfürchtigkeit und Keuschheit, zieht man es nun von der Seite des Feminismus auf. Wenn eine Frau sexy aussieht, dann liegt die Schuld beim bösen Mann und seinem "Male Gaze" (so wie allgemein der Mann Täter ist und Frau Opfer, wie sich von selbst versteht). Mit dieser Masche kann man dann den alten Wein im neuen Schlauch wunderbar verkaufen und einem wieder erzählen, wie schlimm doch so ein nackter Bauch ist, sichtbar große Brüste, hautenge Kleidung.
Der Director hat hier durchaus Recht. Es erfordert Mut noch ein Spiel zu machen, wo man den weiblichen Charakter sexualisiert, denn das Resultat sind ja Artikel wie diese, in dem einem wieder jemand erzählt, wie unangenehm er idealisierte, attraktive Körper findet. Man setzt sich einer stockkonservativen Cancel Culture aus, die mittlerweile wie die spanische Inquisition hervorspringt und etwas anprangert, das in Wahrheit total harmlos ist - außer eben für die Damen und Herren, die wirken wie Helen Lovejoy aus den Simpsons.
Wir müssen reden: Nämlich darüber, dass man mittlerweile Frauen und Mädchen entmündigt und ihnen unterstellt, sie hätten keine Idealvorstellungen ihres Geschlechts, sie hätten keine Power Fantasy, all das wäre allein Hirnen von Männern entsprungen und das weibliche Geschlecht wäre in Wahrheit regelrecht aversiv gegenüber sexuellen oder hypersexuellen Darstellungen.
Was den Teil darüber angeht, dass Frauen und Männer nicht gleich behandelt werden:
Das stimmt. Frauen werden tendentiell besser behandelt, zumindest in diesem Teil der Welt und verantwortlich dafür ist eben diese Rollenvorstellung, der Frau als Opfer das man helfen muss, die zu erst auf das Rettungsboot gehört, die einen beleuchteten Parkplatz am Eingang/Ausgang bekommen sollte, die in der Auswahl im Job bevorzugt werden muss, die als Mutter naturgemäß eine bessere Beziehung zu ihren Kindern hätte und daher das Sorgerecht zugesprochen bekommt ecetera pp. Und ja, auch das Nachts mit dem Schlüssel laufen gehört dazu, denn das sollte lieber ein Mann tun, da die statistisch eher damit rechnen müssen Opfer einer Gewalttat zu werden. Nur Männern bringt man nicht bei Opfer zusein und darum gibt es für sie auch deutlich weniger Hilfsangebote bspw. in Form von Männerhäusern.
Lange Rede kurzer Sinn. Dieser Geschlechterkonflikt führt immer wieder zu verzerrten Wahrnehmungen der Realität.
Ein Mann, der dort den Protagonisten mit Waschbrett-Bauch sieht, fühlt sich davon eher inspiriert, Frauen tendierieren - wenn ich Toni mal als Referenz nehme - eher dazu sich diskriminiert und objektifiziert zu fühlen. Und da kommen wir den eigentlichen Schwerpunkt der Diskussion auch schon näher.
Ich glaube das Problem ist eher folgendes: Wir sehen in diesem Diskurs maßgeblich Toni aber nicht die anderen Frauen. Was ist mit allen Frauen, die bei Tiktok und Instagram sind, die dort die Fotos und Bilder liken, die sich Schminktipps und Beautytips holen oder womöglich sogar unter das Messer legen?
Diese sind ziemlich unsichtbar in diesen Diskussionen und ich finde das recht auffällig. Sie haben nahezu keine Stimme hier und auch anderswo. Über ihre Köpfe hinweg wird gesprochen oder sie werden womöglich sogar (mal wieder) als Opfer von Männern hingestellt, wenn denn zumindest ein Mal die Rede über sie ist.
Ob es nun Geschlecht, Hautfarbe, Orientierung angeht. Es scheint mir als gäbe es immer wieder eine Gruppe von Menschen, das sind dann Redakteure oder Aktivisten, die sich als Sprachrohr gibt und die eine Repräsentativität vorgaukelt (bewusst oder auch völlig unbewusst), die in der Realität aber nicht zutreffend ist.
Im nächsten Absatz sprichst du über Repräsentanz, was ich sehr passend finde. Ein Charakter kann aber muss nicht repräsentieren, er soll es womöglich sogar gar nicht tun. Es ist ein Begriff der, so scheint es mir, in den letzten Jahren stark zugenommen hat, mitsamt dem Bannerspruch "Representation matters!", was zum Mantra und teilweise geradezu Dogma wird. Nun ist hier also einer von zehntausenden weiblichen Charakteren und dieser Begriff fällt, obwohl nichts darauf hindeutet, dass dieser Charakter hier irgendwie diesen Anspruch hätte. Es wirkt als wenn ALLES repräsentiert, bis hin zu einem selbst. Man selbst hat irgendein Attribut und daher denkt man zu wissen "wie es ist X zusein". Aber so ist es nicht.