• Aktualisierte Forenregeln

    Eine kleine Änderung hat es im Bereich Forenregeln unter Abschnitt 2 gegeben, wo wir nun explizit darauf verweisen, dass Forenkommentare in unserer Heftrubrik Leserbriefe landen können.

    Forenregeln


    Vielen Dank

Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Man sollte nur nicht den Fehler machen, die "deutsche" Geschichte auf die 12 Jahre Terrorherrschaft zu reduzieren. Die Geschichte Deutschlands (bzw. der Gebiete, die den heutigen Staat bilden), haben doch so viel mehr und auch Positives zu bieten. Ich will damit die Naziherrschaft nicht relativieren oder verharmlosen, aber es stört mich, bei aller gebotenen Verantwortung, die Deutschland zu tragen hat, dass alles auf die Nazizeit reduziert wird, als habe es davor nix gegeben.
Ja, da gebe ich dir recht.
Aber der Schrecken und die Dimension der Naziverbrechen war eben beispiellos in der aufgezeichneten Geschichte. Und eben auch noch nicht so lange her. Wie ich vorhin schon schrieb: Das war zeitgeschichtlich vorgestern. Also ist ja noch allgegenwärtig.

Aufarbeiten sollte man aber alles. Nur liegt der Fokus eben logischerweise auf jüngster, moderner Geschichte, da es eben "gerade erst passiert ist".
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Das Stand doch garnicht zur Debatte dass "wir" das alleinige Recht dazu haben ??
Mothman hat eine Antwort darauf gegeben wo Deutschlands besondere Verantwortung liegt.
Ich finde nicht das D-land eine besondere Verantwortung hat. Es ist ein- dieselbe Verantwortung für alle Staaten. Und nein, um zu Dimebag zu kommen; ich finde Wiederholungstäter ist bei der Dimension des Themas irgendwie sekundär bis belanglos.
Ausnahmsweise kann ich deine Argumentation bislang in keinem Punkt nachvollziehen.

Gerade bei dieser Dimension wäre eine Wiederholung doch "undenkbar" ... mir fällt kein passender Ausdruck ein.
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Ich weiss ja nicht, ob es hilft aber ich möchte hier mal eine (meine) Aussensicht präsentieren. Ich stimme weitgehend mit Worrel und crackajack überein. Ich sehe nicht, dass Deutschland heute eine besondere Verantwortung in der Staatengemeinschaft hat. Die Naziverbrechen haben allen die Verantwortung, solche Verbrechen unter allen umständen zu verhindern, auferlegt.
Dass der Diskurs über die Taten der Grossväter und Urgrossväter ein anderer ist, ist klar, weil es natürlich besonders schmerzhaft ist. Daraus aber eine besondere Verantwortung abzuleiten, halte ich für falsch. Aus einer besonderen Verantwortung folgte ja jedes Mal, wenn sich die Geschichte wiederholt, eigentlich ein besonderes Versagen. Wer würde behaupten, dass Deutschlands Versagen in Ruanda grösser ist als das Versagen der anderen Nationen?
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Man sollte nur nicht den Fehler machen, die "deutsche" Geschichte auf die 12 Jahre Terrorherrschaft zu reduzieren. Die Geschichte Deutschlands (bzw. der Gebiete, die den heutigen Staat bilden), haben doch so viel mehr und auch Positives zu bieten. Ich will damit die Naziherrschaft nicht relativieren oder verharmlosen, aber es stört mich, bei aller gebotenen Verantwortung, die Deutschland zu tragen hat, dass alles auf die Nazizeit reduziert wird, als habe es davor nix gegeben.
Ja, da gebe ich dir recht.
Aber der Schrecken und die Dimension der Naziverbrechen war eben beispiellos in der aufgezeichneten Geschichte. Und eben auch noch nicht so lange her. Wie ich vorhin schon schrieb: Das war zeitgeschichtlich vorgestern. Also ist ja noch allgegenwärtig.

Aufarbeiten sollte man aber alles. Nur liegt der Fokus eben logischerweise auf jüngster, moderner Geschichte, da es eben "gerade erst passiert ist".
Natürlich, aber bitte nicht in dem "Oh wir bösen bösen Deutschen!"-Duktus, den ich leider viel zu oft und viel zu überzeugt höre.
Mal davon abgesehen, dass auch die sog. neuere deutsche Geschichte nicht völlig verstanden werden kann, ohne sich mit den Ereignissen davor (auch Jahrhunderte davor) zu befassen. Der Holocaust und Hitlers Herrschaft sind eben nicht einfach so "passiert".
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Natürlich, aber bitte nicht in dem "Oh wir bösen bösen Deutschen!"-Duktus, den ich leider viel zu oft und viel zu überzeugt höre.
Das bringst du gerade rein. Von sowas hat niemand gesprochen.

Mal davon abgesehen, dass auch die sog. neuere deutsche Geschichte nicht völlig verstanden werden kann, ohne sich mit den Ereignissen davor (auch Jahrhunderte davor) zu befassen. Der Holocaust und Hitlers Herrschaft sind eben nicht einfach so "passiert".
Ich war auch auf einem Gymnasium. ;)

Das "gerade eben erst passiert" war auch nur auf den Zeitraum in der Weltgeschichte bezogen und sollte nicht das Ereignis werten.

EDIT:
Die Naziherrschaft ist sicher eine Entwicklung gewesen, die sich lange "angekündigt" hat, aber das heißt ja nicht (bzw. heißt es das Gegenteil), dass man es nicht hätte verhindern können.
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Natürlich, aber bitte nicht in dem "Oh wir bösen bösen Deutschen!"-Duktus, den ich leider viel zu oft und viel zu überzeugt höre.
Das bringst du gerade rein. Von sowas hat niemand gesprochen.
Ich habe das auch nicht auf den Thread hier bezogen. ;)

Mal davon abgesehen, dass auch die sog. neuere deutsche Geschichte nicht völlig verstanden werden kann, ohne sich mit den Ereignissen davor (auch Jahrhunderte davor) zu befassen. Der Holocaust und Hitlers Herrschaft sind eben nicht einfach so "passiert".
Ich war auch auf einem Gymnasium. ;)
Das "gerade eben erst passiert" war auch nur auf den Zeitraum in der Weltgeschichte bezogen und sollte nicht das Ereignis werten.
Ich weiß. ;)
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Schuld und Schulden sind aber vererbbar. Wenn du 10.000 Euro Schulden machst und stirbst, dann erbt deine Tochter die Schulden. Mal ganz drastisch vereinfacht gesagt.
Unzulässiger Vergleich.
Schließlich werde ich ja durch Erbschaft nicht zum Dieb, nur weil mein Vater mal was gestohlen hat.

Materielle Güter vererben <> Verbrechensschuld vererben

Man kann doch Verbrechen an der Menschlichkeit in der Vergangenheit seiner Heimat nicht einfach abschütteln, wie ne lästige Fliege.
Wieso abschütteln? Es ist lange passiert, bevor ich geboren wurde und der Krieg war zuende, bevor meine Eltern geboren wurden.
Mich persönlich geht Nazideutschland nichts an.

Es wird noch in 200 Jahren Menschen geben, die indirekt unter den Nazis zu leiden haben
und es gab schon vor 2000 Jahren Leute, die Juden verfolgt haben - sooo neu ist die Idee einer "minderwertigen" "Rasse", der man die Schuld für diverse Mißstände in die Schuhe schiebt, dann auch wieder nicht.

Man kann doch nicht sagen "ach schade, alle tot..naja, WIR waren es ja nicht.".
Wieso nicht? Also jetzt mal von deiner zynischen Formulierung abgesehen habe ich kein Problem damit.

EIN STAAT KANN SEHR WOHL SCHULD AUF SICH LADEN
Das sehe ich anders, die Schuld liegt immer bei derjenigen Person, der den konkreten Mißstand verursacht, meistens dann "im Namen des Staates".

und diese Schuld haben dann eben die nachfolgenden Generationen zu tragen.
Meiner Meinung nach ist so eine Schuld nur über eine Generation rechtfertigbar - sprich maximal ein Vierteljahrhundert.

Sicher? zB das mit der "kolumbianischen Krawatte", was oben erwähnt wurde, spielt mindestens in derselben Liga - alleine, wenn man bedenkt, daß das scheinbar so oft praktiziert wird, daß es einen extra Begriff für diese Grausamkeit gibt.
Und das soll jetzt ein Argument dafür sein, dass wir nicht mehr in der Verantwortung sind?
Äh, nein. wie kommst du darauf?

Du schriebst: "Das Verbrechen [...] ist an Grausamkeit, Unmenschlichkeit und Einzigartigkeit kaum zu überbieten."
Und ich habe lediglich ein "vergleichbares" Verbrechen angeführt, um die "Einzigartigkeit" zu relativieren.

Nein. Sry. Wir können hier jetzt keine Liste der individuellen Grausamkeiten aufstellen um eine "Wertung" so erlangen. Das ist selbst mir zu pervers.
Sowas will ja auch keiner.

Und alle anderen Länder sollen Nazideutschland ruhig vergessen dürfen?
WER sagt denn das? :rolleyes:
Wenn du schreibst: "Unsere Verantwortung liegt u.a. darin, die Geschichte wach zu halten und jeder neuen Generation den Schrecken und diese Unmenschlichkeit zu vermitteln, aufklären.", um damit die besondere Verantwortung Deutschlands zu unterstreichen, muß man doch davon ausgehen, daß dieser Punkt auf andere Länder eben nicht zutrifft, sonst wäre die Erwähnung dieses Punktes reichlich witzlos.

Ich hab auch keine Schuldgefühle. Das will auch niemand. Aber du sollst immer und bei jeder Gelegenheit gegen diese Ideologie angehen und immer und überall durch Aufklärung acht geben, dass so etwas nie wieder irgendwo einen Nährboden findet. Soweit es eben in deinem Rahmen möglich ist.
Und das hat nichts mit "links" oder "rechts" zu tun.
Und inwiefern hat das irgendwas damit zu tun, ob ich Deutscher, Holländer, Türke oder Amerikaner bin?
Gegen Unmenschlichkeit sollte jeder vorgehen, da haben wir Deutschen kein besonderes Recht oder eine besondere Pflicht.
Genauso, wie jeder aus den Fehlern der Geschichte lernen sollte.

Du redest immer von den anderen Staaten.
Weil wir Menschen nun mal nicht großartig anders sind, nur weil wir hundert Meter weiter auf der anderen Seite einer Landesgrenze geboren wurden oder wohnen.

Weil, wenn man die Menschen in einzelne Nationen verteilt und nach ihrer Nationszugehörigkeit beurteilt, im Prinzip schon Grundzüge des Rassismus anwendet.

WIR sind aber hier Deutschland.
WIR sind genauso Europa, Eurasischer Kontinent, Menschheit.

Was die anderen Staaten machen und wie die ihre Vergangenheit aufarbeiten liegt nicht in unserer Hand. Aber WIR müssen zumindest mit gutem Beispiel voran gehen.
Wieso? Was qualifiziert uns uns denn als (Vorsicht, Wortspiel) Anführer?
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Klar ich hatte auch mal als Jugendlicher eine Phase, wo ich mich von der Verantwortung lossagen wollte (mit genau gleichen Argumenten, wie ihr jetzt bringt^^). Aber ich musste eben bald einsehen, das man als Deutscher ein Los gezogen hat und den "Preis" nicht zurückgeben kann. ;)
Das hast du sehr schön gesagt! :)

Und wir haben das alleinige "Recht" auf diese Verantwortung?
Aus
der Geschichte zu lernen, und imo möglichst nicht nur aus der eigenen,
sollte Aufgabe und Pflicht jeder Gesellschaft, jedes Menschen sein.
Das
Bewusstsein sollte man nicht haben, "bloß" weil die eigenen Vorfahren
die größte Scheiße die je geschichtlich erfasst wurde gebaut haben,
sondern weil es die Verantwortung jedes Individuums ist.
Und was hat das damit zu tun, ob WIR uns dieser Verantwortung stellen? Das entbindet uns doch nicht davon, nur weil es einige andere nicht ebenfalls tun.
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Klar ich hatte auch mal als Jugendlicher eine
Phase, wo ich mich von der Verantwortung lossagen wollte (mit genau
gleichen Argumenten, wie ihr jetzt bringt^^). Aber ich musste eben bald
einsehen, das man als Deutscher ein Los gezogen hat und den "Preis"
nicht zurückgeben kann. ;)
Ich kann verstehen worauf du hinaus willst, trotzdem sehe ich mich nur weil ich Deutsch bin, nicht in der Pflicht eine "besondere" Verantwortung zu übernehmen.
Das jeder Mensch eine bestimmte Verantwortung übernimmt ist klar. Bezüglich seiner eigenen Lebensführung, aus der Geschichte zu lernen oder auch dass man seine Kinder ohne Vorurteile erzieht etc. Diese Verantwortung bekommt aber durch das einfache "Deutsch sein" keine höhere Relevanz, sie gilt vielmehr für die gesamte globale Bevölkerung.
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Als Historiker sehe ich es ein bisschen anders.

Auch wenn der Holocaust sicherlich zu den schlimmsten Verbrechen in der Menschheitsgeschichte gezählt werden muss, handelt es sich dabei um kein singuläres Ereignis. Die Geschichte ist voller solcher Ereignisse, Völkermord ist keine genuin deutsche Erfindung, was jetzt nicht heißen soll, dass ich den Holocaust relativieren will.

Das Besondere, das "Gute" (im Sinne von: mahnendes Beispiel gebend) am Holocaust ist jedoch, dass diese Verbrechen dank der damals bereits vorhandenen Medientechnik sehr gut dokumentiert und für die Nachwelt konserviert werden konnten, so dass sie für alle Zeit als abschreckendes Beispiel dienen können - und sollen und hoffentlich niemals in Vergessenheit geraten.

Tatsächlich gab es nach dem Dritten Reich weltweit noch zahlreiche weitere Genozide und Genozidversuche (Sowjetunion unter Stalin, Khmer Rouge in Kambodscha, Ruanda, nur um einige Beispiele zu nennen), auch wenn diese in absoluten Opferzahlen zumeist nicht an die Opfer des Holocausts, bzw. des 2. Weltkriegs an sich heranreichen, in punkto Grausamkeit jedoch beliebig substituierbar sind - der springende Punkt ist, das diese Vorgänge häufig nur unzureichend dokumentiert werden (können).

Dagegen gibt die fast lückenlose Aufbereitung der Ereignisse zwischen 1933 und 1945 nicht nur uns Deutschen, sondern allen Nationen die Chance, zu lernen, um solche Exzesse in Zukunft zu vermeiden.

Ich sehe es aber als großen Fehler an, wenn Deutschland/Deutsche mit großem Pathos eine vermeintliche Schuld heraufbeschwört, die so nicht mehr existiert:

1. Die Schuldigen sind mittlerweile fast alle tot, in spätestens zwei Jahrzehnten wird kein einziger der Täter mehr leben, ebenso die Mitläufer, die Schweiger, die Dulder.

2. Das Dritte Reich gibt es nicht mehr, es ging mit dem Krieg zuende. Spätestens mit der Gründung der Bundesrepublik hörte die "Verbrechernation" auf zu existieren. Sämtliche Hoheitszeichen wurden beseitigt, ja sogar die deutsche Sprache hat sich in den vergangenen Jahrzehnten hörbar gewandelt (ist euch schon mal aufgefallen, wie hart Deutsch sich in alten Tonbandaufnahmen/Filmen anhört? Dies ist nicht nur der Technik geschuldet, das lässt sich auch noch vereinzelt bei alten Menschen heraushören, dieser harte, schnarrende Tonfall).
Die Bundesrepublik ist ein neuer Staat auf einem Territorium, dessen Geschichte schon viele Reiche und Herrscher erlebt hat.

Nein, es ist imho ein großer Fehler, sich selbst mit einer Art "Kollektivschuld" zu belasten, die so gar nicht mehr existieren kann.
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Du siehst das zu einseitig, Spassbremse.
Du schreibst "die Täter sind fast alle tot". Mag ja sein, aber Opfer der Zeit wird es noch in ewigen Jahren geben.
Denn das Leid und die durch die Zeit entstandenen Nachteile wurden vererbt. Also warum sollten wir uns erdreisten zu sagen "die Schuld ist nicht vererbbar", wenn es das Leid doch ist.

EDIT:
Darüber hinaus haben die Nazis ja auch Leid über Deutschland gebracht--und nciht zu knapp. Also wir sind nicht nur die Träger der Schuld sondern auch Träger des Leids. Und das die Last der Schuld zusätzlich Leid bringt, liegt ind er Natur der Sache. Aber das ist eben die Konsequenz aus den Verfehlungen unserer Großväter.

EDIT2:
Ich rede ja auch nicht von rein rechtlicher Schuld, sondern von moralischer Verantwortung. Aber ich denke, ich hab nun auch alles schon mehrfach gesagt. Mir bluten schon die Finger. :-D
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Entschuldige aber ich finde deine Aussage einfach zu pauschal. Wir, bzw. unsere Vorväter haben Leid verursacht welches bis Heute bestehen bleibt.
Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis umschaue, in dem sich auch einige Juden befinden, sehe ich nichts von diesem "vererbten" Leid. Nein, vor allem der jüngeren Generation ist es klar das uns als heutige Gesellschaft keine Schuld trifft. Natürlich soll man sich seiner Geschichte bewusst sein aber nicht zwanghaft versuchen "Schuld" zu suchen wo einfach keine zu fnden ist.
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Das ist dann aber eher ein philosophisches Problem, das Du hast, denn ein tatsächlich Greifbares.

Wer "leidet" denn heute? Überlebende Opfer bzw. deren direkte Angehörige, die die Auswirkungen bewußt erleben durften? Deutsche?

Wenn man die rein die "hard facts" betrachtet, ging es Deutschland keine 10 Jahre nach Kriegsende besser als vor dem Krieg, wahrscheinlich sogar viel besser als zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Deutschland schaffte es, nicht zuletzt durch massive amerikanische Investments innerhalb von knapp 3 Jahrzehnten an die europäische Spitze.
Heute steht Deutschland wirtschaftlich weltweit gesehen auf einer Position, von der das Kaiserreich und das Dritte Reich nur hätten träumen können.

Niemand wird bestreiten, dass die Schäden und das Leid, dass der Zweite Weltkrieg verursacht hat, unfassbar waren. Die Verluste an Menschenleben, die Zerstörungen historischer Städte (nicht nur auf deutscher Seite!), die Vertreibungen.

Aber Schmerz vergeht. Ja, es gibt noch einige, die (vlt. zurecht) ihrer verlorenen Heimat nachtrauern.
Die (zurecht) beklagen, dass sie ihre Angehörigen verloren haben.

Aber die persönliche Erinnerung schwindet. Ich selbst habe mehrere (Ur)großonkel im Zweiten Weltkrieg verloren. Ich kannte diese Leute nicht - wie auch? Also empfand ich das auch nie als schmerzhaften Verlust.
Meine Familie hatte auch einmal ein Landgut, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr existiert.
Ich war dort nie in meinem Leben, also habe ich auch keinen Bezug dazu.

Leid und Schmerz sind furchtbar. Aber die Erinnerung daran schwindet mit einer neuen Generation, die keinen persönlichen (gelebten) Bezug mehr dazu hat.

Wenn Du also Schuld für etwas empfindest, was zahlreiche Jahre VOR Deiner Geburt lag, dann hast Du einfach ein Wahrnehmungsproblem, sorry.... ;)
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Als Historiker sehe ich es ein bisschen anders.

[...]

Nein, es ist imho ein großer Fehler, sich selbst mit einer Art "Kollektivschuld" zu belasten, die so gar nicht mehr existieren kann.
Deinen Text kann ich gut nachvollziehen. Aber warum "Schuld"? Es ging doch ursprünglich um "Verantwortung". Vielleicht hab ich auch den Faden verloren...
Auf jeden Fall sollte diese Verantwortung in ähnlicher Art und Weise getragen werden, wenn es um andere Bespiele wie Pinochet oder Milosevic geht. 
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

"Schuld" war auch das falsche Wort und ich denke ich habe auch deutlich gemacht, dass es mir um die Verantwortung für die Taten, die man aus moralischen Gründen übernimmt, geht.

Ich habe ja auch schon geschrieben, dass sich niemand pers. "schuldig" fühlen soll. Es geht mir um das Bewusstsein darüber und die Art, wie man damit umgeht.

Und diese "Wir können nichts dafür"-Mentalität führt nämlich wieder irgendwann genau dazu, dass man weniger darüber spricht, es irgendwann in den Hintergrund gerät und sich GEschichte wiederholen kann.
Und da ist dann eben UNSERE VERANTWORTUNG (keine Schuld!), zu verhindern, dass sich unsere Geschichte irgendwo wiederholt. Und das geht nur, wenn man das Bewusstsein und die Verantwortung aufrecht erhält.
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

"Schuld" war auch das falsche Wort und ich denke ich habe auch deutlich gemacht, dass es mir um die Verantwortung für die Taten, die man aus moralischen Gründen übernimmt, geht.

Ich habe ja auch schon geschrieben, dass sich niemand pers. "schuldig" fühlen soll. Es geht mir um das Bewusstsein darüber und die Art, wie man damit umgeht.

Und diese "Wir können nichts dafür"-Mentalität führt nämlich wieder irgendwann genau dazu, dass man weniger darüber spricht, es irgendwann in den Hintergrund gerät und sich GEschichte wiederholen kann.
Und da ist dann eben UNSERE VERANTWORTUNG (keine Schuld!), zu verhindern, dass sich unsere Geschichte irgendwo wiederholt. Und das geht nur, wenn man das Bewusstsein und die Verantwortung aufrecht erhält.
Darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. =)

Verantwortung trägt jeder, und damit meine ich nicht nur jeden Deutschen, sondern jeden Menschen, dass so etwas möglichst nicht wieder passiert - auch wenn es wohl leider immer wieder passieren wird... ;(

Aber, wie schon gesagt, ich sehe auch keine spezielle Verantwortung für Deutsche (man könnte auch gehässig ausdrücken, nein, nur weil "bei uns" so etwas passiert ist, haben wir eben keine "Sonderstellung" als Mahnwache der Welt inne... :finger: )

Das möchte ich Dir, Mothman, auch gar nicht unterstellen, aber bei einigen Zeitgenossen habe ich schon öfters das Gefühl, dass sie sich förmlich über dieses pathetisch nach außen gestellte Schuldbekenntnis definieren...
Das sind übrigens genau diejenigen Leute, die bei Begriffen wie "Autobahn" oder "Reichsdeputationshauptschluss" empört seufzen und sich gleich einmal prophylaktisch echauffieren... :rolleyes:
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Das möchte ich Dir, Mothman, auch gar nicht unterstellen, aber bei einigen Zeitgenossen habe ich schon öfters das Gefühl, dass sie sich förmlich über dieses pathetisch nach außen gestellte Schuldbekenntnis definieren...
Das sind übrigens genau diejenigen Leute, die bei Begriffen wie "Autobahn" oder "Reichsdeputationshauptschluss" empört seufzen und sich gleich einmal prophylaktisch echauffieren... :rolleyes:
Ne, also so bin ich auch nicht. Bin jetzt sicherlich in der "Hitze der Diskussion" drastischer rübergekommen, als ich es eigentlich meine. Aber bei dem Thema kocht man eben schnell hoch.

Ich kann auch mal über nen ethisch oder moralisch inkorrekten Witz lachen. :-D
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Meine Meinung:

Warum gibt es keine "Sippenhaft" oder "Völkerhaft", demzufolge auch keine "Völkerverfolgung", "Völkerschuld" oder "Völkerverantwortung" oder ähnliches? Weil es den Menschenrechten widerspricht.

Die hier gebrachten Argumente für eine solche verallgemeinernde "Volks"-Verantwortung sind mE nicht tragbar. Soll ich meine Eltern und diese wiederum ihre Eltern dafür verklagen, dass sie mich in einem bestimmten regional abgegrenzten Gebiet geboren haben? Wer kann denn bitteschön etwas dafür, dass er sich aus der Verbindung von Samen und Eizelle in bspw. Kehl statt 5 km weiter in Strasbourg entwickelt hat? Wie will man das einem Kind plausibel erklären?

Diejenigen, die Schuld auf sich geladen haben, durch ihr Handeln, ihr Unterlassen oder Dulden können Scham, Verantwortung und Sühne empfinden und umsetzen. Niemals jedoch folgende Generationen, die zu dieser Situation nichts dazu getan haben, als in diese Region hineingeboren worden zu sein.

Wer von diesen Menschen mehr verlangt, als die Verinnerlichung der Gefahr, die von ideologischer Verblendung jedweder Coleur ausgeht, macht sich in meinen Augen des gleichen Delikts schuldig, wie diejenigen, die Sippenhaft und Völkerverfolgung befürworten.

Aufklärung, Geschichtsvermittlung und auch moralische Wertung und Maßnahmen gegen das Vergessen: kein Problem. :top:
Sich die Fehler vorheriger Generationen annehmen: Nein. :hop:
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Genau so wie jeder Christ irgendwo auch "Verantwortung" für die Kreuzzüge trägt die im Namen seines Glaubens vollzogen worden sind.
Oh nein, bitte keine religiösen Themen (zumal die Kreuzzüge natürlich keine rein religiöse geschichte war, da spielte u.a. Politik und Gesellschaft genauso mit rein)

Edith: das ist auch das einzige, was ich dazu sage, denn wir wissen ja alle was sonst hier bald passiert...
%)
 
AW: Habt ihr Leid über die Welt gebracht?

Meine Meinung:

Warum gibt es keine "Sippenhaft" oder "Völkerhaft", demzufolge auch keine "Völkerverfolgung", "Völkerschuld" oder "Völkerverantwortung" oder ähnliches? Weil es den Menschenrechten widerspricht.

Die hier gebrachten Argumente für eine solche verallgemeinernde "Volks"-Verantwortung sind mE nicht tragbar. Soll ich meine Eltern und diese wiederum ihre Eltern dafür verklagen, dass sie mich in einem bestimmten regional abgegrenzten Gebiet geboren haben? Wer kann denn bitteschön etwas dafür, dass er sich aus der Verbindung von Samen und Eizelle in bspw. Kehl statt 5 km weiter in Strasbourg entwickelt hat? Wie will man das einem Kind plausibel erklären?

Diejenigen, die Schuld auf sich geladen haben, durch ihr Handeln, ihr Unterlassen oder Dulden können Scham, Verantwortung und Sühne empfinden und umsetzen. Niemals jedoch folgende Generationen, die zu dieser Situation nichts dazu getan haben, als in diese Region hineingeboren worden zu sein.

Wer von diesen Menschen mehr verlangt, als die Verinnerlichung der Gefahr, die von ideologischer Verblendung jedweder Coleur ausgeht, macht sich in meinen Augen des gleichen Delikts schuldig, wie diejenigen, die Sippenhaft und Völkerverfolgung befürworten.

Aufklärung, Geschichtsvermittlung und auch moralische Wertung und Maßnahmen gegen das Vergessen: kein Problem.  :top:
Sich die Fehler vorheriger Generationen annehmen: Nein. :hop:
Ich stimme deiner Argumentation zu - durch den fett markierten Absatz hast du allerdings allem, was mit Nationalität oder National-Identität zu tun hat, abgeschworen. 
Unter dieser Voraussetzung kann ich zustimmen, dass jegliche Verantwortung in Bezug auf die Generation vor uns selbst unnötig bzw. unangebracht wäre. Jeder kann nur für seine eigene (Lebens-)Geschichte Verantwortung übernehmen.
 
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