Wobei man natürlich anmerken darf, dass es gute Gründe gibt, warum die Leute fliehen und nach Europa auswandern. Es ist ja nicht so, dass unsere wertebasierte Außenpolitik der letzten Jahrzehnte damit zu tun hat. Wir beuten jahrzehntelang Afrika aus und kümmern uns nicht um die dortige Korruption, solange der Rubel rollt. Wie oft haben wir schon im Namen der Entwicklungshilfe Projekte ins Leben gerufen und dafür gesorgt, dass die Gelder schön wieder zurückfließen. Zum Mittleren Osten muss ich nichts sagen, da erübrigt sich jedes Wort.
Aber wenn wir schon beim Sprengstoffthema Immigration bleiben wollen: mir ist klar, dass wahrscheinlich eine Mehrheit der Bevölkerung dagegen ist. Nur muss man sich auch da mal ehrlich machen und sagen, Immigration ist alternativlos. Wenn in 10 Jahren die komplette Baby Boomer-Generation in Rente geht, muss das aufgefangen werden. Man hat u.a. durch kinderfeindliche Familien- und Bildungspolitik dafür gesorgt, dass nicht mehr so viele Leute Bock haben Kinder in diese Welt zu setzen. Die Generation wird eine massive Lücke hinterlassen und die kann nicht einfach durchs Kinder kriegen in den nächsten 10 Jahren beseitigt werden. Was ist die Alternative? Die Wirtschaft springt dir ins Gesicht, wenn der Wohlstand gefährdet wird.
Ich sehe nicht, dass sich in den nächsten Jahrzehnten eine Reformrevolution anbahnt und wir alle Versäumnisse der letzten 40 Jahre beheben werden. Also bleibt nur die Möglichkeit die Leute von außen zu holen und da sehe ich vor allem die Politik in der Verantwortung. Integration war lange Zeit ein absolutes Fremdwort, zum Teil sind die relevanten Behördenpositionen massiv unterbesetzt gewesen. Die Ausbildung kostet natürlich auch eine Stange Geld und es darf gerne die Frage gestellt werden, warum kein Geld für nötige Reformen da war, als Kohl oder Merkel an der Spitze standen. Jeder lehnt Reformen ab, weil es viel Geld kostet und die Auswirkungen langfristiger Natur sind und man damit nicht wiedergewählt wird. Aber je länger man Reformen wegdrückt, umso teurer wird der Spaß. Wir kommen nicht um finanzielle Einschnitte herum, das will auch keiner hören, aber es wäre in dieser elendigen Fingerzeigdebatte nur ehrlich.