Ein neuer Musketierfilm läuft im Kino - da muss er sich den ein oder anderen Vergleich mit einem Vorgänger gefallen lassen. Ich vergleiche ihn daher mal mit meiner Lieblingsverfilmung von 1993.
Geschichte: Ich kenne den Roman von Alexandre Dumas nicht. Daher kann ich auch nicht beurteilen, was nun gut umgesetzt wurde, und was nicht. Ich vergleiche einfach beides ohne literarisches Wissen.
Der König von Frankreich ist noch ein Bübchen und der böse Kardinal Richelieu die eigentliche Macht im Land. Der paktiert nun mit dem Herzog von Buckingham, um den König loszuwerden und selber den Thron zu besteigen. Dies sollen nun die vier(?) Musketiere verhindern. Beide Filme gehen da durchaus ähnlich vor, mit dem wichtigsten Unterschied, das es den Herzog nur im neuen Film als Person zu sehen gibt - Verkörpert von Orlando Bloom.
Darsteller: Damit lebt oder fällt oft ein Film. Im "alten" Musketierfilm (von nun an so genannt) treten auf: Kiefer Sutherland (Athos), Charlie Sheen (Aramis), Oliver Platt (Porthos) und Chris O Donnell (D’Artagnan). Als Kardinal ist der geniale Tim Curry zu sehen, sein teuflischer Assistent Rochefort wird von Michael Wincott verkörpert. Lady de Winter mimt Rebecca de Mornay.
Im "neuen" Film sind das: Matthew Mcfadyen (Athos), Luke Evans (Aramis), Ray Stevenson (Porthos), Logan Lerman (D’Artagnan). Den Kardinal gibt Christoph Waltz, Rochefort wird von Mats Mikkelsen verkörpert und als Lady de Winter tritt (wie könnte es auch anders sein) Milla Jovovich auf.
Zuerst mal muss ich sagen, das ich die neuen Musketiere gar nicht kenne. Lediglich Ray Stevenson war mir aus King Arthur und Punisher War Zone bekannt. D’Artagnan sieht in beiden Filmen wie ein Milchgesicht aus, allerdings hat er im neuen Film ein deutlich weiblicheres äusseres. Zum Wegrennen. Ich mag den Cast des alten Films lieber. Kiefer Sutherland spielt Athos einfach deutlich seelisch zerrissener, Oliver Platt verleiht "seinem" Porthos eine deutliche Prise Humor, und Tim Curry ist einfach herrlich teuflisch als Kardinal, auch wenn Christopher Waltz hier nichts vorzuwerfen ist.
Effekte und Kulissen: Im neuen Film wird natürlich wieder mal mit digitaler Technik geradezu um sich geschmissen. Die Kostüme sind toll, auch die Sets und die Frisuren, hier hat man in beiden Filmen gute Arbeit geleistet. Der neue wirkt natürlich durch modernere Technik und vermutlich auch höheres Budget deutlich opulenter. Wenn im alten Film etwas explodiert, dann ist das gute, alte Pyrotechnik.
Meinung zum alten Film: Ein Mantel und Degenfilm mit viel Humor, guten Darstellern, bissigen Dialogen und gut choreografierten Actionszenen. Auch Charlie Sheen spielt den frommen Aramis nicht zu albern, Oliver Platt verleiht seinem Porthos einen Piraten-Hintergrund, der immer wieder für Spass sorgt. Rebecca de Mornay spielt die verschlagene Lady de Winter sowohl bedrohlich als auch verletzlich - ein krasser Kontrast zu Milla Jovovich, die einfach wieder nur ihre Akrobatiknummern abzieht. Tim Curry ist die Rolle des fiesen Kardinals geradezu auf den Leib geschrieben, und er spielt mit soviel Spass, dass man jedesmal mitgrinsen muss, wenn er mal wieder einen fiesen Gedanken ausheckt. Der böse Musketier, Rochefort, wird auch sehr böse von Michael Wincott gespielt, den man in ähnlich unsympathischen Figuren auch in 1492 und Metro sehen konnte. Der König ist zwar auch hier im alten Film ein Weichei, allerdings kein schrilles, pfau-ähnliches, sondern ein eher schüchternes. Ich mag den Film, weil er einfach unterhaltsam ist, und jeder Schauspieler seiner Figur wirklich einen unverwechselbaren Charakter verleiht. Das Alter verwährt dem Streifen zwar viel optische Raffinesse, gibt ihm dafür aber sehr viel mehr Seele und Glaubwürdigkeit. Wenn man einen von beiden gucken will, dann diesen hier. Immer noch.
Meinung zum neuen Film: Wo soll man anfangen. Vielleicht beim Regisseur. Der hat die Resident Evil Filme gemacht, ist mit Milla Jovovich verheiratet, und so überrascht es auch nicht, das die auch hier wieder in Zeitlupe herumwirbelt - sowohl an sichtbaren und unsichtbaren Seilen. Das sowas in einem Degenfilm eher deplatziert wirkt, brauch ich wohl nicht weiter auszuführen. Genau wie die fliegenden Schiffe (keine Luftschiffe!), die schwerer bewaffnet sind als ein moderner Kampfpanzer, und mit dem ganzen Gewicht unmöglich fliegen könnten. Jedenfalls nicht durch Ballons. Die Degenkämpfe sind kurz und eher selten, dafür aber genauso gut inszeniert, wie im alten Film. Die Musketiere haben sehr viel wenig eigene Persönlichkeit, zwar wird jeder auch hier kurz vorgestellt, aber irgendwie könnte man glatt vergessen, wer jetzt wer war. Zu austauschbar sind die Szenen, auch diejenigen, die deren Persönlichkeit verstärken sollen. Man setzt hier voll auf die digitale Keule, und in der Hinsicht ist man auch erfolgreich - der Film sieht schon gut aus. Aber was nutzt das, wenn vieles absolut unglaubwürdig wirkt? Erst recht in der Epoche, in welcher der Film spielt? Matrix meets Musketeer könnte man sagen. Ich halte den Film für simpelstes,anspruchsloses Popcornkino, ganz auf die junge, effektegeile Generation zugeschnitten. Wie leider immer mehr Filme heutzutage. Dazu noch mit offenem Ende, was auf weitere Filme ahnen lässt. Fazit: Gerade eben so halb so gut wie der alte Film.
Alt: 8|10
Neu: 4|10