aph am 23.12.2004 14:27 schrieb:
Also, hab ich das jetzt richtig verstanden:
Dadurch, dass die Leute auf Bargeld Zinsen zahlen müssten, ihnen das aber zu umständlich ist, bringen sie es auf die Bank. Die Bank weiß, dass sie den Leuten 3-4% im Jahr abziehen kann (Girokonto), da das immer noch billiger ist als die 5%, die die Leute bezahlen müssten, wenn sie es unter dem Kopfkissen hätten.
Durch diesen Negativzins auf Giralkonten haben die Banken die Möglichkeit, weniger Zinsen auf Kredite zu erheben, ohne eine ausreichende Marge zu haben.
In etwa. Allerdings kann die Bank die Zinsen natürlich nicht willkürlich nach unten setzen, sonst verscheucht sie die Anleger.
Bei kurzfristigen Einlagen ist natürlich genau das der Plan.
Am besten stellt man sich das ganze vieleicht als Waage vor, die eine Waagschale sind die Anleger, die andere die Kreditnehmer. Als Instrument zum ausgleichen der beiden Seiten hat die Bank den Zinssatz. Setzt sie diesen optimal fest, ist die Waage im Gleichgewicht, die Bank macht gute Geschäfte. Macht sie jedoch Unsinn, also über- oder untertreibt sie kippt die Waage nach einer der beiden Seiten ab, was schlecht fürs Geschäft ist.
Dazu kommen dann natürlich auch noch äußere Einflüße auf Einlagen und Kredite, die Waage wird also nie stillstehen sondern immer leicht schwingen...
Zwischenfrage: Wäre es nicht besser, wenn die Zentralbanken durch die Leitzinsfestlegung Druck von der anderen Seite machen würden, um die Zinsen rund um 0 zu kriegen?
Wie sollte das (vernünftig) gehen?
Willkürliches Festsetzen der Leitzinsen würde ersteinmal garnichts bewirken.
Der gibt ja nur den Zinssatz an, zu dem sich die Banken bei der Zentralbank refinanzieren können, zu dem sie also frisches Geld bekommen können - vorausgesetzt die ZB will weiteres Geld herausgeben.
Das ganze hat also nur (relativ geringen) Einfluß auf die Kreditzinsen, aber keinen auf die Habenzinsen.
Um hier also einen Realzinssatz von 0% (haben versteht sich) zu erreichen, müßte die ZB ganz massiv Geld herausgeben. Mit anderen Worten: Inflation, extreme Inflation.
8% wären wohl das absolute Minimum. Und damit beginnt der Ärger erst, denn Inflation ist niemals perfekt, trifft also unterschiedliche Bereiche der Wirtschaft unterschiedlich stark, was extreme Verzerrungen zur Folge hätte.
Tendenziell würden wohl Große in Sachkapital flüchten, während kleine ihr monetär Gespartes verlieren würden, Inflation ist halt Sippenhaft.
Obendrein gibts da noch einen ganz praktischen Haken: Um einen konstante Inflation zu erhalten braucht man exponentiell mehr Schulden, irgendwann nimmt einfach niemand mehr Kredite auf. Und dann hilft eigentlich nurnoch eines, nämlich Geld per Helikopter verteilen, im großen Maßstab versteht sich.
Endstation: Hyperinflation, Vernichtung der Währung. Ich glaube nicht, daß das ein Ziel sein kann.
Eine weitergehende Frage habe ich jetzt an dich: Warum sind langfristige Anlagen das "gewünschte", wie du sagtest?
Auf den Punkt gebracht um den Habenzinssatz auf 0% zu bekommen und damit die schädlichen Folgen von dauerhaft positiven Zinsen von vorneherein zu vermeiden (auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, Wachstumszwang)
Ganz allgemein entstehen Zinsen ja durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Überhang an Nachfrage bedeutet positive, Überhang von Angebot negative Zinsen, im Gleichgewicht ist der Zinssatz bei 0%.
Langfristige Einlagen also deswegen, weil hier eine Nachfrage vorhanden ist, die dafür sorgt, daß das Geld genutzt wird, im Verkehr bleibt.
Und da der Wert des Geldes durch seine Nutzung zustande kommt...
Und außerdem: Wie funktioniert in solch einem Modell "Sparen" (für die Familie, fürs Alter, für die Erben) ?
Langfristige Anlagen?
Wenns sein muß aber auch Kauf von so Dingen wie z.b. Gold. Wobei der Goldpreis natürlich schwankt, man mit Pech weniger, mit Glück aber auch mehr erhalten kann, als man ursprünglich gezahlt hat.
Ich würd mal sagen ist Geschmacksache.