AW: Batman - The Dark Knight
Dark Knight ist für ein (angeblich) banales Kinoerlebnis, das großartig als Comic-Umsetzung mit Trauerhype angepriesen wurde, außerordentlich komplex und bisweilen sogar intellektuell fordernd, weil der Film die Zuschauer vor die Wahl stellt, was nun wirklich gut oder böse ist, bzw. wie Konsequenzen und Handlungen einer Figur (Wayne, Joker, Dent) ganze Gefüge und Situationen verändern können. Allein die Einführung der Figuren in Kombination mit den brillanten und oftmals geschliffenen Dialogen ist für dieses Genre fast einmalig, und hebt sich angenehm vom üblichen Hero-Kitsch mit hohem Peinlichkeitsfaktor (Iron-Man, Hulk, Fanta4) ab. Zusammen mit Batman Begins hat Nolan hier faktisch eine eigene düstere aber realistische Interpretation einer oftmals überzeichneten Comic-Vorlage abgeliefert. Seine Umsetzung ist komplex, sehr gut im Detail ausgearbeitet und stellt Dialoge in den Vordergrund. Plumpe Action fungiert nur als Mittel zum Zweck, aber nicht als locker gespanntes Seil, das den Film funktionieren lässt. Etwas, was man bisher nur in sozialkritischen und komplexeren Filmen sah, die kaum den Mainstream-User angesprochen haben, der primär schnelle Schnitte und viel CGI sehen will. Also das „Anti-Arte“ Publikum.
Ich kann daher nicht im Ganzen nachvollziehen, warum der Film hätte a) kürzer, c) weniger „kompliziert“ und b) actionreicher sein sollen. Der Film funktioniert imho nur wegen seiner Komplexität so gut, und den aufgegriffenen Elementen aus Batman Begins (Falcone-Familie, Gordon, Rachel, Wandlung vom Symbol Batman zum dunklen Ritter).
Erneut muss ich hier die Dialoge loben, die ich niemals als langweilig oder unangebracht empfand. Anders als z.B. in Iron-Man, wo das wirklich debile Gewäsch zwischen Stark / Statist genannt Pepper / Statist in Uniform / Statist mit Vollbart schon stark meine Nerven strapazierte, und den Film nicht im Ansatz weiterbrachte oder dramatisierte.
Kritisieren könnte ich maximal, dass Nolans Ideen von Batman und Gotham dann stellenweise doch ZU arg von den diversen Vorlagen abgewichen sind. Besonders beim Joker fällt das markant auf, der zwar insgesamt perfekt funktioniert und spielt, aber faktisch herzlich wenig mit der gezeichneten Vorlage gemeinsam hat - weder äußerlich (Körperhaltung, Haare, Auftreten), noch vom Verhalten her. Der „echte“ Joker ist unter dem Aspekt der Charaktersichtung primär ein verspielter, bisweilen kindischer, Psychopath mit grober Ausrichtung, während das neue „Produkt“ ein soziopathischer Irrer ist, der primär Psychospielchen mag, und eigentlich keine feste Linie hat (Ich bin wie ein Hund, der Autos nachjagt. Ich mache keine Pläne, ich zerstöre sie). Hier ist Burtons Interpretation des Jokers nüchtern betrachtet „realistischer“, weil näher an der Vorlage. Dennoch ist Nolans Vision zweifelsfrei gelungen. Im Rahmen seines neu kreierten filmischen DC-Universums funktioniert die Figur absolut makellos.
Abschließend möchte ich noch anmerken, dass dieser Film eigentlich einer der wenigen „Action-Movies“ ist (eigentlich ist diese Genre-Zuordnung fast schon eine Beleidigung), der tatsächlich eine Message an den Zuschauer bringen will, die realistisch und emotional nachvollziehbar erscheint: Liebe muss oft anderen Interessen weichen (Beziehung zwischen Bruce und Rachel). Jeder kann sich verändern, wenn man Umstände manipuliert (aus dem Helden Dent wurde Abschaum, gegen den er sonst immer antrat) und unweigerlich spielt man einmal im Leben immer den gewollten Sündenbock, weil es für übergeordnete Interessen dienlich ist (Batman nimmt die Morde von Dent auf seine Kappe, damit das Symbol Dent unsterblich und unbeschmutzt die zweifelnden Menschen inspirieren kann).
Im Zusammenspiel mit Batman Begins ist dieser Film in meinen Augen die akkurate Schilderung der Faktoren Gesellschaft und Mensch, die sich im Wandel befinden. Und genau deshalb sollten diese Filme dann auch nur mit Strafandrohung in einem Satz mit üblichen Machwerken erwähnt werden, wo schlicht nur ein banaler Mikrokosmos behandelt wird, und das auf dem Niveau einer schlechten Liebesschnulze (zB. Beziehung zwischen MJ und Peter, oberflächliche Behandlung der Mutanten-Problematik aus X-Men, oder Starks Eigenwilligkeit).
Prinzipiell glaube ich, dass sich die Komplexität nur dann völlig erschließt, wenn die beiden Filme öfter und in ruhiger Runde gesichtet werden. Als amüsante Pausenfüller oder lockere Unterhaltung taugen die imho nicht. Der Zuschauer wird zum Teil gefordert - etwas, was in größeren, und genormten, Kinofilmen mit Action-Touch Marke Hollywood schlicht nicht mehr der Fall ist. Als ich den Film zum ersten Mal sah, wusste ich auch nicht, was ich davon halten sollte. Jetzt hingegen verstehe ich Nolans Intention und erachte die Ausführung als hervorragend geglückt.
BTW: Probleme mit den Soundniveaus der DVD hatte ich auch. Die Dialoge sind zum Teil extrem leise, während die Musik fast permanent in penetranter Stärke zu hören ist. Keine Ahnung woran das liegt. Ist auf dem PC so, und beim Betrachten auf den Fernsehern.
Regards, eX!