Ich denke, es ist ein Zeichen schlechter Erziehung, wenn sich Kinder über ihre Hautfarbe oder gar Geschlecht identifizieren und sonst kein Zugehörigkeitsgefühl erleben.
Ich würde dir da bei Erwachsenen zustimmen. Es geht hier aber vielmehr um Identifikationsfiguren in den Medien. Kinder suchen sich diese Figuren bewusst und das kann Feuerwehrmann Sam ebenso sein, wie Prinzessin Peach oder eben eine dunkelhäutige Meerjungfrau. Kinder - vor allem im Kindergartenalter - orientieren sich in ihrer Lebenswelt nicht nur an Vorbildern, sondern auch an Eigenschaften, die sie sinnlich erfassen können. Selbstverständlich demnach auch an Hautfarbe und Geschlecht.
Dadurch entsteht natürlich auch ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl, auch deswegen, weil es sozialisiert wird. Im späteren Kindesalter spielen Jungs eher mit Jungs und Mädchen eher mit Mädchen. Von Ausnahmen abgesehen ist das durchaus beobachtbar und auch nur natürlich, weil hier das Geschlecht ein Faktor für die Zugehörigkeit ist.
Auch die arabischstämmigen Kinder in meiner Einrichtung spielen häufig eher unter sich und auch die ukrainischen Kinder in unserer Einrichtung spielen häufig miteinander. Die Mädchen spielen gern unter sich, die Jungs etc. Sie schließen andere nicht aus, aber die Tendenz zueinander ist beobachtbar. Nicht, aus politischen Gründen oder weil die Eltern irgendwas dagegen haben (die können das eh nicht kontrollieren). Sondern weil ganz einfach Hautfarbe, Geschlecht und Sprache den eigenen entsprechen.
Deswegen ist es auch wichtig, dass z.B. Mädchen eine starke, vor allem weibliche Identifikationsfigur bekommen. Bei schwarzen Mädchen ist es umso besser, wenn diese Identifikationsfigur eben auch schwarz ist. Muss nicht zwingend sein, ist jetzt aber auch nicht von Nachteil.
Nebenbei bemerkt: Aufgrund des sinnlichen Erfassens der Umwelt wird man auch NIEMALS von Kindern sowas wie "weiblich gelesene Person" oder sonst was hören. Weiblich oder männlich wird von den Kindern unmittelbar mit körperlichen Eigenschaften verknüpft und das wird auch immer so sein. Abstrakte, nicht greifbare Prinzipien wie Transgender, nonbinär oder sonst was können die gar nicht erfassen. Dafür fehlt denen die Kompetenz.
Erwachsene jedoch sollten emotional und kognitiv so weit gefestigt sein, dass sie Identifikationsfiguren aus Medien nicht mehr nötig haben, um sich zugehörig zu fühlen. Da reicht es, die Figuren einfach nur cool zu finden. Oder eben nicht. Beispielsweise finde ich (weiß) Blade cool. Hautfarbe und Ethnie spielen dabei keine Rolle. Er hat ne Sonnenbrille und killt Vampire. Wenn man also als Erwachsener noch eine Identifikationsfigur braucht, dem kann man guten Gewissens einen Mangel an emotionaler und sozialer Reife attestieren.
Es ist kein Zeichen schlechter Erziehung, wenn Kinder sich über Hautfarbe und Geschlecht identifizieren. Das ist ganz natürlich.
Ein Zeichen schlechter Erziehung ist es, wenn Kinder andere Kinder aufgrund von Geschlecht und Hautfarbe ausschließen. Aber selbst das passiert bei Kindergartenkindern und Grundschülern eigentlich fast nie, da Kinder in der Regel deutlich mehr Akzeptanz für die Diversität ihrer Lebenswelt aufbringen, als es Erwachsene tun, selbst wenn sie vieles davon nicht verstehen können. Und es ist meist dann auch völlig natürlich für sie. Leider kann sich das mit zunehmendem Alter natürlich ändern, je nach Umfeld und Erfahrungen, die sie machen.