Assassin's Creed Origins
Ich kann nun sagen: Ich bin damit durch. Im mehrfachen Sinne. Trotz zahlreicher innerlicher Widerstände die zeitweise aufkamen. Bevor ich zum endgültigen Fazit komme ziehen wir erstmal Bilanz.
Positive Aspekte:
- Das Setting hat mir im Großen und Ganzen schon zugesagt, aber das war schon klar bevor die radikalen Gameplay-Veränderungen bekannt wurden. Als Anhänger alter Monumental-Schinken ist mein Interesse am Imperium Romanum und allem drumherum seit jeher groß. Von daher ein an sich willkommenes Szenario.
- Ägypten sieht toll aus, kein Widerspruch. Alles nahe des Nils hatte ohne Frage Eyecatcher-Qualitäten, Wüsten- und Berglandlandschaften waren allerdings weniger beeindruckend.
- Der Plot selbst war okay. Nicht mehr, nicht weniger. Bayek als Hauptprotagonist durchaus annehmbar, sticht in meinen Augen aber keinen Altair, Ezio, Connor oder Arno aus. Unter allen AC-Helden stufe ich ihn irgendwo im Mittelfeld ein. Hat die Story gut getragen, und das ist schonmal das Wichtigste.
- Durchweg gute Synchronisation und kompetente Sprecher. Ubisoft-Standard wie ich ihn seit jeher schätze, hier investieren die Franzosen wie gewohnt an der richtigen Stelle.
Negativ:
- Das Level-System ist ein einziger Plot-Stopper. Ich kann es einfach nicht ab dass mir die Spielmechanik einen Riegel davor schiebt wann und wie schnell ich die Hauptquests absolvieren darf. Da hilft es auch nicht dass sich unter den Neben-Missionen vielleicht ein Paar Schöne verbergen wenn man letztendlich doch nur noch darauf schaut wieviel XPs diese abwerfen. Zumal mir 50 Stunden einfach zu lang sind NUR um die Story zu beenden, diese stundenlangen Phasen sich unbedingt nebenbeschäftigen zu müssen (!) reissen mich zu stark aus der Main-Story raus. Den Anschluss danach wieder zu finden fällt dann nicht mehr so leicht.
Ich hätte zwar bei Stand 70% zwar noch einiges zu tun, der Auflevel-Zwang hat mir jedoch jede Lust genommen meiner Komplettierungfreude nachzugehen. SOWAS hab ich bei keinem AC davor erlebt, nichtmal bei meinem verhassten Black Flag.
- Schöne Optik ist ja das eine, eine unstete Performance das andere. Am spielinternen Benchmark darf man sich im Grunde nicht halten, denn dieser spielt nur eine Ideal-Situation aus die hohe FPS suggeriert. Alexandria ist ein Musterbeispiel wie stark plötzlich die Rate fällt sowie man sich im Zentrum dessen bewegt. Und auch viele Ingame-Cutscenes waren vor teils üblen Rucklern nicht sicher, obwohl da augenscheinlich nichts Aufwendiges präsentiert wurde. Sowas hab ich seit "Revelations" nicht mehr erlebt, wo dort auch Anvil sichtlich an seine Grenzen stieß.
Am Nil, in der Wüste, in den Bergen lief es wieder in der Summe sauber... Und doch scheint mir AnvilNext für SO ausgedehnte Open-Worlds nicht geschaffen zu sein, man spürt dass sie mit sehr großen und vertikal aufgebauten Metropolen - wie in der Vergangenheit bewiesen - besser zurecht kommt. Ubi sollte mMn auf eine neue Engine-Generation wechseln wenn sie bildschöne Welten und ordentliche Performance unter einem Hut bringen will.
- Vom Kampf-Gameplay werde ich kein Freund. Ich finde es nicht taktisch - und elegant schon gar nicht. Meist ist blindes Button-Mashing ein einfacher Weg zur Lösung, die Deckung per Schild hab ich gar mehr und mehr vernachlässigt weil unnütz, Ausweichen war da schon etwas sinniger.
- Je länger das Spiel, desto gleichförmiger wurde die Spielerfahrung. Ob Haupt-, Nebenquests oder wenn man gar nur zufällig darauf stolperte, nach der x-ten Festung/Höhle/Lager wurde das ständige Bereinigen eben solcher von einfachen Soldaten und Hauptmännern ermüdend. Es kam mir vor dass Origins fast zu 50% aus solchen Säuberungsaufgaben besteht.
- Absurd große Welt. Die halbe Karte ist noch im schwarzen Nebel getaucht, weil jene noch nicht erforschten Orte keine Plot-Relevanz haben. Ubi hätte hier gut daran getan auf die alte "Weniger ist mehr"-Weisheit zu hören.
- Seeschlachten... Bedarf keiner weiteren Worte.
- Senua raubt als übermächtiges Werkzeug zum Gegner-Markieren beinahe jede Herausforderung. Ich wusste manchmal nicht ob ich lachen oder weinen sollte wenn plötzlich 20, 30 Feinde wie Wimmelbildzeichen aufploppen.
- Aya... Verglichen mit Bayek ein fast schon unsympathischer Charakter. Sie hat auf mich nie als trauernde Mutter gewirkt die sie darstellen sollte, mir schien es eher so dass ihr die Sache um Cleo und Co. wichtiger schien als die Vergeltung an jenen Leuten die für Khemus Tod verantwortlich waren. Generell hat mir die weitere Entwicklung und die Entzweiung zwischen Bayek und ihr nicht gefallen, weil es vorwiegend von ihrer Seite so forciert wurde.
- Parkour ist tot. Unfreiwillig komisch ist aber schon dass sich die A-Taste des Controllers laut Spiel tatsächlich so schimpft.
Fazit:
Ubisoft kann nach wie vor bildschöne Welten kreieren und historische Settings mit ihrer AC-Idee verquicken, hat aber das richtige Gespür eine Open-World in optimalen Dimensionen aufzubauen völlig verlernt. Landkarten-Masse noch und nöcher und arg weite Wege die selbst mit Reittier schlicht zeitraubend sind... Es klingt rückblickend fast schon grotesk wenn ältere ACs mit einer Gesamt(!)spielzeit von ca. 30-40 Stunden seinerzeit als sehr oder zu lang betrachtet wurden, wenn man sich nun einen Zeitfresser wie Origins anschaut wo permanent weiße, rote oder blaue Ausrufezeichen die Map zieren.
Und wenn ich dann noch besagte Gameplay-Anpassungen dazu nehme bestärkt es mich nun - nach Abschluss der Hauptquest - in der Feststellung dass ich das Franchise SO wie es aktuell von Ubisoft fortgeführt wird NICHT spielen möchte. Ergo werden sowohl Odyssee als auch Valhalla keines Blickes gewürdigt, denn - um nochmal @Katharina Paches Worte zu zitieren -:
Ich erkenne Assassin's Creed einfach nicht wieder.