AW: [Kino] “You know my Name” - Double-0 Seven: Casino Royale
Dieser Bond war gut, sehr gut. Nach den ersten 10 Minuten im Film habe zumindest ich restlos vergessen, dass Craig ein neuer Darsteller ist und die Bondmaterie in den letzten Filmen so leiden musste. Craig, Daniel Craig, spielte die Rolle wesentlich charakteristischer, authentischer und nachvollziehbarer als es jemals Brosnan getan hat. Bond ist nun ein echter Mensch, ein Kerl mit Zweifeln, Ecken, Kanten und einem unentschlossenen Charakterbild. Killer? Liebhaber? Treuer Staatsdiener? Egoist? Genial! Ähnlich überzeugend - aber weniger gut umgesetzt - sah man die Figur “Bond” zuletzt nur in “Lizenz zum Töten”, wo Dalton zum “Rogue Agent” wird und aus Rache handelt. Dieser Film ist sicherlich ein Stilbruch im Bezug auf die letzten Werke, mich hat diese Tatsache allerdings nicht gestört. Q und Moneypenny habe ich auch nicht vermisst, warum auch? Im Roman tauchen die Figuren auch nur absolut nebensächlich auf, und waren von keinerlei Relevanz für das Plot oder das Storytelling. Unnötiger Ballast also. Einige sprechen hier von einer Demontage der alten Tugenden, ich hingegen würde es eher “detaillierte Umsetzung des Romans” nennen. Im Buch “Casino Royale” hat Bond auch keine Laseruhr oder ähnliche Gimmicks, auch wird die Figur “Bond” dort so beschrieben, wie sie auch im Film zu sehen ist.
Der Film lebt natürlich primär von Craig, aber auch der Bösewicht gespielt von Mads Mikkelsen hat einen kalten und verschlagenen Charme, der Blofeld, Drax, No, Stromberg, Goldfinger und Co in nichts nachsteht. Er hat einfach diesen gewissen klassischen bösen Stil, der sich hervorragend in fast jeder Handlung manifestiert. Lange Rede kurzer Sinn: Bond is back in Business. Für mich definitiv der beste und intensivste Bondstreifen der letzten 20 Jahre (basierend auf meinen DVD-Erfahrungen mit den alten Filmen *g*). Ich habe Brosnan keine Sekunde auf der Leinwand vermisst. Ebensowenig dumme und abgedrehte Geschichten wie z.B. in “Die Another Day” oder “The World Is Not Enough“. Casino Royale bleibt größtenteils auf dem Boden, beschränkt sich auf für Bondverhältnisse normale - nicht extrem übertriebene - Action und fokussiert auch auf angenehme Weise die Figuren und deren Geschichten. Kein CGI-Gehasche (afaik gab es nicht einmal CGI-Effekte zu sehen *g*) sondern einfach nur pure “Manpower”. Statt Lasersatelliten und Tarnautos gibt es wieder die klassische “connerysche” Faust ins Gesicht, den Tritt in den Unterleib, und den vorsätzlichen “dalatonischen” Schuss in Körperregionen die lebenswichtige Organe beheimaten. Bond wie im Buch: kühl, intensiv und hart. Aber auch der Soundtrack ist meiner Meinung nach um ein Vielfaches besser als in den vorangegangenen Filmen. David Arnold hat sich diesmal richtig Mühe gegeben, und die akustische Untermalung wirkt überlegt, clever und mitreißend. Zumal wird endlich auf den inflationären Gebrauch des bekannten Bond-Themas verzichtet. Das Stück kommt nur noch vor wenn es wirklich angebracht ist (Bond…James Bond…), sprich die alten Tage wo der Track permanent aus den Boxen schallt wenn Bond z.B. nur zum Rasierer greift oder die Klospülung betätigt sind zum Glück vorbei. Clever wird an vielen Stellen das Titellied von Chris Cornell in instrumentaler, und modifizierter Fassung verwendet. Man könnte so fast den Eindruck bekommen, dass der Track sich als pure Melodie besser anhört als in gesungener Form. Negativ anmerken würde ich maximal die Pokerpassagen im Film. Wer das Spiel nicht kennt, und keine Ahnung von Einsätzen und Spielraffinessen hat, der wird diesen Teil eher langweilig finden. Mir hat der Part jedoch gefallen, da er mehr als anschaulich die Dramatik während des Pokerduells aus der Romanvorlage beschreibt (obwohl im Buch Bakkarat gespielt wurde!), und auf den Zuschauer übertragen kann. Für diejenigen, die das Buch nicht kennen und auch keine Ahnung vom Pokerspiel haben, sind zumindest die sehr guten schauspielerischen Leistungen der Figuren definitiv sehenswert. Ein so kühles, markantes und fast schon Angst einflößendes Pokerface hatte wohl kein Bonddarsteller zuvor - hier kann Craig absolut überzeugen.
Meiner Meinung nach, ist dieser Film definitiv empfehlenswert, zwar kein Shakespeare, aber für Bondverhältnisse erstaunlich tiefgründig und fesselnd - wenn man denn das Buch mag. Ich freue mich jetzt schon auf die DVD und ein erneutes Wiedersehen mit Eva Green, Daniel Craig und Mads Mikkelsen.
Der nächste Bond (natürlich wieder mit Daniel Craig) kann kommen, dann bitte aber auch wieder basierend auf einer klassischen Romanvorlage.
Persönliches Rating Film: 8 von 10 Punkten.
Persönliches Rating OST: 9 von 10 Punkten.
Regards, eX!