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Rezepte gegen Verarmung vs. Konzentration

A

aph

Gast
Weil es grad mal wieder Thema ist, da der neue Armutsbericht der Regierung veröffentlicht wurde (Quelle) möchte ich eins meiner Lieblingsthemen aufbringen - die Arm-Reich-Schere.

Die oberen 10% unserer Gesellschaft besitzen 47% des Vermögens. Die untere Hälfte (!) gerade mal 4%.

Ich find das ja ziemlich übel, aber nähmen wir mal an, dass dies für das Funktionieren unserer Gesellschaft notwendig ist - dann wär es erst mal kein Problem. Das Problem entsteht durch die Tendenz, denn vor 5 Jahren waren es noch 45% bzw. 4,4%. Und die Tendenz einer Vergrößerung existiert seit Jahrzehnten, egal unter welcher Regierung, egal in welchem Staat. Sie scheint zum Kapitalismus dazuzugehören.

Jetzt sind meine Fragen:
1. Was genau ist die Ursache dafür?
2. Ist das absehbare Ende dieser Tendenz gefährlich/schädlich?
3. Was wären Rezepte dagegen, die erfolgreich auf eine Stabilisierung der sozialen Unterschiede hinwirken würden.

Meine Fragen richten sich aber nicht an Linke wie mich mit ihren allseits als Sozialismus verschrienen Konzepten, sondern an die hier im Forum herumschwirrenden Apologeten des freien Marktes. Wie denkt IHR zu diesem Thema?
 
aph am 30.11.2004 14:38 schrieb:
Weil es grad mal wieder Thema ist, da der neue Armutsbericht der Regierung veröffentlicht wurde (Quelle) möchte ich eins meiner Lieblingsthemen aufbringen - die Arm-Reich-Schere.

Die oberen 10% unserer Gesellschaft besitzen 47% des Vermögens. Die untere Hälfte (!) gerade mal 4%.

Ich find das ja ziemlich übel, aber nähmen wir mal an, dass dies für das Funktionieren unserer Gesellschaft notwendig ist - dann wär es erst mal kein Problem. Das Problem entsteht durch die Tendenz, denn vor 5 Jahren waren es noch 45% bzw. 4,4%. Und die Tendenz einer Vergrößerung existiert seit Jahrzehnten, egal unter welcher Regierung, egal in welchem Staat. Sie scheint zum Kapitalismus dazuzugehören.

Jetzt sind meine Fragen:
1. Was genau ist die Ursache dafür?
2. Ist das absehbare Ende dieser Tendenz gefährlich/schädlich?
3. Was wären Rezepte dagegen, die erfolgreich auf eine Stabilisierung der sozialen Unterschiede hinwirken würden.

Meine Fragen richten sich aber nicht an Linke wie mich mit ihren allseits als Sozialismus verschrienen Konzepten, sondern an die hier im Forum herumschwirrenden Apologeten des freien Marktes. Wie denkt IHR zu diesem Thema?

zu 1.: Bildung ist bei vielen Problemen der Schlüssel. Armut geht meist mit schlechter bis gar keiner Bildung/Ausbildung einher. Dafür gibt es an diesem Ende der sozialen Skala meist eine höhere Geburtenrate. Bei besser Gestellten ist die Anzahl der Kinder wesentlich geringer. Es gibt vermutlich noch andere Gründe, aber damit kennen sich andere sicher besser aus (Sozialarbeiter hier?).

zu 2.: Gefährlich ist diese Tendenz auf jeden Fall. Aber welchen Schaden das konkret anrichtet? (Mehr Extreme Wähler?)

zu 3.: Eine vernünftige Ausbildung kann vermutlich schon einiges bewirken. Allheilmittel ist sie nicht. Umverteilung von Reichtümern ist Quatsch (meine Meinung), da diejenigen, die das viele Geld verdient haben, im Allgemeinen (es gibt Ausnahmen, die sind aber nicht die Regel) auch hart dafür gearbeitet haben.
 
dab2212 am 30.11.2004 14:50 schrieb:
zu 3.: Eine vernünftige Ausbildung kann vermutlich schon einiges bewirken. Allheilmittel ist sie nicht. Umverteilung von Reichtümern ist Quatsch (meine Meinung), da diejenigen, die das viele Geld verdient haben, im Allgemeinen (es gibt Ausnahmen, die sind aber nicht die Regel) auch hart dafür gearbeitet haben.

Mir fällt jetzt kein konkreter Gegengrund ein, aber ist es in Deutschland nicht so (laut letzter PISA Studie), dass der Bildungszugang fü jüngere mit am meisten vom Kapital und Stand der Eltern abhängt? Meiner Meinung nach sollte man erstmal diese Hürde überwinden. Denn wenn das so ist, dann sehe ich auch für sozial "schwächere" keine so große Chance.

Ich finde, wer für sein Geld gerabeitet hat, der hats auch verdient.
 
Grosse Investitionen bringen auch groessere Umsaetze.
Jemand der eine Million investieren kann sahnt immer mehr ab als jemand der nur 100 Euro fuer sowas uebrig hat.
Als Reicher seinen Reichtum auszubahnen ist leichter als ein Armer der reich werden will.

Was den 'Grossen' auch zugute kommt sind alle Arten von Rabatt.
Es ist zwar logisch, demjenigen der gleich tausende Stuecke einer Ware kauft einen Nachlass zu gewaehren, aber es benachteiligt die kleineren Unternehmen, die keine solchen Stueckzahlen brauchen.

Ich seh die Arm-Reich-Schere auch mit etwas unbehagen... aber um das zu aendern muesste unser Wirtschaftssystem wohl grundlegend geaendert werden und das kann dauern :S
 
Marscel am 30.11.2004 14:57 schrieb:
dab2212 am 30.11.2004 14:50 schrieb:
zu 3.: Eine vernünftige Ausbildung kann vermutlich schon einiges bewirken. Allheilmittel ist sie nicht. Umverteilung von Reichtümern ist Quatsch (meine Meinung), da diejenigen, die das viele Geld verdient haben, im Allgemeinen (es gibt Ausnahmen, die sind aber nicht die Regel) auch hart dafür gearbeitet haben.

Mir fällt jetzt kein konkreter Gegengrund ein, aber ist es in Deutschland nicht so (laut letzter PISA Studie), dass der Bildungszugang fü jüngere mit am meisten vom Kapital und Stand der Eltern abhängt? Meiner Meinung nach sollte man erstmal diese Hürde überwinden. Denn wenn das so ist, dann sehe ich auch für sozial "schwächere" keine so große Chance.

Ich finde, wer für sein Geld gerabeitet hat, der hats auch verdient.

nich direkt der bildungsZUGANG, sondern eher die bildung an sich. zugang dazu hat hier jeder (es darf zum beispiel jeder studieren gehn), aber um es mal platt auszudrücken: wer doofe eltern hat (oder unintelligente) der wird meist auch selber doof... (okayokay, sehr platt)
aber es ist doch so: (wie mach ich das jetzt ohne das es abwertend klingt): wer aus einer sozial-schwächeren -schicht stammt, hat auch eine dementsprechende erziehung sowie ein entsprechendes elternhaus hinter sich... dort findet man also leute die nicht ganz so intelligent sind (die findet man auch woanders, aber vorwiegend da) und es ist zum beispiel schwierig dort ein buch zu finden! oder etwss anderes als die zeitung mit den großen buchstaben! natürlich haben auch diese kinder die möglichkeiten sich zu bilden, aber die durchsetzung dürfte schwieriger sein...
 
dab2212 am 30.11.2004 14:50 schrieb:
[
zu 1.: Bildung ist bei vielen Problemen der Schlüssel. Armut geht meist mit schlechter bis gar keiner Bildung/Ausbildung einher. Dafür gibt es an diesem Ende der sozialen Skala meist eine höhere Geburtenrate. Bei besser Gestellten ist die Anzahl der Kinder wesentlich geringer. Es gibt vermutlich noch andere Gründe, aber damit kennen sich andere sicher besser aus (Sozialarbeiter hier?).

Das ist jetzt wieder die Frage? Ist schlechte Bildung die Ursache oder die Folge von Armut. Wohl beides. Ich glaube man muss auch eher die Frage stellen, warum es so wenig Reiche mit soviel Besitz gibt. Die Antwort darauf ist ja eigentlich: weil es so viele Arme gibt, die nichts besitzen...

Ich glaube, man darf jetzt nicht den Armen die Schuld dafür geben oder gar vorwerfen, dass sie faul und blöd sind. Natürlich sind reiche Leute meistens auch gebildeter. Sorgenfrei lernt es sich einfach leichter.

zu 2.: Gefährlich ist diese Tendenz auf jeden Fall. Aber welchen Schaden das konkret anrichtet? (Mehr Extreme Wähler?)

Verarmung, Verelendung, Verblödung, Versklavung, Gewalt, Terror, Tod. Besonders wenn man das auch was globaler sieht. Fängt die 3.Welt erst einmal an, genauso skrupellos Raubbau zu betreiben wie wir (bezogen auf Umweltverschmutzung), sieht's ganz schnell noch übler aus.

zu 3.: Eine vernünftige Ausbildung kann vermutlich schon einiges bewirken. Allheilmittel ist sie nicht. Umverteilung von Reichtümern ist Quatsch (meine Meinung), da diejenigen, die das viele Geld verdient haben, im Allgemeinen (es gibt Ausnahmen, die sind aber nicht die Regel) auch hart dafür gearbeitet haben.

Aber wer finanziert das wieder? Das ist ja die Schwierigkeit. Und ich weiß nicht, ob ein Lagerarbeiter weniger hart arbeitet als ein Arzt oder Anwalt. Oder ein Geschäftsführer mehr als ein Angestellter. Aber die einen bekommen ekelhaft obszöne Gehälter und die anderen normal viel bis wenig.

Bildung ist Teil des Problems und nicht die Lösung.

Vielmehr müssen Menschen, Politik und Unternehmen mehr soziale Verantwortung übernehmen. Und Unternehmen nicht nur aus PR- und Marketingzwecken oder um Steuern zu sparen. Das ist jetzt natürlich auch alles sehr plakativ und unsausreichend. Die Wahrheit ist, dass ich es nicht weiß. Wenn ich es wüßte, würde ich es veröffentlichen und ganz viel Geld machen.^^

Im übrigen habe ich mich in dem Zusammenhang mal gefragt, ob der alte Schlachtruf "Think global, act local" überhaupt noch gilt. Ich denke, funktionieren würde es nur, wenn es heißt "Think global, act global". Oder? :o
 
Loosa am 30.11.2004 15:01 schrieb:
Ich seh die Arm-Reich-Schere auch mit etwas unbehagen... aber um das zu aendern muesste unser Wirtschaftssystem wohl grundlegend geaendert werden und das kann dauern :S

Und viele wollen es auch gar nicht ändern. Meistens die, denen es gut geht. Und das sind meistens die, die Einfluss haben.
Hmm... das hört sich jetzt wieder so nach Linkspropaganda an. Dabei ist das gar nicht so gemeint. :)

Ich befürchte aber, dass das so ist....
 
Auge_am_Stiel am 30.11.2004 15:26 schrieb:
Und viele wollen es auch gar nicht ändern. Meistens die, denen es gut geht. Und das sind meistens die, die Einfluss haben.
Hmm... das hört sich jetzt wieder so nach Linkspropaganda an. Dabei ist das gar nicht so gemeint. :)

Ich befürchte aber, dass das so ist....

Und meiner Meinung nach ist dieses System auch "gerecht".

Wenn man mal bedenkt, dass es immernoch eine 3. Welt gibt, wo es den Leuten noch wesentlich (d.h. viel mehr als nur ein bisschen; Staatsterror) schlechter ergeht, dann frag ich mich, wie soll man denn bloß das ändern, wenn man schon hier versucht, die Schere wieder zu "schließen". Ich will jetzt nicht extrem rechts wirken, aber ich denke, dass man das deutsche Wirtschafts- und Sozialsystem so lassen, wie es ist und die Schere ihren Lauf nehmen lassen. Ungerechtigkeit ist zugleich ein Mittel der Motivation, solange es rechtens zugeht.
 
Marscel am 30.11.2004 15:44 schrieb:
ich denke, dass man das deutsche Wirtschafts- und Sozialsystem so lassen, wie es ist und die Schere ihren Lauf nehmen lassen.

Aber würde das nicht in der Tendenz bedeuten, dass in absehbarer Zeit die oberen 10% der Menschen 90% allen Vermögens besitzen, und die untere Hälfte irgendwann nur noch 1% ... und irgendwann besitzen die oberen fast alles und die unteren so gut wie gar nichts mehr. Siehst du darin kein Problem, dem man entgegenwirken sollte?
 
Auch wenn ich nicht weis, ob du mich mit Apologet gemeint hast, antworte ich mal.

aph am 30.11.2004 14:38 schrieb:
Jetzt sind meine Fragen:
1. Was genau ist die Ursache dafür?

Wie für die meisten Entwicklungen wird es hierfür auch mehrere Uhrsachen geben. Meiner Meinung sind die wichtigsten:

Entlohnung nach Markterfordernissen (Leistungsgerechtigkeit): d.H. ein rel. knappes Gut hat einen höheren Preis als ein rel. häufig vorhandenes Gut. Mit anderen Worten vielleicht so: hoch quallifizierte Arbeit ist teurer als niedrig quallifizierte Arbeit. Genauso verhält es sich mit allen Formen von Produktionsfaktoren.

Verzinsung von Vermögen (nicht Kapital): Wie jeder Produktionsfaktor hat auch Vermögen einen Preis, nämlich Zinsen. Wer ein hohes Vermögen hat kann es verleihen und erhält "Lohn" dafür. Hier gilt je risikoreicher, desto höher die Zinsen (nach unten gegrenzt durch den risikolosen Zins).

Es geht ja vor allem um Vermögen, also ist die Rechnung einfach: reiche Leute erreichen mit ihrem hohen Vermögen eine Verzinsung, die höher ist als das "Arbeitseinkommen" und die Verzinsung von ärmeren Leuten.

(Leistungsgerechtigkeit ist notwendig um die effektivste Verwendungsmöglichkeit von Produktionsfaktoren zu steuern, Verzinsung ist notwending da das Überlassen von Geld einen Preis haben muss, ohne den keiner bereit wäre Geld zu verleihen)

2. Ist das absehbare Ende dieser Tendenz gefährlich/schädlich?

kommt darauf an, wie du das "Ende" siehst. Geht man davon aus, dass sich diese Entwicklung weiter vollzieht bis am Ende eine Person alles hat und der Rest nichts ist klar wo das Endet.

Meiner Meinung nach wird das aber nicht so sein, vielmehr wird sich diese Entwicklung einen "Genzwert" annähern.

3. Was wären Rezepte dagegen, die erfolgreich auf eine Stabilisierung der sozialen Unterschiede hinwirken würden.

herstellung von Chancengleichheit im Bildungssystem (nicht nur im Gesetz).
effektive Sozialsysteme, die jedoch nicht das Anreizsystem der Leistungsgerechtigkeit untergraben.
Das Wirtschaftssystem kann nicht geändert werden, da der "freie Markt" keine Institution ist sondern Ergebnis rationaler Handlungen, diese würden in jedem System weiterexistieren.
Es kann also nur festgelegt werden, welche Wirkungen Gesellschaftlich nicht erwünscht sind und ausgeglichen werden müssen. Was das aber ist kann nicht generell gesagt werden und müsste auch ständig überprüft werden. Praktisch ist das aber schwer durchzusetzen, da idR jeder Entscheidungsträger Eigeninteressen hat.

Allgemein bin ich der Meinung: Ungleichheit muss nicht ausgeglichen werden, Ungerechtigkeit schon.
 
Marscel am 30.11.2004 14:57 schrieb:
Mir fällt jetzt kein konkreter Gegengrund ein, aber ist es in Deutschland nicht so (laut letzter PISA Studie), dass der Bildungszugang fü jüngere mit am meisten vom Kapital und Stand der Eltern abhängt? Meiner Meinung nach sollte man erstmal diese Hürde überwinden. Denn wenn das so ist, dann sehe ich auch für sozial "schwächere" keine so große Chance.

Die Studie zeigt aber auch, dass in anderen Industrielängern (in dehnen es keine kostenlosen Studienmöglichkeiten und keine BAFöG Unterstüzung gibt) die Bildungschancen weniger vom Einkommen der Eltern abhängt als in Deutschland. So einfach kann die Lösung also nicht sein, das Problem liegt woanders, glaub ich.
 
Auge_am_Stiel am 30.11.2004 15:49 schrieb:
Den Satz versteh ich nicht....

Das war mal ein Satz (von einem CDUler), den ich im Politikbuch von mir gelesen habe. Das soll eigentlich heißen, wenn man sieht, dass jemand mehr "Geld" besitzt als man selber (in dem Sinne ja ungerecht), dass das eigentlich ein Anstoß sein sollte, selber etwas ertragreicheres zu tun. Natürlich, es gibt Leute, die mit weniger Geld schon zufrieden sind.

Aber wenn die Schere eine so extreme Öffnung haben wird, dann frage ich mich erstmal, was läuft da falsch. Ich würde nicht sagen, primär versagt der Staat da, sondern, wenn es so viele Ärmere geben wird, dass da der Fehler zu suchen ist (mangelnde Bildung, zu hoher Ausländeranteil, folglich auch Kriminalität) und das Problem grundlegener angreifen (anders als irgendwelche 1 € Jobs), denn einen armen Staat will ich auch nicht. Sicherlich kann man Armut nicht ganz abschaffen, aber sie doch hemmen undzwar auf einem Wege, dass diejenigen, die Geld haben, es auch weitestgehends für sich behalten können (Steuern muss halt jeder zahlen).
Gerade in sozialen Brennpunkten sollte man für mehr Sicherheit sorgen und die Leute (bezogen auf jüngere) in die Schule schicken und sie davon abhalten, kriminell zu werden. Ich denke mal, sowas würde schon etwas großes bewirken.

Gut, was ich gesagt habe, lässt darauf schließen, dass es mir nicht ganz egal ist, aber ich will halt nur Sachen in Betracht ziehen, dass der Fleißige auch der zu Belohnende bleibt und nicht derjenige ist, der für eine armen Staat hinhalten muss.

EDIT: Ja, Ungleichheit tuts auch ausdrücken.
 
aph am 30.11.2004 14:38 schrieb:
Weil es grad mal wieder Thema ist, da der neue Armutsbericht der Regierung veröffentlicht wurde (Quelle) möchte ich eins meiner Lieblingsthemen aufbringen - die Arm-Reich-Schere.

Die oberen 10% unserer Gesellschaft besitzen 47% des Vermögens. Die untere Hälfte (!) gerade mal 4%.

Ich find das ja ziemlich übel, aber nähmen wir mal an, dass dies für das Funktionieren unserer Gesellschaft notwendig ist - dann wär es erst mal kein Problem. Das Problem entsteht durch die Tendenz, denn vor 5 Jahren waren es noch 45% bzw. 4,4%. Und die Tendenz einer Vergrößerung existiert seit Jahrzehnten, egal unter welcher Regierung, egal in welchem Staat. Sie scheint zum Kapitalismus dazuzugehören.

Jetzt sind meine Fragen:
1. Was genau ist die Ursache dafür?
2. Ist das absehbare Ende dieser Tendenz gefährlich/schädlich?
3. Was wären Rezepte dagegen, die erfolgreich auf eine Stabilisierung der sozialen Unterschiede hinwirken würden.

Meine Fragen richten sich aber nicht an Linke wie mich mit ihren allseits als Sozialismus verschrienen Konzepten, sondern an die hier im Forum herumschwirrenden Apologeten des freien Marktes. Wie denkt IHR zu diesem Thema?

Richtig.
Das sehe ich auch so.
Die von Dir beschriebene, wachsende Scherung zwischen Arm und Reich ist ganz klar eine dem Kapitalismus immanente Entwicklung.
Soll heißen: je zügelloser man den Kapitalismus walten lässt, umso eher kommt es automatisch zu dieser Arm-/Reich-Scherung.

Momentan ist man in unserer Republik ja fröhlich dabei, die Errungenschaften der Sozialen Marktwirtschaft, also UNSEREN gemeinsamen Besitz an Privatleute zu verhökern (-> Privatisierung von Staatsvermögen und -firmen an allen Ecken und Enden).
Die USA ist da schon ein Stück weiter, und haben eine noch größere Scherung als wir.

Ich glaube mich (aus einem interessanten Artikel) erinnern zu können, dass die Konzentration allen Kapitals auf einige Wenige eine automatische Folge des Zinseffektes ist, wenn man ihn nur lange genug in die Zukunft rechnet.
Naiv gesprochen ist das wie beim Monopoly, wenn alle guten "Straßen" vergeben sind - und das sind sie bei uns ja schon längst.
In dieser Spielphase kann sich dann jeder "arme" Spieler so anstrengen wie er will - er wird nie mehr auf einen grünen Zweig kommen, denn alles Geld wandert durch den Zinseffekt immer in die Taschen des Besitzer der Schlossallee und der Parkstrasse (bzw. im realen Leben in die Taschen der Besitzer großer Geldvermögen). Da hilft auch kein "Fleiss" oder so was.
Die Gewinner von morgen werden zu 95% bereits als Gewinner (=wohlhabend) geboren.

Selbst die Autoren der Bibel wussten schon, was der Zins Schlimmes anzurichten vermag.
:|

[NACHTRAG]
Du fragtest außerdem nach Rezepten dagegen.

Zwei hätte ich sofort parat:
Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer.
Vernünftig eingesetzt (z.B. Erbschaftssteuer: Steuersatz 70% bei einem Freibetrag von 1 Mio € pro Mensch) könnte man mit diesen beiden Instrumenten zumindest langfristig gegen die Konzentration auf Wenige ansteuern.

Aber man gilt ja inzwischen schon fast als Kommunist, wenn man es wagt, diese beiden Steuerarten ins Gespräch zu bringen. Die Reichen haben natürlich auch das stärkste Gewicht in der Politik - und so wird sich da auch so schnell nichts ändern, fürchte ich.
:pissed:
 
Marscel am 30.11.2004 16:50 schrieb:
Auge_am_Stiel am 30.11.2004 15:49 schrieb:
Den Satz versteh ich nicht....

Das war mal ein Satz (von einem CDUler), den ich im Politikbuch von mir gelesen habe. Das soll eigentlich heißen, wenn man sieht, dass jemand mehr "Geld" besitzt als man selber (in dem Sinne ja ungerecht), dass das eigentlich ein Anstoß sein sollte, selber etwas ertragreicheres zu tun. Natürlich, es gibt Leute, die mit weniger Geld schon zufrieden sind.

Achso... fehlt da vielleicht ein "um sich aus seiner Lage zu befreien"? So wär es verständlicher. Trotzdem irgendwie blödsinnig, dass ein ungerecht Behandelter sich nur "rechtens" befreien dürfen soll. Das ist... ungerecht. ;)

Aber wenn die Schere eine so extreme Öffnung haben wird, dann frage ich mich erstmal, was läuft da falsch. Ich würde nicht sagen, primär versagt der Staat da, sondern, wenn es so viele Ärmere geben wird, dass da der Fehler zu suchen ist (mangelnde Bildung, zu hoher Ausländeranteil, folglich auch Kriminalität) und das Problem grundlegener angreifen (anders als irgendwelche 1 € Jobs), denn einen armen Staat will ich auch nicht. Sicherlich kann man Armut nicht ganz abschaffen, aber sie doch hemmen undzwar auf einem Wege, dass diejenigen, die Geld haben, es auch weitestgehends für sich behalten können (Steuern muss halt jeder zahlen).
Gerade in sozialen Brennpunkten sollte man für mehr Sicherheit sorgen und die Leute (bezogen auf jüngere) in die Schule schicken und sie davon abhalten, kriminell zu werden. Ich denke mal, sowas würde schon etwas großes bewirken.

Dafür ist der Staat doch verantwortlich, oder? Es ist doch seine Aufgabe, den Rahmen für eine funktionierende Gesellschaft zu schaffen. Mangelnde Bildung, hohe Kriminalitätsrate ist ein Versagen der Politik (auf das mit dem hohen Ausländeranteil gehe ich jetzt mal nicht ein, das seh ich nicht als Fehler). Zur Schule gehen sie ja auch alle, nur bringt's nichts. Wieder Politikversagen. Wenn man das Problem grundlegend angehen will, sollte man das auch tun. Aber dein Vorschläge sind nicht grundlegend. Sie beseitigen auch nur Symptome (wenn überhaupt).

Gut, was ich gesagt habe, lässt darauf schließen, dass es mir nicht ganz egal ist, aber ich will halt nur Sachen in Betracht ziehen, dass der Fleißige auch der zu Belohnende bleibt und nicht derjenige ist, der für eine armen Staat hinhalten muss.

Is gibt aber auch arme Fleißige; viele sogar; die meisten wahrscheinlich. Und der Reiche braucht irgendwann nicht mehr fleißig zu sein. Der lässt dann andere fleißig sein. Ich will nur sagen, dass uns irgendwann die Relation flöten gegangen ist, wie hoch welche Arbeit (egal ob körperlich oder geistig) zu bewerten und zu entlohnen ist...

EDIT: Ja, Ungleichheit tuts auch ausdrücken.

Achso...dann wird's ja doch verständlich. Vielleicht ist das auch ein Problem. Niemand will die Lage ändern, weil jeder hofft, auch stinkreich zu werden und die Füße hochlegen zu können. Aber ohne Anreiz geht's nunmal leider nicht, stimmt shcon.
 
Marscel am 30.11.2004 16:50 schrieb:
Gut, was ich gesagt habe, lässt darauf schließen, dass es mir nicht ganz egal ist, aber ich will halt nur Sachen in Betracht ziehen, dass der Fleißige auch der zu Belohnende bleibt und nicht derjenige ist, der für eine armen Staat hinhalten muss.

Nunja, für mich ist der Fleißige aber nicht automatisch der Reiche (der also das alles bezahlen könnte, was du vorschlägst). Ich kenne viele Fleißige, die extrem arm sind. Und wie TBrain so schön ausführte, reicht es vermögend zu sein, um Vermögen anhäufen zu können. Dabei braucht man nicht besonders fleißig zu sein.

Könnte man da nicht irgendwie einhaken?
 
Vielleicht sollte ich eher sagen, der Erfolgreiche (was ja evtl. auch mit Fleiß und Arbeit zusammenhängt).
 
Zwei hätte ich sofort parat:
Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer.
Vernünftig eingesetzt (z.B. Erbschaftssteuer: Steuersatz 70% bei einem Freibetrag von 1 Mio € pro Mensch) könnte man mit diesen beiden Instrumenten zumindest langfristig gegen die Konzentration auf Wenige ansteuern.

Aber man gilt ja inzwischen schon fast als Kommunist, wenn man es wagt, diese beiden Steuerarten ins Gespräch zu bringen. Die Reichen haben natürlich auch das stärkste Gewicht in der Politik - und so wird sich da auch so schnell nichts ändern, fürchte ich.
:pissed:

Bildung und niedrigere Steuern(z.B. Lohnnebenkosten) für Normalverdiener auf Kosten von Multimillionären zu finanzieren ist nun wirklich nicht kommunistisch. Eine Umschichtung von Oben nach Unten wäre auch in Ordnung wenn das Geld dann sinnvoll eingesetzt wird.
 
BitByter am 30.11.2004 15:08 schrieb:
nich direkt der bildungsZUGANG, sondern eher die bildung an sich. zugang dazu hat hier jeder (es darf zum beispiel jeder studieren gehn), aber um es mal platt auszudrücken: wer doofe eltern hat (oder unintelligente) der wird meist auch selber doof... (okayokay, sehr platt)
aber es ist doch so: (wie mach ich das jetzt ohne das es abwertend klingt): wer aus einer sozial-schwächeren -schicht stammt, hat auch eine dementsprechende erziehung sowie ein entsprechendes elternhaus hinter sich... dort findet man also leute die nicht ganz so intelligent sind (die findet man auch woanders, aber vorwiegend da) und es ist zum beispiel schwierig dort ein buch zu finden! oder etwss anderes als die zeitung mit den großen buchstaben! natürlich haben auch diese kinder die möglichkeiten sich zu bilden, aber die durchsetzung dürfte schwieriger sein...

In der "Unterschicht" (nicht wertend gemeint) sind verhältnismäßig wahrscheinlich genauso viele intelligente Leute, wie in anderen Schichten. Das Problem ist nur, dass Kinder schlecht gefördert werden, besonders von den Eltern bzw. die Eltern nicht mit gutem Beispiel vorangehen (lesen anstatt RTL schauen etc.) und vielleicht auch weniger wert auf Schulbildung legen, als Menschen "höherer" Schichten. Die Förderung im Kindesalter müsste eigentlich verbessert werden.
 
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