aph am 02.03.2006 10:52 schrieb:
Die zweite Modifikation, die ich machen würde, betrifft das Kapital (das eigentliche Wesensmerkmal des Kapitalismus). Das Geld bringt eine zeitliche Verzögerung in den Mechanismus der Marktwirtschaft. Viele Menschen sehen darin kein Problem, sondern eine Verbesserung. In Wirklichkeit aber ist genau das die Wurzel allen Übels, denn sie führt die theoretische optimierende Wirkung des Marktes ad absurdum. Durch die Möglichkeit, "Markt" zeitlich zu konservieren und zu einem späteren Zeitpunkt wieder wirken zu lassen, verfälscht sich Marktwert.
Geld beschleunigt den Markt, deshalb wurde es ja eingeführt. Wir haben immer noch einen Tauschhandel so wie in Urzeiten, nur haben wir inzwischen Geld zwischengeschaltet - als universelles Tauschmittel sozusagen. Damit wird jeder potentielle Handel ermöglicht, da jeder Geld als Zahlungsmittel akzeptiert. Bei Naturalien ist das nicht der Fall. Es wäre vermutlich sehr schwierig einen Vegetarier mit Fleisch zu bezahlen, weil er es selbst nicht möchte und es noch dazu verderblich ist, weshalb er es schnell wieder los werden muß.
"Kapitalanhäufungen" um beispielsweise eine Fabrik zu bauen wären ebenfalls problematisch, schließlich arbeiten dort oft hunderte verschiede Menschen, die alle andere Dinge konsumieren wollen und die man ihnen für ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen muß, sonst arbeiten sie nicht.
Geld macht die Sache wesentlich einfacher.
Zins und Zinseszins verstärkt Nöte wie auch Überfluss.
Niemand wird gezwungen Schulden zu machen. Diejenigen, die es wollen, weil sie eine Ausgabe machen wollen, die sie heute noch nicht bezahlen können, suchen sich eben jemanden, der ihnen Geld borgt. Letztlich ist das nichts anderes als Miete.
Kapitalstarke Unternehmen haben bei sonst gleichen Marktbedingungen bessere Chancen als arme Unternehmen, egal wie klug ihre Manager _jetzt_ sind. Für den martkwirtschaftlichen Kunden zählen aber nur die Produkte der Gegenwart, nicht die Leistungen der Vergangenheit. Hier liegt ein Widerspruch und eine Gefahr für jeden Markt.
Der erste Punkt ist sicherlich richtig, der zweite nicht mehr. Wenn das Produkt der kapitalstarken Firma Mist ist, wird es niemand kaufen und zu dem der kapitalschwachen Firma greifen.
Im Bereich des Erwerbseinkommens wurde der Korrekturbedarf an diesem System erkannt, deshalb ist die Einkommenssteuer in den meisten Staaten gestaffelt nach Höhe des Einkommens. Selbiges sollte meiner Ansicht nach auch für Unternehmen eingeführt werden. Kartellrechtliche Bestimmungen genügen erfahrungsgemäß nicht. Es ist richtig, dass Steuermodelle viele über einen Kamm scheren, die es nicht verdient haben. Aber alles in allem dürfte die Methode erfolgreicher sein als die bisherigen.
Warum sollte man gutgehende Firmen bestrafen? Die Firma geht ja nur deshalb gut, weil sie gute Produkte auf den Markt bringt. Wie könnte eine Regierung eine Maßnahme begründen, bei der Schrottprodukte subventioniert und gute zusätzlich besteuert werden?
Daneben dürfen Zinseinnahmen auf keinen Fall steuerfrei sein (wie von der FDP gefordert), und reine Finanzgeschäfte, wie zB Aktientransfer müssen einer grundsätzlichen Steuer unterliegen, um sie zu dämpfen. Die Idee dazu stammt von einem Herrn Tobin und ist selbstverständlich international gedacht.
Ob Zinseinnahmen steuerfrei sein sollten oder nicht, habe ich mir eigentlich nie überlegt. Ich denke, es ist ziemlich egal für den Markt und die Menschen. Die KESt. hat man ja nur eingeführt, weil der Staat pleite war und man eine neue Kapitalquelle benötigt hat. Mir persönlich ist es egal.
Die Tobintax ist letztlich auch nichts anderes und findet im Übrigen keine seriösen Unterstützer, da der Kapitalmarkt ein wichtiger Wirtschaftsmotor ist und den niemand künstlich abwürgen will. Das, was man hier an Einnahmen erzielen könnte, verliert man 3x beim niedrigeren Wirtschaftswachstum.