Ich find Spiel und Test gut. Ob man sichüber paar Prozentpunkte streiten muss, weiss ich nicht. Denn Grim Dawn hat auch seine Schwächen, nicht nur im Vergleich zur Konkurrenz sondern auch im Hinblick auf ein breiteres Publikum. Ich sehs so: wer ARPGs liebt, wird mit Grim Dawn sehr zufrieden sein und viele Stunde drin versenken, denn es macht das, was man sich in dem Genre wünscht, ziemlich gut: stundenlanges Monstertotklicken und ab und an sein zu volles Inventar durchgehen, neue Gegenstände anziehen und wieder 10% mehr Schaden machen. Oder neue Chars anfangen, andere Skills testen, gucken ob das Konzept aufgeht.
Wer kein Genre-Fan ist, wird wiederum nicht viel finden um ihn zum Genre-Fan zu machen: es hat kein besonderes Setting, keine Story die packend präsentiert wird, die Möglichkeiten einen Char zu entwickeln erschlagen einen beim ersten Mal und führen vermutlich zu einem zähen Spielfluss die ersten Stunden, bzw. die ersten 2-3 Chars. (das Problem: freie Charentwicklung über 2 Bäume + Devotion + freie Vergabe ob ich Stats steiger oder skill-level führen nicht zu einer großen Vielfalt an spielbaren Skillungen, sondern eher zu einer gigantischen Menge an nichtspielbaren)
Aus dem Blickwinkel eines ARPGs Liebhabers: ich habs über die early-access phase immer mal wieder für 10-20h "angespielt", und bin jetzt mit der "fertigen" Version zufrieden. Es fühlt sich nicht mehr ganz so Titan-Questig an, d.h. es ist schon anfangs etwas schneller und hat nicht mehr ganz so langsame Animationen. Die Kombination aus 2 Talentbäumen ist immernoch eine nette Idee, der Devotion Baum macht das Spiel für mich erheblich besser. Die proccs aus Gegenständen sind ebenfalls sehr willkommen. Gleichzeitig sind die vielfältigen Möglichkeiten aber nicht nur ein Segen sondern auch ein Fluch. 'Von allem ein bisschen was' ist der falsche Ansatz im Spiel. Man kommt bei einem Char raus, der einfach nur zäh ist. Spielt man andersherum einen Char, der sich von anfang an nur auf wenige Sachen beschränkt, wird es lächerlich einfach die ersten 10-20h auf normal-veteran. Viele Charkonzepte sehen nur 1-3 aktive Skills vor, das macht das Spiel nicht abwechslungsreicher. In Diablo3 drücke ich mehr verschiedene Tasten, je nachdem was auf dem Bildschirm passiert. PatchofExile legt mir auch nahe auf jedem Itemslot einen Skill zu haben und die gut zu kombinieren. Die Abwechslungsen bei den Skills erzeugt Diablo3 durch die Runen, bei PathofExile durch Kombination mit anderen Gems. Bei Grim Dawn durch proccs aus dem Devotion-baum, Items und Skillung. Da passiert dann viel auf dem Bildschirm, die Benutzung des Skills ändert sich aber nicht grundsätzlich (wie das bei PoE oder D3 sein kann). Die Proccs führen für mich dazu, dass viele Effekte auf dem Bildschirm herumfliegen, zu zweit oder dritt wird es schnell unübersichtlich, die langen Todesanimationen sind für die Übersichtlichkeit ebenfalls hinderlich. Hier gewinnt für mich Diablo3 eindeutig im direkt "Feedback" - welche Monster leben noch, was ist tot, was sind meine Effekte, was sind Skillanimationen vom Gegner.
Trotz allem: grundsolides Spiel, ich werde heute abend bestimmt wieder meinem Höllenhund und der Dornenbestie hinterherlaufen, ihnen zugucken wie sie Giftstacheln auslösen oder Gegner debuffen und danach loot einsammeln. Was will ich mehr bis zur nächsten D3-Saison?